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-   -   junge Frauen und der Tod der Mutter (https://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=3688)

10.07.2003 20:21

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Liebe Sandra,

leider habe ich auch (wie fast alle anderen)Deine Fragen nicht beantwortet.
Klar, als ich anfing zu lesen, hab ich gedacht, darauf kannst Du antworten, schreib ihr mal.
Und dann hab ich Deine Fragen nach dem Lesen der vielen anderen Briefe vergessen
zu Beantworten.

Dabei hab ich grad bei Dir gedacht, dass wir viel gemeinsam haben. Ich bin jetzt 29,
meine Mama ist 10 Tage nach Deiner Mama gestorben, leider müssen wir jetzt auch zum ersten Mal die Monate wieder begehen, die doch letztes Jahr die Schlimmsten unseres Lebens waren.

Mit meiner Trauer komme ich mir auch sehr alleingelassen vor.
Ich hatte eh kaum jemand zum Reden, mein ruhiger Freund, der sowieso kaum spricht, hatte dafür erst recht keine Worte und die Familie, die ja genauso trauert, will man auch nicht noch mehr belasten.

Und die anderen? Ich hab mich bei keinem ausgeheult, trotzdem wollte es auch keiner hören.
Aber etwas kann ich sie auch verstehen.
Keiner kann halt damit umgehen, und was sagt man als Aussenstehender?
da fällt einem echt nicht viel ein.

Dabei brauchen wir doch nur mal ein Ohr das (interessiert) zuhört und einen Arm, der uns hält, wenn wir vor Schmerzen zusammenbrechen.

Dann verstummt man irgendwann und spielt nur noch den anderen was vor.

Ich kann Dir Antworten geben auf Deine Fragen.Erstens habe ich Kinder, die mir aber nicht unbedingt die Situation erleichterten.Zwar ist man wirklich öfter
abgelenkt, aber vielleicht auch dann, wenn man eigentlich endlich mal allein sein müsste. Manchmal fällt mir das Aufsteh´n so schwer, da frag ich mich, wie soll ich den Kindern gerecht werden? Ich habe mich zurückgezogen, geh nicht mehr viel raus und nachts schlafe ich erst, wenn mein Körper nicht mehr kann.Dass heisst, meistens nicht vor halb drei, es kann aber auch länger werden.
Seit einem Jahr ist mein Bauch am rebellieren. Der hat vorher auch reagiert, aber jetzt hab ich ständig Probleme und frage mich, ob ich psychisch die Schmerzen meiner Mutter übernommen habe (die natürlich viel schlimmer waren.)

Und an einen Psychologen hab ich auch schon gedacht, ich muss sowieso hin. Aber ich fand das immer so hirnrissig, hab dann immer gedacht, ich brauch doch nur einen Freund, der mir zuhört und mich hält. Muss ich jetzt zum Therapeuten, weil es keinen gibt, der in meiner Trauer bei mir ist?
Ein Therapeut ist doch auch, wenn er Tips und Ratschläge gibt, sehr unpersönlich.
Es ist halt sein Job, ich hätte lieber ne Freundin, die mir zuhört. Und ich weiss, das würde genauso gut helfen.

Ich hab gesehen, Du hast Deine E-mail-Adresse einer anderen Betroffenen gegeben. Aber wenn Du magst können wir uns ja auch mal schreiben.

Ich warte auf Deine Antwort,
liebe Grüsse, Damaris

10.07.2003 23:45

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
hallo sandra,
ich wollte dich nicht beunruhigen mit dem was ich schreibe - aber ich kann mich nun mal nicht, wie du es formuliert hast, in Watte packen. Wozu auch? Ich würde sagen, dass ich sehr emotional bin, aber eben nur dann, wenn ich alleine bin. Wie oft bin ich schon gegen den Kof gestossen worden, wenn ich ehrlich war und als man fragte wie es mir gehe. Das tu ich mir nicht mehr an. Und es geht ja den anderen auch besser, wenn man nett und freundlich ist. So macher könnte jetzt sagen, dass man nicht spielen soll. Ist ja grundsätzlich auch richtig, aber es macht es mir leichter. Ich habe auch einen Freund so wie Damaris, keine Kinder. Und mein Freund kann mir nicht helfen, weil er nicht auf mich eingehen kann, er redet dann wenns "brenzlig" wird garnichts. Er kuckt mich an und schweigt. Ich werde kann dann vor ihm heulen und schreien und er legt seinen Arm um mich und schweigt. Er sagt selbst, dass er schlichtweg nicht weiss, was er sagen soll. Aber mir hilft es nicht. Er versucht mich abzulenken, aber oft würde ich einfach nur wollen, dass er sich einmal mit mir und damit meine ich mein Innerstes auseinandersetzt. ja und dann kommt wieder nichts. Er ist wohl auch hilflos. Und dann, an Tagen, wo ich recht ausgeglichen scheine, dann spricht er mich erst recht nicht an... schon komisch und das obwohl ich weiss, dass er mich wirklich liebt. Irgendwie ein Paradox.
Sandra, wie alt bist du und wie lange ist es her, das deine Mutter eingeschlafen ist? erzähl mir etwas von dir, schreib mir doch einmal etwas über dich. Ich glaube, das könnte uns beiden ganz gut tun.
Als du gesagt hast, du hättest im Forum Fragen gestellt, aber niemand hat wirklich reagiert, so denke ich sind wir wieder bei dem Punkt, das jeder zuerst an sich denk. An sein leid an seine Situation. Ich denke auch, das das durchaus normal ist. Aber dann sollte man auch nicht Hilfe anbieten. Egal ob mit einem Knuddel oder was es jetzt noch für schöne Flosken gibt. Ein kurzes - es wird schon wieder - oder: wir sitzen alle im selben Boot - das ist in meinen Augen heisse Luft. ich möchte niemanden persönlich angreifen, aber auch mir ist aufgefallen, dass man sich hier im Forum oft präsentiert, aber selten tiefgründig wird, geschweige denn ernsthaft reagiert, ohne wieder von sich zu erzählen. Oje, da werde ich Schelte ernten. aber das ist nunmal mein Empfinden. Natürlich kann es für viele hilfreich sein, sein herz auszuschütten - dann ist es ja auch grundsätzlich ok.
Aber ich glaube zu merken, dass du dir eigentlich mehr erhoffst.
Ich höre jetzt besser auf, ich denke ich bin heute etwas zu verwirrt um mich wirklich verständlich zu machen.
ich wünsche dir morgen einen guten tag
Alessa

11.07.2003 00:00

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
hallo Damaris
nur ganz kurz, überlege dir das mit dem Pschologen nochmal, wenn du jetzt schon zweifelst... ich habe mich aus gleichem Grund auch dagagen entschieden. es ist deren Job, sie machen amit ihr Geld. Auch wenn sie noch so nett sind, ich möchte niemanden bezahlen, dafür das er mir zuhört und Hilfestellungen aus der Uni anbietet. Dafür sind wir zu individuell, der Psychater als auch du. Ich habe selbst eine Zeit Psychologie studiert, bin dann aber fast durchgedreht, nachdem man jeden letzten ... auch noch analysiert und ausdiskutiert hat um dann doch nach Schema F, laut Buch oder Prof. zu agieren. Diese Menschen wurden mir mehr und mehr unheimlich. Gut dass es nicht mein Hauptfach war....
auch dir eine gute Nacht und einen guten Tag
Alessa

11.07.2003 10:49

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Hallo Alle
erstmal an Alessa:
Tja vielleicht ist es für uns alle schwierig Antworten zun finden. Wir sind eben keine Psychologen. Es ist eigentlich auch ganz normal, daß man von sich erzählt... schließlich ist es für uns alle eine schwierige Situation...

Sandrah: vielleicht ist das Forum auch nicht unbedingt der richtige Ort um Antworten auf deine Fragen zu finden... Ist jetzt nicht bös gemeint, aber ich glaube so richtige wird dir keiner hier befriedigende Lösungen anbieten können.
Vielleicht probierst du es mit Büchern oder sowas....

Ich hab schon versucht, irgendwie deine Fragen zu beantworten...
Wenn es mir nicht gelungen ist, dann sorry....

Hier im Forum geht es meiner Meinung nach darum, sich mit anderen "nur" auszutauschen und eben auch gemeinsam zu helfen, so weit es geht... aber manchmal erzählt man halt auch einfach von sich selbst...

Tja ich weiß nicht, ob ihr mich jetzt verstanden habt. Ich hoffe es aber.

Also macht es mal gut und nicht bös sein...

LG Sonja

12.07.2003 15:18

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Hallo an alle,
ein Thread, den ich immer gesucht habe, aber nie die Kraft hatte, ihn selbst zu beginnen...
Meine Mama ist im April 2002 an Brustkrebs gestorben. Sie war 58, ich war damals 27. Wie Katrin war ich ziemlich verunsichert, weil ich am Anfang gar nicht weinen konnte. Auch ich habe mir das so vorgestellt, als würde ich von morgens bis abends weinen, wenn sie erst gestorben wäre, aber es ging nicht. Ich hatte immer das Gefühl, in mir staut sich etwas auf und bald zerplatze ich, wenn ich nicht endlich weinen kann. Ich habe gespürt, wie es in mir drin brodelte, aber es kam nichts an die Oberfläche. Außer ein paar Tränen, die sich aber nicht echt und nicht der Situation angemessen anfühlten.
Im Nachhinein glaube ich, daß das der Schock war. Obwohl ich wußte, daß sie sterben würde, und versucht habe, mich darauf einzustellen, viel vorher schon geweint habe - als sie dann tot vor mir in ihrem Krankenhausbett lag, war das eine völlig unbegreifliche Situation.
Geweint, richtig stundenlang geweint, habe ich erst im Januar dieses Jahres. Es war zwar im Herz ein bis dahin unbekannter und nahezu unerträglicher Schmerz, aber ich war auch froh, daß er endlich kam.
Oft denke ich heute daran, wie schön es wäre, wenigstens noch mal mit ihr zu telefonieren. Stattdessen rede ich laut mit ihr wenn ich alleine bin. Und vielleicht hört sie mich ja...
Wie ungeheuer wichtig sie mir war, habe ich jetzt erst gemerkt. Zwar hatten wir immer ein ganz enges Verhältnis, manchmal fühlte ich mich schon sehr begluckt von ihr, aber mittlerweile dneke ich, daß die Zeit, die wir miteinander hatten, ein unschätzbares Geschenk war. Auch wenn wir uns mal nicht leiden konnten (was eben unter normalen, nicht von Krankheit geprägten Lebensumständen "nicht leiden können" heißt).
Noch ist mir nicht richtig klar, was es bedeuten wird, für den Rest meines Lebens ohne sie auskommen zu müssen. Jedenfalls wird dieser Verlust immer spürbar sein, aber vielleicht irgendwann nicht mehr so schmerzhaft.
Ich könnte hier jetzt noch seitenlang schreiben, aber ich befürchte, daß niemand die Geduld haben wird, soviel auf einmal zu lesen.
Ich wünsch Euch alles Gute!
Mia

13.07.2003 23:27

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Was ist nach dem Tod???? Ihr macht Euch doch sicher auch Gedanken... . Leben unsere Mütter unser Leben noch mit? Unser Jüngster fängt gerade an, etwas mehr zu sprechen und dann bin ich oft unendlich traurig, weil ich das meiner Mutter nicht sagen, zeigen kann. Und dann hoffe ich, dass sie das doch irgendwie mitkriegt. Was meint ihr??? Sind das nur Ideen von mir, um mich aufzubauen, oder ist da mehr dran?? Alles Liebe! Heike

14.07.2003 06:01

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Hallo Heike,

Aber selbstverständlich lebt Deine Mutter Euer Leben noch mit. So lange Du sie in Deinem Herzen trägst, wird sie um und mit Euch sein. Das Band der Liebe wird mit dem Tode nicht zerschnitten, es hat nur einen andere Form angenommen.

liebe Grüße,
Jutta

14.07.2003 20:21

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Liebe Elka,

ich habe mich mit dem Thema "Leben nach dem Tod" schon beschäftigt, als meine Mutter noch nicht erkrankt war. Damals kam ich zu der Überzeugung, dass es eine Seele oder wie man es nennen will gibt.

Als meine Mutter vor zwei Wochen starb, fiel es mir schwer, an diesem Glauben festzuhalten. Es kam mir eben doch wie reines Wunschdenken vor.

Einen Tag vor der Trauerfeier habe ich sie nochmal gesehen. Aus eihnigen Metern Entfernung, und nur eine Sekunde lang. Ich wußte sofort: nein, das ist nicht Mama.

Ich habe mich abgewandt. Und plötzlich WUSSTE ich einfach, dass sie woanders sein muss. Es war mir auf einmal völlig logisch, dass Mama nicht einfach weg sein konnte. Der Körper im Sarg, das war sie nicht. Also muss sie woanders sein.

Es klingt vielleicht naiv, aber in diesem Moment erschien es mir als völlig logisch. Und das tut es noch.
Ich weiß nicht, in welcher Form wir weiterleben werden. Vielleicht gehen wir in ein großes Ganzes über, wenn wir tot sind. Wer weiß das schon?
Folgenden Spruch hatte ich für die Anzeige ausgesucht, denn er sagt einfach alles:

Der Tod ist der Horizont des Lebens.
Und wir können nur bis zum Horizont sehen.

Ich finde ihn wundervoll.

Ansonsten kann ich jedem nur das Buch "Leben nach dem Tod" von Raymond A. Moody ans Herz legen. Es behandelt das Thema Sterben und Leben nach dem Tod weit weniger platt, als der Titel vielleicht vermuten lässt. Für mich ist es ein unglaublich wichtiges Buch geworden.

Viele liebe Grüße an alle!

Katrin

14.07.2003 23:38

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Meine Mutter (68) ist am 16.08.02 gestorben (vermutlich Gallengangskrebs). Ihr Tod war sehr elend. Ich habe 2 Kinder, bin 34 Jahre. Als meine Mutter starb war ich im 7. Monat schwanger. Sie wollte ihr neues Enkelkind so gern noch sehen - das hat sie leider nicht mehr geschafft.
Ich dachte auch, das Trauern wird schneller besser, aber ich kann euch nicht sagen wieviele Male pro Tag ich an sie denke, besonders an ihr schreckliches Sterben. Oberflächlich betrachtet, funktioniere ich perfekt und "bin über alles weg". Tiefer geschaut geht es mir nicht gut, ich möchte gerne an Sie denken, aber wieder in normaler Art und nicht wie unter Schock und permanent. Ich weiß das das Sterben zum Leben gehört, aber es ist unbegreiflich für mich und ich habe panische Angst vor meinem eigenen (evtl. zu frühen Tod). Meine Oma starb damals mit 86 Jahren, das war ganz anders. Sie war bereit zum Sterben, aber meine Mutter wollte noch einige Jahre ihr Leben genießen und hat sich bis zum Schluß gegen den Tod gewehrt, es war schrecklich das mit ansehen zu müssen.
Mein größter Wunsch ist, alt zu werden und meine Kinder lange begleiten zu können. Meine Panik vor Krebs ist schon so groß, das ich bereits eine Darmspiegelung machen ließ zur Früherkennung und mich für ein Hautscreening, (wegen ein paar Leberflecke) anmelden will.
Auch ich überlege, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein paar Bücher habe ich schon gelesen. Manche haben mir geholfen, andere waren mir zu "religiös" oder zu esoterisch. Jetzt bin ich auf der Suche nach einer guten Übersetzung vom "Tibetanischen Totenbuch".
Danke für Euer zuhören.
Kerstin

15.07.2003 14:31

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Hallo Kerstin,
dieses Buch kenne ich leider nicht, aber ich kann Deine Gedanken gut nachvollziehen.
Ich denke, daß eine Darmspiegelung und ein Hautscreening nicht viel mit Panik vor einer eigenen Erkrankung zu tun haben. Vielleicht ist uns als Angehörigen von Krebspatienten diese Krankheit nur so nahegekommen, daß wir uns eben gerade nicht mehr darauf verlassen, daß es nur "den anderen" passiert, und daß wir deshalb eher versuchen, dem vorzubeugen. Vielleicht hat das alles mehr mit Verantwortung zu tun als mit Panik, meinst Du nicht?

Wie ich bereits oben erzählt habe, ist der Tod meiner Mutter fast 15 1/2 Monate her, aber gerade eben saß ich am Schreibtisch und merkte wieder, wie meine Stimmung derart in den Keller geht, und zwar von jetzt auf gleich,daß ich mich erstmal hier einloggen mußte, in der Hoffnung, ein paar tröstliche Gedanken zu finden. Es wird zwar besser mit der Trauer, wenn erstmal eine gewisse Zeit vergangen ist, aber plötzlich kann sie einen wieder packen und kräftig schütteln. Gedanken über das Sterben von meiner Mutter habe ich mir auch lange gemacht, vor allem über die Angst, die sie gehabt haben muß, aber das ist weniger geworden. Dabei hat mir auch der Gedanke geholfen, daß es ihr, wo immer sie jetzt auch ist, viel besser geht.
Aber daran kann wahrscheinlich auch nicht jeder glauben.

Nach wie vor denke ich fast ununterbrochen an sie, aber die Gedanken sind erträglicher geworden.

Mia

15.07.2003 14:39

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Ich habe mal ein Gedicht zum Thema " Leben nach dem Tod " gefunden, und ich glaube fest daran, daß es so ist:

Der Tod hat keine Bedeutung -
ich bin nur nach nebenan gegangen.
Ich bleibe, wer ich bin, und auch Ihr bleibt dieselben zusammen.
Was wir einander bedeutet haben, bleibt bestehen.
Nennt mich bei meinem vertrauten Namen.
Sprecht in der gewohnten Weise mit mir
und ändert Euren Tonfall nicht!
Hüllt Euch nicht in Mäntel aus Schweigen und Kummer -
lacht wie immer über die kleinen Scherze, die wir teilten.
Wenn Ihr von mir sprecht, so tut es ohne Reue
und ohne jegliche Traurigkeit.
Leben bedeutet immer nur Leben -
es bleibt so bestehen -
immer - ohne Unterbrechung.
Ihr seht mich nicht, aber in Gedanken bin ich bei Euch -
irgendwo, ganz in der Nähe - nur ein paar Straßen weiter.

(Henry Scott Holland, 1847 - 1918)

15.07.2003 23:02

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
hallo ihr lieben,

kaum ein paar tage nicht hier gewesen gab es wieder sooo viel zu lesen.
vielen dank für die zeilen, die an mich persönlich gerichtet waren.

sorry, ich habe erst jetzt gemerkt, daß man in einem forum, einem thread,
nur am anfang noch auf jeden einzeln „eingehen“ kann,
wenn die ersten 10 beiträge geschrieben werden.
später, wenn immer mehr sich zu wort melden, ist das schwer,
das merke ich jetzt selber auch.

ich muß einfach nur aufmerksam die zeilen lesen,
die nach meinen fragen hier geschrieben werden.
so werde ich bestimmt die eine oder andere antwort finden,
auch wenn nicht extra oben drüber steht „liebe sandra“.

sonja, du hast recht, man muß zur ruhe kommen, akzeptieren
was geschehen ist.
es ist ein langer weg bis dahin, daß merkte ich in den letzten wochen
und auch am wochenende, als ich wieder am grab stand.
es kommt mir vor als wäre die beerdigung gestern gewesen,
der kleine strohteddy, der seit einem jahr zwischen den blumen sitzt,
hat sich kaum verändert, noch immer schaut er mich mit seinen schwarzen
kulleraugen traurig an, als ob er fragen will WARUM?
auch meine gefühle haben sich kaum geändert.

ich will an dieser stelle für heute CIAO*CIAO sagen
und fast hätte ichs vergessen,

> > liebe DAMARIS, gerne ! ! hier nochmal meine email-adresse
sandrah-@gmx.de

tschüüüüüss, bis denne
Sandra(h)

16.07.2003 13:16

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Hallo,
ich war einige Zeit nicht mehr hier und jetzt erst lese ich diesen Thread. Was ihr da alle schreibt, sind meine Gedanken. Ich habe am 19.12.02 meine Mama (51) verloren, bin selbst erst 30 Jahre alt. Die Tatsache, dass meine Mama und ich ein tolles Mutter-Tochter-Verhältnis hatten und ständig zusammenhingen, macht die Trauer für mich nicht leichter - im Gegenteil. Der Verlust ist kaum mehr auszuhalten. Anfangs fühlte ich nichts, mittlerweile wird der Schmerz von Tag zu Tag größer. Ich vermisse sie so schrecklich. Ich denke ständig an sie und frage mich immer öfters, wo sie jetzt wohl sein mag, ob sie irgendwie bei uns ist.

Liebe Sandrah,
ich habe eine kleine Tochter, sie ist jetzt 1,5 Jahre. Als meine Mama starb, war sie gerade mal ein Jahr alt. Natürlich wird mein Tag von ihr bestimmt und sie lenkt ab. Manchmal kommen aber Tage, da möchte ich am liebsten nur weinen und mich meiner Trauer und meinem Verlust hingeben, kann aber nicht, weil die Kleine mich fordert. So hilfreich diese Ablenkung anfangs auch war, der normale Alltag kam dadurch viel schneller wieder, aber ich hatte kaum Gelegenheit, über den Tod meiner Mama nachzudenken, geschweige denn ihn überhaupt zu begreifen. Es macht mir Angst, dass alles normal weitergeht. Es ist doch nichts mehr wie es vorher war und ich will einfach nicht, dass der Alltag so weitergeht, als wäre nichts geschehen. Manchmal denke ich, vielleicht fällt die Trauer doch leichter, wenn man sich gehen lassen kann, wie und vor allem wann man möchte. Mit Kind ist das fast unmöglich. Trotzdem bin ich natürlich dankbar, dass wir unseren Sonnenschein haben, denn ich weiß nicht, wie wir es ohne sie geschafft hätten. Meine Mama hat sie über alles geliebt und es bricht mir das Herz,

liebe Elka,
ähnlich wie bei Dir, wenn ich sehe, wie sie wieder irgendetwas neues lernt und meine Mama es nicht mehr miterleben kann. Sie plappert jetzt die ersten Worte - meine Mama wäre so stolz gewesen. Ich muss jedes Mal daran denken, wie gern sie das noch gesehen hätte. Das macht mich so schrecklich traurig und wütend zugleich. Warum nur musste das so passieren?

Jemand von Euch hat geschrieben, dass sie meine Mutter vor der Trauerfeier noch einmal gesehen hat und sofort gewußt hat, dass sie irgendwo anders sein musste. Genau das Gefühl hatte ich auch. Die Frau in dem Sarg war nicht meine Mama und auch als ich sie im Krankenhaus tot gesehen und berührt habe, da war kein Leben, das war nicht sie, ich hatte das Gefühl, sie war schon irgendwo anders. Das hat mich irgendwo beruhigt und noch in meinem Glauben bestärkt, dass der Tod nicht das Ende ist. Ich wünsche mir so sehr, dass sie uns zusehen kann, und wir uns irgendwann wiedersehen. Es ist komisch, aber der Tod ruft in mir nicht mehr dieses beklemmende Gefühl und die Angst vor dem Ungewissen hervor, weil ich genau weiß, dass sie da sein und auf mich warten wird. Folgenden Text habe ich neulich gelesen und fand ihn sehr beruhigend; vielleicht hilft er auch ein wenig:

Denk Dir ein Bild. Weites Meer.
Ein Segelschiff setzt seine weissen Segel
und gleitet hinaus in die offene See.
Du siehst, wie kleiner und kleiner wird.
Wo Wasser und Himmel sich treffen,
verschwindet es.
Da sagt jemand: nun ist es gegangen.
Ein anderer sagt: es kommt.
Der Tod ist ein Horizont, und ein Horizont
ist nichts anderes als die Grenze
unseres Sehens.
Wenn wir um einen Menschen trauern,
freuen sich andere,
ihn hinter der Grenze wieder zu sehen...
Vielleicht ist es kein Weggehen,
sondern Zurückgehen?
Sind wir nicht unterwegs
mit ungenauem Ziel
und unbekannter Ankunftszeit,
mit Heimweh im Gepäck?
Wohin denn sollten wir gehen
wenn nicht
nach Hause zurück?

Ich umarme Euch alle
Kiki

16.07.2003 21:10

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
hallo sandrah,
ich wollte die via mail schreiben, doch mein aol spinnt derzeit und lässt mich nicht zu. freue mich aber, wieder von dir zu hören7lesen.

hallo kiki,
wie sehr bewundere ich dich, dass du ein kind hast, das ist ein teil von deiner mama. meine mutter wollte so gerne ein enkelkind - und obwohl ich schon ewigkeiten mit meinem freund zusammen bin, habe ch ihr diesen wunsch nicht erfüllt - weder hochzet noch enkel. aus lauter bequemlichkeit, egoismus, oder sonst was, ich weiss es nicht. ich mache mir grosse vorwüfe deswegen und der gedanke, irgendwann zu heiraten fällt mir schwer. wenn dann nur im allerkleinsten kreise und ohne irgendwelche schnörksel, auch nicht weiss oder so. das könnte ich nicht ertragen. genauso ist das mitdem gedanken an ein kind, es zerreisst mir das herz. natürlich kann deine mama nicht miterleben, wie dein kind aufwächst, aber sie konnte die geburt und dich darin erleben. darum beneide ich dich.
alessa

16.07.2003 21:52

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Ihr Lieben alle,

ich weiß mal wieder gar nicht, wo ich anfangen soll.

Liebe Alessa, bitte mache dir nicht solche Vorwürfe. Kinder bekommt man doch nicht, um anderen Menschen eine Freude zu machen, sondern weil man selbst es möchte. Und wenn man das (noch) nicht möchte, ist man nicht egoistisch oder ähnliches! Ja, es ist unglaublich schade, das deine Mutter nicht mehr erleben darf, dass sie Oma wird. Aber deswegen solltest du dir wirklich keine Vorwürfe machen!
Du musst auch nicht auf eine schöne Hochzeit verzichten, nur weil du das Gefühl hast, es wäre nur noch die Hälfte wert, weil deine Mutter nicht dabei sein kann. Überstürzen musst du nichts! Aber eines Tages solltest du eine Hochzeit feiern, von der du weißt, dass sie deiner Mutter auch gefallen würde. Und die dir selbst gefällt. Ohne Schuldgefühle.
Wer nicht an Seelen und ein weiterleben nach dem Tod glaubt, dem werden folgende Worte auch nicht helfen.
Doch ICH habe den Glauben an ein „Leben“ nach dem Tod. Meine Mutter wollte so gerne sehen, wie ich mein Diplom mache, und was ich mal beruflich machen werde. Und auch wenn ich diese Dinge nicht mehr auf die gewohnte Weise mit ihr teilen kann, so bin ich doch überzeugt, dass sie all das miterleben wird.

Unsere Mütter wollen sicher, dass wir glücklich sind. Dass wir uns keine Vorwürfe wegen verpasster Dinge machen.
Ich hatte kurz nach dem Tod meiner Mutter furchtbare Schuldgefühle wegen vieler Dinge. Ich habe alles aufgeschrieben, und den Brief bekam sie mit in den Sarg. Danach habe ich versucht, mit diesen Selbstvorwürfen abzuschliessen. Und das solltest du auch versuchen. Damit DU glücklich werden kannst. Und deine Mutter auch!


Liebe Kiki,
ich war diejenige, die von der Gewissheit schrieb, dass meine Mutter irgendwo sein muss, und darüber, dass der tote Körper mit ihr nichts zu tun hatte.
Es ist schön zu hören, dass es anderen Menschen ähnlich ging.
Diesen Text am Ende deines Beitrages finde ich wirklich wunderschön. Es ähnelt ja sehr dem Spruch, den wir auf den Trauerkarten und in der Anzeige hatten.

Ich kann mir gut vorstellen, dass Kinder sowohl Wohltat als auch „Belastung“ sein können in einer Situation wie dieser. Naja, Belastung natürlich nicht im wörtlichen Sinne. Meine Schwester ist 36 und hat einen Sohn von 13 Jahren. Das bedeutet ja nicht nur Ablenkung, sondern auch Trost; jemand ist da, den man liebt wie sonst wohl niemanden: das eigene Kind.
Ich bin 23 und Studentin. Das hat wiederum für mich den Vorteil, dass ich flexibler bin in meiner Zeiteinteilung. Ich verbringe den Rest des Semesters bei Papa, und einen Großteil der Ferien auch. Ich kann mich in meine Trauer fallen lassen, grübeln, meinen Gedanken nachhängen. Das kann meine Schwester nicht. Sie hat einen Job, einen Haushalt und ein Kind, um das sie sich kümmern muss.

Man kann wahrscheinlich nicht sagen, dass die eine oder die andere Variante die leichtere ist.

So, jetzt schreibe ich aber mal extra drüber „liebe Sandra“ ;-)
Ich kann so wenig beitragen, habe ich das Gefühl, weil meine Mutter noch nicht mal drei Wochen tot ist. Ihr alle geht mit der Trauer schon länger um, und deshalb kann ich wohl keinem von euch Tips zur Bewältigung geben. Ich bin mir ja nichtmal sicher, wie meine eigene Bewältigung in Zukunft aussehen wird. Und wie lange das dauern wird.

Dass du diesen Thread ausgerechnet am Todestag meiner Mutter eröffnet hast, hat mich echt geplättet. Das muss Schicksal sein! :-) Jedenfalls habe ich mich davon natürlich augenblicklich angesprochen gefühlt.

Nächste Woche wird wohl die Urnenbeisetzung sein. Davor habe ich aber keine große Angst, denn zu der Urne habe ich keinen starken Bezug. Die Trauerfeier war viel schwieriger.
Ich bin froh, wenn endlich, in einigen Wochen, der Stein auf dem Grab liegt. (es ist ja kein klassisches Urnengrab, sondern ein Platz in der Wiese, auf den dann eine Platte kommt)
Diese Urne hat mit meiner Mutter nicht mehr viel zu tun. Hatte ich das schonmal erzählt? Ich habe nicht das Gefühl, dass meine Mutter dann auf diesem Friedhof sein wird. Aber ich glaube, dass sie dorthin kommen wird, wenn sie sieht, dass ich ihr Grab besuche. Dann haben wir sozusagen einen Treffpunkt.

Die meiste Zeit des Tages fühle ich mich immer noch sehr normal. Aber es passiert immer öfter, dass der Schmerz über den Verlust einen Augenblick durchkommt. Dass ich begreife, dass wirklich das schlimmste passiert ist, was ich mir seit Monaten vorstellen konnte. Und dass Mama nie wieder kommt.
Und dann merke ich auch, wie ich mich schnell wieder abschotte. Es tut einfach zu weh.

Jetzt hab doch wieder mehr geschrieben als geplant. Aber das scheint ja nicht nur mir so zu gehen.
Ich schicke euch allen erstmal liebe Grüße!

Bis ganz bald!
Katrin

16.07.2003 22:22

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Hallo an Alle!!

Meine Mama ist vor 4 1/2 Monaten gestorben und der Schmerz wird von Tag zu Tag größer.
Wenn ich daran denke muß ich mich sofort ablenken sonst habe ich das Gefühl überzuschnappen.
Ständig habe ich momentan die Bilder im Kopf wie sich meine Mama in den letzten Stunden gequält hat. Sie hat so sehr gekämpft.

Könnt ihr mich verstehen???

Tausend liebe Grüße an Alle
Eure Michele

16.07.2003 23:20

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Oh ja, Michele, und wie!!!!!!!!
Meine Mama starb vor fast 2 Monaten und es ist jetzt so, als wache ich langsam auf... beginne zu begreifen... und oft mache ich, so wie Karin es schrieb, ganz schnell wieder "dicht", wenn die Gedanken zu schlimm werden. Ich erinnere mich im Moment auch nur an meine kranke Mutti, sie mir gesund vorzustellen, schaffe ich noch nicht. Aber irgendwer schrieb hier, dass das wiederkommt.
Heute wollte unser Großer die Spieldose hören, die meine Eltern uns zu Weihnachten geschenkt hatten. Meine Mutter war im Krankenhaus, mein Vater hatte sie nach ihrer Idee mit ausgesucht und im Krankenhaus haben wir dann auch das Geschenk geöffnet. Sie hatte einen wunderschönen, kleinen Baum auf ihrem Zimmer und alles war weihnachtlich- trotz Krankenhaus. Das sah ich in dem Moment, als ich die Melodie hörte, wie in einem Film vor mir. Und ich bin rausgegangen und musste heulen.... .
Ich glaube, alle hier kennen diese Gefühle, gerade deswegen schreiben wir uns ja, einfach, weil hier jemand zuhört und nicht denkt "Ach, das ist doch jetzt schon 3 Monate, ein halbes Jahr, ein Jahr... her, jetzt kann sie doch wieder so wie immr sein...". Kann eben keine hier!!!!!!!
Ich grüße Dich und alle hier! Heike

16.07.2003 23:36

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Hallo an Sandrah und an alle anderen,
was Ihr hier schreibt, berührt mich sehr, weil ich endlich merke, daß ich nicht alleine bin mit der Trauer und den vielen quälenden Gedanken daran, daß ich nie mehr mit meiner Mutter werde Kaffee trinken und rumalbern, einkaufen, telefonieren und auch streiten und beleidigtsein können.
Ich war so froh, endlich mal jemanden zu finden, dem Ähnliches passiert ist wie mir. Sandrah, ich glaube, vielen ist es so gegangen wie mir als sie diesen thread entdeckt haben und wir haben ja auch alle die gleichen Fragen (und keine zufriedenstellenden Antworten...). Jeder war froh, mal etwas Ballast abzuwerfen und mit Leuten sprechen zu können, die wirklich verstehen, worum es geht.
Ich bin auch sicher, Du wirst zwischen den Zeilen vielleicht nicht unbedingt Antworten, aber vielleicht ein wenig Trost finden.

Was Alessa schreibt, kann ich gut verstehen. Ich habe auch gar keine Lust auf eine Hochzeit ohne meine Mama. Am liebsten würde ich nur im allerkleinsten Kreis und am besten in Jeans und T-Shirt heiraten. Naja, das mit den Jeans ist vielleicht etwas übertrieben, aber ein weißes Kleid...? Nein wirklich nicht. Ich kann ohne meine Mutter keine rauschende Hochzeit feiern.

Ich bin auch noch kinderlos, und der Gedanke, daß meine Mama ihre Enkel nicht kennenlernen wird, versetzt mich in trübe Stimmung. Und ich bin sicher, sie wäre eine tolle Oma gewesen.

Heute habe ich mir ein Foto von ihr angeschaut. Darauf lacht sie über das ganze Gesicht (obwohl sie zu dem Zeitpunkt, als das Foto gemacht wurde, mitten in der Chemo war). Es war alles so vertraut, ich kann mich an ihr Gesicht und ihre Hände und alles noch so gut erinnern. Und plötzlich wurde mir mal wieder bewußt, daß ich sie seit 15 Monaten nicht mehr gesehen habe.
Irgendwann wird ihr Tod vielleicht schon 20 Jahre her sein. Das ist so eine lange Zeit, ich weiß oft nicht, wie das gehen soll, so ganz ohne sie.

Ich habe mir das Buch von Raymond Moody, das hier empfohlen wurde, bei amazon bestellt. Hoffentlich hilft's!
Viele liebe Grüße, Mia

17.07.2003 00:01

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
hallo mia,
ich weiss nicht wirklich was ich sagen soll... meine mama ist jetz schon 16 monate nicht mehr da, da in form von telefonaten, von gesprächen etc.. ich vermisse sie unendlich, es gibt keinen trost.
ich würde heiraten, allerdings nur meinem freund zuliebe. das ritual ist mir egal, nein, ehrlich gesagt, ich hätte grosse angst davor. ich finde de richtigen worte nicht... sorry, dafür bin ich heute einfach zu traurig. mein leben, und ich meine meins, ist in eine andere dimension gerückt. ich bin nicht mehr ich, ich reagiere nur noch für andere - und es wird nicht besser - ich mache das was anderen gut tut. meiner schwester, meinem vater. wie alt bist d mia? keine ahnung warum ich das frage, vielleicht ist es die suche danach, dass es jemanden gibt, der genauso leidet wie ich? keine ahnung...
ich befinde mich in einer art kapsel, die nach aussen hin funktioniert, und die eben weil sie funktioniert auch nicht hinterfragt wird... ich merke gerade, es wird etwas abstruus... sorry. ich befinde mich nur gerade in einem zustand der sprechen will abernicht wirklich kann
MIA, es wäre schön mehr von dir zu hören
alesssa

17.07.2003 06:13

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Guten Morgen, Ihr Lieben,

heute war mal wieder einer dieser Nächte, wo ich aufgewacht bin, weil ich von meiner Mama geträumt habe. Natürlich konnte ich danach nicht mehr einschlafen, musste so viel denken, so viele Gedanken auf einmal in meinem Kopf. Ich träume immer, sie wäre noch da. Im Traum sind das immer Alltagssituationen, die wir mal in irgendeiner Weise zusammen erlebt hatten, aber die doch irgendwie neu und noch nie dagewesen sind. In diesen Tagen häufen sich die Gedanken an meine Mama wieder mehr, wir kommen jetzt in die Phase, wo sich das schreckliche halbe Jahr ihrer Krankheit jährt. Letztes Jahr Anfang Juli haben wir die Diagnose gesagt bekommen und ungefähr Mitte Juli hat sie ihre erste Chemo bekommen. Mein Vater hat nach ihrem Tod eine Art "Krankentagebuch" gefunden, dort hat sie aufgeschrieben, wie sie sich gerade fühlt, wie die Behandlungen, Chemos etc. waren, wann es ihr schlecht ging, wann gut. Ich habe bis heute noch nicht die Kraft gefunden, es zu lesen. Wenn mir irgendwo in meinen Sachen eine handschriftliche Notiz o.ä. von ihr in die Hände fällt, muss ich sowieso immer weinen.

Liebe Alessa,
Du solltest Dir keine Vorwürfe machen, dass Deine Mama ihr Enkelkind nicht mehr erleben wird. Natürlich macht es traurig, aber es ist nun einmal so und Du kannst es nicht ändern. Meine Tochter kam auf die Welt, während mein Opa (der Vater meiner Mama) im Sterben lag. Ich wußte das nicht. Er hat wohl immer nach dem Baby gefragt, ob es denn endlich da sei. Aber die Geburt hat so lange gedauert, dass er gestorben ist und einige Stunden später kam sie auf die Welt. Das war damals eine schreckliche Sache. Wir konnten uns nicht so richtig freuen, ich hatte manchmal das Gefühl, seit die Kleine auf der Welt ist, passieren nur noch schlimme Sachen. Erst mein Opa, dann meine Mutter. Aber das ist natürlich Unsinn. Meine Mama hat Kinder geliebt und die Kleine war ihr ein und alles. Es ist eben nur schade, dass sie so früh gehen musste und die Zeit als Oma nicht länger genießen durfte.
Wenn der Zeitpunkt kommt, an dem Du selbst bereit zum Heiraten bist, und das tust Du einzig und allein NUR für Dich und Deinen Mann, dann gestalte Deine Feier so, wie Du es immer gern gehabt hättest. Denke nicht, dass Deine Mama gewünscht hätte, dass Du eine kleine Feier planen sollst, nur weil sie nicht mehr da ist. Ich bin sicher, dass hätte sie nicht gewollt. Meine Mama ist ein paar Tage vor Weihnachten gestorben. Weihnachten hat ihr immer viel bedeutet und so haben wir gefeiert, wir haben uns nicht verkrochen, obwohl wir am liebsten Weihnachten überhaupt nicht begangen hätten. Aber wir wußten, dass sie das nicht gewollt hätte. Unsere Mütter würden es sicher unsinnig halten, wenn wir ihretwegen auf irgendetwas verzichten würden, was uns am Herzen liegt, so sind Mütter doch oder nicht?

Liebe Katrin, liebe Michelle, liebe Elka,
das Abschotten und Verdrängen der schrecklichen Gedanken ist ganz normal. Das macht sicher jeder von uns. Die wenigsten können ihren Schmerz und ihren Verlust von Anfang zulassen und sich gehen lassen. Das bewundere ich. Mein Vater konnte es, dadurch dass mein Bruder und ich Stärke gezeigt und funktioniert haben. Ich bin froh, dass ich so gehandelt und am Anfang dicht gemacht habe. Er hat sich gehenlassen können und wir haben ihn aufgefangen. Er ist sehr tapfer und meistert seinen Alltag alleine sehr gut. Ich bin sehr stolz auf ihn. Welche Rolle spielt da, dass ich selbst lange gebraucht habe, bis ich meinen Schmerz zulassen konnte. Andererseits denke ich oft, wenn man nicht alles gleich wieder verdrängt und sich einfach mal gehenlässt und den bösen Gedanken nachhängt, kommt man dann schneller zu dem Punkt, wo die Erinnerungen wieder schön werden? Ich weiß es nicht. Jeder macht das glaube ich automatisch. Der eine so, der andere so. Irgendwann kommt jeder zu dem Punkt, wo er die schrecklichen Bilder vergisst und die schönen Erinnerungen wiederkommen. Bei mir hat es ein halbes Jahr gedauert. Wenn ich heute an meine Mama denke, muss ich sofort lächeln. Ich fühle mich geborgen, als wäre sie noch da. Manchmal kann ich ein bißchen ihre Nähe spüren. Das ist ein gutes Gefühl. Und in meinen Gedanken sieht sie aus wie früher. Dann muss ich nichts mehr verdrängen, ich muss mich nicht abschotten - ich fühle nur noch den Verlust und das von Tag zu Tag stärker. Ich hätte nie geglaubt, dass man so stark lieben kann. Ein kleiner Trost sind ist mir Zeilen aus einem irischen Segen, den meine Mutter zur Taufe unserer Tochter auf die Karte geschrieben hat: Und bis wir uns wiedersehen, halte Gott Dich fest in seiner Hand!
Das wünsche ich uns allen, dass wir unsere Mütter wiedersehen!

Zum Schluss möchte ich Euch noch ein paar Zeilen aufschreiben, die ich kürzlich gelesen habe -

Eine Mutter ist etwas wunderbares
Andere können Euch lieben, nur Sie versteht Euch
Sie arbeitet für Euch, pflegt Euch, liebt Euch
Verzeiht alles was Ihr tut
Sie betet für Euch
Und das einzige Leid das Sie Euch je antun wird
Ist zu sterben und Euch zu verlassen.

Ich wünsche Euch alles Gute, besonders Dir Katrin für die nächste Woche. Entschuldigt, dass der Beitrag so lange geworden ist.

Liebe Grüße
Kiki

17.07.2003 08:25

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Hallo Ihr Lieben
Tja jetzt muß ich auch mal wieder bißchen was schreiben.
Auch ich bin froh, daß es ich mit meiner Trauer nicht alleine bin. Ich glaube ich habe eine interresante geschichte zu erzählen zum Thema Hochzeit und Kinder...

Also meine Mami ist genau an meinem 30.Geb. den 17.Mai 2002 ins Krankenhaus gekommen. Tja ich hab trotz alledem meine Feier gemacht, ich konnte nix mehr absagen... Als ich Mami dann am nächsten tag besucht hab, erfuhr ich die niederschmetternde Diagnose.... Mami wollte aber nur von mir wissen, wie die Feier war...

Tja und dann war da noch unsere Hochzeit. Wir hatten sie geplant für den 6. September. Ich war auch schon mitten in den Vorbereitungen , als Mami so krank wurde. Jedes Mal wenn ich zu ihr ging, quälte mich der Gedanke - soll ich weiter planen, alles absagen- Einerseits bestand ja eine kleine Hoffnung, daß Mami dabei sein konnte, aber andererseits der Zustand verschlechterte sich immer mehr...
Damals sprach ich mit vielen leuten unter anderem auch natürlich mit Mami selber, sie hat mich auch immer gefragt, wie weit die Vorbereitungen sind... wie mein Kleid aussieht und der Anzug, die Ringe, die Blumen... Es war ihr sooo wichtig, daß wir groß feiern und die Hochzeit weiterplanen und durchführen!

Tja ich sprach auch mit einem Seelsorger im krankenhaus, der stimmte mir zu einfach weiterzumachen...

Es zeriss mir fast das Herz, Mami so schwer krank zu sehen und trotzdem meine Hochzeit vor Augen - vvielleicht ohne sie...

Aber ich machte weiter auch Mami zu liebe, jedes Mal strahlte sie wenn ich ihr was erzählte.

Ein paar Tage bevor sie dann von uns ging am (16.August) gab sie mir und Gerhard ihren Segen, sie war ganz klar in diesem Moment und lächelte und streichte uns übers Haar. Sie wünschte uns eine ganz tolle Hochzeit und eine glückliche Zukunft... Und sie würde immer bei uns sein und aufpassen.

Dann ganz eindringlich und ernst sagte sie: Verspricht mir Ihr heiratet genauso wie ihr geplant habt, sollte mir was passieren, denkt an mich und seid aber fröhlich und ausgelassen. Ich schau von oben zu...

Wir heirateten und ich muß sagen die Hochzeit war wunderschön, wir hatten 50 Gäste und der Tag war spitze.
Es schien den ganzen Tag die Sonne und ich spürte Mami überall.

So jetzt erst mal Schluß für heute

Alles Liebe
Sonja

17.07.2003 13:29

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Hallo Alle!

Ich finde es total wunderschön hier zu lesen das es andere gibt die genauso fühlen wie ich.
Wenn man nicht so weit auseinander wohnen würde müßte man wirklich eine Gruppe bilden. Wo man sich sieht und einfach überalles sprechen kann.

Ich drücke euch alle ganz lieb
Eure Michele

17.07.2003 15:22

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Hallo Michele, hallo Alessa und alle anderen,
Michele, mir geht es ganz genauso. Mir kommt es oft so vor, als hätte ich die ganzen Beiträge selbst geschrieben. Ich hab zwar ein paar Freundinnen, mit denen ich über meine Mutter sprechen kann, und sie hören mir auch zu. Nur kennen sie diese Gedanken eben nicht. Sie können versuchen, mich zu verstehen, aber sie werden (hoffentlich) nie ganz verstehen, wovon ich spreche. Und dann kommen wieder Situationen, wo sich manche meiner Freundinnen mir gegenüber über ihre Mütter beklagen... Klar, es ist auch zwischen meiner Mutter und mir nicht immer alles reibungslos gelaufen, aber ich wäre froh, wenn ich sie noch hätte. Irgendwie finde ich es unpassend, wenn man mir die Ohren volljammert mit völlig nebensächlichen Mutter-Tochter-Streitigkeiten.
Ich wäre froh, wenn sie mich, obwohl ich schon 28 bin, noch mal fragen würde, ob ich mich denn auch vernünftig ernähre und warm genug angezogen bin. Jetzt kümmert es niemanden mehr...

Alessa, Du klingst ganz schön verzweifelt. Ich habe nur den vorsichtigen Vorschlag zu machen, daß Du Dich jetzt vielleicht mal wieder auf Dich besinnst und nicht für alle eine Rolle spielst. Das habe ich im letzten Jahr auch gemacht, ich habe mir gar nicht zugestanden, daß ich einen Riesenverlust erlitten habe. Ich war nur immer darauf bedacht,daß ich den anderen, also meinem Vater und meinem Bruder, keine Sorgen mache und funktioniere wie immer( naja, wann ging mir zuletzt alles locker von der Hand? Ich habe meine Mama 2 1/2 Jahre begleitet, da war nur der Gedanke an ihre Krankheit und die Angst vor ihrem Tod).
Außerdem wollte ich immer alle anderen trösten, dabei ging es mir selber so schlecht.
Anfang diesen Jahres bekam ich für das alles die Quittung: Ich bin durch eine ganz wichtige, aber gottseidank wiederholbare, Prüfung gerasselt, weil ich mich letztes Jahr total übernommen habe. Dann kam noch eine Depression. Klingt schlimm, aber seitdem lebe ich wieder für mich. Ich fühle mich wieder mehr. Ich bin wieder mehr ich selbst, auch wenn ich nie mehr so sein werde wie vor dem besch... Brustkrebs meiner Mama.
Ich mußte erstmal ziemlich tief fallen, bevor ich gemerkt habe, was ich mir da zumute. Da ich sehr ehrgeizig bin, war mein Scheitern in der Prüfung schon ein ziemlicher Schlag für mich.
Ich kenne Dich nicht und auch Deine Mutter nicht, ich weiß nichts über Euer Verhältnis zueinander, deshalb hilft es Dir vielleicht nicht, was ich hier aus meinem reichen Erfahrungsschatz geplaudert habe. Aber ein bißchen hat mich Dein posting an mich selbst erinnert.
Versuch mal wieder, ein kleines bißchen zu lächeln (lachen ist wahrscheinlich zu viel verlangt) und tu mal was nur für Dich.
Deine Mutter freut sich sicher auch darüber!
Alles Liebe, Mia

18.07.2003 00:03

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
hallo mia,
mein verhältnis zu meiner mutter war und ist sehr innig. ich konnt mit ihr reden und verbrachte meine zeit am liebsten mit ihr...
wir telefonierten oft drei mal oder öfter am tag miteinander. und trotzdem glaube ich nicht, dass ich verzeifelter bin als so mach anderer. ich sage es vielleicht nur direkter. morgen gehe ich zum 50. geburtstag einer ihrer freundinen - ich habe richtig angst davor. besonders deshalb, weil eine freundin meiner mutter da sein wird, die sich trotz mehrmaliger anrufe nicht gemeldet hat. das macht mir schmerzlich bewusst, dass ihr an mir/uns nichts liegt. das eben sind solche momente, die mich noch mehr abfallen lassen. statt hilfe bekommt man letztendlich noch forwürfe, weil man sich in der einen oder anderen situation vielleicht nicht angebracht verhalten haben soll. die "aussenstehenden" menschen denken eben zuerst an sich und sehen sich als opfer.
das du gesagt hast, ich solle mehr an mich denken ist leichter gesagt als geatn - ich glaube, es steckt einfach in meiner natur - meine mutter hat auch immer für alle anderen getan und dann erst für sich. kann sein, dass ich ihr nacheifer... es ist jedenfalls eine komische spirale in der ich mich befinde. eigentlich wohne ich 150 km entfernt von hier, wo meine mutter gelebt hat. aber ich bin ausserhalb meiner arbeitstage - ich bin freiberuflich - hier, dort wo meine mutter lebte. ich kann mir sogar vorstellen, dass ich wieder für eine zeit hier zurückgehe. meinen anderen job suche und einfach bin. jeder sagt, das wäre dumm, bei dem job den ich habe. aber ich sehe das relativ... problematisch ist, dass mein freund und ich dann 2 einhalb stunden von einander enfernt wären... also... alles sehr verworren.
ich hoffe, du hast zumindest einen partner, der nah bei dir ist. ich komme aus bayern, und du?
ich weiss das sich meine mutter über ein lachen freuen würde, das tu ich auch, aber es gibt momente, da zerfalle ich regelrecht.
krishnamurti ein philosoph hat über die liebe geschrieben, und das was liebe ist. ich weiss jetzt wirklich, dass ich meine mutter unendlich liebe und versuche, jetzt alles in ihrem sinn weiterzuführen, aber es fällt eben schwer - an manchen tagen nicht sooooo, an anderen eben um so mehr.

mia, auch meine mutter hatte brustkrebs, durfte deine mama bei dir einschlafen? auch ich sehne mich so nach den mütterlichen Besorgnissen, egal in welcher Situataion. früher konnt ich mir keine jeans kaufen, ohne dass sie sie gesehen hat. ich habe mir keine hose mehr gekauft. ich glaube, ich verstehe was du meinst
ich wünsche dir eine gute nacht

alessa

18.07.2003 07:33

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Guten Morgen,

irgendwie klappt das nicht mehr, früh mal eben kurz beim forum vorbeizuschauen,
lesen, was ihr geschrieben habt.
und .... nur mal so drüber huschen über das was ihr euch/ mir schreibt, nee nee :-)

ich erkenne mich in so vielen briefen wieder.
im moment hab ich das gefühl mich ENDLICH etwas besser zu fühlen.

die trauer, der schmerz ist nicht weniger, aber ich fühl mich hier,
in diesem thread aufgehoben, weil hier wirklich vorwiegend vom verlust der mutter
als tochter geschrieben wird.
ich könnte in den anderen threads beim „forum für hinterbliebene“ auch über trauer
und schmerz schreiben, aber es war und wird immer schwer für mich sein,
über gefühle zu sprechen, mit jemandem, der seinen partner, einen vater, ein kind verliert,
da jede beziehung ganz anders ist.
ich sehe das z.b. in dem neuen eintrag von shalom, dem gedankenaustausch mit inge...
über den verlust ihrer partner.
dort könnte ich, glaube ich, nicht wirklich was zutreffendes schreiben.

so, jetzt muss ich aber los, ich freu mich aufs we, endlich wieder mehr zeit zum lesen.

euch allen einen schönen freitag!
sandra(h)

@alessa
schade, dass aol dazwischenfunkt, aber kein problem :-)
wie lesen ja auch hier voneinander und vielleicht klappts ja doch noch mal mit dem mailen!?

18.07.2003 22:21

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Hallo Mia und an alle anderen!

Ja mir geht es auch oft so das Freundinnen über ihre Mütter erzählen usw. Dann falle ich sofort wieder in ein Loch und keiner merkt es.
Es ist wirklich so unglaublich das man so ein Schmerz im Herzen fühlen kann, wenn man an seine verstorbene Mutti denkt.
So unbeschreiblich schlimm und schmerzhaft. Ich kann es immernoch nicht glauben das sie nicht mehr da ist. Ich denke immer" das kann doch alles nicht wahr sein, oder??????".
Warum mußte meine Mutti und eure Muttis so früh uns verlassen????

Auch habe ich immer ihre letzten Tage im Kopf wie verwirrt sie war und so schwach. Ihr Gesicht das bis zur letzten Minute so gekämpft hat bei uns zu bleiben nicht zu gehen, aber leider war der Tod stärker als all unsere Liebe. Die Bilder wie quallvoll alles war kann ich einfach nicht aus meinen Kopf bekommen.

Es tut so weh...........

Mama ich liebe dich überalles.

Eure Michele

19.07.2003 23:21

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Hallo Mädels,
ich muss Euch heute mal was fragen, was für Euch vielleicht banal klingt, aber ich frage mich wirklich, wie andere das handhaben. Es geht um die Sachen von meiner Mama, also Kleidung, Kosmetik etc. Was macht ihr mit den Sachen Eurer Mütter? Der Grund meiner Frage ist folgender: Ich war heute bei meinem Papa und er hat mich gefragt, was mit den Sachen von Mama ist. Die vielen Klamotten, Schuhe, Kosmetiksachen, Schmuck etc. Er hat gesagt, er möchte nichts davon behalten. Das hat mich erst mal schockiert. Ich habe gefragt, ob er nicht irgendetwas als Erinnerung aufheben möchte. Er sagt, warum soll er Kleidungsstücke als Erinnerung aufbewahren. Ich sehe das anders. Ich könnte die Sachen nie weggeben, zumindest jetzt nicht. Ich würde gern alles so lassen wie ist in der Wohnung meiner Eltern, aber natürlich verstehe ich, dass für ihn viele Dinge einfach zu schmerzlich sind und das Leben für ihn weitergeht. Sicher ist es ein schreckliches Gefühl, jeden Morgen ins Bad zu gehen und ihre Kosmetiksachen zu betrachten, wenn er den Schrank aufmacht. Oder den Bademantel hinter der Badezimmertür. Ich habe gesagt, ich nehme alle Sachen mit, soweit ich sie benutzen kann oder auch nur als Erinnerung. Schweren Herzens habe ich den Kleiderschrank durchforstet. Viele Sachen würden mir schon passen, weil wir ungefähr die gleiche Größe hatten, aber es ist schon komisch, die Sachen anzuziehen, weil ich genau weiß, wie meine Mama darin aussah. Trotz allem, dieser Duft von ihr, hängt in allen Sachen und ich hätte mich sofort darin verkriechen können. Es gab mir irgendwie das Gefühl, sie wäre noch da. Aber sie hatte so viele Sachen, die kann ich rein platztechnisch schon nicht mitnehmen. Ich werde mich wohl doch von so einigen Sachen trennen müssen; vielleicht möchte sonst jemand aus der Familie noch ein Erinnerungsstück, ich werde noch einmal rumfragen. Ich werde meinen Papa noch einmal fragen, ob man nicht ein Teil davon erst mal auf dem Dachboden aufbewahren kann. Ich kann absolut nicht verstehen, dass er noch nicht einmal den Schmuck behalten will - schließlich waren auch Schmuckstücke dabei, die sie von ihm bekommen hat oder der Ehering etc. Andererseits ist er sehr eigen mit einigen Sachen, die sie gern hatte. Im Schlafzimmer ist nichts verändert worden, Auf dem Nachttisch liegen noch die Bücher, die sie zuletzt gelesen hat, der kleine Engel aus Holz, ein Seidentuch und diverse andere Sachen. Meine kleine Tochter liebt diesen Engel. Sie rennt jedes Mal ins Schlafzimmer und will ihn holen, aber ich muss sie immer zurückhalten; mein Papa wird sehr ärgerlich, wenn sie die Sachen anfasst. Deshalb kann ich nicht verstehen, wieso er unbedingt die anderen Sachen loshaben möchte. Aber ich muss das wohl so akzeptieren. Wie ist das bei Euch?

& liebe Grüße
Katharina

20.07.2003 15:30

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Hallo Kiki,

bei meinem Vater ist es ganz ähnlich. Meine Mutter ist am 16.08.02 gestorben und mein Vater wollte ziemlich schnell nach ihrem Tod alle Sachen weghaben. Das fand ich damals etwas zu übereilig. Er sagte immer, sie kommt nicht wieder, es hat keinen Sinn die Kleider hängenzulassen. Meine Mutter hatte auch unglaublich viele Sachen (kennst Du ja sicher, das Problem). Hinzu kommt, dass ich ihr versprechen musste, die Sachen nicht in einen Altkleidersack zu stopfen, wenn sie gestorben ist. Ich habe dann die Wintersachen versucht auf 2 Gebrauchtkleiderbasaren zu verkaufen, den Rest habe ich dann zu so einer Sozialsammelstelle gebrracht. Letzte Woche habe ich dann einen Teil der Sommersachen ausgeräumt, die werde ich mit einem Transport nach Rumänien schicken. Das ist sicher auch keine 100%Lösung im Sinne meiner Mutter. Aber es ist unheimlich schwer, getragene Kleidung gut weiter zu verwerten. Beim Ausräumen der Schränke im letzten Wiinter ging es mir gar nicht gut. Ich hatte das Gefühl, jetzt "räume ich meine Mutter endgültig aus unserem Leben". Bei der Ausräumaktion letzte Woche ging es besser, wohl weil ich jetzt wesentlich mehr daran glaube das sie nur aus dem irdischen Dasein verschwunden ist, nicht aber komplett.
Mein Vater war sehr erleichtert, dass wieder ein Schwung von ihrer Kleidung weg ist.

Aber trotz allem ist es nicht schön, Sachen in Kisten zu packen, die der Mutter gehört haben. Zu jedem Gegenstand fallen einem 100 Szenen ein.
Kerstin

20.07.2003 16:11

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Hallo Kiki,

Ich kenne Deine Gefühle, und konnte auch zuerst nicht verstehen, warum meine Mutter sofort alles von meinem Paps weggeben wollte, außer den Dingen, die wir Kinder haben wollten. Sie konnte den Anblick nicht ertragen, jedes Stück das da hing oder lag riß ein erneutes Loch in ihr Herz. Denn sie hatte ihm versprochen, stark zu sein, wieder zu beginnen ihr Leben in die Hand zu nehmen.

Und wirklich konnte ich sie verstehen, als sie von uns gehen mußte. Sie sagte immer, Kind such Dir aus, was Du möchtest und gebe den Rest weg. Ich lud meine Brüder ein, sich ihre Erinnerungsstücke zu nhmen. Der Eine nahm alle Erinnerungen aus seiner Kindheit, der Andere warf alles in den Müll. Mir tat das sehr weh, denn es waren Dinge, welcher er für sie gebastelt, gemalt hatte.

Ich habe mir für einige Monate Teile ihrer Kleidung in meinen Schrank gehängt, auch wir hatten dieselbe Größe, um immer mal mich reinzukuscheln und sie zu riechen. Bis ich einen schlimmen Traum hatte, in welchem sie mich fragte, warum ich all ihre Kleidung noch im Haus hätte, es gäbe genügend Menschen die sich darüber freuen würden. Der Traum kam immer wieder, bis ich alles weggegeben hatte. Nur ihre Küche habe ich bis heute noch immer nicht ausgeräumt. Dort standen wir das letzte Mal gemeinsam beim Kochen, und wir hatten so viel Spaß miteiander.

Jeder empfindet anders, wenn es um die Trrennung von den persönlichen Dingen geht, genau wie jeder seine Trauer anders erlebt. Bitte versuche auch Deinen Vater zu verstehen.

liebe Grüße,
Jutta

21.07.2003 12:27

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Hallo Kerstin und Jutta,
hallo Alle,

ich wollte Euch berichten, wie wir die Kleideraktion gelöst haben. Ich habe für gestern alle meine Tanten (Schwester und Schwägerinnen meiner Mutter) zu meinem Papa nach Hause eingeladen zum gemütlichen Kaffeeklatsch und dem Durchgucken der Kleider. Mein Vater hatte Nachtschicht und so konnten wir in Ruhe alles durchgucken und die Sachen anprobieren. Es war gut, dass ich alle gefragt habe, jede meiner Tanten wollte unbedingt ein Erinnerungsstück haben - eine Tante wollte zuerst gar nichts anziehen und da habe ich sie gefragt, ob sie es lieber sähe, wenn ich die Sachen zur Altkleidersammlung gäbe. Meine Mutter hätte sicher gewollt, dass ihre Sachen auch verwertet werden. Es waren darunter auch etliche neue Klamotten, an denen noch die Etiketten hingen, ungetragen. Zuerst war es sehr bedrückend aber dann wurde es plötzlich sehr lustig. Wir haben auch ihre Hüte aufprobiert, die keinem so gut standen, wie ihr. Wir standen vor dem Spiegel und haben schrecklich gelacht, weil wir so furchtbar aussahen, und die Lieblingsschwester meiner Mutter sagte: "Wenn Sie uns jetzt sieht, hat sie sicher ihren Spaß. Sie wird uns schrecklich auslachen!" - Wir wußten, dass genau das stimmte. Wäre sie bei uns gewesen, hätte keine so ihren Spaß daran gehabt, wie sie. Deshalb hat jeder frohgelaunt sein Bündel Erinnerungen gepackt und mit nach Hause genommen. Leider sind immer noch zwei Schränke voll übergeblieben (ich frag mich, wann sie all das Zeug getragen hat). Ich werde diese mit meinem Vater in einer ruhigen Minute noch einmal durchschauen und die Sachen aufheben, an denen uns noch etwas liegt, alle anderen werde ich weggeben zur Altkleidersammlung, denn ich kann beim besten Willen nichts mehr davon zu mir mitnehmen. Meine Schränke platzen aus allen Nähten. Mein Papa hat mich heute angerufen, weil er wissen wollte, wie es gestern war, und er hat sich sehr gefreut, dass viele Sachen nun doch weiter in Gebrauch sind oder als Erinnerung irgendwo aufbewahrt werden.

Kerstin und Jutta, Euch noch mal vielen Dank für Eure Antworten - es tut gut wissen, dass andere sich mit denselben Problemen rumschlagen müssen. Ich bedauere, dass ich keine größeren Geschwister habe, die sich um diese Dinge kümmern könnten, aber irgendwo bin ich das auch meiner Mama schuldig; mein Papa hat es schließlich ohne sie schon schwer genug.

Liebe Grüße
Kiki

21.07.2003 13:47

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Hallo Kiki,

Danke für Deine Mitteilung, wie schön Du und Deine Tanten damit umgegangen seid. Es tat richtig gut. Und glaube, daß Deine Mutter mitten unter Euch war und ihre Freude an Euch hatte.
Behalte diesen Tag in Erinnerung, wenn Dich einmal wieder die Traurigkeit überkommt.

Bevor Du die restliche Kleidung in einen Altkleidersack steckst, rufe doch einmal bei der Kirche/DRK oder ähnlichen sozialen Einrichtungen an, ob sie nicht die Dinge gebrauchen können. Durch die neu enstandene Armut gibt es immer mehr Kleiderkammern in Deutschland. Dort kannst Du Dir fast sicher sein, daß die Kleidung noch gute Verwendung findet.

Liebe Grüße,
Jutta

21.07.2003 23:33

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Hallo ihr alle,

liebe Kiki, du hast das Problem wirklich wunderbar gelöst!
Uns steht es auch noch bevor, die Kleider meiner Mutter wegzuräumen. Mmeine Schwester und ich werden uns ein paar Erinnerungsstücke nehmen, und alle anderen Sachen bekommt eine Schwester meines Vaters, die beste Freundin meiner Mutter. Was sie dann nicht brauchen kann, gibt sie auf jeden Fall in gute Hände weiter, das wissen wir.

Heute ist meine Mutter drei Wochen tot. Und ich habe das Gefühl, von Begreifen kann immer noch keine Rede sein. Wenn ich an die letzten Wochen ihres Lebens denke, dann ist mir das alles manchmal noch so nah; was ich gefühlt habe, wie es mir ging, wie ich dachte. Auf der anderen Seite scheint das alles eine Ewigkeit her zu sein. Ich darf nicht darüber nachdenken, denn dann merke ich wirklich, wie sehr ich meine Mutter vermisse!

Eigentlich melde ich mich auch nur, weil ich ein sehr schönes Gedicht gefunden habe. Eigentlich lese ich kaum Gedichte zu dem Thema, obwohl ich in diesem Forum auch schon ein paar wundervolle gelesen habe.

Vieleicht hilft euch dieses ja auch ein bißchen.

"Glaubt nicht, wenn ich gestorben,
dasss wir uns ferne sind.
Es grüßt euch meine Seele
als Hauch im Sommerwind.

Und legt der Hauch des Tages
am Abend sich zur Ruh´
send` ich als Stern vom Himmel
euch meine Grüße zu."

Ich wünsche euch allen eine ruhige Nacht und süße Träume!

Alles Liebe,
Katrin

22.07.2003 01:07

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Liebe Katrin,

drei Wochen ist noch keine lange Zeit, um all das zu begreifen. Ich hatte hier mal vor einiger Zeit einen Thread eröffnet, der hieß "Wann begreife ich es endlich" - meine Gedanken waren ungefähr die gleichen wie Deine. Mittlerweile ist meine Mama schon 7 Monate tot und ich habe sehr sehr lange gebraucht, um zu merken, dass sie nicht mehr da ist. Man sagt sich jeden Tag "Deine Mama ist tot, Deine Mama kommt nie wieder", aber verstehen tut man es nicht. Ich konnte auch nicht trauern, nicht weinen, ich fühlte irgendwie nichts. Das hat es für mich um so schwerer gemacht. Ungefähr nach 5-6 Monaten fing ich so langsam an zu kapieren, was das eigentlich für mich bedeutet. Nie mehr mit ihr zu telefonieren, sie zu sehen, wenn sie redet, sie lachen zu sehen, mit ihr gemeinsames zu unternehmen, bummeln zu gehen, mal alles stehn und liegen lassen, um irgendwas lustiges zu unternehmen, die vielen Spaziergänge mit unserem Baby, die gemütlichen Kaffeestunden, Reden, reden, reden, lustige Filme zusammen anschauen, Kindersachen einkaufen, alles eben, was meinen Alltag bestimmt hat. Vorher habe ich mir immer nur gesagt, jetzt kannst Du nicht mehr mit ihr... - mittlerweile habe ich verstanden, was es bedeutet. Und das tut so schrecklich weh. Auch wenn ich nur noch schöne Erinnerungen an sie im Kopf habe, diese Erinnerungen sind so schmerzhaft, weil ich begriffen habe, dass ich die Situationen nie mehr wiederholen kann. Die letzten Monate sind so unendlich schnell vergangen, ich kann kaum glauben, dass es schon so lange her ist, dass sie gestorben ist. Sie ist noch so nah in meinen Gedanken - wenn ich an sie denke, kann ich ihre Nähe, ihre Wärme, ihre Geborgenheit spüren. Das war kurz nach ihrem Tod nicht so.
Ich hoffe, dass mir dieses Gefühl immer so bleiben wird. Denn ich glaube fest daran, was in Deinem Gedicht steht - wir sind uns nicht fern, sie ist da, irgendwie... Das wünsche ich Euch allen!

Eure
Kiki

23.07.2003 21:31

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Hallo ihr Lieben,

heute war die Urnenbeisetzung. es war irgendwie seltsam für mich. Ich hatte mich davor nicht gefürchtet. Aber es war seltsam, diese Urne zu ihrer Stelle zu tragen, den Sand darauf zu werfen und andächtig zu sein. Ich habe zu der Urne einfach keinen rechten Bezug.
Dennoch war ich traurig und hatte einen Kloß im Hals. Aber eher wegen dem Gedanken, dass dies nun Mamas Grabstelle ist - weil es einfach absurd ist, dass meine Mutter ein GRAB hat. Versteht ihr?

Meistens ist sie mir unheimlich fern. Dann fühlt es sich für mich so an, als ob es sie nie wirklich gegeben hätte und es sie nur in meiner Erinnerung gibt. Aber dann fallen mir bestimmte Situationen der letzten Monate ein, oder ich erinnere mich daran, wie sich ihre Wange angefühlt hat. Und dann wird sie greifbar, ich spüre wieder, dass sie ein realer Mensch war und dass die letzten Monate wirklich stattgefunden haben.
Ich hoffe, das klingt für euch nicht völlig verrückt. Ich kann es nicht besser erklären.

Heute haben meine Schwester und ich einige ihrer Sommersachen aus dem Schrank geräumt, damit mein Vater sie seiner Schwester (die gleichzeitig Mamas älteste und beste Freundin ist) mitbringen kann. Immer begleitet von dem Gedanken, wie viel schöner es wäre, wenn Mama all die Sachen selber weiter anziehen könnte.
Ich habe erstmal ein Shirt und eine Bluse als Erinnerung behalten. Aber wenn wir all die anderen Sachen irgendwann auch wegräumen, werde ich sicher noch ein oder zwei andere Dnge behalten. Unfassbar, wieviele Sachen sie hatte!

Liebe Kiki, ich glaube, was du beschreibst wird auch auf mich irgendwie zutreffen. Du sagts ja, dass du die Nähe und Wärme deiner Muter kurz nach ihrem Tod nicht so spüren konntest, wie du es jetzt tust. Wenn ich also jetzt das Gefühl habe, sie ist mir so fern, heißt das ja nicht, dass sich das nicht vielleicht noch ändert. Und ich glaube auch, dass erst die nächsten Monate mir klarmachen werden, was ich alles nicht mehr habe, seit sie weg ist, und was mir fehlen wird - ebenso wie du es beschrieben hast.

Ich habe mir schon tausendmal gesagt "Mama ist tot". Der Kopf weiß das schon, aber das Gefühl wird noch lange brauchen.
Ich fühle mich dir auf jeden Fall sehr verbunden - klingt irgendwie kitschig, aber besser kann ich es nicht ausdrücken. :-)
Du hast mir viele Worte geradezu aus dem Mund genommen.

Jetzt höre ich aber auf, sonst schreibe ich am Ende nur noch konfuses Zeug. Aber das konzentrieren fällt mir unheimlich schwer.

Alles Liebe,

Eure Katrin

24.07.2003 00:01

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Hallo Katrin,

ich drück Dich erst mal ganz fest, Du hast sicher einen schweren und aufwühlenden Tag hinter Dir. Es ist komisch, welche Gedanken einem während der Beisetzung durch den Kopf gehen, oder? Ich hatte ungefähr die gleichen Gedanken. Ich weiß, dass das Grab nicht die Stelle ist, wo meine Mama wirklich ist. Sie ist nicht da und trotzdem gehe ich täglich hin. Warum? Es zieht mich immer wieder dorthin, genauso wie ich sie früher immer besucht habe. Irgendwie ist es wie ein Treffpunkt, den wir ausgemacht haben, ich warte und warte, warte, dass irgendetwas passiert, aber eigentlich ist sie nie da. Zumindest habe ich das Gefühl nicht. Sie ist mir viel näher, wenn sie von ihrem Bild an der Wand auf mich runterlächelt. Ich habe zum Grab meiner Mama vielleicht deshalb keinen richtigen Bezug, weil ich sie noch einmal aufgebahrt gesehen habe, einen Tag vor der Beerdigung. Und es war nicht sie, die da im Sarg lag. Ich habe gespürt, dass sie längst woanders ist. Sie sah ganz anders aus, so unwirklich. Daran musste ich denken, als wir sie beerdigt haben, an diese Frau, die nicht meine Mama war.
Ich habe die ganze Zeit darauf gewartet, wann meine Trauer, mein Verlust kommen würde! Was heißt Trauer? Wann fängt sie an? Wie und was fühlt man? Warum können andere weinen und alles rauslassen, andere, die meiner Mutter nie so eng verbunden waren wie ich? Ich habe lange nichts gefühlt und das hat mir schreckliche Angst gemacht. Ich habe nicht verstanden, warum ich den Tod meiner Mutter so cool genommen habe! Mittlerweile bin ich, glaube ich, einen Schritt weiter. Ich denke, diese Zeit war wie ein Schockzustand, der nie enden wollte. Das hat mich fast wahnsinnig gemacht. Ich habe ständig auf den Zeitpunkt gewartet, von dem jeder sagt, dass man ihn durchmacht, dieses tiefe Loch, in das man fällt. Aber das war bei mir nicht so. Ich war immer nur in diesem Schockzustand, in dem ich genau das gefühlt habe, was Du schreibst: Dass Dir Deine Mama manchmal so fern vorkommt, so unwirklich, und dann plötzlich erinnerst Du Dich, wie sie sich anfühlte. Man denkt, es hätte sie nie gegeben, zumindest kann man es sich nicht mehr wirklich vorstellen, weil sie eben nicht mehr Teil des Lebens ist, und dann auf einmal eine Erinnerung, ein Bild, und sofort ist alles so real als würde sie noch leben. Das ist wirklich komisch! Warum fühlt man so? Dieses Gefühl habe ich bis heute: Mal ist sie mir so unendlich fern und mal so nahe, dass, wenn ich an sie denke, der Verlust so unendlich wehtut, dass man den Schmerz kaum aushalten kann. Ich bin froh, dass ich nicht allein so fühle, dass andere Menschen dieselben Gedanken haben und das wir uns hier austauschen über diese Gedanken, das ist ein schönes Gefühl. Wenn keiner über seine Gedanken schriebe, wüßten wir gar nicht, dass andere Menschen genauso fühlen und denken. Deshalb finde ich das keineswegs kitschig, was du schreibst - schließlich sind wir alle uns hier verbunden - verbunden durch das gleiche Schicksal: Wir haben alle unsere Mutter verloren.

Deine Kiki

24.07.2003 00:21

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Hallo Ihr Lieben!

Als ich in einem der letzten Briefe von Deiner Kleideraktion las, liebe Kiki, mußte ich wirklich schmunzeln, vor allem, dass auch Deine Mutti noch einige Sachen hatte, an denen sogar noch die Etiketten baumelten. Das zu lesen ließ meine Mundwinkel nach oben wandern.

Wie ähnlich doch alles ist.
Auch ich hab mir schon ein paar schöne Sachen als Andenken ausgesucht.
Aber nur Sachen, die sie vor ihrer Krankheit trug.
In diesem einen Jahr, in dem Zeitraum von der OP bis zu ihrem Tod nahm sie sehr ab,
ihre alten „Kleider“ waren nach der OP, Chemo usw. durch die rapide Gewichtsabnahme, alle zu groß geworden.
Die Sachen, die sie in den letzten 8 Wochen getragen hat, wenn ich diese in den Händen
halte, dann sehe ich sie noch deutlich vor mir, das Gesicht soo vom Krebs gezeichnet,
so mager geworden, so traurige Augen ....
diese Pullis, Hosen haben wir zusammengelegt und sie liegen noch (nach fast einem Jahr)
im Schrank.
Keiner von uns mag sie tragen, mag sie an jemandem anderen sehen, sie weggeben
bringen wir aber auch nicht übers Herz, noch nicht.

Meiner lieben Oma, ihr haben wir auch ein paar Pullover, Blusen, Shirts von meiner Mami geschenkt. und wenn ich dann scherze, Omi, du siehst gleich 10 Jahre jünger aus, dann muß sie lachen und ich genieße es.

Liebe Katrin,
immer wenn ich etwas von Dir lese, muß ich zurückdenken.
An die Trauerfeier, als ich am Grab stand und nicht begreifen konnte, die da im Sarg liegt,
das soll meine Mutti sein ?
Ich denke bei Deinen Zeilen an meine erlebten „ersten Wochen danach“, im August letzten Jahres.
Damals war auch ich hier im Krebskompass, erst im Bereich „Bauchspeicheldrüsenkrebs“ um meiner Mutti zu helfen, im Forum „Angehörige“ und dann im Forum für „Hinterbliebene.“
In den ersten 4 Wochen danach war ich noch wie versteinert, was Tränen betraf, über
meine Gefühle konnte ich jedoch schreiben.
Doch dann blieb ich dem Krebskompass fern, am meisten aus dem Grund, zu nichts Lust zu haben, keine Lust zu schreiben, zu lesen, einfach zu nichts Lust.
Ich wollte nur noch meine Ruhe.
Wenn ich ganz ehrlich bin, konnte ich „ich wünsche dir viel kraft“ nicht mehr lesen.
Diese Wünsche kamen von Herzen, aber sie trösteten mich so wenig.

Eigentlich war ich immer tapfer, fühlte und fühle die Kraft, aus allem was passiert,
auch klein wenig zu lernen, für mein eigenes Leben.
Aber was unendlich schwer ist, ist die veränderte Situation in der Familie.

Wohnt jemand von euch auch weit weg von zu Hause (ca. 4 h Autofahrt) ?
Damaris? Du, oder ?
Ich würde so gerne abends nochmal schnell zu Papa „huschen“ und hallo sagen,
würde ihm jeder Zeit, wenn er jemanden braucht Gesellschaft leisten, jetzt wo er allein ist,
aber durch die Entfernung ist alles so schwierig.
Mir fällt es so schwer mein eigenes Leben hier zu führen, ohne nicht immer an meinen Papa
zu denken, wie einsam er ist.
Aus Angst es mache ihn traurig, erzähle ich nur ganz selten von den Dingen, die wir erleben,
was wir so machen.
Erzähle ich doch mal was, dann sagt er nur „hm“, fragt nicht nach, um näheres zu wissen,
so sind unsere Telefonate sehr eintönig geworden, ich bin die stille Zuhörerin, und jedes Mal
beim Auflegen muß ich tiel Luft holen, weil er wieder nicht einmal gefragt hat, wie’s mir so geht oder was es neues gibt.
Hab schon oft gesagt, ich möchte auch gern mal was erzählen, dann hört er zu, sagt auch diesmal nur kurz „hm“ und geht zum nächsten Thema über.
Naja ..........

nun hab ich mal wieder mehr geschrieben, als ich wollte,
aber was löschen vom Geschriebenen ?? Nee, ne ?

Beim nächsten Mal fass ich mich kürzer, versprochen.

Bis dahin,
liebe Grüße
Sandra(h)

24.07.2003 00:26

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
hallo katrin

es ist garnicht konfus, was du schreibst. ich glaube, du kannst dir der "sache", wie man so schön sagt noch garnicht bewusst sein. als meine mama eingeschlafen ist, habe ich das bedürfnis gehabt, alles organisieren zu müssen. ich habe die anzeige für die zeitung am rechner erstellt, adresse rausgesucht, blumen bestellt, die musik... das passiert einfach - und vielleicht hat es auch so eine art schutzmechanismus. ich weiss es nicht. ich hatte einfach das bedürfnis "zu machen". selbst am tag der beerdigung als die verwandten aus nrw kamen, habe ich organisiert. aber nur nach aussen hin, war ich alleine, so begann die fassade zu bröckeln. erst nach der beerdigung, als keiner mehr da war, da wurde mir nach und nach bewusst, was genau passiert ist. das ist sehr schlimm.auch heute noch... wir haben alles so gelasssen wie es mama hatte - das küchenregal mit ihrer creme, ihren schminktisch, ihre kleidung im schrank, einfach alles. natürlich ist sie nicht mehr greifbar, trotzdem geben mir ihre sachen und das, was sie wo hingestellt hat einen gewissen halt. karin, es wird jetzt ein schlimme zeit auf dich zukommen, eine zeit in der du begreifst, was passiert ist. und je nach dem, welches verhältnis du zu deiner mutter hattest, wird es irgendwann leicht, oder es bleibt unendlich schlimm, wie bei mir. ich würde dir gerne gute ratschläge geben, wie es so viele menschen machen, doch das werde ich nicht. niemand kann dir wirklich helfen, weil niemand das verhältnis zwischen deiner mutter und dir wirklich kennt - nur du. es gibt sicherlich den ein oder anderen "trost", weil menschen sich dir zuwenden, aber letztendlich wirst du alleine sein. eben das ist so schlimm. ich finde es gut, das du die kraft gefunden hast heute in dieses forum zu gehen, ich hatte sie nicht. ich bin am selben abend sprichwörtlich zusammengebrochen. weil alles rauskam, die anspannung des ablenkens und organisierens wegfiel.
ich wünsch dir, dass du besser mit dem einschlafen deiner mutter zuercht kommst als ich.
ich habe ein ritual, obwohl ich nicht wirklich gläubig bin (meine mama war es), bete ich jeden abend vor dem schlafen ein vater unser, in der hoffnung, sie hört es vielleicht. vielleicht solltest du dir auch ein solches ritual suchen, ob einen spruch, ein lied oder so. es hilft ncht wirklich, aber ich persönlich finde es schön.
liebe grüsse
alessa




hallo sandrah,
habe nichts mehr von dir gehört. aber auch kein zeichen kann ein "gutes" sein. wenn du reinsiehst, ich wünsche dir kraft und gutes
alessa

24.07.2003 00:36

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Huhu Alessa,
hab grad eben gemerkt, dass Du auch grad geschrieben hast.

Bist wohl auch ne kleine "Nachteule" ?! so wie ich ?

Danke für Deinen lieben Gruss,
hab am WE hier eure neuen Einträge gelesen, aber mir selber wollten nicht die richtige Worte einfallen.
Der Todestag meiner Mami rückt immer näher und damit die Erinnerungen an die letzten gemeinsamen Tage.

Hoffe, wieder von Dir zu hören !
Sandra

24.07.2003 01:04

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Liebe Kiki und all Ihr anderen Mitleidenden,

ich kann Dir alles so gut nachempfinden, was Du erzählst.Als meine Mama am 10, August letzten Jahres starb, fing mein Vater noch neben Ihr an, Sachen wegzupacken. Meine Eltern hatten getrennte Schlafzimmer, weil sie sich sonst störten. Einen Tag nachdem sie starb, stand dort, wo gestern noch ihr Bett war, das Vorratsregal. Er musste das tun, es war einfach zu schlimm für ihn. Er hat sofort alles Sachen gepackt, und als ich hörte, er wolle sie zur Altkleidersammlung geben, hab ich mich dazwischengehackt und ihre Kleider an mich genommen. Eine ganze Woche lang standen die Kisten im Wohnzimmer, ihr Geruch an der Kleidung liess es mich nicht fertigbringen, die Sachen zu sortieren. Jetzt steh ich ab und zu da, eins Ihrer Kleidungstücke in den Händen, und dann tauche ich mein Gesicht rein, kann sie wenigstens nochmal riechen...Es ist so schlimm, sie nicht mehr zu hören. Heute vor einem Jahr haben wir uns das letzte Mal gesehen. Ich wohne 420 km weit weg von meinen Eltern und damals stand ich im Flur, drehte mich nocheinmal nach ihr um und wollte doch eigentlich lieber bleiben. aber meine zwei Kinder waren zu viel für sie, und ich hab auch noch vier Brüder, die sie sehen wollten. So musste ich mich damit abfinden, sie erst zweieinhalb Wochen später wieder besuchen zu dürfen...
Ich war spät dran an dem Tag, es waren Ferien und ich hab dummerweise den Weg Über die A1 genommen. Schon, als wir losfuhren regnete es, und es hat durchgeregnet, bis wir drei in Oldenburg ankamen. Dort kam langsam die Wolken durch die Sonne, als ich mein Auto parkte. Meine zwei Kinder,(5 und 2 zu dem Zeitpunkt)und ich haben sechs Stunden lang nur zähfliessenden Verkehr oder Stau gehabt. Innerlich hab ich mich über die vielen Menschen geärgert, die mir den Weg zu meiner todkranken Mutter versperrten nur weil sie Urlaub machen wollten. Um zwölf wollte ich da sein, um kurz nach vier nachmittags kamen wir endlich an, ich war so froh endlich bei ihr zu sein.
Und konnte es nicht fassen, als mir meine gesamte Familie entgegenkam, einer hinter dem anderen. Mein Papa sagte "Hallo mein Mädchen", drückte mich ganz fest an sich und sagte mir, dass Mama heute um neun Minuten nach zwölf heimgegangen sei. Helena, meine Tochter, und ich haben zusammen an ihrem Bett gesessen, mein kleiner Bruder, der auch zu spät kam, weil er eigentlich meine Kinder hüten wollte, kam dazu und ich war wie schockgefrostet seitdem. Wo sind meine Gefühle hin? Ich bin ein anderer Mensch seitdem, und mich - wie ihr auch, nur am ablenken. Meine Oma ist auch 87 geworden da fragt man sich, ob das gerecht ist die hatte 30 Jahre mehr. Und ich bin im Juli 29 geworden. Als meine Mama mich vor 29 Jahren bekam, war sie auch 29. Halbzeit könnte man denken. Ist echt nicht lang.

Ich muss aufhören, schreiben tut zu weh.


P.S.: Es gibt ein Leben nach dem Tod. Ich kann sie fühlen, wenn sie bei mir ist...


Gute Nacht wünsch ich Euch allen, Damaris

24.07.2003 07:28

junge Frauen und der Tod der Mutter
 
Guten Morgen Damaris,
wollte nur schnell mal HALLO sagen.
Ich freu mich, mal wieder von Dir zu lesen ! :-)

Hast Du denn oben vielleicht meinen Satz überlesen,
daß ich mich über eine Email von Dir sehr freuen würde?

Diese Gemeinsamkeiten mit Dir und auch den anderen ist immer wieder überraschend.
Als meine Mutti gestorben ist, fragte ich mich auch, warum meine Mutti vor meiner Oma gehen mußte :-(
Die typischen WARUM-Fragen ?
Meine Oma, wird im August 90 ! !
Ich bin froh, daß es sie gibt. Freu mich mit ihr über ihr hohes Lebensalter, was sie erreicht hat.
Der Gedankejedoch, daß meine Mutti auch noch 30 Jahre hätte leben können, daß 58 wirklich noch kein Alter ist um zu sterben, wird mir durch diesen runden Geburtstag bewußt und macht mich traurig.

Liebe Damaris, also mein Briefkasten freut sich auf Post, falls Du mal wieder Zeit zum Schreiben finden solltest :-)

Bis bald,
Sandra


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