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-   -   Sterbehilfe - was meint ihr dazu ? (https://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=43810)

Andorra97 04.02.2010 11:59

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Irgendwo habe ich den Faden in der Diskussion verloren.
Es ging doch um aktive Sterbehilfe, oder?
Passive Sterbehilfe, wie sie durch die Patientenverfügung bestimmt wird, ist doch gar nicht das Thema, oder?? :confused:
Wer redet denn jetzt hier von aktiver und wer von passiver Sterbehilfe?

Dirk1973 04.02.2010 12:12

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Hier geht es global um Sterbehilfe. Und zu meinem besonderen Erstaunen auch recht sachlich. Schön, wenn es dabei bliebe. ;)

Stefans 04.02.2010 14:52

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Zitat:

Zitat von Dirk1973 (Beitrag 851593)
Hier geht es global um Sterbehilfe.

Ja, und das ist m.E. auch Teil des Problems, was das (Miss-)Verstehen angeht. Wie z.B. offenbar zwischen Wolfgang und mir (Wolfgang: bei mir braucht sich niemand entschuldigen, ist doch deine Meinung - aber für eine Klärung, wo das Missverständnis liegen könnte, wäre ich dankbar).

Derjenige, der diesen thread eröffnet - und sich dann sofort zurückgezogen - hat, hat den Begriff halt pauschal verwendet. Und dann denkt sich eben jeder seinen Teil. Und jeder aus seiner eigenen Erfahrung. Der eine, weil er krebskrank ist und den Medizin-Apparat als Patient kennt. Der andere, weil er Angehöriger ist und das Leid geliebter Menschen mit ansieht. Der dritte, weil er im Gesundheitswesen arbeitet und deshalb natürlich ethisch-moralisch von der (überspitzt formulierten) Frage "abschalten oder nicht" ganz praktisch betroffen ist. Der andere, weil...

Das Thema ist nicht nur hier unübersichtlich und schwierig. Wenn man sieht, wie lange und mit welchen endlos langen "Geburtswehen" die Politik (und die Medizin, und die Kirche, und die Moralphilosophen, und und und...) daran herum gedoktert hat, das Thema in Paragraphen zu fassen. Und dass das Ergebnis immer noch nicht zufriedenstellend eindeutig ist (das wird wohl mal wieder ein BGH-Grundsatzurteil in x Jahren klären müssen...).

Das Thema Sterbehilfe direkt anzufassen, darum hat man sich in D bis heute erfolgreich gedrückt. Geändert hat man letzten September die Regelung zur Patientenverfügung ("Drittes Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts"). Aber auch die neuen Formulierungen dazu sind immer noch "wachsweich". Und überlassen die Verantwortung in der Praxis wie vorher Medizinern und gesetzlichen Betreuern, sofern vorhanden. Das einzig wichtige, was sich zu früher verändert hat: Eine Patientenverfügung ist auch dann zu befolgen, wenn die Krankheit des Patienten nicht zwangsläufig zum Tode führt. Die klassische Streitfrage aber bleibt bestehen: ob "die (in der Patientenverfügung) getroffenen Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen". Und nur wenn "ja", muss diese Verfügung von den Verantwortlichen befolgt werden.

Was in der Praxis heisst: Eine "wasserdichte" Patientenverfügung kann ich eigentlich nur in Kenntnis meiner aktuellen Krankheit und nach ausführlicher fachlicher Beratung verfasssen. Die "aktuelle Behandlungssituation" für alle Fälle vorab in eine Verfügung zu fassen, geht schlichtweg nicht. Ob künstliches Koma nach Verkehrsunfall oder Schlaganfall... diese Situationen kann niemand voraussehen. Müßte er aber, damit seine Verfügung in jedem Fall wirksam ist. Weil pauschale statements wie die Ablehnung jeglicher lebenserhaltender Maßnahmen im Einzelfall halt unwirksam oder zumindest strittig sind. Und im Notfall eine gerichtliche Klärung erforderlich ist.

Insofern ist das subject "Sterbehilfe" in diesem thread auch nicht ganz passend zur Diskussion, die sich daraus entwickelt hat. Von der Rechtslage in D her und in der medizinischen Praxis besteht Unsicherheit nur in dem Fall, dass der Patient sich selbst nicht mehr klar äußern kann. Und in dem Fall entweder eine Patientenverfügung hat oder nicht.

Kann sich der Patient noch klar äußern, ist die Sache einfach: Aktive Sterbehilfe ist in D verboten, Mediziner stehen dafür mit einem Bein im Knast. Wer das als Patient von Ärzten verlangt, muss nach Benelux zur Behandlung. Privat ist die aktive Sterbehilfe natürlich auch verboten. Wird aber in der Praxis häufig vorkommen - in der privaten häuslichen Pflege, und da oft ohne Zustimmung der Kranken. Da landen wir dann sofort wieder bei der "Euthanasie-Angst" (die so unberechtigt nicht ist - ich hätte auch Angst um mein Leben, wenn ich darauf angewiesen wäre, dass Aasgeier und Erbschleicher mich Zuhause pflegen und mir hoffentlich die richtigen Tabletten zur richtigen Zeit und in der richtigen Dosis geben). Sprich: solchen Angehörigen, wie sie Wolfgang und jede Krankenschwester/-pfleger aus dem Alltag kennt, will wohl niemand auf Leben oder Tod ausgeliefert sein.

Passive Sterbehilfe auf Wunsch des Patienten ist in D grundsätzlich straffrei, ob von privat oder von Ärzten. Ob das nun ein Behandlungssabbruch (z.B. keine künstliche Ernährung mehr) oder "Beihilfe zum Suizid" ist (z.B. das Glas mit dem Giftcocktail auf den Nachttisch stellen - nur es in die Hand nehmen und trinken muss der Patient selbst). Wenn der Patient eine Behandlung nicht wünscht bzw. abbrechen will, obwohl er damit seinen Tod herbeiführt oder beschleunigt, ist das nicht nur für den Behandler straffrei, sondern im Gegenteil Pflicht. Weil jegliche Behandlung eines Patienten gegen seinen erklärten Willen in D Körperverletzung ist und strafrechtlich verfolgt wird.

Dass sowas in der medizinischen Praxis trotzdem sehr problematisch sein kann, weiss jeder, der in dem Bereich arbeit. Vielleicht hat der eine oder andere auch letzten Sonntag in der ARD den Beitrag "schaltet mich ab" aus der Reihe "Gott und die Welt" gesehen? Einfach der Fall einer alten Patientin, die keine Dialyse mehr wollte. Hat sie nicht mehr bekommen und ist nach einigen Wochen an Nierenversagen gestorben. Schwierig der Fall einer alten Patientin, die nur dank Beatmungsgerät leben konnte. Und immer wieder gefordert hat, das abzuschalten. Was ist das nun, wenn der Arzt dem folgt? Ein "passiver" Behandlungsabbruch? Oder "aktive" Sterbehilfe, weil er dafür ja den Schalter umlegen bzw. den Schlauch abstöpseln muss? Und warum macht die Patientin das nicht selbst, wenn sie das immer wieder fordert? Schließlich reicht sie mit dem Arm locker an die Schläuche und den Power-Knopf des Gerätes... Tja, sie will halt nicht qualvoll ersticken, was verständlich ist. Das ist eine der schlimmsten Todesarten überhaupt, weil sich der Körper dagegen instinktiv wehrt und mit letzter Kraft um sich schlägt, um das zu verhindern. Ihr per Beatmungsgerät Stickstoff oder Helium statt Sauerstoff zu geben wäre human. Aber von Seiten des Personals als aktive Sterbehilfe verboten. Und selbst aufstehen, sich die Gasflasche kaufen und anschließen kann die gute Frau halt nicht mehr. Und nun ?!?!

Nun kommt der typisch deutsche und grausame "Kompromiss". Man wartet einfach, bis der Patient sich eine "neue" Krankheit zuzieht, die dann seinem Wunsch gemäß unbehandelt bleibt. Dann darf er irgendwann z.B. an Lungenentzündung sterben, und alle sind fein aus der Verantwortung raus. Das ist das traurige Ergebnis der Rechtsunsicherheit und x fallspezifischer Sitzungen der Klinik-internen Ethik-Kommission zu diesem "Fall". Und zutiefst unmenschlich - aber es ist nunmal für alle Beteiligten "rechtsicher" :eek: Dass Mio Menschen in D eine Patientenverfügung haben, um für sich genau sowas zu verhindern... wen interessierts? Hauptsache, uns kann keiner am Zeug flicken, ob ethisch, religiös oder strafrechtlich.

Und solange sich die Legislative erfolgreich um dieses Thema herumdrückt, wird das wohl in D leider ein Problem bleiben, das sich privat individuell oder im Gesundheitswesen in einer großen Grauzone "erledigt". Wenn niemand petzt, kann man vieles tun oder unterlassen. Wo kein Kläger, da kein Richter.

Ich war mir mit meiner Frau einig, dass das Selbstbestimmungsrecht über das eigene Leben und den eigenen Tod für uns unantastbar ist. Und ich hätte sie aktiv und human getötet, wenn sie das von mir verlangt hätte. Darüber hatten wir schon lange vorher Klartext geredet, und die Vorbereitungen dafür waren getroffen. Strafrechtliche Konsequenzen waren mir dabei völlig egal. Es hätte sowieso niemand bemerkt.

Für mich habe ich aus dem langsamen Krebstod meiner Frau und ihren stationären Behandlungen vorher den Schluss gezogen, dass ich, sobald ich an der Reihe bin, wenn ich es irgendwie verhindern kann, nicht in Klinik, Hospiz oder gar Pflegeheim sterben werde, sondern Zuhause, wenn ich es will. Und weil bei mir niemand da ist, der mir diesen Gefallen tun wird, bin ich auf den "final exit" vorbereitet. Klar, eine Patientenverfügung habe ich auch. Aber das Vertrauen, dass die auch in meinem Sinne befolgt wird... das habe ich nicht :cry:

Viele Grüße,
Stefan

Andorra97 04.02.2010 17:00

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Stefans,
ich kann Dir in vielen Dingen zustimmen. Ich bin allerdings immer noch der Meinung, dass es etwas anderes ist, ob Du als Ehemann Deiner Frau so und so entscheidest, oder ob Du eine Entscheidung von einem Mediziner verlangst.

Dafür MUSS es einfach eine Rechtsgrundlage geben, die möglichst allen Seiten gerecht wird. Die keinen bis wenig Raum für die "Aasgeier" bietet und trotzdem den Willen des Patienten an erste Stelle setzt.

Ich selbst bin der Meinung, dass wir da in Deutschland schon auf einem guten Weg sind. Immerhin hat sich ja viel getan in den letzten Jahren. Dass nicht alles von heute auf morgen umsetzbar ist, ist normal. So etwas dauert.

Aber grundsätzlich ist doch mit der neuen Regelung, dass Patientenverfügungen überhaupt bindend sein sollen schon ein Stein ins Rollen gebracht worden, der noch vor einigen Jahren undenkbar gewesen wäre.

Wolfgang008 05.02.2010 00:56

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Stefans

Sicherlich können wir uns dahigehend einigen, dass das Thema, der Tod, das Sterben meist erst in den Focus gestellt wird, wenn man in/direkt davon betroffen wird.
Jeder Mensch hat seine pers Ansichten darüber wie es vonstatten gehen soll, wünscht sich einen qualfreien Tod, der möglichst dann schnell eintreten möge.
Verständlich, denn wer fürchtet sich nicht vor Schmerzen.
Doch eine wichtige Tatsache wird oft ausgeklammert, das Menschliche, was mir sehr wichtig erscheint und meist im Klinikablauf ins Hintertreffen gerät.
Deshalb stellte ich mir immer die Frage, wenn jemand den Wunsch äusserte freiwilllig aus dem Leben scheiden zu können, waren wir unaufmerksam, hatten wir zu wenig Zeit, hätten wir mehr tun können, müssen, damit dieser arme Mensch nicht den Wunsch nach einem vorzeitigen Sterben äussern würde.

Ich weiß es nicht, bin mir aber nicht sicher, da wir die Kranken nicht so lange kennen wie ihre Verwandten, ob wir den richtigen Zeitpunkt zur Erlösung finden würden. Sich ausschließlich auf Verwandt zu berufen, womit ich kriminelle Energien meinte, ist auch eine schwere Entscheidung, die sicherlich nicht immer zu aller Zufriedenheit getroffe werden kann.
Auch wir sitzen in einer Zwickmühle, denn es ist beim Sterben nicht anders als im normalen Alltag, 3 Leute vier Meinungen und wir werden dadrunter zermalen.
Ich hoffe hiermit ein bische dargestellt zu haben welche Meinung ich vertrete und hoffe nun damit ein Mißverständnis ausgeräumt zu haben, denn wenn ih schrieb, ich werde keine Spritze zusetzlich geben, die künstliche Ernährung nicht VORZEITIG, auf Anraten von Verwandten beenden, meinte ich doch eher den Kranken zu schützen, denn leider sind die Anforderungen, die von den Familienangehörigen an uns gestellt werden, nicht immer freundlicher Art.
Letztendlich entscheidet ein Arzt, kein Pfleger, dennoch , so denke ich darf dieser auch eine Meinung haben.

Hier noch einmal meine Vorstellung, die niemand übernehmen muß, , sondern nur meine Denk-, und Handelrichtung andeutet.

http://www.focus.de/politik/deutschl...id_168964.html

Gruß
Wolfgang

Stefans 05.02.2010 12:31

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Hallo,

Zitat:

Zitat von Andorra97 (Beitrag 851787)
ich kann Dir in vielen Dingen zustimmen. Ich bin allerdings immer noch der Meinung, dass es etwas anderes ist, ob Du als Ehemann Deiner Frau so und so entscheidest, oder ob Du eine Entscheidung von einem Mediziner verlangst.

Tue ich nicht. Die Entscheidung sollte beim Patienten liegen. Der Mediziner hat sie nur zu befolgen, wenn er sich damit im Rahmen des Gesetzes bewegt. Wenn er das mit seinem Gewissen nicht vereinbaren kann, muss er sich halt einen anderen Job suchen, mit dem er ruhig schlafen kann.

Zitat:

Zitat von Andorra97 (Beitrag 851787)
Dafür MUSS es einfach eine Rechtsgrundlage geben, die möglichst allen Seiten gerecht wird.

Ja, eben. Und die gibt es nicht, weil sich die Gesellschaft seit langem darum herumdrückt. Obwohl das Problem offenkundig ist und stetig größere Ausmaße annimmt.

Zitat:

Zitat von Wolfgang008 (Beitrag 852104)
Doch eine wichtige Tatsache wird oft ausgeklammert, das Menschliche, was mir sehr wichtig erscheint und meist im Klinikablauf ins Hintertreffen gerät.
Deshalb stellte ich mir immer die Frage, wenn jemand den Wunsch äusserte freiwilllig aus dem Leben scheiden zu können, waren wir unaufmerksam, hatten wir zu wenig Zeit, hätten wir mehr tun können, müssen, damit dieser arme Mensch nicht den Wunsch nach einem vorzeitigen Sterben äussern würde.

Das sehe ich ähnlich. Wenn jemand sterben möchte, heisst das nicht automatisch, dass er nicht mehr leben will. Aber er will _so_ (unter diesen Umständen) nicht mehr leben. Und als Schwer-/Todkranker in Würde zu leben/sterben, ist halt nicht so einfach (und Würde ist mehr als Schmerzfreiheit, da finde ich dich etwas "eingleisig"). Über 90% der Menschen möchten in D Zuhause sterben. Tatsächlich stirbt jeder 2. in der Klinik. Dass daraus mitunter die Entscheidung reift: "bevor ich _so_ ende, bringe ich mich lieber um bzw. möchte getötet werden, wenn ich das selbst nicht mehr kann" - wer will den Kranken das verdenken.

Vor über 10 Jahren gab es in einer ostdeutschen Großstadt, wo ich damals gearbeitet habe, ein Pilotprojekt: Palliativmedizin Zuhause statt in der Klinik, wo medizinisch möglich. Das kam super an, die Patienten waren begeistert - Zuhause bei Familie, Haustieren, in der gewohnten Umgebung. Die Angehörigen waren ebenso erfreut. Und es war nur halb so teuer wie die Palliativmedizin im Krankenhaus. Aber nach Ende des Projekts ist das sang- und klanglos in der Versenkung verschwunden. Weil formale Gründe das nicht zuließen. Liegt man in der Klinik, zahlt die Kasse alles. Ist man Zuhause, ist aus finanzierungsversicherungsrechtlichen Gründen keine gute Versorgung möglich. Ist dann halt Sache der Pflege-, nicht der Krankenversicherung. Und das reicht hinten und vorn nicht. Das ist doch (mit Verlaub) zum Kotzen.

Beim Thema in Würde sterben geht es halt m.E. zum großen Teil gar nicht um Ethik oder Moral, sondern schlichtweg um Profit. Jeder verteidigt da seine Pfründe mit Zähnen und Klauen, natürlich auch die Krankenhaus-Lobby. Eine Klinik-AG muß möglichst hohe Rendite erwirtschaften, das ist ihre Existenzberechtigung. Nichts anderes. Ob da nun todkranke Menschen versorgt oder Fernseher produziert werden, ist für die Bilanz völlig egal. Und ob eine Klinik eine Palliativstation einrichtet, erhält oder schließt, hat nichts damit zu tun, ob das medizinisch oder aus Sicht der Patienten wünschenswert ist - sondern ausschließlich damit, ob diese Station Gewinn erwirtschaftet oder nicht. OK, wenn die Klinik sich ein humanistisches Feigenblatt-Image zulegen möchte, wird sie dank Mischkalkulation querfinanziert auch einen defizitären Bereich eine zeitlang mittragen. Aber nicht seer lange.

Natürlich war es massiv schwierig, meine Frau zum Sterben nach Hause zu holen - schließlich verliert die Klinik da ein paarhundert EUR pro Tag, und das wird vom controlling gar nicht gerne gesehen. Und natürlich wird intern evaluiert, und wenn die Bettenauslastung nicht stimmt, wird die Personalbesetzung nach unten angepasst. Böse ausgedrückt: auch dein Job in der Klinik oder im Pflegeheim hängt letztlich daran, dass Menschen möglichst lange stationär am Leben erhalten werden. Ob sie das wollen oder ob sie das als würdig empfinden, ist nachrangig. Vorrangig ist, dass sie in der Pflege weniger kosten als für sie bezahlt wird. Und sie, wenn das so ist, möglichst lange dazubehalten.

Sicher, auch ein Goldesel sollte in Würde sterben dürfen. Aber solange er noch Dukaten scheisst... "Würde" im Falle stationärer Behandlung richtet sich nunmal leider zu einem Teil nach Fallpauschalen. Insofern ist vielleicht der Kostendruck im Gesundheitswesen gar nicht so verkehrt. Wenn die Fallpauschalen genug sinken, müssen Todkranke nicht mehr darum kämpfen, Zuhause sterben zu dürfen. Dann werden sie kurzerhand frühzeitig rausgeworfen. Natürlich nicht, weil sie sich nicht rentieren. Sondern weil man, leider leider, in der Klinik plötzlich medizinisch nichts mehr für sie tun kann. Letztes Jahr konnte man medizinisch noch ganz viel für sie tun - da war aber der Abrechnungsschlüssel gegenüber den Kassen auch noch anders...

Zitat:

Zitat von Wolfgang008 (Beitrag 852104)
Sich ausschließlich auf Verwandt zu berufen, womit ich kriminelle Energien meinte, ist auch eine schwere Entscheidung, die sicherlich nicht immer zu aller Zufriedenheit getroffe werden kann.

Auf Verwandte zu hören, würde ich (wenn ich an meine Verwandschaft denke) spontan konsequent ablehnen, was Sterbehilfe betrifft. Die haben formal aber doch gar nicht mitzureden? Es sei denn, sie sind in einer Vorsorgevollmacht/Betreuungsverfügung als Betreuer benannt. Und selbst dann gibt es im Streitfall immer noch die gerichtliche Instanz.

Viele Grüße,
Stefan

Angelainge 04.03.2010 14:38

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Zitat:

Zitat von Wolfgang008 (Beitrag 840303)
Ich versuche einmal ganz vorsichtig zu formulieren, denn solch ein sensibles Thema wird oft pers. genommen.

Sieht man sich einmal um in der Welt, den Streit, Zank, Neid, allgemein die Gemeinheiten und Boshaftigkeiten zu denen der Mensch aus Gier, Habsucht fähig ist, würde ich niemals für die Sterbehilfe plädieren.
Denn zu viele Menschen gehen schon mit Gesunden miserabel um, wird da bei Todkranken "Halt" gemacht, ich glaube es nicht!

Hallo,
zum letzten Satz will ich was zufügen.
Nicht nur, dass man durch solch schlimme Krankiheit geplagt ist, ich erhalte Unverständnis und Neid von Gesunden , wenn ich einen sog. Freifahrtsschein MVV des Versorgungsamts gg. Gebührenerstattung bekomme.
Nicht nur, dass man durch solch schlimme Krankiheit geplagt ist, ich erhalte in der Arbeit neue Kollegen, die ich für meinen Job einlernen soll, die ein besseres Gehalt und Zuwendungen bekommen in der Hoffnunf, dass mein Gehalt bald wegfällt.
Leider kann ich zum Thema Sterbehilfe wenig beitragen, meine Mutter starb krank und kämpfte bis zuletzt und auch ich werde es tun.
Da es aber kein Zurück gibt, würde ich mir das mehr als genau überlegen.
Gruß
Angela

derIgel 24.03.2010 13:01

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Zum Thema eine mutiger Beitrag eines Mediziners:
"Was ist so schlimm am Sterben?"

http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,684976,00.html

Gruss
derIgel

chaoskatze 24.03.2010 19:05

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Interessante Diskussion...


Meine Meinung: Sterbehilfe - JA! Unter bestimmten Bedingen natürlich...


1. passive Sterbehilfe: Sowieso, also, wie sie jetzt ausgeführt wird, mittels Petientenverfügung etc.
Wobei man nicht vergessen sollte, dass es hier inzwischen ein neues Gesetz gibt, dass den Bevollmächtigten stärker miteinbezieht. Muss ich noch ändern.

2. aktive Sterbehilfe: ja, unter bestimmten Umständen.
Will heißen: wenn der Betroffene sich selbst aktiv dafür entscheidet und bestimmte Bedingungen gegeben sind. Zum Beispiel, dass er psychisch vollständig gesund ist und aufgrund seiner körperlichen Krankheiten das Leiden vermeiden möchte bzw in Würde sterben will.
Oder bei psychischen: wenn der Patient über mehrere Jahre hinweg trotz mehrfacher psychischer Behandlungen verschiedener Richtungen immer wieder bei einem dafür ausgebildeten Psychologen bestätigt hat, dies durchgehend zu wollen.
Ich weiß, dafür werd ich jetzt wahrscheinlcih von einigen halb gekreuzigt, aber ich denke, es ist das Recht eines jeden, zu entscheiden, ob er leben will. Suizid ist eine recht schwierige Lösung - vor allem, weil es größtenteils schief geht. Die Statistik zeigt, dass ein Großteil derer, die den ersten Versuch hatten, danach in Behandlung gehen und keinen weiteren Versuch begehen bzw nicht mehr begehen wollen, während der kleine andere Teil oft mehrfach versucht, bis es irgendwann klappt.
Der Punkt ist - "spontaner" Suizidwunsch (psychisch) darf selbstverständlich nicht unterstützt werden. Aber wenn jemand sich wirklich umbringen will und körperlich dazu in der Lage ist, wird er es irgendwann auf die Reihe bekommen. Ich bin auch nicht mal wegen der Suizidgefährdeten für solch eine Lösung, sondern für die, die die Leiche finden würden... Sichere Suizidmöglichkeiten sind vorwiegend nicht besonders nett anzusehen und es gibt zu viele Leute, die einfach zufällig in der Nähe waren und daraufhin selbst psychisch sehr zu leiden haben. Erinnere mich an ein13jähriges Mädel, die zufällig bei der Ubahn stand und sich jemand direkt vor ihr davor geschmissen hat. Ganz toll....

Der Punkt ist, die Menschheit ist aufgrund ihrer Entwicklung dabei, sich vom Mensch-Sein zu emanzipieren. Vor Ewigkeiten angefangen liegt es der aktiven Veränderung der Umwelt und letztendlich sich selbst gegenüber. Es ist absehbar, dass man sich damit beschäftigen muss, genauso wie mit Genmanipulation und künstlicher Intelligenz.

Meiner Meinung nach sollte man das Problem auch von einem ganz anderen Punkt angehen: der Betrachtung des Sterbens bzw. des Todes, der in der westlichen Welt so gerne ignoriert wird. Ist euch schon mal aufgefallen, dass Kinder sehr gut mit natürlichen Todesfällen umgehen können? Erst, wenn wir älter werden und Zeit an sich mit anderen Augen betrachten, verändert sich die Sichtweise.
Ich finde, es sollte bereits sehr früh von diesem Thema gesprochen werden, zb in der Schule. Tod ist etwas natürliches und prinzipiell nichts schlimmes. Schrecklich ist es für die Hinterbliebenen, nicht für die Person an sich! (betone: der Tod, das Sterben an sich ist natürlich eine andere Geschichte)
Daran sollte man zwischendurch auch erinnern.
Unsere Gesellschaft ist einfach der Entwicklung nicht hinterher gekommen. Einerseits hat man sehr viele Möglichkeiten in vielen Gebieten, andererseits wird immer noch gepredigt, was sich in jahrhunderterlanger Entwicklung ergeben hat. Obwohl man es irgendwann neu betrachten muss. Es gab Zeiten, wo diverse Religionen sicherlich sinnvoll waren, um die Gesellschaft zu leiten (wobei man ja eher sieht, wie die Gesellschaft sich die Religion zurechtgeredet hat ^^), die ZEiten sind inzwischen schon längst vorbei. Die Gesetze können es nur teilweise übernehmen - ethische Ansichten werden nicht genug weiterentwickelt bzw. verbreitet. Spielt es doch kaum eine Rolle (zumindest in der westlichen Gesellschaft).

Und ganz ehrlich - ich werde nicht zulassen (zumindest nicht, wenn es für mich möglich ist), dass ich am Ende gafernd im Bett liege und nur noch darum bettel, endlich gehen zu dürfen. Dafür bin cih ganz einfach zu stolz.
Es gibt schlimmere Sachen als zu sterben.

Stefans 24.03.2010 19:29

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Zitat:

Zitat von chaoskatze (Beitrag 877257)
Der Punkt ist - "spontaner" Suizidwunsch (psychisch) darf selbstverständlich nicht unterstützt werden. Aber wenn jemand sich wirklich umbringen will und körperlich dazu in der Lage ist, wird er es irgendwann auf die Reihe bekommen.

Aha. Die übliche Differenzierung, die überall getroffen wird, die ich aber nie verstanden habe. Jemand mit einer "physischen" Krankheit darf sich umbringen, bzw. dem darf man dabei helfen. Aber jemanden, der "nur" psychisch krank ist, natürlich keinesfalls. Auch wenn so jemand 20, 30 oder 40 Jahre mit so einer Krankheit lebt und jeder inkl. ihm selbst schon lange weiss, dass es dafür keine Heilung gibt... nein, "selbstverständlich" darf so jemand in seinem Willen nicht unterstützt werden.

Ich finde das immer wieder bemerkenswert. Und immer wieder vollkommen ignorant. Die Ignoranz bzw. Inkompetzenz zeigt sich z.B. eindeutig, wenn jemand den "psychischen" Suizidwunsch mit "spontan" gleichsetzt. Dem ist nicht so. Wenn du dir die Suizid-Statistik in D genau ansiehst, dann wirst du merken, dass die Vielzahl der "psychischen" Suizide keinesfalls "spontan" sind. Sondern sehr überlegt, in der 2. Lebenshälfte, und sehr effektiv. Dieses Klischee von "Suizid als Hilfeschrei, war ja gar nicht so gemeint, und es gibt doch Hilfe" trifft sicher oft auf junge Menschen zu, die in ihrer ersten schweren Lebenskrise sind. Aber nicht auf die mit hinreichend Lebenserfahrung, die die Mehrzahl der Suizid-Toten in D sind. Die wissen genau, was sie tun und warum, und sie tun es sehr erfolgreich. Die wollen sich "wirklich" selbst töten, nicht im "Affekt" oder aus einer vorübergehend schlechten Stimmung heraus.

Zitat:

Und ganz ehrlich - ich werde nicht zulassen (zumindest nicht, wenn es für mich möglich ist), dass ich am Ende gafernd im Bett liege und nur noch darum bettel, endlich gehen zu dürfen. Dafür bin cih ganz einfach zu stolz.
Es gibt schlimmere Sachen als zu sterben.
Tja, das ist genau das, was sich z.B. schwer depressive Menschen denken, die sämtliche Behandlungsmöglichkeiten durch haben. Und denen billigst du ihren "final exit" nicht zu?

Viele Grüße,
Stefan

chaoskatze 24.03.2010 20:20

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Hm, willst du dann nach Altersklassen unterscheiden? Das wäre Blödsinn, gibt es doch immer wieder ältere Menschen, die nie über die Teenagerphase hinweggekmmen sind...
Und wenn du mein Posting weitergelesen hast, da steht groß und breit, dass ich auch Suizid bei psychischen Erkrankungen unterstützen würde, wenn nachgewiesen ist, dass diese fortwährend vorhanden sind und nicht durch Therapie, soweit das aus menschlicher Sicht möglich ist, geheilt werden können.
Es gibt spontane Suizidversuche - habe erst vor kurzem mit jemandem gesprochen, der es nach nem Streit versucht hat, natürlich totlal unlogisch, mit ein paar Schlaftabletten und Alk... er hat selbst gesagt, dass er es nie wieder tun würde. Dass es seine Art und Weise war, sich selbst bewusst zu machen, dass er Hilfe braucht.
Dein Posting ist unlogisch - es bringt eine Argumentation, die ich genau so hingeschrieben habe. Ich zitiere: "Oder bei psychischen: wenn der Patient über mehrere Jahre hinweg trotz mehrfacher psychischer Behandlungen verschiedener Richtungen immer wieder bei einem dafür ausgebildeten Psychologen bestätigt hat, dies durchgehend zu wollen."

Boxerhund1 25.03.2010 02:37

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
hallo miteinander,

habe mir grad mal das ganze Thema durchgelesen.

Also... erstens... wenn jemand argumentiert, daß wir aufgrund unserer "deutschen Vergangenheit" dieses oder jenes nicht dürfen, dann krieg ich - ehrlich gesagt - Pickel! Himmel nochmal... diese Vergangenheit ist jetzt ein dreiviertel Jahrhundert her - und wir leben nicht mehr in der Nazi-Zeit. :mad: Heute noch damit zu argumentieren - noch dazu bei so einem Thema - ist völlig daneben. :mad::mad:

Daß es geldgeile Angehörige gibt, wissen wir wohl alle. Aber auch die sind hier nicht wirklich relevant, denn die haben normalerweise - es sei denn, sie wären als Generalbevollmächtigte eingesetzt - eh nichts zu sagen. Daß ich solche Leute absolut zum kotzen finde, brauch ich wohl nicht extra zu betonen!?

Worum es doch geht, ist, ob man am Ende das Leben noch verlängert oder nur noch das Sterben. Und haben wir als Angehörige, Ärzte oder sonstige Personen das Recht, das Sterben zu verlängern? Haben wir das Recht, Menschen bis zum bitteren Ende, bis zum letzten Zucken zu quälen, bis dann der Körper endgültig nicht mehr weiter kann und aufgibt?

Und bitte... wo endet die passive Sterbehilfe, die ja inzwischen wenigstens weitgehend akzeptiert ist, und wo fängt die aktive an? Ist es denn nicht auch schon fast eine aktive Sterbehilfe, wenn wir Patienten so unter Morphium und Sedativa stellen, daß sie hinüberdämmern - ohne Schmerzen, ohne Angst, ganz friedlich? Wir wissen doch ganz genau, daß es auf diese Weise früher passiert - vielleicht nur ein paar Stunden oder Tage - aber früher als es die Natur tun würde.
Wenn man also die aktive Sterbehilfe ablehnt, dann muß man auch die terminale Sedierung ablehnen - und den sterbenden Menschen bei u.U. vollem Bewußtsein leiden lassen, sich bis zur Erlösung quälen zu lassen.
Und wer mag da daneben stehen und zusehen, wenn es um einen geliebten Menschen geht? Ich jedenfalls ganz sicher nicht - und ich würde es für mich auch nicht wollen.

Ich bin ebenfalls der Meinung, daß es jedem Menschen freigestellt und erlaubt sein muß, über sein Leben UND auch seinen Tod selber zu entscheiden. Und wenn dieser Mensch sich für den Tod entscheidet aufgrund seiner Situation, aber es körperlich selber nicht mehr kann, man ihm auf seinen Wunsch hin dabei helfen dürfen muß.

Erst vor ein paar Tagen - ich weiß nicht mehr wo - habe ich einen Artikel gelesen über einen "beatmeten Kopf", der um seinen Tod gefleht hat. Am ganzen Körper gelähmt, nicht mehr fähig zu irgendwas, leidend ohne Ende - aber selber nicht mehr fähig, dieses Ende selber herbei zu führen.
Wie grausam und unmenschlich ist es, diesem Menschen zu erklären, daß man seinem Willen nicht folgen darf und auch nicht will, was noch schlimmer ist. Werden da Ärzte, Angehörige, Juristen, Ethikkomissionen nicht zu Folterknechten?

Wer gibt uns Menschen das Recht, einen Menschen zum Leiden zu verdammen? Wie gnadenlos und selbstgerecht ist das denn dann?
Kein Tier würde man so leiden lassen - Menschen aber schon!?

Ja... unter bestimmten Umständen bin ich durchaus auch für aktive Sterbehilfe - dann nämlich, wenn der unermesslich leidende Mensch es so wünscht. Und nur sein Wille sollte dann zählen - und nichts anderes.

suze2 25.03.2010 10:43

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
ihr lieben, liebe cori,
nein, diese argumentation mit "nazi-zeit" kann wohl verdeutlichen, wozu menschen fähig sind, sein können. und dass auch ärzte nicht über diesen dingen standen. also - niemand ist davor gefeit, "böses" zu tun.

und wenn man denkt, dass vor ein paar jahren - entschuldigung - ich habe die quelle vergessen, zitiere aus dem gedächtnis, also dass an häftlingen ohne deren wissen medikamente getestet wurden... dass es "organhandel" gibt, nieren beispielsweise mehr oder weniger zwangsweise entnommen werden (es gibt eine doku über ein ganzes dorf, wo die menschen nur eine niere haben und die wurde verkauft - bittere not, schlechte medizinische betreuung) -
also
mir macht beides angst:
am leben erhalten zu werden und nichts machen zu können
aber auch
ausgeliefert zu sein und nicht zu wissen, was "wirklich" die motive meiner "helfer" sind.

die möglichkeiten der medizin stellen uns mitunter vor fragen und entscheidungen, denen ich mich nicht wirklich gewachsen fühle.
also höchste vorsicht!

im zweifelsfall möchte ich aber lieber keine sterbehilfe im gesetz verankert wissen. gerade in der diskussion um steigende gesundheitskosten und teure krebsmedikamente würde mir das angst machen, eben nicht selbst entscheiden zu können, ob und wielange ich chemo machen will.

alles liebe
suzie

Dirk1973 25.03.2010 11:07

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Sorry, aber das Dritte Reich hat nun wirklich nichts in einer sachlichen Diskussion über legale und vor allem gesetzlich verbindlich geregelte Sterbehilfe zu suchen.

Also: zurück in die heutige Zeit und auch die aktuellen Aspekte der Sterbehilfe diskutieren.

Vielen Dank !

Silleke 25.03.2010 13:46

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Hallo Dirk,
Habe bisher nur lesend verfolgt, weil das Thema für mich persönlich unproblematisch ist. Ich lehne für mich aus meinem Glauben heraus aktive Hilfe ab .
Als Krankenschwester wunderte mich immer nur , wie oft Angehörige wollten, dass man nachhilft . Das war eklatant häufiger der Fall als bei Betroffenen. Und noch mehr wunderte mich, mit welcher Selbstverständlichkeit dafür das medizinische Personal herhalten sollte. Bei Patienten, die lange wussten ,todkrank zu sein und Zeit hatten, eigene Entscheidungen zu treffen. Das fand und finde ich inakzeptabel. Denn einen anderen Menschen aktiv zu töten, wäre eine mir unvorstellbare Belastung gewesen. Zur Würde gehört, den eigenen Weg selbstbestimmt zu gehen ,egal wie der aussieht . Nur in Ausnahmefällen ,bei völlig unerwarteten Lebensentwicklungen, von denen hier nicht die Rede war, ist das unmöglich .

Was mich aber eigentlich veranlasste , zu antworten: Nein Dirk, die Entwicklung damals hat jede Menge mit der heutigen Debatte zu tun. Die Euthanasie ist auch 1933 nicht vom Himmel gefallen, sie wurde Schritt für Schritt LEGAL eingeführt. Eine Diskussion über aktive Sterbehilfe darf nicht ignorieren, unter welchen Umständen und mit welchen Motivationen damals die Gesetzeslage sich veränderte. Das alles passierte auch nicht illegal, sondern beginnend schon hundert Jahre früher wurde krankes und behindertes Leben mehr und mehr bemitleidet. Nicht zufällig parallel mit der größer werdenden Zahl der wirtschaftlich unbrauchbaren Menschen. Niemals waren solche Debatten frei von wirtschaftlichen Erwägungen , auch wenn das für uns zunächst nicht das Argument ist. Wer heute Sterbehilfedebatten führt, muss zumindest wissen, wie veränderbar Gesetze sind. Und zu allen Zeiten wurden diese Ausgrenzungen, die bis im Morden endeten, begonnen mit dem Mitleid. Mit der Frage, ob ein so krankes oder behindertes Leben dem Betroffenen zumutbar sei.
Meine dringende Bitte wäre, dass nie wieder eine Allgemeinheit darüber debattiert, ob man Krebskranke und andere schwerstbeeinträchtigte Menschen töten darf, um Leiden zu vermeiden. Lasst jeden Einzelnen darauf die eigene Antwort finden. Patientenverfügungen sind mittlerweile bindend geworden. Wir haben die Möglichkeit, unseren eigenen Weg in Würde zu gehen.
Ich sage audrücklich Suze 2 Danke für ihren Einwurf.

liebe Grüße
Silleke

Stefans 25.03.2010 18:51

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Zitat:

Zitat von chaoskatze (Beitrag 877320)
Und wenn du mein Posting weitergelesen hast, da steht groß und breit, dass ich auch Suizid bei psychischen Erkrankungen unterstützen würde, wenn nachgewiesen ist, dass diese fortwährend vorhanden sind und nicht durch Therapie, soweit das aus menschlicher Sicht möglich ist, geheilt werden können.

Genau das ist mein Punkt: Was veranlasst dich zu dieser Wertsetzung? Bzw. wieso glaubst du, die wäre OK.

Erinnert mich an den ewigen Streit um die Patientenverfügung. Früher war es (nach BGH-Grundsatzurteil) so, dass eine Patientenverfügung nur dann akzeptiert werden musste, wenn die Krankheit des Patienten zwangsläufig zum Tode führt (also nicht behandelbar ist). Dank Frau Zypries und nach endlosen Jahren ist die Rechtslage heute endlich so, dass Patientenverfügungen auch akzeptiert werden müssen, wenn die Krankheit nicht zwangsläufig zum Tode führt.

Ein nierenkranker Patient, der die Dialyse zum Überleben braucht, kann heute sagen: will ich nicht mehr! Das wird akzeptiert, und er stirbt nach 1-2 Wochen an Nierenversagen. Obwohl er mit dieser Krankheit Jahrzehnte leben könnte, die effektive Behandlungsmöglichkeit ist ja da. Diesem "physisch Kranken" wird das zugestanden. Dem "psychisch Kranken", für den es analog eine Heilung gäbe, stehst du dieses "ich will nicht mehr" aber nicht zu ?!?!

Zitat:

Ich zitiere: "Oder bei psychischen: wenn der Patient über mehrere Jahre hinweg trotz mehrfacher psychischer Behandlungen verschiedener Richtungen immer wieder bei einem dafür ausgebildeten Psychologen bestätigt hat, dies durchgehend zu wollen."
Dieses "wenn" ist ebenso ignorant wie unverschämt. Was ermächtigt dich (oder irgendjemanden), einen "psychisch kranken" Patienten einer Art dauerhafter differenzierter "Gewissensprüfung" zu unterziehen?

Mehrere Jahre, mehrere Behandlungen, mehrere "Richtungen", mehrere "ausgebildete" Psychologen als Gutachter... noch höhere Hürden fallen dir nicht ein? Ich kann dir da nur einen Blick in die ersten Artikel unseres Grundgesetztes empfehlen. Das Selbstbestimmungsrecht des Menschen über das eigene Leben und den eigenen Tod ist bei uns Gottseidank eines der höchsten unantastbaren Güter. Und niemand braucht eine von irgendwem "abgesegnete" Rechtfertigung dafür, wenn er nicht mehr leben will. Wenn du glaubst, dass es dieser bedarf, dann solltest du mal deinen ethisch-moralisch-religiösen background gründlich hinterfragen.

Viele Grüße,
Stefan

Zu dem verlinkten Artikel:
Ja, der Herr Ridder spricht eingie wichtige Dinge an. ABER: er als Rettungsmediziner spricht aus der Theorie. Vieles schon erlebt, aber noch nie selbst Sterbehilfe geleistet. Ja, da läßt es sich schön über Kollegen lästern, die in der Intensivmedizin arbeiten und selbstverständlich angst haben, bei einer falschen Entscheidung mit einem Bein im Knast zu stehen.

Meine Schwester arbeitet seit Jahrzehnten in der Intensivmedizin, die kennt diese Konflikte ganz genau. Und ja: da wird passive Sterbehilfe praktiziert, Tag für Tag. Allerdings in einer rechtlichen Grauzone. Entscheidet der Stationsarzt, der gerade Dienst hat. Wenn das Arzt A ist und die lebenserhaltenden Systeme beim Patienten Alarm geben, sagt Arzt A: OK, Schwestern, ihr geht jetzt mal alle für 10 Min. raus, eine rauchen. Wenn Arzt B Dienst hat, sagt der: schnellstmöglich alle lebenserhaltenden Maßnahmen ergreifen, warum auch immer!

Und das ist m.E. der eigentlich Skandal. Es wird in D seit Jahrzehnten über Sterbehilfe (passiv, um aktiv geht es ja gar nicht, ist strikt verboten) diskutiert, mit aller Vehemenz. In "Ethik-Kommissionen", wo Politiker, Ärzte, Pfaffen usw. rumsitzen. Aber während die endlos diskutieren, werden in der Praxis der Intensivmedizin alltäglich "Nägel mit Köpfen" gemacht. Und zwar nicht nach dem Willen das Patienten, sondern nach Gusto des zuständigen Arztes. Und das ist unfassbar. Wir diskutieren ewig lange über Ethik und Moral, und legen die praktische Entscheidung über Leben und Tod in die Hände von Medizinern, die in ihrer Grauzone tun dürfen, was sie für richtig halten.

Und natürlich passiert dann als Dauerzustand das, was Herr Ridder als Beispiel nennt: "Keine Wiederbelebung, wir machen nichts mehr. Eine absolut verantwortliche Entscheidung. Aber in der Akte steht was anderes: "Wiederbelebung nach 25 Minuten eingestellt." Die Kollegen wollten sich absichern. Weil sie die Hand des Staatsanwalts auf ihrer Schulter zu spüren glauben."

Wundert das noch irgendwen? Das einzige, was mich wundert, ist Hr. Ridders Formulierung "die Hand des Staatsanwalts (...) zu spüren glauben". Nee, die verantwortlichen Mediziner "glauben" nicht, die zu spüren, die ist da. Ganz konkret. Kennt sich Herr Ridder offenbar nicht mit aus. Wenn er jemals als Arzt in der Situation gewesen wäre, selbst zu entscheiden "Keine Wiederbelebung, wir machen nichts mehr"... und sich danach der Klageandrohung Angehöriger ausgesetzt gesehen hätte, die ihn dafür drankriegen wollen, dass er nichts mehr "gemacht hat"... dann hätte sein Artikel unter Garantie eine andere Perspektive.

Viele Grüße,
Stefan

Stefans 25.03.2010 19:28

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Zitat:

Zitat von Silleke (Beitrag 877660)
die Entwicklung damals hat jede Menge mit der heutigen Debatte zu tun. Die Euthanasie ist auch 1933 nicht vom Himmel gefallen

Nein, das stimmt. Und man darf auch nicht vergessen, dass die "Euthanasie"-Diskussion damals (in " ", weil der eu-thanatos, der "gute Tod", etwas völlig anderes ist als das Morden, das im 3. Reich daraus gemacht wurde) nicht auf dem Mist der Nazis gewachsen ist. Auf diese Idee kam nicht der kleine, arbeistlose Anstreicher aus Österreich oder seine Gefolgschaft.

Noe - auf die Idee, wie man sich in einer Gesellschaft den nutzlosen und lebensunwerten Menschen-Existenzen möglichst elegant entledigt, kamen in den westlichen Industrieländern studierte und höchst ehrenvoll dekorierte Anthropologen, Philosophen, Mediziner, Theologen, Historiker usw. schon Jahrzehnte vor der Machtergreifung.

Und was heute ungern zugegeben wird: die westliche Wissenschaftswelt hat damals die deutschen Täter der Euthanasie _beneidet_ - weil die Akademiker-Kollegen in D endlich legal tun durften, was in den USA und anderswo wegen kleinkarierter moralischer Bedeknen von Gesetz wegen verboten war. Und die Sache war auch ganz oben angesiedelt. Bei T4 (= das Euthanasieprogramm zur Vernichtung lebnensunwerten Lebens) hat des Führers Leibarzt Dr. Brandt höchstpersönlich die ersten Irren in der Landesklinik Brandenburg abgespritzt - weil das ja eine "medizinisch wissenschaftliche" Angelegenheit war, das durfte damals (noch) nicht jeder Hiwi. Und dem Führer gemeldet, wie selig die Opfer entschlafen sind.

Das Schlimmste an der Sache war aber m.E., dass T4 von Seiten der Politik nach einigen Jahren gestoppt wurde, weil es im Ausland einfach schlechte Kritiken gab. Aber dieser Stopp war nicht durchzusetzen. Die Krematorien in den Klapsmühlen rauchten, die Belegschaft feierte den 1.000 Vergasten mit Sektumtrunk... und die Ärzte, Schwestern und Pfleger haben einfach weiter gemordet - trotz ausdrücklichem Verbot der Reichsregierung in Berlin.

Das sollte einem zu denken geben, wenn man heute zum Arzt geht. Wer in der Nachkriegszeit in D mit seinem Kind zum Prof. in der Uni-Klinik gegangen ist, hatte gute Chancen, von einem Massenmörder behandelt zu werden. Selbstredend ist kein Mediziner in D jemals dafür zur Verantwortung gezogen worden (wie auch kein Jurist - das haben die Berufe gmeinsam). Jedenfalls, zum Thema "Mediziner und Ethik" (oder gar Gewissen): dass ich nicht lache.

Trotzdem hat Dirk m.E. recht, dass die Sterbehilfe-Diskussion heute mit der "Euthanasie" damals nichts zu tun hat. Beim wichtigsten Aspekt: wenn wir über Sterbehilfe reden, dann ausschließlich nach dem Willen des Patienten. Jemand möchte keine Behandlung mehr. Damals war das anders, da haben Bürokraten entschieden, wer sterben muss, weil er "lebensunwert" ist. Und so schwierig die Sterbehilfe-Dikussion in D wegen unserer Vergangenheit auch ist. Es kann wirklich niemand unterstellen, dass dieser Aspekt hier eine Rolle spielt. (Natürlich, bei Angehörigen, die ihre Oma lieber heute als morgen tot sehen wollen - aber die verabschieden zum Glück keine Gesetze und setzen sie auch nicht um).

Viele Grüße,
Stefan

Boxerhund1 25.03.2010 23:40

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
@ Suzie :-)

hallo Suzie,

worum es mir persönlich geht, ist einzig und alleine, daß der Wille des Patienten über allem steht.
Der Patient entscheidet, ob er eine Therapie will oder abbricht - und alleine der Patient entscheidet, ob er Hilfe will in welcher Form auch immer, wenn es um's Sterben geht. Egal ob es um Krebs geht - oder ob es um ein Unfallopfer geht, bei dem alleine nur noch der Kopf funktioniert.

Siehst, ich trage seit Jahren einen Organspenderausweis mit mir herum. Als ich den ausgefüllt habe, da kam mir auch mal das ungute Gefühl... was wäre wenn... wenn ich tatsächlich als Unfallopfer eingeliefert würde, noch nicht tot aber so schwer verletzt, daß eine Heilung zumindest fraglich ist. Was wäre dann wenn.... wenn meine Organe grad recht kämen, bekäme ich dann noch die optimale Versorgung oder würde ich, wenn ich Pech habe, gleich nur noch als Organlieferant betrachtet.
Diese Fragen beschäftigen einen - das ist doch ganz klar.
Und ähnlich ist es auch mit der Sterbehilfe.

Es ist eine Frage des Vertrauens - und ich meine, man kann meist doch Vertrauen haben. Sonst hätte ich keinen Organspenderausweis und auch keine Patientenverfügung.

Wieso die passive Sterbehilfe immer noch manchmal nicht funktioniert - von der aktiven red ich noch gar nicht - ist doch, weil einige Ärzte einfach Angst haben vor der Strafverfolgung - oder aber - und das ist auch ein Thema - weil es Ärzte gibt, für die ein sterbender Patient eine persönliche Niederlage bedeutet.
Eine gesetzliche Regelung könnte einfach dahingehend sein, daß der Wille des Patienten maßgebend ist. Was bisher bei der passiven Sterbehilfe grad mal anfängt zu funktionieren, könnte genauso für die aktive gelten: Der Wille des Patienten zählt - und NUR DER!!!

Und ich wiederhole - aktive und passive Sterbehilfe wird schon lange praktiziert, auch und gerade bei Krebspatienten in der präfinalen oder finalen Phase - nur redet keiner drüber. Und die Grenzen zwischer aktiver und passiver Sterbehilfe sind absolut fließend.

Deine Angst ist - und das völlig verständlich - daß irgendein Bürokrat entscheidet, ob du leben sollst oder sterben. Das würde ich auch vehement ablehnen.
Aber ... auch das geht am eigentlichen Thema vorbei, wenn man den Willen des Patienten selber als höchste Instanz einsetzt, wenn man es gesetzlich regelt.
Nur eben dann hat auch der heute noch gesunde - oder auch der schon kranke - Mensch hier eine Bringschuld: die Patientenverfügung!!!
Man sollte da erstmal eine klare Definition schaffen - was ist definitiv noch passiv - und was ist schon aktiv.

Aktiv? Ausreichende Schmerzbekämpfung und Sedierung? Aktiv die Maschinen abstellen? Aktiv nicht mehr zu reanimieren? Oder erst aktiv, wenn man eine letzte Spritze setzt, falls der Patient es so wünscht?

Das Thema ist so vielschichtig, daß man es auf dieser Ebene sicher nicht zu einer für alle zufriedenstellenden Lösung bringen wird.

Aber... von der hohen ethischen und moralischen Warte aus alles abzulehnen, ist für mich nicht tragbar - vorallem dann nicht, wenn man selber nicht betroffen ist als Kranker oder Angehöriger.
Unser aller oberstes Gebot sollte die Menschlichkeit sein. Wenn jemand unsagbar leidet, wo bleibt dann die Menschlichkeit, wenn man ihm einen gnädigen Tod verweigert aus - vermeintlich - ethischen Erwägungen heraus?

chaoskatze 25.03.2010 23:48

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Bitte, wenn es geht, nicht beleidigend werden, ja?

Der Punkt ist, man kann nicht einfach Suizidmöglichkeiten im Supermarkt für 3 Euro verkaufen. Das hätte üble Folgen - zum Beispiel, dass jemand, der nur einen kurzen Austicker hat oder vielleicht einfach gerade Drogen nimmt, sich umbringen will und das ohne Probleme machen kann. Oder jemand, der höflich gebeten wurde, selbiges zu machen...

Ich glaube, dass das, was du als meine persönliche Ignoranz hinstellst (da könnte man fast darauf hinweisen, dass deine Angriffsmethoden auch nicht gerade unverletzend sind), eher eine Sache der Wahrscheinlcihkeit wäre. Nämlich möglichst statistisch die höchstmöglichste Wahrscheinlichkeit wissenschaftlich zu erforschen (wie gesagt, soweit möglich), dass die betreffenden Personen eine Entscheidung getroffen haben, die unter Bewusstsein und über längere Dauer gefällt wurde.
Nicht nur um der Personen willen, sondern vielmehr um das der Hinterbliebenen.
Dazu kommt: ein psychisch Kranker ist in einem sehr hohen Prozentsatz in der Lage, sich selbst zu töten. Dennoch lassen es viele aus Furcht vor den eventuellen Folgen - Fehlversuche etc..., aber auch aus fehlender Entschlossenheit. Das würde sich rabiant ändern, wenn es die Möglichkeit gäbe, ohne Probleme das man schnell zu erledigen.
Das wäre dasselbe, als würde ich sagen, wenn ein Alkoholiker nicht trinken will, muss ers ja nicht, dann macht es ja auch nichts, wenn ich ihm ein paar Schnappes hinstelle...

Und noch mal: es geht nicht darum, grundsätzlcih alle psychisch instabilen am Suizidwunsch abzuhalten. Es geht darum, zu verhindern, dass sie aufgrund eines kurzen Rückfalls, einem Gefühl der Hilflosigkeit uä sich töten.

Anders gefragt: wenn du zufällig mitbekommst, dass sich jemand töten will, den du noch nie gesehen hast - würdest du ihn davon abhalten oder nicht? Wenn du schon von den Gesetzen anfängst....

Und bitte, wie gesagt, nicht so verletzend. Nur Argumente gegen meine Argumente, wenn du mich persönlcih angreifst, können wir die Diskussion gleich lassen. Dafür bin ich zu verletzlich, umso mehr, dass mich das Thema ja auch betrifft, ungewiss der Tatsache, wann..

Boxerhund1 26.03.2010 01:38

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Zitat:

Zitat von Dirk1973 (Beitrag 877609)
Sorry, aber das Dritte Reich hat nun wirklich nichts in einer sachlichen Diskussion über legale und vor allem gesetzlich verbindlich geregelte Sterbehilfe zu suchen.

Also: zurück in die heutige Zeit und auch die aktuellen Aspekte der Sterbehilfe diskutieren.

Vielen Dank !

hallo Dirk,

gebe ich dir völlig recht. Das Problem bei uns in Deutschland ist aber, daß genau das immer wieder auftaucht - unsere "Vergangenheit" und die Verbrechen, die damals passiert sind. Da kommen sofort die selbsternannten Gutmenschen und schreien .... "neiiinnnn... das haben doch schon die Nazis gemacht" :mad: - vollkommen undifferenziert und völlig am Thema vorbei.
Auch der Wolfgang008 argumentiert ja damit - und genau das finde ich einfach völlig daneben.

Es geht um heute - um unsere heutige Gesellschaft und unsere heutige Rechtsprechung - und da sollte diese dunkle Vergangenheit wirklich keine Rolle spielen dürfen.

Worum es heute geht, sind die leidenden und sterbenden Menschen, deren Willen man respektieren muß - an die oberste Stelle setzen muß. Es geht EBEN NICHT um die Vernichtung "unwerten Lebens" wie bei den Nazis - es geht um Menschlichkeit und die Gnade eines friedlichen, angst- und schmerzfreien Sterbens, wenn es dann mal soweit ist.

Ich verstehe nicht, wieso das so ein Problem ist für manche - einfach menschlich zu handeln. Wenn die selber einmal betroffen sind, werden sie genau das für sich selber einfordern. Solange man selber allerdings nicht betroffen ist, kann man sich leicht auf das ethische hohe Roß setzen. Und das ist für mich Heuchelei pur. :mad:

Wolfgang008 26.03.2010 02:43

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
@Das Problem bei uns in Deutschland ist aber, daß genau das immer wieder auftaucht - unsere "Vergangenheit"


Wen ich lesen und höre wie heute über Mio Menschen offiziell hergezogen werden darf, sich niemand dagegen erhebt, sondern die Mehrheit der Bürger noch in die selbe Kerbe, eines Sarrazin, Metzger, Westerwelle schlagen, dann bitte schön kommt der Gedanke an früher schon einmal auf.
Wir haben in Deutschland immer noch die Vorliebe der Ausgrenzung, wie lange musste Behinderte kämpfen , eh sie überhaupt in ein öffentliches Gebäude kamen, wie oft machen KK einem einen Strich durch die Rechnung, Renter als Sündenböcke hingestellt..Aufzählungen ohne Ende.
Natürlich kann man überall darüber hinweg sehen, auch das ist ein typisch deutsches Phänomen.

Es verwundert nichts mehr, genauso war das Verhalten auch festzustellen, abwinken, Thema ausklammern, man tat es später einfach nur.
Da hat sich doch nichts geändert!
Nein bei solcher Vorbedingung würde ich niemals die Sterbehilfe gelockert sehen wollen.

Die Medizin sollte dahingehend weiter erforscht werden, sodass die Angst vor Schmerzen verloren gehen kann, denn dann löst sich das Problem der Sterbehilfe von ganz allein.

P.S

Niemand muss meine Meinung teilen, dennoch habe ich das Recht auf eine eigene, denn darin fleisst ausschliesslich pers Erfahrung mit ein.
Wer es ignoriert das Verwandte etc unwahrscheinlich drängend sein können, wie ich schon einmal schrieb, sogar mit Datumangabe, dann wird einem nur noch übel.!
Die Politiker können garnicht einer Lockerung der Sterbehilfe zustimmen, denn sie sind für alle verantwortlich und werden nicht die Helfer derer werden, die ihren Sterbenskranke ein bischen eher los werden wollen, auch das ist die Realität Man kann nicht für die Sterbehilfe plädieren und bewusst dabei in Kauf nehmen, das einige Menschen deshalb eher gehen müssen!.

Dirk1973 26.03.2010 07:32

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Oha, langsam schaukeln sich die Wellen hoch. So stelle ich mich mal in die Flut und betätige mich mal als Wellenbrecher.

Grundsätze zu dieser Diskussion

Bisher las ich nur sachliche Beiträge. Zugegeben klang hier und dort auch mal die eigene Befindlichkeit durch. Das ist gut und richtig so, aber auch nur solange es nicht persönlich wird. Ich konnte bisher keinen Ausrutscher in´s Persönliche erkennen, also gibt es da auch nichts zu bemängeln. So darf es weitergehen. Glaubt mir, ich schaue mir die Beiträge hier schon sehr genau an. Dafür ist das Thema einerseits zu wertvoll, wie aber auch zu sensibel. Entsprechend niedrig ist hier meine Schwelle zum Editieren bzw.Löschen in diesem Thread. War bisher nicht nötig und so wünsche ich mir das auch weiter.
Mir ist es egal, ob die Diskussionsteilnehmer hier betroffen, angehörig oder "fachfremd" sind. Die Frage der Sterbehilfe wird in ganz Deutschland bereits diskutiert: Da macht es keinen Sinn, hier den Kreis einzugrenzen.

Drittes Reich

Hier sehe ich es wie Cori. Das Vernichten menschlichen Lebens in dieser Zeit hat nichts mit einer Sterbehilfe der heutigen Zeit zu tun. Damals wurden Menschen heimtückisch auf Grund einer, aus heutiger Sicht völlig inakzeptablen, Weltanschauung und vor allem GEGEN IHREN WILLEN getötet. DAMALS sahen es viele Menschen anders. Zum Glück sind wir heute schlauer und haben aus den Fehlern der damaligen Zeit gelernt.
Heute wollen wir unheilbar erkrankte Menschen legal von ihrem Leiden erlösen, wenn DIESE MENSCHEN es wollen. Es geht darum, diesen Menschen und Ihre Behandler eine rechtsverbindliche Möglichkeit zu schaffen das zu tun, was ja jetzt schon unter dem Deckmantel der alltäglichen Arbeit gemacht wird. All das hat mit den Nazis nichts zu tun. Diese mordeten aus Hass. Die heutige Sterbehilfe soll Erlösung von Leiden sein.

Zum Dritten Reich werde ich keine weiteren Postings mehr zulassen und ggf. editieren und löschen.

Aktueller Stand der Sterbehilfe in Deutschland

Wie viele von Euch bereits geschrieben haben, wird sie bereits heute tagtäglich praktiziert. Und zwar von mutigen Menschen die die vorhandenen Grauzonen mal recht, mal schlecht ausreizen. Auch ich kenne aus meiner beruflichen Tätigkeit einige Situationen, in denen für den klar geäußerten Willen alles Mögliche eben nicht getan wurde. Mit diesem Vorgehen fühlt sich aber niemand wirklich wohl. Daher gibt es auch viele Mediziner, die es eben nicht machen und auf Deibel komm raus den Körper am Leben erhalten, bis es halt tatsächlich nicht mehr geht. Auch wenn vorher schon klar ist, dass es nur noch eine Verlängerung von Leid und Schmerzen ist.

Es geht hier nicht darum, dass Oma Krawuttke sich für eine Handvoll Euro Ihre Zyankali-Kapsel in der Apotheke kaufen kann. Es geht darum, den Ärzten einen Handlungsspielraum zu schaffen, in dem sie sich in Abstimmung mit dem mündigen Patienten auch legal bewegen können.
Es geht nicht um den Suizidwillen psychisch Erkrankter. Es geht hier ausschließlich um die Sterbehilfe bei unheilbar Erkrankten, die auch ohne weiteres Zutun, nur dann halt langsamer und qualvoller, in absehbarer Zeit sterben werden.

Also: sachlich und in der heutigen Zeit darf es dann weitergehen. ;)

Lalesus 26.03.2010 08:36

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Guten morgen Ihr Lieben,

wollte nur mal kurz von uns berichten. Ich bin Mama einer zweimal krebserkrankter Tochter (der es heute aber gut geht).

Vor fünf Wochen musste ich eine Entscheidung treffen und ich habe Gott sei dank das Richtige getan. Aber von vorne. Es geht um meine Oma (70) sie hat Diabetis und ein nicht mehr ganz so starkes Herz und ist seit Jahrzehnten Raucherin. Es kam wie es kommen musste, Ihre Lungen und Ihre Nieren machten schlapp, sie wurde in die Uni eingeliefert. Man musste sie intubieren und eine Stunde später wäre sie tot gewesen wenn wir Sie nicht hätten einweisen lassen. Da ich die Betreuungsvollmacht für den Fall habe das Sie nicht mehr selber entscheiden kann wurde mir gesagt, man könnte auch einfach nichts machen und sie einschlafen lassen...Ich habe mich dagegen entschieden, da ich der Meinung war meine Oma schafft das... Ich wurde müde belächelt, sie wäre ja so alt etc... Die ganze Behandlung möchte ich Euch mal ersparen, nur so viel die Todgesagte Oma kommt heute ohne Folgeschäden, ohne Sauerstoffgerät etc. nach Hause und Ihr geht´s gut.

Mir wurde die passive Strebehilfe fast aufgezwungen und in mehreren Gesprächen immer gesagt das sie so alt wäre etc. Wenn ich mir meine Oma jetzt ansehe bin ich froh, daß ich nicht auf die Ärzte gehört habe. Ich werde nur jetzt mit meiner Oma eine detaiitere Patientenverfügung aufsetzten, denn ich finde niemand als der Betroffene selber hat zu entscheiden wann, wie und ob er gehen will....

Ich wünsche euch einen schönen Tag

LG Susanne

Silleke 26.03.2010 08:36

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Zitat:

Zitat von Boxerhund1 (Beitrag 877985)

Worum es heute geht, sind die leidenden und sterbenden Menschen, deren Willen man respektieren muß - an die oberste Stelle setzen muß. Es geht EBEN NICHT um die Vernichtung "unwerten Lebens" wie bei den Nazis - es geht um Menschlichkeit und die Gnade eines friedlichen, angst- und schmerzfreien Sterbens, wenn es dann mal soweit ist.

Ich verstehe nicht, wieso das so ein Problem ist für manche - einfach menschlich zu handeln. Wenn die selber einmal betroffen sind, werden sie genau das für sich selber einfordern. Solange man selber allerdings nicht betroffen ist, kann man sich leicht auf das ethische hohe Roß setzen. Und das ist für mich Heuchelei pur. :mad:

Guten Morgen Cori,
Dein Posting finde ich fast schon verwirrend. Meines Wissens wehren sich am lautesten gegen aktive Sterbehilfe Behinderte selber. Während Nichtbetroffene ,oft sind es Angehörige, vehement das Leiden beenden wollen. Im großen ganzen scheint mir das auch hier im Thread so zu sein .

Mir macht es Angst ,mit welcher Selbstverständlichkeit man Kranken unterstellt, ihr Leiden nicht tragen zu wollen oder zu können. Warum soll denn Sterben unbedingt friedlich, angst-und -schmerzfrei sein ? Ist das dem Ereignis angemessen ? Was meint es, den Willen Leidender zu respektieren ? Das kann doch nur bedeuten,das zu respektieren, was der Betroffene will. Wenn ich als Betroffene nicht entscheide, mir mein Leben zu nehmen, mache ich auch klar, was ich will. So richtig verstehe ich nicht, wieso all die vielen Kranken, die sich mit klarem Verstand und dem Wissen um den Fortgang der Krankheit gegen ein vorzeitiges Ende entscheiden, später dann Objekte der Gnade werden sollen.

Mein Behindertenverband spricht sich, wie so etwa alle, gegen aktive Sterbehilfe aus. Und ringt gleichzeitig darum, dass Behinderte teilhaben dürfen. Wolfgangs nüchterne Feststellungen zu Rechten Behinderter und der Diskriminierung auch anderer Randgruppen sollten wir bedenken. Auch ich mache mir wesentlich mehr Sorgen darum, wie lange unsere Gesellschaft , auf einem ungeheuren Schuldenberg sitzend,noch bereit sein wird, behindertes Leben zu finanzieren. Stefan hat darauf hingewiesen, dass die Vernichtung der "Ballastexistenzen" keine eigentliche Erfindung der Nazis gewesen ist. Sondern vielmehr ihren Ursprung hatte in gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen vieler Jahrzehnte. Ich stimme ihm nur in einem wichtigen Detail nicht zu. Es sind nicht irgendwelche ominösen Theologen, Ärzte, Philosophen gewesen. Nein, das war die Entwicklung einer Zeit, eines ganzen Volkes. Und so verabschieden Angehörige ,die die Oma nicht mehr pflegen wollen , den psychisch kranken Verwandten verleugnen , und Arbeitslose faul finden, natürlich keine Gesetze . Aber sie gehen wählen.

Heute angesichts der Wirtschaftskrise ,angesichts der immer größer werdenden Zahl der Kaputten, Kranken, Behinderten, die nicht mehr leistungsfähig genug sind , keine Sorgen zu haben vor neuer Ausgrenzung, vor neuer Euthanasie, getarnt als Mitleid , das ist mir unbegreiflich. Für mich als Behinderte sind diese Befürchtungen Alltag. Und das einzige Argument , was die Politik noch abhält, deutlicher zu werden, ist die Erinnerung. Aber ich bekomme auch heute keine Reha .Barrierefreie Klinikplätze werden an Privatpatienten vergeben .Ich verzichte auf bestimmte ärztliche Untersuchungen, weil nicht erreichbar. Ich ertrage genervte Ärzte, weil jeder Termin mit mir länger dauert , und das ist nicht im Budget drin. Ich akzeptiere, dass man mit dem Geld der Pflegekasse nicht jeden Tag sauber gewaschen sein kann.
Ich weiss schon, wir sind hier in einem Krebsforum, nicht in einer Organisation für Behinderte. Aber auch Krebs kann dauerhaft behindert machen, und eine so schwierige Thematik wie die der Sterbehilfe kann man nicht beschränken auf bestimmte Personenkreise. Wenn aktive Sterbehilfe gesellschaftsfähig würde, so würde sie gerade Schwerstbehinderte besonders bedrohen. Die Sichtweise der Behindertenverbände dazu ist eindeutig, und sie ist es nicht zufällig . Das mindeste, was ich von jedem Befürworter der aktiven Sterbehilfe erwarte, ist, sich auch für mein Recht auf Leben einzusetzen. Ich habe mich nämlich für das Leben und für das Leiden am Leben entschieden .Für ein Leben, das öfter von Aussenstehenden abgewertet wird. Natürlich sind die Leute nicht so direkt, mir gleich zu sagen, man wolle mich erlösen . Zumal ich meist vergnügt und nicht leidend aussehe. Aber wenn ich bekenne, den Fortgang meiner Krankheit im Gottvertrauen gelassen hinnehmen zu wollen, obwohl ich weiss, was voraussichtlich kommen wird, so wird mir gerne mal leichte geistige Verwirrtheit attestiert.Nun, ich bin ja nicht gezwungen, meine Sichtweise von Lebenssinn anzupassen an die gesunden Leistungsträger der Gesellschaft. Nur was passiert, wenn die bemerken, dass mein angeblich erbärmliches Leben auch noch jede Menge Geld kostet ? Während uns die Staatspleite droht.

Verzeiht mir meinen persönlichen Einwurf, aber Theorie ist manchmal zu theoretisch.

liebe Grüße
Silleke

chaoskatze 26.03.2010 08:43

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
*gg* Ok, wir sind dann auch wieder alle brav :D


So. Passive Sterbehilfe: sowieso, auch in Patientenverfügung festgelegt, seit einigen Jahren schon.
Aktive Sterbehilfe: auch - ich persönlich möchte einfach nicht riskieren, dass ich irgendwann nur noch sabbernd rumsitze, mich ständig betatschen lassen muss etc und vor allem nicht das ausleben kann, was ICH BIN...
Mein Wunsch ist es, noch recht lange weiterzuleben (sozusagen die Statistik platt zu machen ;) ) und dann innerhalb von ein paar Tagen friedlich zu sterben. Auch, dass es für meine Leute einfacher ist, sich zu verabschieden.

Silleke 26.03.2010 08:57

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Hallo Dirk,
Lese gerade deinen Beitrag. Eins fehlt mir da aber. Du arbeitest im Gesundheitswesen. Du müsstest wissen,dass wir längst auch heimliche Rationierung haben aus Kostengründen. Sozusagen so was wie unerwünschte und meist von den Patienten nicht bemerkte Sterbehilfe. "Sterbehilfe "wird keinswegs nur praktiziert von mutigen Menschen in rechtlichen Grauzonen, sondern tagtäglich bei den Kosten-Nutzen-Bewertungen, bei den Entscheidungen der Krankenkasse, ja durch Verwaltungsleitungen von Kliniken.
Das Thema völlig abzukoppeln von finanziellen Entwicklungen, entspricht doch bereits heute nicht mehr der Realität . Die entscheidende Frage ist, wie verhindern wir, dass finanzielle Interessen an die ethischen angehängt werden. Darauf hat keiner eine Antwort . Und wenn es dir noch so wenig gefällt, diese Frage darf und muss man auch stellen angesichts der Geschichte. Und angesichts von Philosophen wie Singer . Wenn aber einmal ein Arzt wie neulich ein Ärztepräsident offen über notwendige Rationierung medizinischer Leistungen spricht, so brechen wir aus in scheinheilige Empörung.

liebe Grüße
Silleke

Wolfgang008 26.03.2010 11:55

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Silleke, dem Bericht ist nichts hinzuzufügen, denn diese Tatsache ist überall festzustellen, nur meist wird weg geguckt.


Wenn ich an die Altersbegrenzung der Implantation eines künstlichen Hüftgelenkes denke, muss man sich doch fragen, soll der Mensch weiterhin schmerzvoll unter Coxarthrose leiden, oder ist es besser ihm mitleidig zu einem Ende zu raten, denn ihm blieben nur chronischen Schmerzen die mit Medikamente zwar eingedämmt werden können, jedoch sollte dabei die Unterversorung nicht aus dem Auge verloren gehen.

Hatte da nicht auch so mancher Prof, Arzt recht laut gedacht, wollten sie den Menschen das zumuten?.
Das so viel zur KK.!

Noch einmal zum Verhalten des Volkes.
Liest man einmal die Schlagseiten seriöser Journale, fällt es immer wieder auf, dass Arbeitslose viele Prozesse gegen die Argen gewinnen, was heisst, die Schreibtischtäter, die Willkür ausüben sind enorm seit 2005 gestiegen.
Auch da wird zugeguckt, wenn Elend, wie ohne Licht leben, Wohnungsverlust etc entsteht, dass um Gelder einzusparen, im Gegeteil der Tenor lautet, die erhalten genug, sollen arbeiten gehen, "jetzt kosten sie uns auch noch Rechtanwälte, Gerichte etc.

Nein es ist erschreckend wie viel Gleichgültigkeit, Neid besteht, da sollte sich jeder im Voraus dafür entscheiden, wann er gehen will, oder auch nicht

Dem Gesetzgeber und den Ausführenden würde ich mein Leben nicht anvertrauen wollen.

suze2 26.03.2010 14:05

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
guten tag an alle!
Zitat:

worum es mir persönlich geht, ist einzig und alleine, daß der Wille des Patienten über allem steht.
ja, boxerhund, also cori, das ist ja okay AABER...
-zwischendurch gesagt ad organspende: in Ö brauchen wir keinen organspenderausweis, da wir die regelung haben, dass wir alle organspneder sind - es sei denn wir widersprechen. finde ich gut. so gibt es bei uns mehr organspenden meine organe sind aber "dank" krebs wohl nicht mehr zu gebrauchen.

aber cori, was ist der "freie willen".
ein beispiel: bei uns in Ö bekommen alle versicherten einen zettel zugeschickt, wieviel sie "gekostet haben", also eine auflistung der bezahlten leistungen. stand ich in der apotheke, kam eine frau rein, fragte, wieso das so viel war, was sie bekam, sie war ganz geknickt, dass sie der gesellschaft so teuer kommt. entsteht nicht auf diese art ein geisser druck auf die einzelnen?
ist der freie wille überhaupt möglich oder "nur" ein ziel, auf das wir uns immer hinbewegen, ohne es zu erreichen?
was ist der freie wille in einer gesellschaft, die dir vermittelt, dass du eine last bist? dass auf dein bett schon der/die nächste wartet? (mein vater war im pflegeheim, da war es so).
so gesehen IST das gefühl, wie man leben, wie man sterben kann, nichts naturgegebenes, sondern etwas menschengemachtes.

silleke, danke für diesen satz
Zitat:

Das Thema völlig abzukoppeln von finanziellen Entwicklungen, entspricht doch bereits heute nicht mehr der Realität .
Zitat:

Das mindeste, was ich von jedem Befürworter der aktiven Sterbehilfe erwarte, ist, sich auch für mein Recht auf Leben einzusetzen. Ich habe mich nämlich für das Leben und für das Leiden am Leben entschieden .
großer respekt vor dir, silleke.

grüße an euch alle, ja, ein schönes wochenende.

alles liebe
suzie

HelmutL 26.03.2010 15:16

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Guten Morgen,

so langsam kommts auf den Punkt. Ich denke, dass da verschiedene Ängste von Bedeutung sind.

- die Angst vor dem Tod
- die Angst vor dem Sterben
- die Angst vor dem Wie
- die Angst, von den Wertevorstellungen anderer abhängig zu sein (ein sehr weites Feld quer durch die Gesellschaft mit tausenden von Aspekten)

Was kann man da tun? Wie beschreibe ich meinen persönlichen Willen und wie lässt er sich durchsetzen? Das Beschreiben ist relativ einfach: eine Patientenverfügung und am besten noch gleich eine Vorsorgevollmacht, damit eine Person meines Vertrauens das Recht hat, meine Absichten und Wünsche im Fall des Falles auch durchzusetzen. Rechtlich ansich festgezurrt, auch wenn da bestimmt noch Handlungsbedarf besteht. Insoweit bin ich dann abgesichert.

Das beste Beispiel dazu ist die von Susanne beschriebene Situation. Diese Ärzte handelten übrigens nicht in einer Grauzone, sondern standen eigentlich mit beiden Füssen bereits im Gefängnis: sie hätten sich ganz eindeutig der Unterlassenen Hilfeleistung schuldig gemacht. Nach der Schilderung von Susanne. Das ist nämlich genau das, was eine Patientenverfügung auch verhindern sollte. Sie bedeutet nämlich nicht, auf erste Hilfe im Notfall zu verzichten. Sie darf erst dann greifen, wenn diese geleistet ist.

Ein ganz anderes Thema ist die aktive Sterbehilfe. Wie das Wort bereits sagt ist hier ein Handeln und Tun Anderer vonnöten um den Sterbewilligen bei wachem Bewusstsein vom Leben zum Tod zu befördern. Die Ängste sind annähernd die gleichen wie oben. Für den Helfer ist es eine absolute Gewissensentscheidung. Niemand, auch nicht der Kranke, darf das von ihm verlangen. Das ist der gewaltige Unterschied zwischen passiver und aktiver Sterbehilfe und der Helfer muss, sofern er/sie nachgeholfen hat, sich gefallen lassen, dass seine Entscheidung in Zweifel gezogen wird. Entweder dadurch, dass seine Entscheidung hinterher überprüft oder indem im Voraus ein Rahmen geschaffen wird, in dem er sich bewegen kann. Gewissen ist eben nicht Gewissen. Hier ist der Gesetzgeber gefordert.

Im ersten Fall lässt man es zu, dass ein Mensch bei möglichst würdigen Bedingungen sterben kann. Im Zweiten Fall wird ein Mensch getötet. Mit mehr oder weniger Hilfestellung.

So sehe ich diese Diskussion. Das von mir Geschilderte beinhaltet keine Wertung der beiden Arten der Sterbehilfe. Das ist eine andere Geschichte. Meine Patientenverfügung incl. Vorsorgevollmacht hab ich bereits erledigt. Ich glaube auch, dass ich bei meiner Frau zum gegebenen Zeitpunkt aktive Sterbehilfe hätte leisten können. Ich weiss, dass der Gesetzgeber mir in dem Moment dann vollkommen gleichgültig gewesen wäre. Wie ich hinterher damit hätte leben können, keine Ahnung.

Es geht bei dieser Diskussion ganz sicher nicht darum, einen Wert für das Leben zu finden. Das braucht es nicht. Der Wert des Lebens steht über jeder Diskussion. Genau das ist der Punkt. Der Wert des Lebens ist für mich so hoch, dass ich für mich entscheiden möchte, wann dieses Leben zu Ende gehen darf. Das gleiche Recht gestehe ich allen anderen zu. Für andere entscheiden? Ja, wenn es sein muss, jedoch nur mit Bauchweh. Gleichgültig wie die Gesetzeslage dazu aussieht.

Ich denke gerade an die Menschen, welche aus falsch geleitetem Verständniss, irrer Idiologie und unter aller Brutalität in der Vergangenheit ermordet wurden. Ihnen "verdanken" wir, dass wir uns heute entscheiden können, darüber offen und ehrlich zu diskutieren. Das ist ihr Vermächtnis an uns und für uns Verpflichtung. Gott sei ihrer Seele gnädig.


Helmut

hjansen565 27.03.2010 18:39

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Hallo ihr lieben.

Mit großem Interesse habe ich eure Beiträge gelesen und komme nicht drum hin meine erfahrung und meine Meinung beizutragen.
Ich habe schon mehrfach Menschen auf dem letzten Weg begleitet und stehe nun zu der schwersten begleitung.
Meine Frau mit der ich 40 Jahre verheiratet bin steht vor ihrem letzten Weg.
Trotzdem halte ich nichts von Sterbehilfe da es mit der Patientenverfügung ein Mittel gibt, das den Humanen Tot ermöglicht. Sehr wichtig ist, mit dem betroffenen zusammen dessen vorstellungen zu Papier zu bringen.
Es wurde geschrieben, Krankenhäuser würden Patienten aus Kostengründen länger behalten. Dem kann ich mich nicht anschließen liegt es nicht ehr daran das nicht mehr zuhause gestorben wird? Bei mir gehört der Tot zum Leben und wenn gestorben wird dann im Kreis der Familie. Meine Frau hat Lungenkrebs mit etlichen Metastasen im Kopf. Sie kann sich jetzt nicht mehr Artikulieren da die Metastasen im Sprachzentrum ihr unwesen treiben.
Sie wird auch zunehment Dement daher bin ich froh das wir vorher bei klarem Verstand über den letzten Weg gesprochen haben bis hin zur Beerdigung.
Ich kann nur jedem Raten, zuerst über eine Patientenverfügung zu sprechen als über Sterbehilfe.
Allen betraffenen viel Kraft Helmut

chaoskatze 28.03.2010 00:06

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Kurze Anmerkung: Hab noch mal nachgefragt, im September 2009 wurde ein neues Gesetz verfasst, der den Bevollmächtigten eine andere, eine aktivere Rolle zuteilt.
Will heißen:

Jeder, der vor dem letzten September eine Patientenverfügung bzw. Bevollmächtigung ausgestellt hat, sollte diese neu auf diesen Paragraphen formuliert ausfüllen! Die älteren sind nur noch bis zu einem gewissen Teil geltend!
Handelt sich um § 1904 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 BGB.

Stefans 29.03.2010 16:06

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Hallo Chaoskatze,

Zitat:

Zitat von chaoskatze (Beitrag 877971)
Bitte, wenn es geht, nicht beleidigend werden, ja?

Schwierig :confused: Werde ich, wenn mir der Gaul durchgeht, weil ich auch selbst betroffen bin. Sonst hätte ich keinen Grund, mich aufzuregen. Ich bitte um Entschuldigung dafür. Falls es dir was nutzt: darfst mich auch beleidigen. Wie sagt man da, wo ich herkomme. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich (und ist nicht nachtragend) :cool:

Zitat:

Der Punkt ist, man kann nicht einfach Suizidmöglichkeiten im Supermarkt für 3 Euro verkaufen.
Nein, das würde ich auch nicht wollen. Seconal / Nembutal rezeptfrei wäre für mich klasse, dann gäbe es das "Beschaffungsproblem" nicht... aber generell lehne ich das auch ab. Aber nicht, weil sich die Leute damit schnell selbst töten können. Sondern weil ich Angst habe, dass damit Menschen andere Menschen töten, z.B. die pflegebedürftige Oma, die ihnen schon lange auf die Nerven geht. Ich fürchte da nicht Suizid, sondern Mord. Den gibt es auch so an Schutzbefohlenen / Abhängigen schon oft genug mit extrem hoher Dunkelziffer. Muss man nicht noch fördern.

Zitat:

Dazu kommt: ein psychisch Kranker ist in einem sehr hohen Prozentsatz in der Lage, sich selbst zu töten.
Stimmt, und damit zurück zum Thema des threads: Sterbe-Hilfe haben psychisch Kranke in der Regel gar nicht nötig - die machen das einfach selbst. Sind insofern von dieser Diskussion gar nicht betroffen.

Zitat:

Dennoch lassen es viele aus Furcht vor den eventuellen Folgen - Fehlversuche etc..., aber auch aus fehlender Entschlossenheit. Das würde sich rabiant ändern, wenn es die Möglichkeit gäbe, ohne Probleme das man schnell zu erledigen.
Das glaube ich nicht (dass sich das ändern würde). Denn bei mangelnder Entschlossenheit ist es egal, welche Mittel zur Verfügung stehen. Wer Nägel mit Köpfen machen will, tut das so oder so. Wiegesagt, statistisch ist das klar. Frauen begehen doppelt soviele Suizid-Versuche wie Männer, aber Männer sind doppelt so oft erfolgreich. Weswegen 4 mal mehr Männer an Suizid sterben als Frauen. Effektiven Suizid begehen Leute ab Mitte 40. Die auch oft "rationalen" Suizid begehen. Also kein "Hilferuf" mehr, sondern konsequent, im ersten Versuch erfolgreich, als "Lebensbilanz": lohnt sich nicht, reicht mir.

Solche Leute brauchen keine "Möglichkeit, ohne Probleme...". Weil es die Möglichkeiten gibt. Ich habe Depris seit ca. 30 Jahren, auf und ab, hin und wieder akut suizidal. Nein, mein Leben lohnt sich nicht. Und ich finde es auch nicht wichtig. Und ich werde nie wieder in die Klapsmühle oder zum Psychotherapeuten gehen. Diese Art "Hilfe" will ich nicht mehr. Und natürlich bin ich vorbereitet. Ich muss mich nur ins Bett legen, die Kopfhaube aufsetzen und den Gashahn aufdrehen - dann bin ich in 30 Sek. bewusstlos und in 5 Min. tot. Entspannt, schmerzfrei, human, als Suizid nicht nachweisbar (sofern jemand nachher so nett ist und das Equipment weg räumt, bevor der Arzt kommt). So what? Wer's tun will, tut's sowieso.

Zitat:

Und noch mal: es geht nicht darum, grundsätzlcih alle psychisch instabilen am Suizidwunsch abzuhalten. Es geht darum, zu verhindern, dass sie aufgrund eines kurzen Rückfalls, einem Gefühl der Hilflosigkeit uä sich töten.
Das sehe ich doch ähnlich. Mir wird auch immer ganz anders, wenn sich junge Menschen in ihrer ersten schweren Lebenskrise zwischen Pubertät und erwachsen umbringen. Da denke ich immer: mensch, doch nicht sofort, es gibt doch Hilfe, warum sagt denen das keiner. Aber es gibt halt auch die anderen, langjährigen, Therapie- und Psychiatrieerfahrenen, die irgendwann einfach die Schnauze voll haben. Und genau wissen, was und warum sie es tun.

Viele Grüße,
Stefan

Stefans 29.03.2010 16:28

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Hallo Silleke,

Zitat:

Zitat von Silleke (Beitrag 878048)
Du müsstest wissen,dass wir längst auch heimliche Rationierung haben aus Kostengründen.

Ja, unbestritten. Aber das ist m.E. wieder ein anderes Thema. Weil es dabei nicht um Sterbehilfe geht (= das, was der Patient wünscht, weil _er_ sterben möchte), sondern um eine Art "unterlassene Hilfeleistung" bzw. "wir tun nicht alles, was machbar ist, weil uns das zu teuer ist".

Bsp.: in meinem Bundesland wurde vor x Jahren die Zahl der Rettungsleitstellen radikal reduziert. Aus Kostengründen. Seither sind die Rettungswagen viel länger unterwegs, und statistisch ist klar: das Risiko, in meiner Region an einem Herzinfarkt zu sterben, statt gerettet zu werden, hat sich um den Faktor x erhöht. Das ist traurig. Aber mit Sterbehilfe (= dem Willen des Patienten) hat es nichts zu tun.

Und das ist m.E. der Punkt, wo Sterbehilfe / Kosten-Nutzen-Fragen / Nazi-Vergangenheit immer leicht durcheinander geraten. Im 3. Reich (und nicht erst / nur da !!!) hat man auch mit Kostengründen argumentiert, da gab es diese berühmten Rechenaufgaben in Schulbüchern. Was "leistet" ein arbeitsfähiger gesunder Mensch, was "kostet" ein kranker / behinderter... - wer ist also "nützlicher" usw., usw. Das ist nichts anderes, als was Versicherungen seit jeher machen. Ein Haus mit einem Reetdach (hohes Risiko) versichert man ungern bzw. teuer. Ein brennendes Haus gar nicht. Wer raucht oder Übergewicht hat, zahlt bei der Risiko-Lebensversicherung exorbitant hohe Prämien. Bei der privaten Rentenversicherung bekommt er dagegen großzügigen Rabatt.

Das ist sicher alles ganz schlimm und unmenschlich... hat aber mit der Sterbehilfe-Diskussion nichts zu tun, wie Dirk schon schrieb.

Viele Grüße,
Stefan

Stefans 29.03.2010 16:38

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Hallo Suzie,

Zitat:

Zitat von suze2 (Beitrag 878188)
in Ö brauchen wir keinen organspenderausweis, da wir die regelung haben, dass wir alle organspneder sind - es sei denn wir widersprechen. finde ich gut. so gibt es bei uns mehr organspenden

So unterschiedlich ist das in verschiedenen Ländern. In A ist Organspende Standard, in D die Ausnahme. Aber für passive Sterbehilfe geht man in A als Angehöriger ganz sicher in den Knast, in D ist die für Private straffrei (zum Glück). Wenn ich in D meiner todkranken Frau/Vater/Mann/Mutter die Tabletten auf den Nachttisch lege und ein Glas Wasser daneben stelle, ist das völlig OK. Wenn ich das in A tue, sehe ich mir für ein paar Jahre die nächste Justizvollzugsanstalt von innen an.

Woran man allenfalls sieht, dass Sterbehilfe weniger eine Frage von Ethik und Moral ist (falls doch, scheinen sich die Menschen in D und A da wohl ganz grundlegend zu unterscheiden), sondern eine Frage der Regelungen der Justiz.

Viele Grüße,
Stefan

Boxerhund1 30.03.2010 01:20

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Zitat:

Dein Posting finde ich fast schon verwirrend. Meines Wissens wehren sich am lautesten gegen aktive Sterbehilfe Behinderte selber. Während Nichtbetroffene ,oft sind es Angehörige, vehement das Leiden beenden wollen. Im großen ganzen scheint mir das auch hier im Thread so zu sein .
hallo Stilleke,
Behinderte sind hier doch gar nicht das Thema. Das ist doch eine völlig andere Geschichte!!
Ich verstehe nicht, wie man das Endstadium eines Krebsleidens mit dem Leben von Behinderten gleichsetzen kann!?!?!?
Was ist das denn für eine Denkweise? :confused:

Ich war Angehörige, und ich habe gehofft und gebetet - bis ich sehr schnell einsehen mußte, daß es für meine Mutter keine Rettung mehr gab. Ich kannte die Einstellung und den Willen meiner Mutter - und als es zu Ende ging, habe ich dieses Ende nicht mehr hinausgezögert, sondern dafür gesorgt, daß es ruhig und friedlich war.
Jetzt bin ich Hinterbliebene. Muß ich mich jetzt dafür rechtfertigen, daß ich meine Mutter nicht bis zum letzten Atemzug sich habe quälen lassen ohne Hilfe, sondern daß ich sie in Frieden und ohne Angst habe gehen lassen? Macht mich das in deinen Augen zu einem schlechten Menschen, der als Angehöriger das Leiden nicht bis zum Ende hat leiden lassen?
Wer gibt dir das Recht, über Angehörige so zu richten, die ihre Lieben nicht ohne Not leiden lassen wollen, wenn sie den Willen ihrer Lieben respektieren?

Was weißt du von meinen Zweifeln, meiner Verzweiflung, als ich anfing zu begreifen? Was weißt du von meinen durchweinten und durchwachten Nächten? Was von meiner Trauer? Was weißt du davon, wie es mir ging, als ich für meine Mutter die Nahrung abgestellt habe und nur noch Flüssigkeit und Sauerstoff und Analgetika und Sedierung gegeben habe? Was weißt du davon, wie weh es mir getan hat, das alles so zu akzeptieren und es so zu tun, weil ich nicht wollte, daß meine Mutter in ihren letzten Tagen und Stunden noch leiden muß?

Deine Selbstgerechtigkeit macht mich wirklich böse. :mad: Ja... die bösen Angehörigen, die ihre Kranken doch nur umbringen wollen. :mad:

Weißt du, was es bedeutet, zu lieben? Daß Liebe auch heißt, loslassen zu können ... gehen zu lassen, wenn das Festhalten für den Festgehaltenen nur noch Leid und Schmerz und Angst bedeutet! Ich habe meine Mutter geliebt, und genau deswegen habe ich sie gehen lassen, als ich ihr anders nicht mehr helfen konnte. Ja... ich bin eine böse Angehörige! :mad:


Zitat:

Mir macht es Angst ,mit welcher Selbstverständlichkeit man Kranken unterstellt, ihr Leiden nicht tragen zu wollen oder zu können. Warum soll denn Sterben unbedingt friedlich, angst-und -schmerzfrei sein ? Ist das dem Ereignis angemessen ? Was meint es, den Willen Leidender zu respektieren ? Das kann doch nur bedeuten,das zu respektieren, was der Betroffene will. Wenn ich als Betroffene nicht entscheide, mir mein Leben zu nehmen, mache ich auch klar, was ich will. So richtig verstehe ich nicht, wieso all die vielen Kranken, die sich mit klarem Verstand und dem Wissen um den Fortgang der Krankheit gegen ein vorzeitiges Ende entscheiden, später dann Objekte der Gnade werden sollen.
Ja... es kann nur sein, den Willen des Betroffenen zu respektieren!!! Genau das habe ich immer geschrieben und zwar als oberste Prämisse.
Und es bleibt dir unbenommen, für dich selber anders zu entscheiden - das ist dann DEIN Wille, der ebenso respektiert werden muß, wie der Wille derer, die vorallem Angst haben vor Schmerz und Atemnot und Angst, und denen man durch diese Angst helfen kann mit entsprechenden Medikamenten.
Der Wille des Patienten muß über allem stehen - und zwar genau mit dieser Selbstverständlichkeit. Wenn der Patient seinen Willen erklärt hat, dann hat man sich dem zu beugen!

HelmutL 30.03.2010 11:11

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Guten Morgen,

meine Frau wurde mit akuter Atemnot in die Klinik eingeliefert. Pleuraerguss. Der Notarzt gab noch Cortison und das Atmen fiel ihr leichter. Auf der Intensivstation versuchte man alles, um diesen Pleuraerguss zu lösen. Erfolglos und unmöglich, ich hab die Röntgenbilder gesehen. Man muss nicht Arzt sein, um das zu verstehen.

Man erklärte mir sehr genau im Klartext, was die weitere Gabe von Medikamenten zur Linderung der Atemnot bedeutet. Das Problem für sie war nämlich nicht, nicht genug Sauerstoff zu bekommen, sondern das Ausatmen. Das heisst CO2 wird nicht genügend ausgeatmet, was wiederum heisst, es reichert sich im Blut an und sie vergiftet sich dadurch im Endeffekt selbst. Das ist Fakt und nur eine Frage der Zeit. Ohne Medikamente eine grausame Art zu sterben, langsam, bei Bewusstsein, mit allen Begeliterscheinungen der Atemnot und absolut sicher.

Das heisst im Klartext: je mehr Sauerstoff meine Frau einatmet, um so schneller wird sie sterben. Wobei niemand sagen konnte, dauert es nur Stunden oder werden es Tage. Da die Medikamente die Sauerstoffzufuhr begünstigten, brauch ich nicht zu erläutern, welche Wirkung das hatte.

In Sekunden musste ich als medizinischer Laie entscheiden, was zu tun ist. OK, ich hab es zugelassen, dass sie Medikamente gegen ihre Atomnot zur Verhinderung ihrer Qualen bekam. In dem Wissen, richtig zu entscheiden, nach ihrem Willen.

Eine Frage möchte ich in dem Zusammenhang mal gerne stellen. Jeder hat das Recht selbst zu entscheiden, wie er sterben möchte. Wer sich gegen Medikamente entscheidet, OK, das ist sein Wille und dem muss Rechnung getragen werden.

Woher will irgendjemand wissen, was er dann später will, wenn es soweit ist und er sich nicht mehr artikulieren kann? Wer kennt die Schmerzen, Qualen, Ängste zu diesem Zeitpunkt denn am eigenen Körper? Muss ich als Angehöriger dann tatenlos daneben stehen und zusehen? Weiss der- oder diejenige, was er/sie ihren Angehörigen, die zusehen müssen, zumutet?

Ich würde in diesem Fall nicht tatenlos daneben stehen. Da bin ich sicher. Ich würde in diesem Fall den Willen des Sterbenden ignorieren. Cori hat es geschrieben, warum. Ich würde ihm oder ihr zu helfen versuchen dann doch friedlich gehen zu dürfen.

Einen schönen Tag

Helmut

suze2 30.03.2010 18:35

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
lieber helmutL,
Zitat:

Woher will irgendjemand wissen, was er dann später will, wenn es soweit ist und er sich nicht mehr artikulieren kann? Wer kennt die Schmerzen, Qualen, Ängste zu diesem Zeitpunkt denn am eigenen Körper? Muss ich als Angehöriger dann tatenlos daneben stehen und zusehen? Weiss der- oder diejenige, was er/sie ihren Angehörigen, die zusehen müssen, zumutet?
also der letzte satz erschreckt mich - ich meine ich möchte nicht das gefühl haben, das ich meinen lieben etwas ZUMUTE, wenn ich leide. und ich weiß natürlich NICHT, niemand weiß, was "später" ist und wie schmerzhaft alles ist. aber dies gilt für beide richtungen: ich kann auch nicht wissen, ob ich nicht doch aushalten kann, will. deswegen ist es ja so schwierig und ehrlich gesagt glaube ich auch nicht, dass jemand andrer das WISSEN kann, was in mir vorgeht.

liebe cori, ja, böse angehörige, das will doch niemand jemand anderem unterstellen, um himmels willen, wir haben doch wirklich genug durchgemacht, als kranke, als angehörige, um einander zu respektieren, also -
ich möchte wirklich respekt haben allen meinungen und vor allem auch erfahrungen, die hier beschrieben werden.

trotzdem ist "freiwilligkeit" ein sehr schwieriges thema.

und trotzdem - krankheit und behinderung sind nicht das gleiche, da gebe ich dir recht, aber sie berühren einander. wer schwer krank ist, ist "behindert", kann nicht für sich sorgen, nicht alle handlungen selbstbestimmt ausführen. nicht alle behinderten sind krank, manche aber schon.

ich hab einfach nur die sorge, dass wir vor entscheidungen stehen, für die es kein richtig oder falsch gibt und die einfach in jeder hinsicht allzuviel von uns verlangen.

liebe grüße
suzie

Silleke 31.03.2010 07:52

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Hallo Cori,
Du verstehst mich ziemlich falsch. Ich sage nicht anderes, als dass der Wille der Erkrankten respektiert werden muss. Von einer Verweigerung der Sterbebegleitung einschließlich lindernder Medikation habe ich kein Wort geschrieben.
Worum es mir ging, ist nur, dass tatsächlich der Wille des Betroffenen maßgeblich sein muss, und nicht Leiden und Verzweiflung Angehöriger. Nochmal gesagt: Fast alle unheilbar Krebskranken haben die Möglichkeit, selber Entscheidungen zu treffen . Seit einigen Monaten ist das auch gesetzlich so klar geregelt, dass es wirklich realistisch ist. Wenn daher ein Krebspatient selbst nichts tut, um sein Leben und Leiden vorzeitig zu beenden, so steht es Angehörigen nicht zu, aktive Sterbehilfe zu wünschen.

Deine familiäre Lage kenne ich nicht. Wenn du sicher weisst,dass du im Sinne deiner Mutter gehandelt hast, ist doch alles in Ordnung. Mein Problem wäre, dass ich es nicht sicher wüsste. Denn Wahrnehmungen verändern sich .Was unerträglich ist, beurteilt man wahrscheinlich vorher anders als im Eintreten. Das erlebe ich persönlich aufgrund schwerer fortschreitender Behinderung, und ich habe es auch oft bei Krebserkrankten erlebt. Ein Beispiel,was eigene Entscheidungen betrifft: In meiner Patientenverfügung steht ausdrücklich, dass ich nicht auf künstliche Ernährung verzichten will . Das überrascht viele, denn ich lehne die allermeisten verlängernden Maßnahmen ab. Aber ich empfinde die Vorstellung als grauenhaft ,langsam verhungert zu werden. Genau das aber wird immer so dargestellt wie ein Akt der Barmherzigkeit, der Standard der Menschlichkeit sozusagen . Andere mögen es als Gnade empfinden, für mich ist es furchtbar. Schon mein eigener Vater kannte meine Haltung tatsächlich nicht. Er hat das verblüfft zur Kenntnis genommen, heute denkt er nach, selber entsprechend vorzusorgen.

Aus solchen Erfahrungen heraus traue ich mir nicht zu, ohne vorausgegangene intensive Gespräche mit meinem Angehörigen irgendetwas in seinem Sinne zu regeln . Wenn ich aber mit ihm rede, muss ich ihn ermutigen, selber Regelungen zu treffen. Sofern mein betroffener Verwandter nicht klar festlegt, was er möchte, wäre ich unsicher. Wie schnell man als Angehöriger angesichts großen Leidens eigene Unerträglichkeit verwechseln kann mit dem Wunsch des Betroffenen, hat gerade HelmutL geschrieben. So viel Liebe und bester Wille auch dahinter steht, aber das darf nicht sein. Den Willen des Sterbenden ignorieren und die Zumutbarkeit für Angehörige in Frage stellen, das sind genau die gefährlichen Entwicklungen, vor denen viele Betroffene Angst haben.
Und wir reden hier ja nicht über private Fragen, sondern über gesetzliche Vorgaben, die von Krebs ,seelischer Krankkeit, körperlichem Leiden , Alter, bis zu sogar vorgeburtlichen Behinderungen alle Formen des Leidens am Leben umfassen müssen. Und die von der liebevollen Tochter bis zum Erbschleicher jedem Angehörigen die Maßstäbe setzen.

LG Silleke

Esmiralda 31.03.2010 22:13

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Hallo,eigentlich wollte ich mich nicht zu diesem Thema äußern, aber die meisten Beiträge finde ich sind doch sehr Ich-bezogen, daher hier meine Meinung zu diesem etwas brisanten Thema.
Wie Stefan schon schrieb, gibt es seit einiger Zeit eine recht eindeutige gesetzliche Regelung, drum wundere ich mich, warum bestimmte Angehörige hin und her gerissen werden, um zu einem objektiven Standpunkt zu kommen.
Ich will hier niemanden bejahen oder verneinen, finde aber, es ist doch recht einfach, eine Regelung zu finden.
Z.B. habe ich in meiner Patientenverfügung eindeutig festgelegt, ich zitiere: wenn eine aktive Teilnahme am Leben - und unter Leben verstehe ich denken, fühlen, selbständig sein und schmerzlos - und der Tod aufgrund des Erkrankungszustandes absehbar und von 3 unabhängigen Ärzten bestätigt, absehbar ist, dann lehne ich alle lebensverlängernden Maßnahmen ab. Das ist mein eindeutiger Wille und mit dieser Entscheidung entbinde ich meine Verwandten, die Ärzte und das Pflegeperson von einer Entscheidungsfindung. Die in meiner Vorsorge- und -Versorgungsvollmacht benannten Personen sind verpflichtet, diesen meinen e i n de u t i g e n Willen zur Durchsetzung zu verhelfen.
ich bin der Auffassung, daß das ganze Thema von der verkehrten Seite angefaßt wird. Es gibt eine gesetzliche Regelung, aufgrund dessen haben wir z.B. in unserem Stadtteil in allen Seniorenklubs, Kieztreffpunkten und den Selbsthilfegruppen mit informierten Personen der Krankenkasse und einem Rechtsanwalt Beratungen durchgeführt und dargelegt, wie wichtig die Anfertigung einer Patientenverfügung ist. Das Ergebnis hat uns recht überrascht, viele Menschen beschäftigen sich nicht mit diesem Thema (es erinnert ja immerhin an den Tod, womit man sich nicht gern auseinandersetzt), aber es erfolgte eine sehr gute Resonanz und die meisten!!! sahen die Notwendigkeit der Darlegung ihres eigenen Willens ein. Es kam zu vielen entsprechenden Festlegungen.
Wenn in unserer Gesellschaft so vorgegangen werden würde, hätten Angehörige nicht die Last der Entscheidung und der Betroffene weiß, daß nach s e i n e m Willen gehandelt wird.
Da alle 2 Jahre diese Patientenverfügung erneut als noch gültig vom Verfasser untersc hrieben werden muß, wird ausgeschlossen, daß eine inzwischen erfolgte Denkungsänderung eingetreten ist.
Eine meiner Nichten (sie ist scchwer Astmahkrank) hat schon vor 3 Jahren ihre Patientenverfügung geschrieben, obwohl sie damals erst 33 Jahre alt war und einen 6 jährigen Sohn hat. Dem Sohn hat sie gleichzeitig einen Brief geschrieben, der ihm im Falle des Falles zur Kenntnisnahme überreicht wird. Unsere Familie findet diese Handlungsweise richtig.
Sicher bedeutet es eine ungeheure Aufklärungsarbeit, aber bisher beschäftigen sich nur die Krankenkassen mit diesem Thema, in den Zeitungen, Zeitschriften usw. wird über allen möglichen Mist wochenlang geschrieben, warum eigentlich nicht über dieses so wichtige Thema?
Soviel dazu, nun könnt ihr mich entweder verstehen oder zerreißen, es ist nun mal mein persönlicher Standpunkt und Meinung. Hier zu diskutieren ist eine Seite, besser wäre es, im jeweiligen Fall mit den akut Betroffenen zu reden und deren Willen zu erfahren.
Esmiralda

Dirk1973 31.03.2010 22:22

AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?
 
Leute, bleibt bitte sachlich und werdet nicht persönlich. Ich möchte das Thema hier nicht schließen müssen.


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