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Jaecky 22.07.2011 12:52

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Carla,

ich sitze gerade hier und denke an Dich. Nun ist es fast 13.00 Uhr. Wie mag es Dir wohl im Moment gehen? Ich hoffe, du verkraftest das heute alles einigermaßen. Du bist aber so eine starke Persönlichkeit und was Du alles in den letzten Wochen geschafft hast. Das schaffst Du heute auch.

Ich bin in Gedanken bei Dir. Bei uns regnets heute schon den ganzen Tag, es ist als würde der Himmel mit Dir weinen.

Ich drücke Dich :pftroest:

Ganz liebe Grüße
Jäcky

Rheingoldcat 22.07.2011 13:03

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Carla,

ja das hätte wirklich gepasst, ich bin sehr oft um diese Zeit bin ich sehr oft noch im Netzt.

Ich habe gerade wider an dich gedacht, wie mag es Dir jetzt gehen ? Ich weiß nicht gut, aber nach diesem Tag kannst du all die Dinge aufarbeiten und auch zur Ruhe kommen. Wenn Du diese Zeilen liest bist du zu Hause und kannst die schwarzen Sachen abstreifen ich wünsche die das es hilft.

Bis Bald
Lieben Gruß und eine Umarmung :knuddel:
von Sabine

Jaecky 22.07.2011 14:30

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Carla,

jetzt hast Du es bestimmt schon hinter Dir. Ich hoffe Du hast es gut überstanden und kannst jetzt ein wenig zur Ruhe kommen.

Sei gedrückt :pftroest:

Ganz liebe Grüße
Jäcky

carla44 22.07.2011 20:18

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Jäcky, liebe Sabine,

ich weiß gar nicht, wie ich das sagen soll. Habt vielen Dank dafür, dass Ihr so lieb an mich gedacht habt. Jede Umarmung, jedes Wort von Euch zeigt mir, dass ich hier nicht alleine bin.

Mein Vati hat nun seine letzte Ruhestätte.

Als wir zu Hause losgefahren sind, war es richtig schlimm. Am liebsten wäre ich gar nicht hingefahren. Wir haben ja so 30 min Weg, das war echt hart. Der Himmel grau, böiger Wind und richtig dunkle Wolkenberge.
Mir ging so durch den Kopf, dass da jemand wohl nicht so ganz einverstanden ist mit dem, was da so passiert.

Die Trauerfeier war ganz ruhig. Nur die Familie und ein befreundetes Ehepaar.
Leise Musik, aber keine Rede. Von uns wollte keiner was sagen und einen fremden Redner wollten wir ja auch nicht.

Dann wurde die Urne zu der Stehle getragen und dort beigesetzt. Jeder hatte eine weiße Rose, die er dazu gelegt hat. Ich habe eine extra für meinen älteren Sohn mitgenommen, weil er ja nicht mit dabei sein konnte. Das hatten wir so besprochen. In Gedanken war er mit da.

Mein Bruder hat sich dann bei mir bedankt, weil ich unseren Vater auf seinem Weg so begleitet habe. Er meinte, dass er das nicht gekonnt hätte und Vati auch lieber mich an seiner Seite gehabt hat. Ich hatte Euch das ja schon erzählt, dass mein Vati zu Mutti und meinem Bruder mehrfach gesagt hat, dass sie ihn in Ruhe lassen sollen.
Wer weiß, was für eine besondere Verbindung in diesen Tagen zwischen meinem Papi und mir bestanden hat. Das war mir vorher gar nicht so bewußt.
Vielleicht war diese Verbindung schon immer da und ich habe sie nur nicht wahrgenommen.

Ich werde diesen Friedhof jedenfalls nicht wieder betreten, außer mein großer Sohn möchte dort mal hin. Ich kann mit dieser Stehle nichts anfangen. Sie wirkt kalt und unpersönlich. Die Urne steht in einer Art Fach und verschlossen ist das mit einer Steinplatte. Name und Jahreszahlen drauf, mehr nicht.
Nun steht sie da, ist Wind und Wetter ausgesetzt.

Eine Beisetzung in der Erde hätte ich besser gefunden, weil man dann sozusagen in den Schoß der Erde zurückkehrt.

Aber das läßt sich nun nicht mehr ändern, leider.

Heute habe ich noch ganz liebe Post von einer befreundeten Kollegin bekommen. Das war alles sehr lieb geschrieben und es ist auch eine schöne Karte. Ein Weg in einen Wald hinein, mit so tollem Lichteinfall der Sonne.
Die werde ich auf jeden Fall aufheben. genau wie die Uhr, die ich heute um hatte und die meine Papi noch die letzten beiden Tage getragen hat.

Carla

Alpenveilchen 22.07.2011 20:47

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Carla,

Du hast es doppelt schwer gehabt, mit dem Verlust Deines Vaters insbesondere nach der intensiven letzten Zeit und gleichzeitig das zwiespältige Gefühl gegenüber Deinem Bruder und Deiner Mutter, - Kompromisse, die man aus Kraftlosigkeit schliesst.

Ich finde Deinen Gedanken sehr schön, dass das besondere Band zu Deinem Vater vielleicht schon immer bestanden hat. Vielleicht ist auch ihm das erst in der letzten Zeit richtig bewusst geworden.

Ich wünsche Dir nun, dass Du Wege für Dich findest, mit der Trauer und dem Verlust Deines Vaters klarzukommen. Du bist jemand, der sehr ehrlich sich selbst gegenüber ist und auch die Wirklichkeit ungeschminkt annehmen kann. Das wird Dir sicherlich in der Zeit, die jetzt kommt sehr helfen. Nun kannst Du zudem noch mehr Deinen eigenen Gefühlen und Wahrnehmungen folgen, da Du jetzt nicht mehr nur für andere dazusein brauchst, wie in den letzten Wochen, sondern nun kannst Du selbst wieder mehr Raum einnehmen, und das ist gut so.

Sei ganz lieb gegrüsst
vom Alpenveilchen

Jaecky 22.07.2011 20:50

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Carla,

ich bin stolz auf Dich, dass du das heute so gut gemeistert hast. Du bist eben stärker als Du denkst. Und in Deinem Herz und Deinen Erinnerungen wird es ja immer da sein.

Ich hab doll an Dich gedacht. Nun kannst Du erstmal ein bisschen zur Ruhe kommen und vielleicht auch wieder ein bisschen schlafen.

Umarme Dich :pftroest:

Liebe Grüße Jäcky

carla44 22.07.2011 21:37

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Jäcky und liebes Alpenveilchen,

ich bin sprachlos. So viel Anerkennung wie hier von Euch habe ich lange nicht bekommen.
Danke, danke und lasst Euch umarmen. Es tut so gut.

Die Erinnerungen an meinen Vati und besonders an unsere letzten gemeinsamen Tage werde ich als etwas sehr Wertvolles bewahren. Ich bin froh, dass ich das so erleben durfte. So viele Gefühle, so viel Freude über so kleine Dinge und auch so viel Leid, ihn so hilflos zu sehen. Alles dicht beieinander.
Über Vieles habe ich mir vorher keine Gedanken gemacht, einfach nur meinem Herzen folgend getan.
Ich habe für ihn das Beste getan, damit er seinen letzten Weg in Frieden zu Ende gehen konnte. Er brauchte mich und ich war zum Glück da und konnte ihn begleiten.

Es sollte wohl alles so sein.

Carla

Rheingoldcat 22.07.2011 21:42

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Carla,

die Erinnerungen und guten Gefühle an deinen Papa werden immer in dir sein.

Mein geliebter Mann sagte :

jeder Mensch über dem nach seinem Tode noch gesprochen wird, ist nicht für immer gegangen, denn er Lebt in unseren Herzen weiter.
Dein Papa wird in deinem Herzen immer weiter leben, er wird dich in deinem Alltag begleiten.

Ich wünsche Dir eine erholsamem und gute Nacht.
Damit du wider Kraft tanken kannst.

Lieben Gruß
Sabine

Ps. ich habe Dir noch eine PN geschrieben

carla44 23.07.2011 12:52

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Heute vor genau einer Woche saß ich am Bett meines Vati's und habe die Anzeichen gesehen, dass er schon auf seinem letzten Weg ist.
Ich wußte um diese Zeit schon genau, dass uns nur noch wenige Stunden bleiben werden.

Es ist erst eine Woche her und doch schon so lange.

Draußen ist es grau, es regnet und stürmt immerzu. Paßt gerade prima zu meiner Stimmung.

Carla

Jaecky 23.07.2011 21:03

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Carla,

wie ist es Dir denn heut ergangen. Konntest Du dir ein wenig Ruhe gönnen? Ich kenn das, wenn es draußen so oll ist, legt sich das immer auf meine Stimmung. Lass Deine Gefühle raus, schrei wenn du magst - es hilft.

Ich hoffe du kannst jetzt ein wenig zur Ruhe kommen und auch an Dich denken.

Hoffe Du kannst endlich ein bisschen schlafen?

Umarme dich :pftroest:

liebe Grüße
Jäcky

carla44 23.07.2011 22:41

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Jäcky,

ich habe gerade in Deinem thread gelesen, dass Du einen schönen Tag hattest. Ich finde das toll. Endlich mal was für Dich.

Bei mir war es eher ruhig. Meine Stimmung ist schon sehr wechselhaft. Ich habe mit einer Freundin telefoniert, die mir die tolle Karte geschrieben hatte. Da konnte ich ganz ruhig über die letzten Stunden mit meinem Vati reden. Das fühlt sich immer so gut an, weil ich weiß, dass das für Vati so wichtig war und dass ich seinen Weg begleiten durfte, weil er es so wollte.

Andererseits habe ich heute nachmittag ein bißchen auf der Couch gelegen und bin wohl ziemlich weggepennt.
Dann bekam ich einen Traum, der mal wieder so real war, dass ich mich dann erst mal wieder sammeln mußte.

In dem Traum hatte ich einen Anruf auf meinem AB. Als ich die Nachricht abgehört habe, sprachen meine Eltern miteinander, so als wenn sie im Auto saßen und versucht haben, mich anzurufen. Der AB hatte praktisch das Gespräch zwischen meinen Eltern aufgezeichnet, etwa so: na, da wollen wir sie mal erreichen und nun ist sie nicht da. Mein Vati sagte dann noch zu meiner Mutter, dass sie das dann später noch mal probieren müssen.

Ich wußte schon im Traum, dass da was nicht stimmte, dass mein Vati gar nicht mehr bei mir anrufen kann. Aber seine Stimme war so deutlich, als ob er wirklich gesprochen hat.
Später war da noch der Hund meiner Eltern, der ja nun auch schon 6 Wochen nicht mehr lebt. Zumindest hatte meine Mutter ein Tier besorgt, was genau so aussah.

Ich bin wach geworden und war ziemlich durcheinander. Die Stimmen waren so real. Ich habe meinen Vati deutlich gehört und wußte doch gleichzeitig, dass er nicht mehr lebt. Die Gefühle kann ich gar nicht beschreiben. Es hat mich aber sehr aufgewühlt.

Ich habe öfter so realistische Träume, dass ich hinterher erst mal sortieren muss, was echt ist und was Traum war. Bin schon wach geworden, weil ich von der Beerdigung meinem Opas geträumt habe (liegt 25 Jahre zurück) und im Schlaf mein ganzes Kissen nass geheult hatte.

Vielleicht ist das meine Art, das zu verarbeiten. Im Schlaf, das Unterbewußtsein läßt sich eben nicht austricksen. Ist nur sehr schwierig, damit umzugehen. Wenn das Nachts passiert, brauche ich oft Stunden, bis ich mich beruhigt habe.

Carla

success 24.07.2011 17:53

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Carla,

schön, dass Du mit der Beerdigung alles so gut gemeistert hast. Momentan habe ich nicht so die Kraft zum Schreiben. Ich kann nicht mehr weinen wegen meinem Pa, träume aber nachts auch mal, wie Du. Wie gesagt, ich habe gerade nicht so die Kraft. Bin aber in Gedanken bei Dir.

LG

carla44 24.07.2011 22:00

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Der Nachmittag heute war echt schlimm.
Es ist jetzt genau eine Woche her.
Ich mußte immer zu daran denken, wie die letzten Stunden mit meinem Vati waren. Hatte die Bilder ständig vor Augen.

Ist schon seltsam, vor einer Woche habe ich gar nicht auf die Uhr gesehen, weil die Zeit so rannte. Erst als er eingeschlafen war.
Und heute, habe ich ständig auf die Uhr gesehen, weil die Zeit stillstand irgendwie.
Ich bin dann gegen 16.00 Uhr hier von zu Hause weg, mußte einfach raus, konnte es nicht ertragen.

Ist das wirklich erst eine Woche her? Mir kommt es schon so lange vor.
Meistens bin ich so ganz ruhig, aber es gibt immer wieder Momente, da überschwemmen mich die Gefühle, da kommt das alles wieder hoch.

Heute vormittag habe ich noch die Bildercollagen aufgehängt, die ich für meinen Vati gemacht hatte. Sie hängen jetzt hier in meinem Arbeits-/Gästezimmer, so dass ich sie immer wieder ansehen kann, so wie er das gemacht hat. Vielleicht kann ich irgendwann davor stehen und mich nur noch an die schönen Momente erinnern, als Vati sich darüber so gefreut hat.

Ich kanns immer noch nicht fassen, dass er nicht mehr da ist.

Carla

Rheingoldcat 24.07.2011 23:47

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Carla,

das sind immer wider schlimme Tage , wenn sich der Tag wider holt wenn man die Letzten Stunden noch mal durchlebt.
Ich habe, diese Erinnerungen immer noch jede Woche und dann wenn das Datum kommt.

Ich kann nachvollziehen, wie es Dir heute ergangen ist.

Ich Umarme:pftroest: Dich und wünsche Dir eine Guten Nacht mit schönen Träumen.

Lieben Gruß
Sabine

Jaecky 25.07.2011 13:18

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Carla,

es tut mir leid, dass es Dir gestern so schlecht ging. Setz Dich nicht so unter Druck, lass Dir Zeit mit Deiner Trauer umzugehen. Lass den Schmerz einfach raus, es wird dir leider nichts anderes übrig bleiben. Ich würde so gern etwas für Dich tun, aber ich kann Dir nur schreiben und Dir ein bisschen Trost spenden. :pftroest::pftroest::pftroest:

Fühl Dich umarmt

Ganz liebe Grüße
Jäcky

ulli65 26.07.2011 00:50

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Carla,

ich abe Deinen Thread mtgelesen. Ich sitze hier und weine mit Dir um Deinen Papa.

Ich drück Dich ganz fest :pftroest::pftroest:

Ich wünsche Dir von ganzen Herzen, dass die nächsten Wochen und Monate schnell vergehen werden und Du viel Kraft haben wirst diese durchzustehen.

Denk auch an Dich, wenigstens ab und zu mal :pftroest:

Liebe Grüße

Ulli

carla44 26.07.2011 09:13

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Hallo Ihr Lieben,

gestern war wieder so ein Gefühlschaos-Tag.
Nachmittags habe ich eine Freundin besucht, die 10-Monate alte Zwillinge hat. Einfach zum Knuddeln die zwei. Das waren Stunden, wo es mir richtig gut ging. Ich habe bei ihr damals das ganze Drama Schwangerschaft (sehr kompliziert) mitbekommen und sehe nun die Zwerge mit aufwachsen. Die sind so süß, dass man sie am liebsten einpacken und mitnehmen würde.

Abends dann traf ich zufällig noch einen guten Bekannten, der auch über meinen Vati und seine Krankheit Bescheid wußte. Er war jetzt 2 Wochen nicht da und hatte natürlich noch nichts vom Tod meines Vaters erfahren. Bei ihm brauchte ich gar nichts sagen. Er hat mich nur angesehen und wußte sofort Bescheid, nahm mich in den Arm und mir liefen nur noch die Tränen.

Auch er hat mir dann im Gespräch wieder bestätigt, dass es so für Vati das Beste war. Ich habe mit ihm damals auch wegen der Heimunterbringung gesprochen und er hatte mir da sehr zugeraten.

Ist schon seltsam, bei einigen Menschen kann ich gut weinen und mich auch fallen lassen, obwohl ich die gar nichts so lange kenne. Bei anderen, eigentlich guten Freunden, geht gar nichts. Da komme ich wohl eher sehr distanziert rüber.

Liebe Jäcky, Du tust sehr viel für mich, wenn Du mir hier immer wieder schreibst und an mich denkst. Das ist für mich sehr wichtig, dass hier Menschen sind, die mich verstehen und mir auch Mut machen oder auch tröstende Worte sagen.

Liebe Grüße
Carla

Jaecky 26.07.2011 12:35

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Carla,

das Du Ablenkung mit den beiden süßen Zwergen hattest ist doch toll. Ich kenn das, meine Zwillinge lenken mich auch so oft ab und Kinder nehmen da zum Glück keine Rücksicht. Bei ihnen wird man gefordert.

Mir geht es auch so, manche Menschen kennt man schon ewig, aber kommt irgendwie gar nicht ran und dann gibt es Menschen, die kennt man erst seit Kurzem und hat das Gefühl, die kennt man schon ewig. So geht es mir mit Euch. Bei Euch habe ich das Gefühl alles rauslassen zu können als ob wir uns schon ewig kennen.

Ich hoffe für Dich, Du hast heute einen besseren Tag. Umrame Dich :knuddel:

LIebe Grüße Jäcky

carla44 26.07.2011 21:45

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Jäcky,

ja hier geht es mir auch so, dass es mir vorkommt, als kenne ich Euch schon lange. Ich denke, es liegt daran, dass wir alle so viel durchgemacht haben und deshalb die anderen so gut verstehen können. Das verbindet bestimmt sehr stark.

Heute war ich bei meiner Mutter, hatte ich ihr versprochen.
Na ja, was soll ich sagen. Wir sind uns ja nicht so nah, wie mein Vati und ich waren. Wir haben noch mal über Vieles gesprochen. Sie hat mir auch die ganzen Briefe zum Lesen gegeben, die jetzt in den letzten Tagen gekommen sind. Es sind so viele. Bei einigen Briefen konnte ich gar nicht alles lesen. Das waren die von Leuten, die sehr persönlich geschrieben haben. Auch an viele Dinge aus dem Leben meines Vaters noch wieder erinnert haben.

Das fand ich fast schlimmer, als mit jemandem direkt zu reden.

Dann wollte meine Mutter unbedingt noch zum Friedhof. Da wir sowieso gerade unterwegs waren, habe ich sie eben da hingefahren. Aber es ist schon seltsam. Kaum standen wir an der Stehle, wo die Urne meines Vaters drin ist, zog eine dunkle Wolke auf und es fing an zu regnen. Als wir weg sind, hörte es auf und die Sonne schien wieder.
Das war bei der Beisetzung auch schon so.

Ich kann mich mit dieser Grabstätte gar nicht anfreunden, hätte mir wirklich für meinen Vati etwas anderes gewünscht.
In solchen Momenten muss ich mir dann immer wieder in Erinnerung rufen, dass ich ihn auf seinem letzten Weg begleiten durfte, weil er das so wollte. Und dass ich ihm in seinen schweren Stunden so beistehen konnte.

Mit etwas Abstand betrachtet, gewinnt das immer mehr an Bedeutung für mich. Es ist etwas ganz Besonderes und Wertvolles für mich.

Carla

Jaecky 27.07.2011 12:57

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Carla,

es hat deinem Paps bestimmt sehr viel bedeutet, dass du bis zur letzten Minute bei ihm gewesen bist. Dann war er nicht allein, und das hat ihm bestimmt sehr gut getan und die Angst ein wenig genommen. Diese Momente wirst du wohl in deinem Leben nicht mehr vergessen und sie werden die immer viel bedeuten. Diese Erinnerung kann dir auch niemand nehmen.

Das du die Briefe nicht alle lesen konntest, kann ich gut verstehen. Lass dir Zeit damit, sie rennen dir ja nicht weg. Wenn du es möchtest, kannst du sie ja nach und nach lesen, wenn dir danach ist.

Das mit dem Regen und der Wolke ist schon ein wenig komisch. Ich bin ja jemand, der auch an andere Sachen glaubt und denke, dass dein Papa bestimmt da war und mit euch traurig war, dass er euch in diesem Moment nicht beistehen konnte. Das war damals als der beste Freund meines Papas beerdigt wurde auch so, bei der Beerdigung hats geregnet und als sie den Sarg runter gelassen haben, fing die Sonne an auf den Sarg zu scheinen. Und danach regnete es weiter. Das war auch so ein komischer Moment, als wollte er sagen es geht mir gut seid nicht so traurig.

Ich schicke dir eine ganz dicke Umarmung :pftroest:

Liebe Grüße
Jäcky

carla44 27.07.2011 13:50

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Hallo Jäcky,

ich hatte das mit der Wolke gestern abend hier zu Hause erzählt. Mein Mann sagte nur, ob ich da nicht zu viel rein interpretiere... Es hat halt mal geregnet.

Schade, dass der Mensch, mit dem ich hier zusammen lebe, so wenig Verständnis für meine Gedanken und Gefühle hat. Mit ihm kann ich eigentlich gar nicht über die ganze Situation reden.

Er war zwar da, als es meinem Vati schon so schlecht ging und hat sich da auch Sorgen um mich gemacht. Hat mir auch viel geholfen oder war eben einfach da. Aber jetzt ist für ihn wieder Alltag.
Und da ich nicht den ganzen Tag verheult da sitze, merkt er gar nicht, wie sehr mich das alles noch beschäftigt.

Da bin ich echt hilflos im Moment.
Carla

Jaecky 27.07.2011 14:35

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Carla,

geh nicht so hart mit deinem Mann ins Gericht. Es ist schon ein Unterschied ob es die eigene Familie oder die Schwiegereltern sind. Nimm es mir um gottes Willen nicht böse, so ist es nicht gemeint. Ich meine damit, dass man bei seinen Eltern ja noch viel mehr leidet. So geht es mir zumindest. Meine Schwiegermutter hat ganz schlimmes Rheuma, ist bettlägerig. Ja es tut mir schon leid, aber sie ist eben nicht meine Mama.

Mit meinem mann kann ich über solche Sachen auch nicht reden. Es gibt halt Menschen, die glauben an sowas. Vielleicht glaubt dein Mann nicht an solche Dinge?

Rede mit ihm, sag ihm was in dir vorgeht und was du empfindest und wie hilflos du dich fühlst. Vielleicht merkt er es gar nicht, wie schlecht es dir geht? Lass deine Gefühle raus und hab keine Scheu, er ist doch dein Mann.

Bitte nimm mir meine Worte nicht übel, es ist wirklich nicht böse gemeint.

Umarme Dich :pftroest:

Liebe grüße
Jäcky

Rheingoldcat 27.07.2011 18:53

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Carla,

ich kann mich da nur der Meinung von Jäcky anschließen, versuche mit deinem Mann zu sprechen.
Es sieht vielleicht gar nicht , wie schlecht es Dir geht.
Viele Menschen gehen einfach zum Alltag über, damit Sie nicht in die Situation kommen zu trauern.

Man weiß ja nicht wie es bei dem anderen aussieht, wenn man nicht darüber spricht.
Ich hatte mit meinem Mann immer über alles gesprochen, es hat sehr viel innere verbundenheit gebracht.
Leider geht das nicht mit jedem, wen dein Mann abblockt kannst du natürlich keine Gespräche erzwingen, aber ein versuch ist es wert.

Lieben Gruß
Sabine

carla44 27.07.2011 22:04

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Jäcky, liebe Sabine,

Ihr habt da sicherlich recht. Ich muss mit ihm reden. Es fällt mir nur so schwer, die richtigen Worte zu finden. Ich habe wirklich schon überlegt, ob ich ihn einfach hier mitlesen lasse. Er weiß zwar, dass ich in einem Forum schreibe, aber nicht wo.

Gestern hatte ich mir eigentlich schon genau überlegt, was ich ihm sage. Und dann zu Hause? Kein Wort rausbekommen. Ich kann hier alles schreiben und kriege ihm gegenüber keinen Ton raus. Blöd, oder?

Als es meinem Vati schon so schlecht ging, da waren wir uns so nah, wie lange nicht mehr, da gab es diese tiefe Verbundenheit. Ich konnte das nur irgendwie nicht festhalten. Vielleicht habe ich auch mal wieder zu viel Angst, bei meinem Mann alte Wunden wieder aufzureißen. Er hat ja vor vielen Jahren seinen Vater auch an Krebs verloren und hat es damals nicht mehr rechtzeitig zu ihm geschafft, weil er beruflich unterwegs war.
Zu dieser Zeit waren wir noch nicht zusammen. Ich weiß nur, dass ihn das damals sehr mitgenommen hat und auch heute noch sehr berührt.

Ihr habt sicher recht, dass er gar nicht weiß, wie schlecht es mir geht. Nach außen funktioniere ich ja auch irgendwie.

Werd's mal versuchen, mit ihm zu besprechen.

Liebe Grüße an Euch
Carla

Rheingoldcat 27.07.2011 22:39

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Carla,

der Anfang des Gespräches ist immer die größte Hürde die man nehmen muss. Danach geht es meist von ganz alleine.
Sage es deinen Mann genau so wie du es hier schreibst, ich glaube genau das sind die richtigen Worte.
Die Wunde ist wahrscheinlich bei deinem Mann schon aufgerissen. Ich glaube, das ist der Grund dafür, das dein Mann so reagiert. Versucht diese zusammen auf zu arbeiten.
Es wird Eure Beziehung , festigen. Davon bin ich überzeugt.
Überlege nicht zu lange was du sagen sollst oder wie. Mach es einfach aus dem Bauch heraus.
Ich wünsche Dir viel Erfolg, Du Schafts das davon bin ich überzeugt.

Lieben Gruß
Sabine

Alpenveilchen 27.07.2011 23:24

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Carla,

mit dem "mitlesen lassen" wäre ich vorsichtig. Du hast hier Deinen persönlichen Raum, kannst Dich frei fühlen, kannst ungehemmt schreiben, bist anonym. Das ist gleich etwas ganz anderes, wenn jemand mitliest, der einen kennt. Dann denkt man immer automatisch, ob das was man schreibt auch OK ist, wenn Person X das liest. Das hemmt sofort den freien Fluss der Gedanken und Gefühle. Das würde ich mir nicht antun.

Wenn Du meinst, dass Du ihm gerne etwas vorlegen möchtest, was Du hier geschrieben hast, würde ich das lieber herauskopieren und ihm als separates Schreiben geben. Wenn er einmal weiss, wo Du schreibst, gibt es keinen Weg zurück.

Viele liebe Grüsse
vom Alpenveilchen

carla44 28.07.2011 10:49

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebes Alpenveilchen,

das war auch nur so ein Gedanke von mir, dass er dann einfach wüßte, wie es mir geht. Ich wollte mich wahrscheinlich nur ums Reden drücken...

Gestern abend lief im Fernsehen (so nebenbei) ein Musiktitel, wo mich die Melodie so berührt hat, dass mir automatisch die Tränen kamen. Erst dann ist mir der Text aufgefallen, dass es da auch um innerliche Schmerzen und Tod ging.

Das habe ich schon mal erlebt, dass mir ein Lied so nah gegangen ist. Damals war mein Kater gerade über die Regenbogenbrücke gegangen und im Radio spielten sie Iz' Over the rainbow. In dem Moment sah ich meinen Kater über eine Blumenwiese laufen und begriff erst später den Text von dem Lied...

Gestern abend hat mich mein Mann jedenfalls lieb in den Arm genommen und mich einfach weinen lassen. Trotzdem konnte ich irgendwie nichts sagen. Und er fragt dann eben leider auch nicht nach.

Sonst bin ich nicht auf den Mund gefallen, aber hier denke ich mal wieder zu viel drüber nach, um die richtigen Worte zu finden.

Carla

Jaecky 28.07.2011 12:47

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Carla,

ich kann dich gut verstehen. Ich kann auch meine Gefühle und Ängste viel besser aufschreiben, als darüber ganz offen zu sprechen, obwohl ich auch immer meine Meinung offen äußern kann und ich auch über alles rede, außer meine Probleme eben.

Lass Dir Zeit, rede mit ihm, wenn du denkst stark genug zu sein. Aber du hast schon so viel durchstehen müssen, musstest so stark sein - dass schaffst du auch noch. Du bist so eine starke Frau und es gehört natürlich auch Mut dazu, über seine Gefühle offen zu sprechen.

Ich habe da auch so ein Lied bei dem ich immer weinen muss. Es ist ein Lied aus der Serie "Mc Loeds Töchter" und heißt "The Man i love", darin geht es um eine Frau, die ihren Mann verloren hat. Es ist auf einer Seite wunderschön und auf der anderen wieder unheimlich traurig.

Ich wünsch dir ganz viel Kraft und umarme dich :pftroest:

Ganz liebe Grüße
Jäcky

carla44 29.07.2011 09:45

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Hallo Ihr Lieben,

gestern abend habe ich versucht, mit meinem Mann zu reden. Ich sagte ihm, dass mein Tag nicht gut war, weil ich wieder so deprimiert war und dauernd am Heulen.

Er hat mich nur erstaunt angesehen und gefragt, wieso denn.
Es ist schon so, wie ich gedacht habe. Da ich nach außen ja "normal" funktioniere, ist das für ihn nicht sichtbar, dass es mir so schlecht geht.

Das Gespräch war noch nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe.
Muss ich noch mal anders versuchen.

Mir ist aber jetzt auch klar, warum viele Trauernde sich so alleine fühlen. Kurz nach dem Tod des lieben Menschen sind alle da und sprechen ihr Beileid aus. Aber danach können andere Menschen damit nicht mehr umgehen, wissen vielleicht auch gar nicht, was sie dazu dann noch sagen sollen.

Ich bin so froh, dass ich hier das Forum gefunden habe, wo immer Verständis und Mitgefühl gezeigt wird, wo ich einfach meine Gedanken und Gefühle aufschreiben kann.

Ab Montag muss ich wieder arbeiten. Lenkt hoffentlich tagsüber ein bißchen ab. Da meine Kollegen Bescheid wissen, wird auch keiner fragen, wie denn mein Urlaub war.

Ich könnte schon wieder irgend etwas tun, weiß nur nicht so recht, was.

Carla

success 29.07.2011 11:55

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Hallo Carla,

ja mir geht es nicht anders. Mein Freund unterstützt mich zwar, wo er nur kann, aber mittlerweile ist für ihn einfach wieder Alltag.

Die Beileidsbekundungen gingen mir von vornherein auf den Senkel. Hier im Forum komischerweise nicht. Aber so von Angesicht zu Angesicht, per SMS von Bekannten oder per Telefon. Das hat mich so genervt. Vor allem war es eben auch meist nur dieses Höflichkeitsgetue, denke ich. Ich konnte damit nichts anfangen. Es half nichts.

Und nun steht man da, muss einen Haufen Dinge regeln, Erbe usw. und hat nicht mal richtig Zeit zum Trauern. Und alle um einen rum erwarten, dass man einfach wieder normal funktioniert.

Ich fühle mit Dir.

Jaecky 29.07.2011 13:03

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Liebe Carla,

es tut mir sehr leid, das das Gespräch mit deinen Mann nicht so gut gelaufen ist. Ich nehm dich einfach in den Arm :pftroest:

Ja ich kenn das, hier kann ich alles aufschreiben, was in mir vorgeht und ihr hört zu und schreibt mir dann. Das was ich hier aufschreibe, erzähl ich sonst niemanden, nichtmal meinem Liebsten. Ich kann einfach nicht. Und somit lebt jeder sein Leben und für alle anderen dreht sich die Welt ganz normal weiter.

Ich hoffe für dich, das dir das Arbeiten gut tut und dich ablenkt.

Ganz liebe Grüße
Jäcky

Sammarly 29.07.2011 14:19

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Hallo liebe Carla,

ja, die Außenwelt die denkt wohl, dass wir spätestens nach der Beerdigung wieder die "alten" zu sein haben, für sie dreht sich die Welt weiter, ist nichts einschneidendes in deren Leben passiert.....
Ich hab da jetzt auch mal dran gedacht, ob außer meiner Familie, meinem Papa und meiner Schwester noch irgendjemand an meine Mama denkt. Sie hat noch 3 Schwestern, ich frag mich, ob da noch jemand an sie denkt, oder alle zur Tagesordnung übergegangen sind. Bei ihrer jüngsten Schwester bin ich mir sicher, dass sie sie nicht vergißt, bei den anderen beiden nicht. Ich hab das Gefühl, ich bin die Einzige (aber das stimmt nicht, denn meinem Papa und meiner Schwester geht es genauso schlecht) die noch immer jeden Tag an sie denkt. Wie ist das mit ihren Freunden, ehemaligen Arbeitskollegen, denkt da noch jemand an sie....

Für meinen Mann ist das auch nicht mehr so präsent, obwohl er meine Mama sehr mochte und wenn ich traurig bin oder (für ihn) aus heiterem Himmel losweinen muss, dann versucht er, mich zu trösten. Wir reden auch über sie, aber nicht immer. Ich hab das Gefühl, seid ich dieses Forum gefunden habe, fließt das alles nur so aus mir raus. Zuhause funktioniert man ja und auf Arbeit sowieso.

Es fragt keiner mehr, wie es mir jetzt geht, wie es mir ohne sie geht. Ich hab das Gefühl, sie wird totgeschwiegen, versteht ihr das? Als hätte es sie nicht gegeben, ach man, das liest sich alles wirr....
Nach 19 Wochen muss es ja mal wieder gut sein, ist es aber nicht und so bleibt mir einfach nur das Schreiben hier.

Besonders traurig finde ich, dass eine Verwandte, die 2 Häuser weiter wohnt und meine Mama auch gut kannte, mir bis heute nicht ihr Beileid ausgesprochen hat. Selbst wenn man dies nicht persönlich tun kann oder möchte, ein Anruf, und wenn man nur sagt, ich hab gehört, was passiert ist, es tut mir leid, dass kann man doch machen, oder? Ich bin da sowas von enttäuscht, ich weiß nicht, ob das jemand verstehen kann. Als ob sowas eine Bagatelle ist, über die nicht gesprochen werden muss. Tagesordnung, eben...

Liebe Grüße an euch alle :pftroest:
Heike

carla44 29.07.2011 14:41

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Ich kann Euch da nur zustimmen. Die anderen denken, dass wir schon wieder normal funktionieren.
Da wäre die schwarze Kleidung vielleicht doch ein gut sichtbares Zeichen nach außen. Kann ich mir zumindest vorstellen, dass es dann mehr auffällt, dass man noch so tief traurig ist.

Mir hat nur ein einziger Bekannter jetzt mal gesagt, dass er weiter fragen wird, wie es mir geht. Und dass es mindestens ein Jahr dauern wird, bis man so halbwegs damit klar kommt. So war seine Erfahrung als er seinen Opa verloren hat, bei dem er aufgewachsen war.

Alle anderen reden einfach nicht drüber oder fragen erst gar nicht, wie es mir jetzt geht. Wahrscheinlich könnten sie mit ehrlichen Antworten auch nicht umgehen. Ich bin selber auch hilflos, wenn ich jemand anderen sehe, dem es nicht gut geht.
Gut Freunde kann ich ja in den Arm nehmen. Aber ansonsten? Viele Worte wirken da so leer und wie FLoskeln.

Ich bin am Überlegen, ob es gut ist, es selber anzusprechen, wenn es von der Situation her paßt. Vielleicht sind die Anderen uns gegenüber einfach nur hilflos, wissen einfach nicht, was sie sagen sollen.

Sind nur so Gedanken, die mir gerade durch den Kopf gehen. Ich muss über meine Gefühle reden können, sonst frißt mich das so von innen auf, versteht Ihr das?

Carla

Sammarly 29.07.2011 14:54

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Ja Carla,

ich versteh das, es frißt einen auf! Und man hat das Gefühl, man erstickt daran, weil es ja raus will, man es mitteilen muss. Der Spruch "geteilte Leid, ist halbes Leid", der stimmt. Mir hilft es, wenn ich mit meiner Schwester telefoniere, irgendwann landen wir immer bei Mama und dann öffnen sich alle Schleusen. Das tut dann so gut, zu wissen, da ist noch jemand, der genauso empfindet, genauso hilflos ist, sie genauso sehr zurück wünscht.

Stell dir vor, wir würden schwarz tragen, der Bogen um uns herum würde noch größer werden, glaub ich jedenfalls.

Ich muss aber ehrlicherweise auch sagen, dass ich, bevor das mit meiner Mama passiert ist, auch eher auf Distanz gegangen bin, wenn jemand einen nahen Angehörigen verloren hat. Ich hatte Angst, die Wunde wieder aufzureissen. Jetzt seh ich das mit anderen Augen, ich bin durch diese ganzen schrecklichen Ereignisse gereift, so blöd das vielleicht klingen mag. Ich kann auf andere Menschen zugehen, die in ähnlichen Situationen stecken und nachfragen, sie sind dankbar, wenn jemand da ist, der zuhört und einfach nur versteht.....

Ganz liebe Grüße von Heike

Dreizahn 29.07.2011 15:02

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Hallo Carla44,

ich habe bis jetzt auch nur still mitgelesen, aber nun möchte ich mich doch kurz zu Wort melden.
Deine Geschichte hat mich sehr berührt und ich möchte Dir (wenn auch unbekannterweise) nachträglich mein Beileid aussprechen.

Zitat:

Zitat von carla44 (Beitrag 1049826)
Mir ist aber jetzt auch klar, warum viele Trauernde sich so alleine fühlen. Kurz nach dem Tod des lieben Menschen sind alle da und sprechen ihr Beileid aus. Aber danach können andere Menschen damit nicht mehr umgehen, wissen vielleicht auch gar nicht, was sie dazu dann noch sagen sollen.

Das muss ich leider so bestätigen. Eine gute (mütterliche) Freundin von mir ist vor mittlerweile 10 Jahren relativ jung und ziemlich überraschend Witwe geworden.
Man konnte in der Folgezeit sehr gut beobachten, wie ihr Freundeskreis kleiner wurde und viele sich von ihr zurückgezogen haben. Darunter auch Leute, die ich ebenfalls kannte/kenne und denen ich das nie zugetraut hätte.

Zitat:

Zitat von carla44 (Beitrag 1049826)
Ich muss über meine Gefühle reden können, sonst frißt mich das so von innen auf, versteht Ihr das?

Ja, das kenne ich. Ich fresse zwar viel in mich rein und mache viel mit mir selber aus, aber irgendwann kommt dann der Punkt, da kann ich (das) nicht mehr. Als ich eines Tages heulend in einer H&M-Umkleidekabine saß, kam dann so der Punkt, wo ich den psycholgischen Dienst der Uni in Anspruch genommen hab. Einmal. Dann gings wieder.

Gibt es in Deinem Wohnort oder in der Nähe vielleicht eine Selbsthilfegruppe für Trauernde? Oder ein Trauercafé?
Dort könntest Du Dich mit Menschen in der gleichen Situation austauschen und - so wie ich das männliche Geschlecht kenne:rolleyes: - findest Du dort vermutlich sogar Frauen, deren Männer sich genau so verhalten wie der Deine.

Beste Grüße
Dreizahn

Alpenveilchen 29.07.2011 21:17

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Hallo ihr Lieben,

es ist sehr wichtig zu hören, wie Ihr Euch fühlt, wenn andere Abstand nehmen. Ich glaube, dass der Grund für die Zurückhaltung der anderen zu 90% Unsicherheit und Angst ist.

Im letzten Herbst starb ein sehr lieber Bekannter von uns sehr plötzlich und unerwartet an Lungenkrebs. Alle, die ihn kannten, waren entsetzt und schnell entstand die Idee, wir sollten für seine Frau etwas zusammenlegen. Ich hatte da eine gute Idee für ein Geschenk und schwups war ich auch diejenige die das Geldeinsammeln, den Kauf und die Übergabe übernehmen sollte. Ich muss sagen, beim Geld einzahlen waren alle (insgesamt 12 Bekannte) sehr grosszügig und sehr schnell dabei. Man war mir auch unglaublich dankbar dafür, dass ich das alles übernahm. Als sich dann der Tag der Übernahme näherte, war mir auch mulmig dabei zumute, die Witwe zu besuchen. So gut kannte ich sie nun auch wieder nicht und man hat immer panische Angst davor, dass die Trauernde plötzlich in Tränen ausbricht oder gar zusammenbricht. Was macht man dann? Ich hatte jedoch keine Wahl und dachte mir nur: "Jetzt musst du mutig und stark sein. Da führt jetzt kein Weg mehr vorbei." und fuhr hin.

Ja, natürlich hatte ich mit ihr dann über ihren Mann gesprochen, darüber wie er so war (Charakter), wie die Krankheit verlief, seine letzten Tage im Krankenhaus, seine Wünsche bis hin zu seiner (damals noch geplanten) Beerdigung. Natürlich hat sie auch immer wieder bitterlich geweint, wenn sie sich beim erzählen wieder so stark an alles erinnerte. Genauso natürlich habe ich sie auch in den Arm genommen und versucht, Verständnis zu zeigen. Nach etwa einer Stunde fuhr ich dann wieder weg und sie weinte nicht mehr, sondern war sehr dankbar für den Besuch. - Hinterher fragten mich andere aus der Gruppe, die zusammengelegt hatte, wie das Gespräch den war und mehrere sagten "das hätte ich nie geschafft."

Man hat einfach sehr grosse Angst davor, dass der Trauernde plötzlich losweint. Wenn das passiert, glaubt man a) man hat jetzt gründlich was falsch gemacht und b) man hat die betroffene Person in eine sehr peinliche Situation versetzt, da die meisten eben nicht gerne vor anderen weinen. Ja, was gibt es da einfacheres als zu fliehen und sich fernzuhalten, und genau das tun eben die meisten.

Oft liest man auch in Todesanzeigen: "Von Beileidsbekundigungen am Grabe bitten wir Abstand zu nehmen". Das gibt einem als Aussenstehenden auch eine gute Entschuldigung sich wegzubleiben und zu warten "bis sich alles gelegt hat".

Deswegen finde ich es ganz toll, dass Ihr hier beschreibt, wie Ihr Euch nach dem Verlust wirklich fühlt. Mich jedenfalls bestärkt das sehr darin, in Zukunft deutlich mehr auf Trauernde zuzugehen und sie eben nicht allein zu lassen.

Ganz liebe Grüsse
Euer Alpenveilchen

Rheingoldcat 29.07.2011 21:41

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Hallo Ihr Lieben,

bei mir war es auch immer so, dass ich die Beileidsbekundungen am Grabe furchtbar finde. Das konnte ich noch nie, aber im Persönlichen Gespräch habe ich es auch früher immer so gehalten, das ich zugehört habe und wenn die Tränen kamen dann habe ich ohne viel Worte denjenigen in den Arm genommen.
Ich wünschte mir das auch, das ich mich fallen lassen kann und weinen wenn es mir danach ist.
Nur leider kann das Umfeld nicht damit umgehen. Ich habe schnell gemerkt, wo ich meine Gefühle zeigen kann und wo es besser ist meine Trauer und die Tränen nicht zu zeigen.
Es ist sehr schwer, im Alltag so zu funktionieren.
Ich bin nur sehr traurig, wenn sehr gute Freunde, wo man es nicht erwartet hat, sich zurück ziehen und mit mir nicht mehr umgehen können.
Das ist sehr sehr traurig.


Liebe Gruß
Sabine

carla44 29.07.2011 22:46

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr wird mir bewußt, dass ich plötzlich auf der anderen Seite stehe. Irgendwie. Anders kann ich das nicht beschreiben.

Durch den so nah erlebten Tod eines lieben Menschen ist plötzlich nichts mehr, wie es mal war. Trauer war für mich vorher auch nur: Tränen, Schmerz und Abschied nehmen, aber immer mit dem Gedanken, das wird dann irgendwann wieder besser. Der Schmerz wird vergehen, Weinen kann man auch nicht ständig und nur die schönen Erinnerungen bleiben.

Als meine Großeltern gestorben sind, wohnten wir weit weg, haben nur die Beerdigungen erlebt. Als vor 1,5 Jahren die andere Oma meiner Jungs starb, war das schmerzlich, weil wir ein gutes Verhältnis hatten. Ich habe wochenlang oft abends geweint, es tat sehr weh. Aber es wurde dann wirklich irgendwann einfacher, damit umzugehen. Und, ja es war schwierig, den Opa anzurufen und zu fragen, wie es ihm geht. Ich dachte immer, das weiß ich sowieso, dass es ihm nicht gut geht.
Dass er vielleicht auch jemandem zum Reden brauchte, darüber habe ich gar nicht so nachgedacht. Wußte eben auch nicht, was ich ihm sagen sollte.

Heute, mit meiner eigenen Erfahrung und diesen ganzen verworrenen Gefühlen, bin ich froh, mit jemandem reden zu können. Vielleicht muss man das (leider) selber erleben, um dann auch Andere besser zu verstehen und das eigene Verhalten zu ändern.

Ich möchte gerne für mich begreifen, was das alles mit mir macht, dieser ganze Weg der Sterbebegleitung, die Trauer, dieses Chaos der Gefühle.

Schön, dass es Euch hier gibt und ich meine Gedanken so aufschreiben kann.
Liebe Grüße
Carla

Billchen 30.07.2011 07:44

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
he Carla......
ja dein letzter Satz drückt es richtig aus..man muß das erst mal selbst erlebt haben....wir haben 2007 meinen Papa verloren und daher weiß ich wie du dich fühlst....am Tag der Beerdigung wäre ich am liebsten zu Hause geblieben und amGrab hab ich gedacht ich bin in einem Film und spiele einfach nur eine Rolle...Aber nein,,,so ist es ja garnicht man durchlebt seinen schlimmsten Alptraum...das Schreckgespenst des Lebens....man will weglaufe..davonrennen nichts von all dem wissen und ist doch wie gebannt.....'Auf den Freidhof gehe ich sehr selten...denn da liegt zwar mein Vater in der Erde aber da ist er nicht....es hört sich vielleicht blöd an was ich grade zusammenfasele aber so hab ich mich damals gefühlt und ich vermute dir geht es ähnlich..
Ich habe damals an seinem Sterbebett gedacht....hoffentlich ist bald alles vorbei ich kann es nicht mehr mit an sehen ..aber als er dann tod war wollte ich das auch nicht...
So sind wir Menschen nun mal gestrickt
Ich schick dir einen dicken Knuddeler und viel Kraft für deine Trauer zu durchleben:pftroest::pftroest:

carla44 30.07.2011 09:58

AW: Uns blieben ganze 17 Tage
 
Hallo Billchen,

das mit dem Grab kann ich gut verstehen. Ich verbinde mit der Grabstelle auch nichts. Da steht halt die Urne mit der Asche meines Vaters in dieser Stehle. Und davor eine Steintafel mit seinem Namen drauf, aber das hat für mich nichts mit ihm oder seinem Leben zu tun.

Von selber werde ich da bestimmt nicht wieder hinfahren. Für mich hat dieser Ort nichts mit meinem Vater zu tun.
Dafür werde ich aber irgendwann, wenn ich die Kraft dafür habe, mal in das Heim fahren, wo mein Vater seine letzten 3 Wochen gelebt hat. Die Heimleiterin hat mir in sehr langen guten Gesprächen sehr geholfen.
Nur sein Zimmer kann ich nicht wieder betreten, da wohnt jetzt ja schon jemand anderes und das wäre für mich nicht zu ertragen.

Du sagtest, dass das Sterben Deines Vaters der schlimmste Alptraum war. Für mich hat das noch eine andere Seite. Ich hoffe, ich kann hier die richtigen Worte dafür finden.
Ich hatte ja das Glück, dass mein Vati ganz ruhig und friedlich gegangen ist, es war kein lauter Schmerz-erfüllter Kampf, sondern wirklich ein Einschlafen.
Die Ruhe und der Frieden haben mich tief erfüllt, bei all dem seelischen Schmerz, ihn gehen lassen zu müssen.

Vorher war Sterben ein absolut unfassbares, unerträgliches Ereignis für mich, das mir sehr große Angst gemacht hat.
Heute habe ich es mit erlebt und hatte die Kraft, meinen Vati zu begleiten, weil es für ihn so wichtig war, mich an seiner Seite zu haben.

Es tut sehr sehr weh, aber es ist auch eine Erfahrung, die sehr wichtig für mich ist. Vielleicht habe ich jetzt begriffen, was immer so gesagt wird: der Tod gehört zum Leben dazu.

Ich bin sehr dankbar dafür, diese letzten Tage und Stunden mit meinem Vati gehabt zu haben und dankbar dafür, dass er so friedlich erlöst wurde.

Carla


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