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gitti2002 12.09.2014 11:56

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo Yogi12,

Zitat:

Zitat von Yogi 12 (Beitrag 1285165)
Mir ist nicht klar, wofür es diese Bewertungen hier im Forum eigentlich gibt,
mich würde es nicht stören wenn mein Thema keine Sterne hätte.

die Möglichkeit, Themen zu bewerten ist leider fixer Bestandteil der Forensoftware und lässt sich nicht entfernen. In Foren mit anderen Themen mag es durchaus sinnvoll sein, dass man Themen bewerten kann aber auf einer Plattform wie dieser, halte ich es auch für voll daneben.

Gruß Gitti

HelmutL 13.09.2014 00:26

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo Jutta,

ich bin auch nicht begeistert von diesen Sternen und finde sie absolut fehl am Platz. Wie kann die Trauer des einen besser/wertvoller sein als die der anderen, dass man dafür Sterne vergeben müsste? Das geht nicht. Du hast es ja selbst ein Beispiel in diesem Trauercafe erlebt und geschildert.

Für diesen Mann wäre es ein absolut dummer Spruch: "Sie hat ihr Leben gelebt." Die Reaktion kannst du dir sicher vorstellen. Es ist immer schlimm, wenn der Partner gehen muss. Egal wie alt. Wie du schreibst: "Die Vergangenheit schrumpft in diesem Moment zu wenigen Augenblicken zusammen."


Liebe Grüße,

Helmut

Yogi 12 13.09.2014 18:05

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo zusammen.

Heute ist Samstag und es geht auch darum den morgigen Sonntag zu gestalten,da am Wochenende mehr Zeit zum grübeln bleibt möchte ich das es irgendwie herumgeht auch wenn ich noch nicht all zu viel Motivation habe mir etwas Gutes zu tun.
Wüsste auch eigentlich gar nicht was das sein könnte.
Gerade die Wochenenden haben "wir" immer gemeinsam verbracht.

Ich spüre intensiver den Wunsch nach seiner Nähe und wenn ich ehrlich bin möchte ich ihm sogar noch manchmal dort hin folgen wo er jetzt ist.
Die Welt ist mir fremd geworden, aber indem ich mitteilen kann, was ich erleide kann ich vielleicht einen Weg finden mit diesem Verlust zu leben...

Ich habe in Hermanns "Thema" mitgelesen in dem es um Altersvorsorge und andere Versicherungen ging.

Mein Mann hatte auch mehrere Versicherungen abgeschlossen, die uns vor den Wechselfällen des Lebens schützen sollten.
Ein größerer Teil seines Gehaltes ging dafür drauf. Als er von heute auf morgen durch die schwere Krebserkrankung aus dem Arbeitsprozess ausscheiden musste, war ihm keine einzige Versicherung mehr von Nutzen.

Er begann sofort nach der Diagnose die unwichtigsten Versicherungen zu kündigen, die allerdings mit längeren Wartezeiten verbunden waren, da er noch lebte....
Nach seinem Tod kündigte ich dann mit sofortiger Wirkung die verbliebenen Verträge und bin froh das nun nur noch Haus- und Haftplicht Versicherungen
(auch für den Hund) übrig bleiben.

Die wichtigsten Dinge im Leben kosten nichts oder sind unmöglich.
Meinen Mann bringt nichts- zurück und materielle Dinge haben für mich kaum noch einen Stellenwert....

Auch wenn mein Leben nicht immer ausgefüllt und zufriedenstellend war, konnte Ingo mir ein Gefühl von Geborgenheit , Liebe und Vertrauen geben. Dadurch haben wir das Wichtige vom Unwichtigen im Leben so manches Mal trennen können....


Liebe Grüße

Jutta

Yogi 12 14.09.2014 15:59

AW: Geht es euch auch so?
 
An Alle die es interessiert,

vor ungefähr einem Jahr, im September 2013, fing der Husten bei Ingo an.
Wir haben uns keine Gedanken darüber gemacht, dachten an eine Sommergrippe- und das es bald wieder aufhört.- Im Oktober dann hustete er immer häufiger und anhaltend. Er wollte nicht so schnell zum Arzt damit, weil es eigentlich keinen Grund für den anhaltenden Husten geben konnte.
Wir hatten ja schon vor vielen Jahren mit dem Rauchen aufgehört, führten ein normales suchtfreies Leben.
Unbewusst ahnte er vielleicht doch schon das, der Husten nicht normal war. Immer wieder habe ich auf ihn eingeredet er sollte sich einen Arzttermin holen. Er wollte noch den 1. November abwarten, denn seit Anfang des Jahres hatte er für ein Konzert von" Deep Purple" die Karten für uns besorgt- und dieses mit Freude erwartete Konzert wollte er in der Westfalenhalle unbedingt ungestört erleben.-

Erst am 25. Nov. kam es zur Untersuchung bei einem Lungenfacharzt, der ihm sachlich und emotionslos die schreckliche unheilbare Erkrankung mitteilte.....

Am 7.8.2013 musste ich dann Abschied nehmen von ihm und unserer Zukunft.

Was wir uns erhofft haben wird unerfüllte Hoffnung bleiben.

Was ich mit dir geplant habe, bleibt ein leerer Plan.
Nie wieder werde ich mit dir lachen, nie wieder werde ich mit dir deine Musik hören, die auch meine war und die uns sehr miteinander verband.....

Ich bin untröstlich- und könnte ich mich schnell über den Verlust hinwegtrösten, käme es mir vor wie ein Verrat an dich...
Gerade jetzt wo es darum geht , angesichts des Todes eine andere Form des Liebens zu finden, da spürt die Liebe sich tiefer an,wie nie zuvor.....

Omondi: Danke für deine freundlichen Worte. Der Dorn des Verlustes schmerzt uns immer wieder, auch nach Jahren noch- und das ist gut so.

Liebe Grüße

Jutta

Yogi 12 15.09.2014 14:11

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo zusammen,

vielleicht gehöre ich hier im Forum zu den Leuten die andere mit runterziehen,- aber ich kann nicht anders .-

Die erste Welle der Anteilnahme und Unterstützung ist verebbt und ich bleibe allein zurück.-
Jetzt wo Ruhe einkehrt habe ich das Gefühl: "Er fehlt mir jeden Tag mehr."

Durch den langen Leidensweg vorweg, kommt mir die Trauer manchmal absurd vor, wird mir die Endgültigkeit " Nie wieder" schleichend und manchmal überfallsartig bewusst.

Apathie, Essstörungen und depressive Stimmungen sind die Folge.

Im Kontakt mit anderen Betroffenen tut es mir gut zu spüren, dass es nicht vorbei sein muss, das man seine Trauer noch nach langer Zeit zeigen darf.

Liebe Grüße

Jutta

hermannJohann 15.09.2014 15:48

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo Jutta,
die Zeit der „Jahrestage“ ist bei mir vorbei, aber nicht die Erinnerung an 14 Monate, einer schrecklichen Phase in meinem Leben und in unserem Eheleben. Danach kamen die ersten Monate nach ihrem Tod. Gedanken, mich zu trösten, aber ich schnell weggeschoben. Ich könnte das nicht, welche Frau möchte auch ein „Trost“ für eine Andere sein. Die Freude am Leben hatte ich verloren. Immerhin habe ich beruflich noch funktioniert und war auch nicht erfolglos. Dem Film „Schlaflos in Seattle“ gibt es eine Szene, in der der Mann ein solches Funktionieren beschreibt. Es gab Unterstützung von Freunden und Verwandten, aber meistens war ich doch mit der Trauer allein. Ob ich noch zwei Monate, drei Jahre oder 10 Jahre lebe, war mir nicht wichtig. Dann brauche ich auch keine Krebsvorsorge. "Nach-Sterben" hätte für mich keinen Schreken gehabt. So vergingen einige Monate. Allmählich ändert sich die Situation. Ich kann nicht sagen, dass ich jetzt sehr viel Freude am Leben habe, aber ich denke mehr an die Zukunft. Das „weiter so“ des Alltags lenkt ab, aber ich will nicht immer nur mich ablenken. Eine neue Perspektive zu entwickeln, ist schwer. Ich versuche in Abschnitten zu denken, wie es Krebskranke manchmal tun, die nicht wissen, ob sie die nächsten Jahre überleben. (So etwas kenne ich aus Interviews) Erst einal zwei Jahre bis zur Rente, dnnn wird man weiter sehen.
Liebe Grüße
Hermann

Yogi 12 15.09.2014 22:45

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo zusammen,

danke für die Antworten.

Heute hatte ich ein eher tiefes Trauerloch.

Es macht deutlich, das weder ich selbst noch mein gesamtes Leben je wieder so sein werden wie vorher. Das Auf und Ab meiner Befindlichkeit dauert noch eine Weile an.( Wird in etwa so von euch beschrieben.)Lebensfreude erwarte ich in Zukunft eher kaum. Allerdings wäre es schön wenn das körperlich/seelische Unwohlsein bald nachlässt damit ich mein Alltagsleben besser in den Griff kriege.

Liebe Grüße

Jutta

HelmutL 16.09.2014 13:13

AW: Geht es euch auch so?
 
Guten Morgen Jutta, Hermann,

2 Gedanken von euch beschäftigen mich:

Zitat:

Zitat von hermannJohann (Beitrag 1285694)
Ich versuche in Abschnitten zu denken, ...

Zitat:

Zitat von Yogi 12 (Beitrag 1285758)
Es macht deutlich, das weder ich selbst noch mein gesamtes Leben je wieder so sein werden wie vorher. (... und weiter ...)
Lebensfreude erwarte ich in Zukunft eher kaum.

Hermann,
Abschnitte sind ein guter Gedanke und eine Möglichkeit. Wenn ich zurück denke, dann habe ich es ähnlich gemacht. Nicht sofort, erst später. Zuerst waren es die Tage, dann Wochen, Jahre. Ich glaube, in Jahren zu denken ist am Anfang gar nicht möglich und auch nicht immer sinnvoll. Manchmal ist es besser, einfach abzuwarten und schauen, was kommt. Was die Etappen so bieten. Vielleicht Schlechtes, vielleicht Gutes?

Jutta,
stimmt, es wird nie mehr so sein. Kann nicht mehr so sein. Wir müssen damit leben. Leben lernen. Heute kann ich sagen: "Ich lebe im Jetzt. Davor ist die Vergangenheit und danach die Zukunft. Wie die auch immer aussehen mag. Niemand weiß das."

Am Anfang meines Lebens gab es keine Vergangenheit. Nur Gegenwart und Zukunft. Dazu gesellte sich die Vergangenheit. Irgendwann wird es weder Gegenwart noch Zukunft geben, nur noch Vergangenheit. Die Frage ist: "Worauf habe ich heute Einfluss?"

Wieder Lebensfreude zu finden ist schwer, allerdings möglich. Doch auch hier gilt: es wird nie mehr, wie es war. War sie früher eher naiv, so gibt es sie heute mit dem Wissen, dass das Leben nicht nur Sonne ist. Gib die Hoffnung nicht auf.

Liebe Grüße,
Helmut

peggi136 16.09.2014 14:14

AW: Geht es euch auch so?
 
Liebe Jutta,
auch wenn ich Betroffene bin - keine Hinterbliebene - und so einen schrecklichen Verlust und grausamen Schmerz nicht erleiden musste, so möchte ich Dir doch schreiben.
Ich lese alle Post´s von Dir in allen Threads und Deine große Verzweiflung berührt mich sehr. Auch wenn ich es nicht erlebt habe, so kann ich mit Dir mitfühlen.
Ich habe mich schon so oft gefragt, wie es mir ginge, wenn mein Mann meinen unheilbaren Krebs hätte. Nur der Gedanke daran lässt mich weinen und wenn ich wüsste, ich würde ihn - über kurz oder lang - verlieren -, ich wüsste nicht mehr weiter. Wäre ein seelisches Wrack, wollte ohne ihn nicht weiterleben.
Wir haben auch keine Kinder, ich habe keine Geschwister und von meiner Seite aus habe ich noch meine 86jährige Mutter, ich wäre auch ganz alleine.
Diese Einsamkeit, gerade an Wochenenden, kann ich so gut nachvollziehen.
Ich hoffe, dass Du noch ein paar gute Freunde oder vielleicht sogar ein paar Verwandte hast, die sich ein bißchen um Dich kümmern. Und natürlich auch Dein Yogi... er trauert bestimmt auch.
Liebe Jutta, hier denken viele an Dich, auch wenn, wie Du schreibst, die erste Anteilnahme vorbei ist.
Manchmal fehlen einfach die Worte oder man traut sich nicht, Dir zu schreiben.
Was sagt denn eigentlich das Jobcenter? Musst Du immer noch hin oder hast Du jetzt Ruhe?
Denk´an Dich:pftroest:
lg Petra

Yogi 12 16.09.2014 22:56

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo an Alle!

Vielen Dank für eure Worte, die Mut machen.

Hermann: Ich empfinde sehr ähnlich wie du - in der Anfangsphase deines Verlustes.-

Wenn ich plötzlich eine Krebsdiagnose erhalten würde, dächte ich sofort an meinen Mann. Wie viel Hoffnung hat er nach der Diagnose noch gehabt, trotz der unheilbaren Krebserkrankung kämpfte er bis zum letzten Tag, hat nie gejammert oder geklagt, obwohl er innerlich verzweifelt war.
Er musste es ertragen also kann/muss ich das auch irgendwie. Bei jedem Schmerz den ich fühle denke ich sofort an ihn.

Helmut: Danke für die guten Wünsche.
Ich muss eine persönliche Erfahrung machen um Einfluss nehmen zu können.
Es geht momentan nur darum die Tage zu überstehen. Einen gewissen Abstand von den inneren Bildern zu kriegen. Die letzte Krankheitsphase war sehr anstrengend und intensiv. Die Gedanken kreisen noch täglich darum.
Es ist nicht schön zu sterben! Deswegen distanzieren sich so viele Menschen von dieser Tatsache- es macht ihnen Angst, sie sind ja noch nicht betroffen. Mir ging es in besseren Zeiten so ähnlich damit.
Es macht einen großen Unterschied ob ich mir vorstelle wie sich das anfühlt, oder ob ich es real erlebe und spüre.

Peggi: Du bist selbst so sehr betroffen von dieser Krankheit. Dennoch spürst du intensiv mit, wie es deinem Mann wohl damit geht.
Bei uns war es ähnlich. Mein Mann wollte mit meiner Situation auch nicht tauschen.
Schon der Gedanke daran allein zurück bleiben zu müssen, gefiel ihm ganz und gar nicht.

Vom Jobcenter höre ich zur Zeit nichts. Habe viele Formulare ausgefüllt und nachgereicht. Ich warte nun auf den Rentenbescheid. Drei Monate bekomme ich vorläufig die volle Rente von meinem Mann. Danach kommt Arbeitslosengeld zwei dazu.

Meine Schwester besucht mich noch zweimal wöchentlich , und ich habe Bekannte im Sportstudio mit denen ich mich ein wenig unterhalten kann.

Vor der dunklen Jahreszeit graut mir schon sehr. Darum werde ich mich kümmern müssen, gerade in dieser Zeit unter Leute zu gehen.

Gut dass ich meinen Hund noch habe. Er ist schon neun Jahre alt. Der Retriever den ich vor ihm hatte wurde nur knapp 10 Jahre.

Er ist mein bester Freund und ich hoffe dass er eine robuste Natur hat.

Es ist alles nicht so leicht, aber es geht irgendwie weiter....

Allen eine gute Nacht

Liebe Grüße

Jutta

Yogi 12 17.09.2014 22:03

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo allerseits,

ich habe mir gerade einen Teil der Sendung von Meischberger über Depressionen und Trauer- wie lange sie dauern darf - angeschaut.
Was Fachleute über die Trauer zu berichten haben ist nicht der Weisheit letzter Schluss.
Definitiv gibt es keine gültige Zeitangabe die darauf hindeutet dass in einem halben Jahr alles erledigt sein sollte. Es ist wie wir wissen sehr individuell.

Bei den meisten Hinterbliebenen hat es nachhaltige Auswirkungen auf das Leben des zurückgelassenen Menschen. Die Art und Weise wie der Verlust empfunden wird entspricht der unterschiedlichen Rolle die der Verstorbene im Leben des jeweils anderen eingenommen hat.

Schließlich kommt es auf die Lebensumstände und auf das Umfeld des Hinterbliebenen an.
Trauer und Depressionen können fließend ineinander übergehen.
Nicht immer kann das eine vom anderen unterschieden werden.
Wenn ich unsicher, bin ist es besser mit einem Arzt über diese Probleme zu sprechen, bevor sich ein Dauerzustand daraus entwickelt.

Bei mir sieht es momentan so aus:" Ich möchte oft dort hin wo ich gerade nicht bin und wenn ich dort angekommen bin will ich schnell wieder weg."

Liebe Grüße

Jutta

djkprinz 18.09.2014 08:03

AW: Geht es euch auch so?
 
Guten Morgen Jutta,

die Sendung von der Maischberger habe ich leider verpasst. Vielleicht kann ich Sie mir im nachhinein noch ansehen.

ist es eine Art Ruhelosigkeit, die du in deinem letzten Satz ansprichst? So geht es mir auf jeden Fall derzeit.

Ich war gestern zum ersten Mal in einer Trauergruppe für Frauen. Ob es mir was bringt, weiß ich noch nicht.

Zumindest waren einige sehr erstaunt, dass ich schon dort gesessen habe, da der Tod meines Ehemannes ja noch nicht mal 3 Wochen her ist.


Liebe Grüße Heike

HelmutL 18.09.2014 12:24

AW: Geht es euch auch so?
 
Guten Morgen zusammen,

das Video habe ich mir komplett angesehen. OK, da wird für die Trauer ein halbes Jahr veranschlagt. Da Trauer jedoch nicht das beherrschende Thema der Sendung war, wurde auch nicht geklärt, was Fachleute wie Psychiater und Psychologen unter dieser Trauer verstehen. Es gibt sicher fast genau so viele Meinungen, was Trauer ist, wie es Trauernde gibt. Jeder sieht das ein bisschen anders. Ein gutes Beispiel dafür ist das, was Heike zuvor geschrieben hat über die (mir unverständlichen) Reaktionen in dieser Trauergruppe.

Fachleute müssen das wiederum ganz anders sehen: ab wann kann es passieren, dass der Trauernde seinen seelischen und körperlichen Zustand sehr wahrscheinlich nicht mehr ohne fremde Hilfe überwinden kann, weil z.B. das widerstandslose Verharren in tiefster Trauer dann zu einer lebensgefährlichen Depression werden kann oder es bereits ist. Es geht dabei nicht darum, die Trauer zu beseitigen, sondern sie lebensfähig zu machen und die durch sie eventuell ausgelöste Depression zu überwinden. Das genannte 'halbe Jahr' ist ganz sicher nicht absolut zu sehen und kein vernünftiger Psychologe oder Psychiater wird sagen: "So. Das halbe Jahr ist jetzt um. Ab sofort dürfen sie nicht mehr trauern." Das ist blanker Unsinn.

Ich sage ja auch (wie viele andere hier), dass die Trauer nie endet sondern sich nur verändert. Doch dabei gehe ich davon aus, was ich unter Trauer verstehe. Auch hier, unter uns, gibt es durchaus verschiedene Meinungen. Was gut ist. Jeder hat seinen eigenen Weg.

Was mich besonders beeindruckt hat ist, dass die Fachleute in dieser Sendung eingestehen, dass es auch für sie bei der Krankheit Depression einen 'point of no return' gibt, ab welchem sie in bestimmten Fällen machtlos sind. Wie andere Ärzte bei anderen Krankheiten auch.


Liebe Grüße,

Helmut

Yogi 12 18.09.2014 17:18

AW: Geht es euch auch so?
 
Zitat:

Zitat von HelmutL (Beitrag 1286198)
Fachleute müssen das wiederum ganz anders sehen: ab wann kann es passieren, dass der Trauernde seinen seelischen und körperlichen Zustand sehr wahrscheinlich nicht mehr ohne fremde Hilfe überwinden kann, weil z.B. das widerstandslose Verharren in tiefster Trauer dann zu einer lebensgefährlichen Depression werden kann oder es bereits ist...

Hallo Helmut!

Ich habe es bei einer Bekannten so erlebt, dass sie sich erst dahingehend äußerte- ihr Mann sei ja schon so weit vorgeschädigt ,- das es hoffentlich schnell mit ihm zu Ende geht. Sie hörte sich kühl und gefasst dabei an.

Als er dann "unerwartet" starb, stürzte sie schnell in den Abgrund, so dass sie weder sich, noch ihre beiden Pudel versorgen konnten. Zunächst hat sie eine Therapie in einer Tagesklinik gemacht und anschließend ging es in eine psychosomatische Klinik weil sich ihre Trauer( oder Depression?) nicht besserte.
Da es heute so viele Alleinlebende gibt konnte sie die Hunde dort mit hinnehmen.
Auch hier kann man sehen das der Gedanke an eine bevorstehende Situation nicht viel mit der realen Wirklichkeit zu tun hat.
Sie hat sich dann selbst dazu überwunden Hilfe anzunehmen.

Vielleicht den Hunden zuliebe?

Auch zu mir hat mein Mann gesagt, ( wenn ich trübe Gedanken hatte ) ich muss mich noch um unseren Hund kümmern wenn er nicht mehr da ist.
Er soll auch auf dem Hundefriedhof beerdigt werden. Dafür hätte er sogar noch ein Testament gemacht!

Liebe Grüße
Jutta

mausi69 18.09.2014 19:02

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo ihr Lieben!

Sehr interessant hier bei euch! Die besagte Sendung habe ich leider oder auch Gott sei dank nicht gesehen! Sechs Monate trauern und dann muss gut sein? Und wenn nicht hat man eine Depression?
Hallo? Das habe ich ja noch nie gehört für mich totaler Schwachsinn! Woran machen solche Menschen fest? Ob die schon mal getrauert haben?

Meine Mama ist am Montag drei Monate nicht mehr, ich stecke noch tief drin in der Trauer. Sie hat sich zwar verändert und ich gehe anders damit um, aber sie ist noch da und wird es auch in ein paar Monaten noch sein!
Also wenn ich in vier Monaten noch trauere habe ich eine Depression? Ich glaube es ist gut das ich die Sendung nicht gesehen habe.

Jeder Mensch trauert anders und braucht auch unterschiedlich Zeit, klar gibt es garantiert auch Menschen die den Verlust nicht verkraften und in eine Depression rutschen, aber ich glaube nicht das man das zeitlich festlegen kann!

Omondi Hut ab was du zu Lebzeiten jetzt schon alles geregelt hast, ich glaube nicht das ich das könnte!!!!

Alles liebe mausi

Chari 18.09.2014 19:05

AW: Geht es euch auch so?
 
Das einzige was ich gemacht habe ist für den Fall der Fälle persönliche Briefe geschrieben zu haben. Ich finde den Gedanken schön dass ich selbst nach dem Tod mit diesen Briefen noch meine Lieben erreichen kann und ihnen etwas Mut zusprechen kann und etwas von der Traurigkeit damit hoffentlich stillen kann.

Ein eventuelles Begräbnis würde ich ganz den Hinterbliebenen überlassen, es dient denen ja mehr als mir, ich sehe ja sowieso nichts mehr davon.

Persönlich würde ich kein Grab zum Beispiel brauchen aber wenn meine Hinterbliebenen gerne einen Ort zum Trauern auf dem Friedhof hätten, dann ist das ihre Entscheidung (und nicht mehr meine)

HelmutL 19.09.2014 16:12

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo zusammen,

Professor Beck sagt wörtlich auf die Frage 'Wie lange': "Wir jetzt, im europäischen Sprachraum, würden sagen, in diesem Kulterkreis, wie sie es ja eindrücklich beschrieben haben, Fr. Koller, entspricht es dem, was die berühmte schweizer Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross beschrieben hat: die Stadien der Verleugnung, das Nicht-wahrhaben-wollen, vielleicht auch Wut, dann verhandeln, dann Akzeptanz, dann aber auch Depression. Sechs Monate würden wir so über den Daumen sagen, sollte es gehen."

Da steht nichts von Muss. Da steht nichts davon, dass man dann zum Psychiater gehen muss und sich als depressiv Kranker behandeln lassen sollte. Da steht nichts, was besagt, die Trauer wäre eine Depression, eine Krankheit. Wer genau zugehört hat, wird gehört haben, dass die Depression ein Teil der Trauer sein kann und dass die Depression in der Trauer sich zu einer pathologischen Depression entwickeln kann, jedoch nicht muss. Er spricht z.B. auch davon, dass es diese Aufhellungen (die Erinnerung z.B. an die schönen Dinge der Vergangenheit oder anderes) in der pathologischen Depression so, wie in der Trauer, ja gar nicht gibt. Auch die sechs Monate sind nur ein ungefähres Maß.

Ich kenne alle diese Phasen und Gemütszustände. Und ja, auch die Depression in der Trauer mit allen Begleitumständen wie Antriebslosigkeit, abgrundtiefe Verzweiflung, Flucht in den Alkohol bis hin zum Suizidgedanken. Ich habe mich von Anfang an geweigert (genau wie omondi es für sich selbst beschrieb), professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ich wollte es selbst schaffen und habe es geschafft und jeder, der diesen Weg gegangen ist, weiß, wie verd... schwer das ist. Frau Koller in dem Film wusste gar nichts von ihren Depressionen, und hat es trotzdem geschafft. Lange nach dem halben Jahr.

Das ist der Knackpunkt: wer es nicht aus eigener Kraft schafft, diese depressiven Phasen zu überwinden oder zumindest an ihnen zu arbeiten, der rutscht ganz leicht in eine pathologische Depression aus welcher er ohne professionelle Hilfe nicht mehr heraus kommt. Und da denke ich, ist das halbe Jahr schon eine ungefähre Richtschnur. Wer sich innerhalb dieses Zeitraums auf den Weg zurück ins Leben gemacht hat, braucht sich über Zeit keine Gedanken zu machen. Auch nicht, wenn er oder sie bis dahin noch keine endgültige Lösung gefunden hat. Der Weg kann durchaus noch sehr weit sein und es heißt ja nicht, dass er/sie danach nicht mehr traurig ist im Gedanken an den/die Verstorbene/n und es keine tiefen Löcher mehr gibt.

Man muss unterscheiden zwischen depressiven Phasen (mit allen Symptomen der pathologischen Depression) in der Trauer, aus welchen man aus eigener Kraft herauskommen kann, und einer behandlungsbedürftigen Depression, die man ohne fremde Hilfe nicht mehr schafft. Die Unterschiede wurden sehr klar angesprochen in dem Film.

Nicht alles, was einem nicht auf Anhieb gefällt, ist deswegen falsch. Es gibt Menschen, die nach 2 oder 3 Monaten wieder mitten im Leben stehen. Auch das ist prinzipiell nicht falsch, nur individuell.


Liebe Grüße,

Helmut

simi1 19.09.2014 20:28

AW: Geht es euch auch so?
 
Zitat:

Zitat von HelmutL (Beitrag 1286439)
Ich kenne alle diese Phasen und Gemütszustände. Und ja, auch die Depression in der Trauer mit allen Begleitumständen wie Antriebslosigkeit, abgrundtiefe Verzweiflung, Flucht in den Alkohol bis hin zum Suizidgedanken. Ich habe mich von Anfang an geweigert (genau wie omondi es für sich selbst beschrieb), professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ich wollte es selbst schaffen und habe es geschafft und jeder, der diesen Weg gegangen ist, weiß, wie verd... schwer das ist. Frau Koller in dem Film wusste gar nichts von ihren Depressionen, und hat es trotzdem geschafft. Lange nach dem halben Jahr.


Hallo Helmut und alle anderen,

ich bin bereits seit wenigen Wochen nach der Rezidivdiagnose im Januar 2013 in psychologischer Behandlung, also schon seit fast 20 Monaten. Dennoch kenne ich alle die von dir beschriebenen Begleitumstände und sie gehören bis heute zur Tagesordnung.
In welchem Zustand ich ohne diese Unterstützung wäre? - Ich weiß es nicht.
Ob ich mein Leben - trotz Psychotherapie - jemals wieder vollständig in den Griff bekomme? - Ich weiß es nicht.
Ob man zeitliche Anhaltspunkte für eine Bewältigung der persönlichen Trauer nennen kann? - Auch das weiß ich nicht.

Nachdem meine Tochter bereits vor 15 Monaten verstorben ist, befinde ich mich - nach Anwendung dieser Halbjahresfrist - sicherlich in einer Depression. Auch wenn ich die Leitsymptome einer Depression nachlese, kann ich einer solchen Diagnose nur zustimmen. Ein persönliches Problem habe ich nicht damit. Meine Trauer ist da und ich bin dankbar, dass ich darin in Person meiner Psychologin einen neutralen und kompetenten Ansprechpartner habe. Es ist sehr hilfreich für mich, in den Therapiestunden immer wieder einen Spiegel vorgehalten zu bekommen. Zu formulieren, warum es mir gerade so schlecht geht. Herauszuarbeiten, welcher Anlass ein besonders tiefes, dunkles Loch veranlasste.

Es gibt viele individuelle Verläufe der Trauerphasen und es gibt viele Wege, um wieder ins Leben zurückzufinden. Für mich ist der wesentliche Punkt, dass Bewegung in der Situation ist. Sobald man zu erstarren droht, halte ich professionelle Hilfe für dringend angeraten.

Alles Gute und ein lebbares Wochenende allen hier und besonders liebe Grüße an dich, Helmut!
Simi

Yogi 12 19.09.2014 20:34

AW: Geht es euch auch so?
 
Zitat:

Zitat von HelmutL (Beitrag 1286439)
....Ich kenne alle diese Phasen und Gemütszustände. Und ja, auch die Depression in der Trauer mit allen Begleitumständen wie Antriebslosigkeit, abgrundtiefe Verzweiflung, Flucht in den Alkohol bis hin zum Suizidgedanken. Ich habe mich von Anfang an geweigert (genau wie omondi es für sich selbst beschrieb), professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ich wollte es selbst schaffen und habe es geschafft.....

Hallo zusammen,

Vielen Trauernden reicht eine Begleitung durch Freunde oder Bekannte nicht aus.
Für mich persönlich ist es keine Schande wenn ich mir Hilfe hole, weil ich das Gefühl habe mit meiner jetzigen Situation vollkommen überfordert zu sein. Wichtig ist doch nur, das die seelischen oder auch körperlichen Beschwerden gelindert werden und ein Austausch mit ähnlich Betroffenen oder Einzelgespräche stattfinden und- hilfreich sein können.
Der eigene Weg durch die Trauer kann so stabilisiert und unterstützt werden.

Wer es alleine schafft hat noch genug Ressourcen für die Selbsthilfe, und wird versuchen bei der nächsten Herausforderung ähnlich vorzugehen.

Wie auch immer, Hauptsache es führt zum Ziel.....

Auch ich habe noch Beschwerden durch Magendruck, oder das Herz schmerzt weil ich meinen Mann so arg vermisse....

Bisher kann ich es aushalten - aber ich habe mir auch Unterstützung geholt und bin dankbar dafür dass es sie gibt.

Liebe Grüße

Jutta

HelmutL 20.09.2014 21:04

AW: Geht es euch auch so?
 
Zitat:

Zitat von simi1 (Beitrag 1286468)
Es gibt viele individuelle Verläufe der Trauerphasen und es gibt viele Wege, um wieder ins Leben zurückzufinden. Für mich ist der wesentliche Punkt, dass Bewegung in der Situation ist. Sobald man zu erstarren droht, halte ich professionelle Hilfe für dringend angeraten.

Zitat:

Zitat von Yogi 12 (Beitrag 1286470)
Für mich persönlich ist es keine Schande wenn ich mir Hilfe hole, weil ich das Gefühl habe mit meiner jetzigen Situation vollkommen überfordert zu sein ....

.... Bisher kann ich es aushalten - aber ich habe mir auch Unterstützung geholt und bin dankbar dafür dass es sie gibt.

Hallo Simi, hallo Jutta,

ich denke, genau darum geht es doch: einen gangbaren Weg zu finden und Angebote zur Hilfe anzunehmen, wenn es nötig ist. Dass man sich diese Hilfe dann holt, weil man sie eben braucht, zeigt doch, dass selbst da noch Lebenswille und Bewegung vorhanden ist. Man darf sich dabei die eigene Schwäche durchaus eingestehen, weil es realistisch ist. Ich finde das mutig, keineswegs schwach.

Das wird selten gelingen, indem man seine Ansichten (nach welcher Seite auch immer) auf einige wenige Worte zusammenschrumpfen lässt.

Ich hatte damals geschrieben: "Ich lasse mir meine Trauer nicht schön reden." Das hätte ein schwerer Fehler sein können, denn hätte ich gewusst, auf was ich mich dadurch einlasse ... vielleicht wäre meine Entscheidung anders ausgefallen. Zum Glück für mich war es auch so gut. Letztendlich.


Liebe Grüße und einen schönen Sonntag,

Helmut

Yogi 12 20.09.2014 22:30

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo zusammen,

ich möchte mir die Trauer auch nicht schön reden lassen,- obwohl ich manchmal denke - ist das noch normal das ich nach gut sechs Wochen intensiver Trauer immer noch so häufig weine - wenn ich nicht gerade sehr abgelenkt bin....
Manchmal habe ich den Eindruck das es von Tag zu Tag schlimmer wird.

Ein anderer Gesichtspunkt der Trauer ist das rasante Vergehen der Zeit.
Das Leben ist so erschreckend kurz.
Im Angesicht des Todes stellt sich immer wieder die Frage ob ich das Leben auch wirklich genutzt habe.

Was ist wesentlich und wichtig, kann es mir noch gelingen bewusst zu leben, und was als wichtig erkannt wurde auch umzusetzen?

Jetzt müsste ich die Frage mit Nein beantworten. Die Voraussetzungen dafür sind z.Zt. nicht gegeben.

Vielleicht ist es gar nicht möglich zu lernen immer wieder Abschied zu nehmen.
Die meisten Menschen deren Herz nun mal an Dingen hängt, haben es mit dem Loslassen schwer.
Was bedeutet dieses Leben für mich, wenn es zwangsläufig auf den Tod zusteuert?

Ich möchte am Ende auf ein Leben zurückschauen mit allen Höhen und Tiefen die dazugehören, mit lachen und weinen.

Gute Nacht

Jutta

Yogi 12 21.09.2014 14:23

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo zusammen, hallo Schwups,

Danke für deine Post,
auch mein Mann hat alles in seiner Macht stehende getan wenn er nur hätte weiterleben dürfen.
Ja, ich habe häufiger den Gedanken dass ich meinem Mann nach einer Weile nachfolgen möchte. Solange ich gesund bin werde ich mich aber nicht so schnell aufgeben.

Die Geschichte eines gemeinsamen Lebens kann nicht einfach abgetan und ein neues Kapitel aufgeschlagen werden.
Aber das Neue Leben wird irgendwann angenommen, auch wenn der geliebteMensch noch an allen Ecken und Enden fehlt.

Ich hoffe das die Zeit - das Gefühl der Trauer und des Verlustes erträglicher macht - und ich mich zunehmend der Zukunft zuwenden kann.

Für meinen lieben Mann:
Keiner wird gefragt wann es ihm recht ist, Abschied zu nehmen
von Menschen, von Gewohnheiten, von sich selbst.
Irgendwann plötzlich heißt es,
damit umzugehen, ihn auszuhalten, ihn anzunehmen
diesen Abschied, diesen Schmerz des Sterbens,
dieses Zusammenbrechen, um neu aufzubrechen.

(Anonym)

Euch einen schönen Sonntagnachmittag!

Liebe Grüße

Jutta

djkprinz 22.09.2014 19:39

AW: Geht es euch auch so?
 
Liebe Jutta,

ich habe meinem Mann Thomas mal angedeutet, dass ich mir ein Leben ohne ihn nicht vorstellen kann und will. In diesem Zusammenhang habe ich mal angedeutet, dass ich mit ihm gehen könnte. Aber das war es nicht, was du meintest oder?

Derzeit fühle ich mich einfach schlecht, ich weiß nicht, was mit mir los ist, ich bin nicht Fisch nicht Fleisch. Irgendwie habe ich die Trauer zur Seite geschoben und habe ein schlechtes Gewissen.

Gestern abend wollte ich den Schrank der Caritas leerräumen (Medikamente, Hilfsmittel etc.). Als ich die Utensilien heraus nehmen wollte, bekam ich sowas von Herzklopfen. Mir war ganz komisch. Ich hab die Sachen dann schnell wieder weg gelegt.

Komische Trauer oder?

Ich habe am Mittwoch einen Termin zur Psychotherapie vereinbart. Mal sehen.

LG Heike

Yogi 12 22.09.2014 21:46

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo Heike,

ich habe deinen Beitrag gerade gelesen, danke dafür!

Die letzte Woche im Krankenhaus als es meinem Mann so schlecht ging und die nächsten Wochen nach der Beerdigung fühlte ich mich so in etwa wie du es beschreibst. Ich stand irgendwie unter Schock, musste seinen Tod hinnehmen, in den Unterlagen herumwühlen, seinen Wagen verkaufen, das Aquarium wegschaffen und vieles mehr. Das war sehr schwierig und schmerzhaft für mich, alle Dinge die ihm wertvoll und wichtig waren wurden weggegeben, denn der Tod kam überraschend schnell....

Jetzt gut sechs Wochen nach diesen Ereignissen komme ich langsam zur Besinnung und mein Mann fehlt mir mehr als je zuvor.

Ich habe zwar noch unseren Hund, aber deswegen stehe ich auch ein wenig unter Druck. Wenn ich ausfiel, wäre niemand da der sich um ihn kümmern könnte, eine blöde Situation - denn ich bin in allen Lebenslagen nun auf mich allein gestellt. Deshalb bin ich für jede Hilfe die ich bekommen kann dankbar.
Jeder einzelne ist in einer besonderen Situation.
Du hast deine Kinder die dich vielleicht ab und zu noch brauchen. Ihr könnt vermutlich unterstützend für einander da sein. Der Arbeitsalltag beginnt bald für dich, auch da gibt es einen Wiedereinstieg.

Gut möglich das dir diese Lebensperspektive schon jetzt mehr Sicherheit gibt und der Neuanfang dadurch leichter fällt. Ich würde es dir wünschen....

Eine Psychotherapie mache ich auch schon eine ganze Weile, war heute gerade wieder bei meiner Therapeutin.
Es war ein aufbauendes Gespräch. Sie bemüht sich sehr mir hilfreich zur Seite zu stehen.
Wir werden die unterschiedlichen Phasen des Abschieds und der Trauer besprechen und ich will versuchen nach und nach das unbegreifliche zu verstehen.

Für dein Gespräch mit der Psychologin wünsche ich dir einen guten Einstieg.

Liebe Grüße

Jutta

PS: Zu deiner Frage nach dem mitgehen des Partners in den Tod. Ja, so ähnlich wie du habe ich es auch formuliert. Das war das erste was ich meiner Hausärztin mitteilte, nachdem wir die niederschmetternde Diagnose hörten. Ich sagte: " Ich kann mir ein Leben ohne meinen Mann nicht vorstellen." Und sie meinte daraufhin, - mir ginge es ja seelisch schlechter als ihm, - was ich nicht glauben konnte.

Yogi 12 24.09.2014 09:22

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo ihr Lieben!

Das Ende des gemeinsamen Lebens und Erlebens mit seinen Höhen und Tiefen, können nur diejenigen ermessen, deren Partnerschaft durch den Tod beendet wurde.

Wo bisher immer jemand war, der zuhörte, lachte, stritt und liebte, herrscht nun Stille und Leere.
Ich bin jetzt auf mich allein angewiesen und muss mich in diesem neuen Leben zurechtfinden.
Manchmal träume ich von Ingo, fahr von Bahnhof zu Bahnhof, irre herum und kann ihn nicht finden. Es fehlt der ruhende Pol und die Schulter zum anlehnen.

Bei jüngeren Paaren mit Kindern ist die Herausforderung in der ersten Zeit zwar mächtig groß, gerade diese Provokation kann aber in der Situation des Verlustes dem Leben einen Sinn geben...

Ich ziehe mich in mein Inneres zurück, die Suche und Sehnsucht nach meinem Mann ist noch zu groß.
Wie lange diese Phase dauert weiß ich nicht.
Die Akzeptanz das es so ist wie es ist braucht Zeit.

Allen hier einen schönen Tag....

Liebe Grüße

Jutta

hermannJohann 24.09.2014 17:52

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo Jutta,
ich glaube, wenn man Kinder hätte wäre es anders, aber nicht leichter. Man hätte eine Lebensaufgabe, denn wer könnte schon seine Kinder in einer solchen Situation allein lassen. Aber das kann auch eine sehr große Belastung sein. Als Alleinstehende müssen wir unsere Aufgaben und unseren Lebenswillen selber finden. Je älter man wird, um so mehr Lebensaufgabe hat man entweder bewältigt oder aber, es ist dafür zu spät. Ein extremes Beispiel ist das Pflegeheim. In einer empirischen Untersuchung hat man festgestellt, dass 47 % im ersten Jahr sterben. Nun kann man sagen, die waren alle sehr krank. Wer so krank ist, würde auch außerhalb des Pflegeheims sterben. Um das zu prüfen, haben die Forscher eine Kontrollgruppe gebildet mit Menschen, die nicht im Pflegeheim leben. Die Sterblichkeit im Pflegeheim war noch doppelt so hoch wie in der Kontrollgruppe. Wenn man dort ist, ist man an der Endstation, danach kommt nur noch der Tod. Wir sind noch nicht so weit. Wir können uns zurückziehen, später aber auch in die Welt zurückkehren. Ich merke, dass ich noch nicht ganz zurück bin. Aber es ist möglich
Liebe Grüße
Hermann

sjarissa 24.09.2014 21:27

AW: Geht es euch auch so?
 
Lieber Hermann, liebe Jutta,

Zitat Hermann:

.... Wir sind noch nicht so weit. Wir können uns zurückziehen, später aber auch in die Welt zurückkehren. Ich merke, dass ich noch nicht ganz zurück bin. Aber es ist möglich
Liebe Grüße
Hermann

DANKE Hermann, ich freu mich diese Zeilen zu lesen und kann sie nur beamen.

Ich kann so vieles nachempfinden in diesem thread, habe selbst die Tiefen durchlebt ohne Gewissheit das es jemals anders werden könnte, hab gekämpft und kapituliert, wieder aufgestanden, gestrauchelt..wieder und wieder, meine Nischen gesucht aus denen ICH Kraft gewinnen konnte, fernab aller Vorstellungen der Wohlmeinenden .. und ja, zurück bin ich noch nicht, aber ich spüre tief in meinem Inneren das es möglich sein wird, das ich die Umwelt wieder wahrnehme, mich zurück an banalen Dingen freuen kann, das die Umwelt wieder Farbe trägt und diese Farbe mich innerlich berührt und mich hoffen lässt das die Welt um mich herum wieder erlebnisreich bunt werden kann

Die Trauer ist immer da, aber aus dem Schwarz wurde ein Anthrazit, ein nebliges Grau... und nun scheint manchmal das Sonnenlicht durch und tut einfach nur gut.

Ich bin dankbar für jeden ins Herz treffenden Lichtstrahl und den wünsch ich dir und Jutta immer öfter.

Nehmnt euch Zeit, eure Zeit und bleibt offen für das, was geschieht ohne etwas zu wollen.

Lieben Gruss

Sjarissa

Yogi 12 25.09.2014 17:26

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo Zusammen!

Danke Sjarissa und Hermann, ihr habt auf eine einfache Art sehr richtige Dinge
zu sagen, die mich den ganzen Tag begleitet haben.

Ich muss durch das Leid hindurch um wieder ans Licht zu kommen.

Meine Mutter war eineinhalb Jahre vor ihrem Tod in einem Pflegeheim und wir mussten mit vielen belastenden Situationen zurecht kommen.
Da sie in Bochum lebte und durch ihre Demenz seit Jahren von einem Berufsbetreuer begleitet wurde und sich von ihm nicht lösen wollte, gab es für meine Schwester und mich viel Stress mit dem Pflegepersonal in einem städtischen Dortmunder Altenheim.
Es wurde bei den vielen Versäumnissen in der Pflege und im seelisch/geistigen Bereich gerne höhnisch darauf aufmerksam gemacht, dass wir als ihre Töchter nichts zu melden hatten. Mutter konnte sich nicht verständlich machen und der Betreuer war selten vor Ort und wenn, suchte er nie das Gespräch mit uns.

Beim Übergang von zu Hause ins Heim verweigerte sie die Nahrungsaufnahme, trank auch nicht mehr und - wollte damit zeigen dass sie sterben will.-
Erst als sie merkte das wir sie regelmäßig besuchten besserte sich ihr Zustand.
Der lieblose Umgang in diesem Altenheim gerade für Bewohner und Bewohnerinnen für die alles - Schall und Rauch war - ( wie eine Pflegerin es ausdrückte ) blieb bis zuletzt ein großes Problem.
Von Menschenwürde konnte zu keine Zeit die Rede sein. Auch mein Mann war häufig bei den Besuchen ( meist am Wochenende ) dabei.
Die sichtbaren Mängel und die Missachtung der "Alten" haben ihn so stark beeindruckt, dass er sogar mehrmals während seiner Krankheit bemerkte, das ihm so ein verwirrtes hilfloses Leben nun erspart bleiben würde..
Mutter starb ein halbes Jahr vor ihm, - sie ist friedlich eingeschlafen....

Beide liegen fünf Schritte voneinander entfernt im selben Urnengrabfeld.
Sie wurde zweiundachtzig, er durfte nur sechsundfünfzig Jahre alt werden.

Ich bedanke mich für euer Interesse und wünsche noch einen schönen Abend.

Liebe Grüße

Jutta

Yogi 12 27.09.2014 20:47

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo Zusammen,

vielleicht habe ich verstanden das der Verlust unwiederbringlich ist.
Manchmal können Menschen die mich kennen vermutlich den Eindruck haben meine Trauer um meinen Mann sei am Abklingen, ich hätte seinen Tod verwunden.

Nein, sie irren in gewisser Weise ist die Trauer sogar tiefer geworden.
Wer das nicht erlebt hat wird es wohl kaum nachvollziehen können.

Vielleicht werden wir später im Jenseits die Möglichkeit haben einander zu begegnen... Nur wäre dann alles noch so wie hier auf Erden, würde ich ihn wieder erkennen?
Wäre es so wie vor der Geburt das es das "Nichts" gibt das uns verschlungen hat, ist es auch recht.
Wir versuchen Erklärungen zu finden, denn der Tod ist eine Grundtatsache, die unser Leben erschüttert wie kaum ein anderes Ereignis im Leben.
Hauptsache es gibt eine annehmbare Antwort auf diese letzten Fragen.....

Wie denkt ihr darüber?

Heute bin ich von Nachbarn gefragt worden wie es mir geht und ich habe mit "nicht so gut" geantwortet. Ich glaub mein Gegenüber hat es nicht einmal wahrgenommen.
Es wiederholt sich, aber ich möchte keine Halbwahrheiten von mir geben, lieber würde ich dann gar nichts sagen.

Liebe Grüße

Jutta

HelmutL 28.09.2014 00:32

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo Jutta,

ich glaube daran, dass wir uns wiedersehen und uns auch erkennen. Wie es sein wird, weiß niemand. Wie es sein könnte, darüber mache ich mir keine großen Gedanken mehr.

In den 6 1/2 Jahren habe ich genau vier mal von meiner Frau geträumt. Den letzten Traum erst vor ein paar Tagen. Jedes mal ging es um das Wiedersehen auf der anderen Seite. Ihre Reaktion im Traum war alles zwischen kalt/abweisend bis bestenfalls freundlich/reserviert. Willkommen war ich nicht. Vielleicht auch noch nicht?

Die Frage nach der anderen Seite steht für mich auf gleicher Höhe wie die vielen Warums. Es gibt darauf keine endgültige Antwort. Nicht auf dieser Seite der Linie. Es tut mir nicht mehr weh, keine solchen Antworten zu haben. Für mich gibt es nur eine Antwort auf die Frage, wie es sein wird: "Es gibt keine Antwort." Damit kann ich sehr gut leben.

Das sind meine ganz persönlichen Gedanken dazu.

Jeder hat seine eigenen und das soll auch so sein.


Liebe Grüße,

Helmut

Yogi 12 28.09.2014 17:43

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo Zusammen, hallo Helmut,


Danke für die Antwort.

Es ist eigentlich schade, das in dem geschilderten Traum von deiner Frau im Jenseits - sie dir eher freundlich/reserviert oder kühl und abweisend erscheint.-

Meine Vorstellung aus der anderen Welt klingt vielleicht etwas naiv aber es wäre schön dort angenehme Bilder und Eindrücke zu erfahren.
Wenn wir uns auf einer anderen Seinsebene wiedersehen sollten, möchte ich meinem Mann für immer nahe sein und meine Liebe zu ihm stark spüren.
Ich weiß das es Fantasien sind aber ich fühle mich gerade sehr wohl bei dieser Vorstellung.

Ein anderes Thema ist die Einsamkeit.
Ich spüre dieses Alleinsein wie eine dunkle Wolke die mich einhüllt.
Manchmal bilde ich mir ein, andere Frauen in Begleitung ihrer Männer fahren zusammen ins Grüne, gehen zusammen durch die Straßen, schauen mich an und spüren das ich alleine bin..... Sie hat ihren Mann verloren, wir haben unsere Männer noch....
Trauer isoliert eben, das bilde ich mir nicht ein.
Trotzdem möchte ich durch die Trennung nicht zerbrechen und irgendwann wird sich Dankbarkeit in die Traurigkeit mischen.....


Liebe Grüße

Jutta

Yogi 12 30.09.2014 08:36

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo zusammen,

Durch die Trauer bin ich am wenigsten im Hier und Jetzt, denn ich lebe nun alleine und muss mir meine Zukunft ohne meinen Mann vorstellen.

Es ist wahr, Witwen kann man kaum eine Freude machen.
Manchmal bin ich beleidigt wenn ich keine Einladung bekomme, weil sie mir halbherzig vorkommt - wenn ich eingeladen werde sage ich am liebsten ab. -

Jede andere Witwe/Witwer versteht diesen Zwiespalt warum verstehen ihn nur die anderen nicht?
Die Unterhaltung mit andern gelingt eben nicht immer.
Berufstätige sind zumindest tagsüber abgelenkt. Abends und an den Wochenenden empfinden jedoch viele die gleiche gähnende Leere wie ich sie fühle.

Jetzt mach ich mich gleich auf den Weg ins Sportstudio.
Hier strenge ich mich so an, dass in dieser Zeit meist die grübelnden Gedanken an meinen Mann und die Zukunft - ohne ihn, mit ihren verlorenen Chancen - ein wenig zur Ruhe kommen.

Liebe Grüße

Jutta

Nicerl 30.09.2014 11:19

AW: Geht es euch auch so?
 
Liebe Jutta!

Nachwievor lese ich hier in deinem Thread mit!
Die Zeit des Trauerns die du nun mit allen Fassetten erlebst ist sehr schwer.
Es gibt kein Richtig und kein Falsch!

Jeder muss für sich seinen individuellen Weg finden.
Ich glaube von fachlicher Seite aus gibt es sogenannte Stationen die von allen Trauernden, Hinterbliebenen durchlaufen werden müssen, nur jeder macht das in seinen eigenem Tempo.

Es ist schön, daß du zumindest ein Ventil im Sport gefunden hast. Das ist unheimlich viel wert. Sei froh, auch wenn dir das vielleicht komisch vorkommen mag, daß du das machen kannst.
Unsere Gesundheit ist von unschätzbarem Wert, ich bin mir im Klaren, daß dir das bewusst ist.
Meine ist derzeit dermaßen desolat, daß ich froh bin, wenn ich meinen Alltag geregelt kriege.
Alles scheint ein "Zeitlimit" zu haben, Trauer, Krankheitsprozesse, Diagnosenfindung.... wir dürfen uns davon nicht beirren lassen!

Dies schreibe ich dir nur deshalb, weil du in deinem heutigen Beitrag schreibst, daß die meisten Menschen nicht mit deiner Trauer umzugehen wissen.
Das ist mit Krankheit häufig auch so. Viele soziale Kontakte gehen verloren.
Der Mensch neigt glaub ich dazu selten über seinen eigenen Tellerrand zu sehen, von viel zu vielen Dingen des Alltags sind wir gefangen genommen.

Wir sind es gewohnt zu "funktionieren", so wird es uns von allen Seiten vorgelebt.
Wenn wir das nicht tun oder können/wollen, degradieren wir uns zu Aussenseitern.
Das einzig Gute daran scheint zu sein, daß man sich mit sich selbst mehr auseinandersetzen muss, ob mn nun will oder nicht.
Dies bringt einem manchmal Erkenntnisse die ganz hilfreich sein können.

Kaum einer von uns hat es gelernt mit dem Tod umzugehen, er ist und bleibt ein Tabuthema!
Leider war ich in meinen Beruf auch nicht immer gefeit davor;
Das Einzig positive daran ist, daß man besser über ihn sprechen kann, daß man weiss er gehört zu unser aller Leben dazu.
Unheilbar krank zu sein kommt mir eher wie eine Bestie vor, sie lauert und keiner weiß wann sie zuschlägt;
Aber es gibt sie ja die Hoffnung, auf Lebensverlängerung, gemeinsame Zeit....

Liebe Jutta, auch wenn ich deinen Schmerz nicht nachempfinden kann fühl ich mir trotzdem verbunden.
Du wirst deinen Weg finden und gehen, da bin ich mir ganz sicher.
Sei gnädig mit dir, verlang dir nicht zuviel ab, du stellst die Regeln auf!

Alles Liebe Nicerl

P.S. Meiner Mama gehts nachwievor den Umständen entsprechend gut, auch wenn die Entzündungen nicht rückläufig sind und sie einen Teil ihrer prachtvollen Haare einbüßen muss.
Ich bewundere sie für ihre positive Einstellung in einem aussichtslosen Kampf den sie als Geschenk sehen kann! Hut ab!

HelmutL 30.09.2014 13:15

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo Jutta,
Zitat:

Zitat von Yogi 12 (Beitrag 1287670)
Es ist eigentlich schade, das in dem geschilderten Traum von deiner Frau im Jenseits - sie dir eher freundlich/reserviert oder kühl und abweisend erscheint.-

Nein, mach dir da keine Gedanken. Natürlich war ich am Anfang schockiert, doch ich habe verstanden, was diese Träume für mich bedeuten. Es ist gut so. Absolut.
Zitat:

Zitat von Yogi 12 (Beitrag 1287670)
Ich weiß das es Fantasien sind aber ich fühle mich gerade sehr wohl bei dieser Vorstellung.

Das ist gut so. Vielleicht denkst du später mal anders. Doch warum schon jetzt? Du brauchst deinen Mann noch, um dich (zumindest in Gedanken) an ihn anlehnen zu können.
Zitat:

Zitat von Yogi 12 (Beitrag 1287670)
Trauer isoliert eben, das bilde ich mir nicht ein.

Stimmt. Das ist keine Einbildung. Wie schon oft geschrieben, ist es möglich, diese Isolierung von innen heraus zu durchbrechen. Nicht nur die Anderen sollten auf uns zugehen, sondern auch wir auf sie.
Zitat:

Zitat von Yogi 12 (Beitrag 1287670)
Trotzdem möchte ich durch die Trennung nicht zerbrechen und irgendwann wird sich Dankbarkeit in die Traurigkeit mischen.....

Gib diese Hoffnung nicht auf. Du bist auf dem besten Weg dahin.

In einem muss ich dir widersprechen. Auch Witwen kann man eine Freude machen. Indem man sie nämlich nicht ausgrenzt. Ich weiß, wie schwierig es ist, als fünftes Rad am Wagen in einer Runde zu sitzen. Schwer, doch es geht. Mit der Zeit immer besser.


Liebe Grüße,

Helmut

Yogi 12 30.09.2014 16:22

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo Nicerl und Helmut!

Vielen Dank für eure Beiträge, war sehr erfreut darüber.

Nicerl: Es ist natürlich so, dass viele Menschen mit den schwierigen, leidvollen Aufgaben die das Leben uns stellt nicht viel anfangen können oder wollen. Sie denken es ist früh genug wenn es so weit ist und haben noch unendlich viel Zeit bis dahin. Ich möchte aber so fair sein und zugeben das auch ich mich - vor der eigenen Erfahrung mit dem Verlust - nicht allzu oft damit befasst habe.
Ich habe mehrere Biographien über Krankheit und Tod gelesen, aber was ich nicht selbst erlebt habe kann ich - auch wenn es mich sehr berührt - nicht wirklich nach empfinden, es betrifft ja die anderen, ich höre oder lese davon und kann es bald wieder verdrängen.....

Ja, ich glaube auch das Einsamkeit wenn sie nicht übertrieben lang ist eine heilsame Quelle sein kann und der Selbstfindung dient.

Dir geht es gesundheitlich momentan nicht gut, so dass du dich dadurch beeinträchtigt fühlst?
Ich hoffe das es vorübergehend ist und das es gelingt aus eigener Kraft wieder eine Balance zu finden.
Mit der Krebserkrankung deiner Mutter kommt sie selbst und auch du momentan ganz gut zurecht, wie ich in deinem Thema gelesen habe.
Die Nebenwirkungen (meist Entzündungen) sind zwar unangenehm, aber sie hat trotzdem noch eine gewisse Lebensqualität damit.
Ich kann nur bestätigen dass Nebenwirkungen vermutlich besser sind als wenn kaum etwas davon zu spüren ist.
Bei meinem Mann hat die letzte Chemo nicht mehr gewirkt. Der Krebs war zu aggressiv, Nebenwirkungen blieben aus....
Auch weiterhin wünsche ich euch von Herzen alles Gute.

Helmut: Danke für deinen Zuspruch.
Momentan bin ich ungenießbar, stehe mir selbst im Weg und habe nur ein geringes Selbstvertrauen.
Nichts ist recht oder kann mir recht gemacht werden.
Ich stelle manchmal alles in Frage, den Besuch meiner Schwester, (Pflichtbesuch) das Gespräch mit der Therapeutin (die ja geerdet ist, was sie auch sein muss) und die ein sinnerfülltes Leben führt in dem es wohl kaum Trauer und Verlust gab, auch das Schreiben hier im Forum kommt mir manchmal sinnlos vor weil sich vieles wiederholt und ich nicht zu nervig sein will.
Es gibt halt schlechte und bessere Tage und ich muss mich in Geduld üben.

Genug gejammert, ich wünsche allen noch einen schönen Abend

Liebe Grüße

Jutta

HelmutL 01.10.2014 00:08

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo Jutta,

Zitat:

Zitat von Yogi 12 (Beitrag 1287990)
Ja, ich glaube auch das Einsamkeit wenn sie nicht übertrieben lang ist eine heilsame Quelle sein kann und der Selbstfindung dient

Die Einsamkeit und die Stille sind wie Geschwister. Im Prinzip sind wir in uns selbst immer einsam. Es gibt allerdings Menschen denen es gelingt, die Saiten unserer Seele zum Schwingen zu bringen und daraus wunderschöne Melodien zu zaubern. Ohne sie ist es still in uns. Einsam und still.

Irgendjemand hatte mal vor langer Zeit geschrieben: "Die Stille ist nicht nur ein Fluch. Sie ist auch ein Segen."

Ich war unterwegs, hatte zu tun, war abgelenkt. Kaum dass sich die Wohnungstür hinter mir schloss: nur noch Stille. Laute, lärmende Stille, dass die Ohren schmerzten. Die Einsamkeit, die Verlorenheit, die Trauer brach über mir zusammen. Selbst dröhnende Lautsprecher konnten sie nicht übertönen.

Ich war unterwegs, hatte zu tun, war abgelenkt. Kaum dass sich die Wohnungstür hinter mir schloss: nur noch Stille. Sanfte, schmeichelnde, friedliche Stille, die mir die Zeit gab, mich an das zu erinnern was war. Endlich Gelegenheit, die Gedanken zu sortieren, nach innen zu schauen und die Trauer zu zu lassen ohne wenn und aber und .... niemand störte. Stille, um zu weinen und zu lachen. Stille als beschützende Zeitkapsel der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Nimm dir die einsame Stille, die du brauchst.


Liebe Grüße,

Helmut

Yogi 12 02.10.2014 16:12

AW: Geht es euch auch so?
 
Zitat:

Zitat von HelmutL (Beitrag 1288087)
Die Einsamkeit und die Stille sind wie Geschwister. Im Prinzip sind wir in uns selbst immer einsam....
Ich war unterwegs, hatte zu tun, war abgelenkt. Kaum dass sich die Wohnungstür hinter mir schloss: nur noch Stille. Sanfte, schmeichelnde, friedliche Stille, die mir die Zeit gab, mich an das zu erinnern was war. Endlich Gelegenheit, die Gedanken zu sortieren, nach innen zu schauen und die Trauer zu zu lassen ohne wenn und aber und .... niemand störte. Stille, um zu weinen und zu lachen. Stille als beschützende Zeitkapsel der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Hallo zusammen, hallo Helmut,

deine Worte sind inspirierend, ich habe sie gerade noch mal auf mich wirken lassen.
Sicher gibt es Unsicherheit und Isolation, aber ich kann es auch von der heilsamen Seite aus betrachten und daraus kann eine tiefes Gefühl der Verbundenheit mit dem geliebten Menschen entstehen. Für Momente habe ich es auch schon so erlebt, es darf sich gerne häufiger einstellen.
Dadurch erhalte ich die Erinnerung an das Gute was mit meinem Mann in mein Leben gekommen ist in meinem Herzen fest.

Bald gehe ich wieder zum Friedhof, auch das ist eine Oase der Ruhe und Besinnung, hier werde ich mich wieder an ihn erinnern.

Liebe Grüße

Jutta

Yogi 12 03.10.2014 18:21

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo zusammen!

Jede Erinnerung tut noch weh, doch wenn ich an meinen Mann denke hole ich ihn in mein Leben zurück und ich mache mich innerlich mit ihm wieder vertraut. Die Erinnerung drängt sich oft von ganz alleine auf. Im Traum, als Gefühl und bei einem bestimmten Geruch.

Mein Mann und ich haben schon seit langem Achtsamkeitsmeditationen von Jon Kabat Zinn, aber auch viele schöne klassische Musikstücke von Chopin, Schubert, Liszt u.v. mehr zu Gedichten - von Goethe, Rilke und vielen anderen Dichtern - zusammen gehört.
Jeden Sonn und Feiertag haben wir uns daran erfreut, es war ein Ritual welches wir nicht missen wollten.
Auch trug es zur Entspannung bei und stärkte den Zusammenhalt.

Diese CD`s habe ich - als ich meinen Mann verloren habe - in die unterste Schublade gepackt und zu meinem Kummer kann ich mir nicht vorstellen sie jemals wieder hervor zu holen, denn ich fühl mich so alleine damit.

Außerdem hat er an die zweihundert CD`s Progressive Rockmusik, die ich ohne ihn nicht mehr hören mag.

Immerhin beginne ich jetzt so langsam wieder Filme und Dokumentationen im Fernsehen anzuschauen, in der dunklen Jahreszeit werden die Abendstunden sonst zu lang.
Vielleicht mag jemand Anregungen geben wie er sich ohne Patner/in beschäftigt......

Liebe Grüße

Jutta

djkprinz 03.10.2014 20:36

AW: Geht es euch auch so?
 
Liebe Jutta,

ich weiß, wie du dich fühlst. Habe heute ein paar Sommersandalen meines Mannes weggeworfen, jedoch nicht ohne nochmal über die Zehenabdrücke zu streicheln, die seine Füße in den Sandalen hinterlassen haben.

Das Blutzuckermeß-Buch konnte ich allerdings nicht wegwerfen. Ich wollte es, aber es ging nicht. Ich habe es an mein Herz gedrückt und dann wieder in den Schrank gelegt.

Macht das Sinn?

Ich habe für mich beschlossen, mit einem meiner Hunde einen Schnupperkurs in den Abendstunden zu belegen (Nasenarbeit). Die beiden sind in der letzten Zeit viel zu kurz gekommen.

Wie wäre es denn mit einem Kurs bei der Volkshochschule oder Sportkurs. Ist ja auch erstmal nur ein Vorschlag.

Bei mir geht sowas gar nicht. Ich mag nach 4 Wochen gerne alleine sein. Mit der Dunkelheit habe ich auch noch keine Probleme, aber ich bin ja auch nicht allein.

Liebe Grüße Heike

HelmutL 03.10.2014 22:55

AW: Geht es euch auch so?
 
Hallo Jutta,

was soll man da empfehlen ... ich denke, das muss jeder für sich selbst herausfinden. Es geht dabei nicht nur darum, das zu vermissen, was man früher gemeinsam getan hat. Nicht darum, Rituale wieder aufleben zu lassen.

Es geht darum, Dinge zu entdecken, die jetzt das eigene Interesse wecken können. Zu entdecken, dass 2 nicht die Summe von 1 + 1 ist, sondern die Schnittmenge. Wenn auch eine sehr große.

Ich hoffe, du verstehst, was ich meine und ... lass dir Zeit.


Liebe Grüße,

Helmut


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