![]() |
Kritik am Verstorbenen?
Hallo an Alle,
ich bringe jetzt ein Thema, was ich so hier noch nicht gesehen habe. 20 Jahre war ich mit meinem Mann zusammen, bis er an Krebs starb. Erst heute, nach 1,5 Jahren, sehe ich, das unser Leben sehr auf meine Kosten ging, finanziell, kräftemäßig etc. Ich habe ihn abgöttisch geliebt, aber heute sehe ich, das ich völlig auf der Strecke blieb. Ist mein Denken falsch? Hat jemand ähnliche Gefühle? |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo Graci, ich glaube, dieser Gedanken brauchst Du Dich nicht zu schämen! Aber ich bin auch der Meinung, zur damaligen Zeit zu Deinem Mann zu stehen, war auch die richtige Entscheidung!
Ich vertrete nach wie vor die Meinung, wenn Menschen bescheidener wären und sich auf die wesentlichen Dinge des Lebens konzentrieren, wären sie zufriedener. Zur damaligen Zeit war es wichtig, Deinem Mann beizustehen, finanzielle Dinge sollten da in den Hintergrund treten. @ jogilein Ich bin erstaunt, wenn jemand sagt: "entscheide du mal über mein Leben"....derjenige war, glaub ich, noch nicht in dieser Situation. Aber ich kann sie nachvollziehen. Vor 2 Jahren, als meine Mutter schwer erkrankte, mußte auch ich entscheiden, mein Vater war zu gar nichts mehr in der Lage! Sicher, die Zeit, die ihr verblieb, war kurz bemessen. Aber ich grübel bis heute darüber nach, dass ich eigentlich über ihren Tod entschieden habe, weil ich mich dafür eingesetzt habe, dass keine weiteren Untersuchungen erfolgen, um nicht noch das Sterben zu verlängern. Darum rate ich auch jedem, unbedingt eine Patientenverfügung zu erstellen, um diese Last nicht anderen aufzubürden! Liebe Grüße |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo Graci,
nein dein Denken ist nicht falsch. Auch ich habe ähnliches erlebt mit meinem zweiten Mann. Mein Mann ist nun schon 8 Jahre Tot. Er hatte damals eine sehr schwere Heroperation und starb dann den plötzlichen Herztot. Ich liebe ihn heute noch und er wird immer einen Platz in meinem Herzen haben. Es gibt sehr viele Situationen da vermisse ich ihn sehr. Und wenn nun jamand sagt: Mensch dein Mann ist doch nun Tot da kannst du doch nicht so über deinen Mann redenso kann ich nur sagen ich stelle mich ja nun nun nicht auf den Marktplatz und posaune diese andere ja sagen wir mal nicht so obtimale Seite in die Welt hinaus. Das Leben mit einem Menschen hat aber itrotz allem zwei Seiten. Und auch die andere Seite die etwas dunklere darf ich in meine Gedanken mit einbeziehen. Wenn ich über die schönen die tollen und hellen Seite erzählen sollte wäre ich morgen noch nicht fertig. So geht es mir auch mit meinem im letzten an Krebs verstorbenen Lebensgefährten. Einen schönen Tag wünscht euch Erika |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo Erika,
ich glaube, Du hast den Punkt getroffen. Natürlich war nicht alles schön und hell, viele Dinge erkennt man auch erst nach einer gewissen Zeit, aber ist es falsch, hell und dunkel zu sehen? Ich bin doch übrig, und mein Leben geht weiter, also muß ich doch auch die vergangenen Jahre für mich aufarbeiten, keiner will doch in die nächste Falle tappen. |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo Graci,
deine Gefühle sind ganz natürlich, egal von wem man Hintebrliebene(r) bleibt. Zu Beginn ist die Trauer übermächtig, oft wird der Verstorbene dann im schönsten Licht bedacht. Unser eigener Schutzmechanismus hilft dabei, zuerst das eine, dann erst die vielen anderen Dinge, die uns während eines gemeinsamen Lebens belasteten, aufzuarbeiten. Nur darüber offen zu reden vermögen die wenigsten, weil man "Tote nicht beschmutzt", wie es so heißt. Aber glaube mir, jeder der einen Menschen verliert arbeitet auf, packt das eine oder andere Paket aus und denkt viel nach. Denkt, hier oder dort hätte ich anders reagieren sollen/können. Aber damals war die Situation eine Andere, und somit für damals alles richtig. Schreibst du gerne? Da du jetzt keinen Ansprechspartner für die vielen Gedanken hast, könnte es dir vielleicht helfen, mal all die Gedanken und Gefühle zu Papier zu bringen. Unsortiert, ohne Korrektur, einfach losschreiben. Nach einiger Zeit es dann wieder lesen, und evtl. dich auf das eine oder andere tiefer einzulassen? Vielleicht wächst daraus dann auch ein guter Weg für deine Zukunft? |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo Graci,
scheint wirklich ein Tabu-Thema zu sein. Viele lesen und nur sehr wenige haben sich getraut was zu schreiben. GsD ist es so, dass man sich nur an die schönen Dinge erinnert. Und wie Jutta geschrieben hat, gibt es ja noch dieses ungeschriebene Gesetz, dass man Toten nix Böses nachsagt. Es fällt auf, dass eigentlich alle ihre Verstorbenen posthum praktisch "in den Himmel" heben. Dabei war garantiert bei niemandem immer blos Friede-Freude-Eierkuchen. nächtliche Grüsse Helmut |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo Leute
Finde ich echt gut, das dieses Thema auf den Tisch kommt. ABER: Das ist auch der Punkt, an dem jeder mal über sich selbst, sein Verhalten und den Umgang mit anderen nachdenken sollte. Da gewinnt der Spruch "Nobody is perfect" wieder gewaltig an Bedeutung, oder? |
AW: Kritik am Verstorbenen?
ich finde ja, dass es auch sehr von dem jeweiligen Partner abhängt.
Jedenfalls momentan schließe ich es für mich völlig aus, "schlecht" über meine Frau zu reden, wenn sie es doch eines Tages nicht schaffen sollte. Es gibt einfach keinen einzigen Grund, der mir zu diesem Thema einfallen würde. Als Tabu würde ich es gar nicht bezeichnen wollen, es gibt nur nichts... Wenn ein anderes Familienmitglied sterben würde (Alkoholiker), dann würde ich andererseits keinen Grund sehen nicht darüber zu reden, dass er sich tot gesoffen hat. Also immer offen, aber immer auch mit Grund. :winke: |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo Graci,
deine Gedanken sind nicht verkehrt. Ich kämpfe auch - in gewisser Hinsicht- mit dem "Nachlass". Es war z.B. bei uns eben alles auf ein Leben nach dem "Erwerbsleben" ausgerichtet. Und mein Mann war selbständig, da geht auch manches etwas anders. Ich bin für mich froh, die gedankliche Linie gekannt zu haben und denke auf dieser Basis werde ich meinen weiteren wirtschafltichen Weg finden - also ich trage da nichts nach. Eigentlich denke ich manchmal: hättest du (also ich) dich da mehr gekümmert und dich nicht nur drauf verlassen. Es war auch immer logisch und auch sehr bequem. Und mit diesen Umständen, die das Leben dermaßen umkrempeln, damit haben wir beide nicht gerechnet. Also: kein schlechtes Gewissen - es ist eben so - warum auch immer. Ireen |
AW: Kritik am Verstorbenen?
@ Alle,
die Gelegenheit, über das eigene Leben und die eigenen Fehler nachzudenken, hatte man bereits vorher. Wir haben das noch gemeinsam gemacht und Bilanz gezogen. Wichtig dabei ist was überwogen hat, welche Lehren man daraus zieht und ob man sie umsetzen kann. Als Hinterbliebene/r hat man es da schwerer. Man kann es nicht mehr gemeinsam tun. Was noch hinzu kommt ist dieses ungeschriebene Gesetz: niemals schlecht über einen Toten reden! Ein Tabu, das auch hier im KK anscheinend nicht gebrochen wird. Warum eigentlich? Es geht doch dabei nicht um üble Nachrede, sondern lediglich um die Feststellung, dass auch unsere Verstorbenen nicht zu allen Zeiten die reinsten Engel waren, sondern Menschen wie alle anderen auch. Mit guten und auch mit manchmal weniger guten Seiten. In welcher Ehe gab es keine Zeiten, wo man sich nicht verstand? Wo man sich auch mal so richtig gefetzt hat? Welcher Mensch war nicht auch mal weniger lieb zu seinen Mitmenschen? Egoismus, Neid, Hass, Wut, Gleichgültigkeit: menschliche Gefühle, die auch ihnen durchaus nicht fremd waren. Gefühle, die durchaus schonmal auf den Partner, die Partnerin, Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Sohn oder Tochter gerichtet sein konnten. Das ist das ganz normale, tobende Leben und bleibt nicht aus und sei es auch nur in Gedanken. Warum sind alle Menschen plötzlich nur noch lieb und gut gewesen, nur weil sie verstorben sind? Schon oft hat sich mir der Magen umgedreht, wenn ich an Beerdigungen die "Lobeshymnen" von der Kanzel hörte. Muss das sein? Jeder der Anwesenden (fast jeder) wusste, dass da gelogen wird dass sich die Balken biegen. Kann man nicht auch anders, ganz normal über Tote reden? Oder ist das ein bisschen Beweihräucherung des eigenen Egos? Es gibt einen einzigen Grund, den ich akzeptiere, es nicht zu tun: unsere Verstorbenen können sich nicht mehr dagegen wehren! Auch wir könnten sie ja falsch einschätzen. Nur, sie mit übertriebem Glanz und Gloria in den Himmel heben, das müssen wir auch nicht. Über ihre kleinen Ecken und Kanten vernünftig reden, das dürfen wir, mit Vorsicht. Liebe Grüsse Helmut |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo an Alle!
Ich weiß nicht mehr wo ich es gelesen hatte, aber ich habe es nie vergessen, denke heute sehr oft darüber nach: Es ist ein Unterschied mit einem Lebenden zu leben oder mit einem Verstorbenen. Es ist wichtig und notwendig für das eigene Weiterleben, dem Toten einen „neuen Platz“ zu geben. Ich denke, diesen Platz zu finden, der dem geliebten Verstorbenen würdig ist und doch das eigene Weiterleben nicht verhindert gehört zu dem was wir Trauerarbeit nennen. Und den Platz kann man erst im Laufe der Zeit finden. Bis dahin durchleben wir so viele verschiedene Ebenen der Trauer so lange, bis unser geliebter Mensch ganz allmählich wieder komplett wird in unserer Erinnerung. Ich persönlich habe nicht deshalb nicht schlecht über meinen Mann gesprochen, weil „man es nicht tut“, sondern weil mir zu Beginn tatsächlich nichts, aber überhaupt nichts Negatives in den Sinn kam. Ich habe ausschließlich seine positiven Eigenschaften gesehen und vermisst, hatte Panik davor wie ich eben genau ohne diese leben können soll. In meiner Erinnerung war ich alleine Schuld an allem was in unserer Ehe schief lief. Mein Mann war perfekt. Zahllose Gespräche mit anderen Hinterbliebenen, die mir auf meinem Weg der Himmel geschickt hat, veränderten auch die Erinnerungen, ließen im Laufe der Zeit meinen Mann wieder „ganz“ werden, d.h. mit all seinen guten Seiten, aber auch mit den Fehlern, die er zweifelsohne hatte. Kleinigkeiten, die mich in unserer Ehe wütend gemacht hatten, ganz allmählich wurden sie wieder lebendig und heute erinnere ich mich an meinen geliebten Mann mit all seinen Facetten, mit allem, was ihn ausgemacht hat. Er ist wieder komplett. Die Schubladen, die langsam in jedem Gespräch ein wenig mehr aufgegangen sind, die mich Päckchen packen ließen. Ein langwieriger Prozess. Ich erinnere mich noch wie heute, als ich eines Tages meiner Freundin etwas Negatives über Claus erzählte. Als es mir bewusst wurde, war ich zunächst ziemlich erschrocken. Aber diese Wendung hatte etwas Befreiendes. Ganz allmählich bekam nämlich auch ich wieder die Stelle, die mir in meinem früheren Leben zustand. Nicht nur er hat mich glücklich gemacht, auch ich ihn. Nicht nur er hat den ein oder anderen Streit entschärft, auch ich. Nicht nur er war verantwortlich für das Gelingen unserer 28-jährigen Beziehung, sondern auch ich. Heute, fast 5 Jahre auf meinem Weg, ist mein Mann in meiner Erinnerung wieder komplett. Hin und wieder „schimpfe“ ich mit ihm, oftmals lächle ich, wenn ich an seinen Blick denke, der mir all seine Verachtung ausdrücken konnte, wenn ich mich nicht so verhalten hatte, wie er es sich gerade in dem Augenblick gewünscht hat. Ich bin versöhnt mit ihm, das ist ganz wichtig. Und deshalb ist es mir auch erlaubt zu sagen: Mein Gott hat er mich manchmal genervt. Und ja, ich vermisse den ganzen Mann, den Mensch mit allem Guten, aber auch mit seinen Fehlern. LG Andrea |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo Andrea,
beim Lesen deines Beitrages musste ich unwillkürlich schmunzeln. Die gleichen Gedanken sind auch mir schonmal durch den Kopf gegangen. Nicht nur das: meine Töchter und ich, wir reden oft über sie. "Was hätte sie jetzt wieder die Augen verdreht oder geschimpft". Auch solche Sachen eben. Und hinterher lachen wir dann wieder darüber. Oder "wenn Blicke töten könnten". Natürlich auch, dass es schön wäre, sie könnte dies oder jenes noch mit uns gemeinsam erleben. Die Einschulung unserer ältesten Enkelin z.B. Beides ist gegenwärtig, das Lachen und das Schimpfen. Najaaaa, manchmal hatte sie ja auch recht :shy:. Es ist, wie du sagst, der ganze Mensch, der uns verlassen hat. Mit seinen Ecken und Kanten in seiner ganzen Grösse. Wobei das immer eine sehr persönliche Empfindung ist. Jeder sieht den Anderen mit seinen eigenen Augen. Soweit so gut. Nur, dann gibt es ja auch noch diese richtigen Ekelpakete, die ihrem Umfeld das Leben schwer gemacht haben. Selbst da sollte man mal das Kind beim Namen nennen dürfen. Alles Liebe Helmut |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo an Alle,
ich will dann hier etwas erzählen, von dem ich nicht weiß, wie es aufgenommen wird. Ich habe mein gesamtes Leben geändert, ich bin umgezogen, habe sämtliche Möbel neu angeschafft, eine zweite Katze adoptiert und mich inzwischen selbstständig gemacht. Einen krasseren Wechsel hätte ich kaum vollziehen können. Ist das normal oder bin ich gemein, weil ich alles wegwerfe? Liebe Grüße |
AW: Kritik am Verstorbenen?
hallo graci
ich bewundere dich für deinen mut deine gefühle so zu beschreiben auch ich habe nur für die familienfirma meinen mann und den sohn gelebt bei uns hat es auch immer nur geheissen wenn wir älter sind holen wir alles nach ich war mit meinem mann 24 jahre zusammen wir hatten nie urlaub und waren immer für die firma da 2003 fiel meinmann durch organversagen ins wachkoma ich versuchte die firma aufrechtzuerhalten er musste ins pflegeheim was enorme kosten mit sich bracht heute würde ich ihn lieber zu hause pflegen und die firma aufgeben 2005 ist er nach beidseitiger lungenentzündung verstorben da die firma der schwiegermutter gehörte verkaufte sie diese und ich stand ohne arbeit und ohne wohnung da (wohnung war über der firma) bis heute bin ich noch nicht in der lage etwas auf die beine zu bringen auch bei mir kam der hass auf ihn das er sich zu lebzeiten um nichts gekümmert hat entschuldige das es so lang geworden ist ich wollte dich doch nur beglückwünschen das du dein leben ohne ihn so toll meisterst meine hochachtung biggi:winke: |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Biggi,
es hat dich ja ordentlich erwischt. Tut mir leid. Deine Wut kann ich nur zu gut verstehen. Den Satz "...das machen wir später" habe ich schon hundert mal gehört. Das ist Blödsinn, was man jetzt nicht macht, macht man wahrscheinlich nie mehr. Eine Frage am Rande: lässt deine Schwiegermutter ihren Enkel und ihre Schwiegertochter nun in der Luft hängen? War euer aller Leben nicht auf ihre Firma ausgerichtet? Sie streicht die Früchte eurer Anstrengungen ein. Du hast Anrecht auf einen Teil dieser Früchte. Zumindest moralisch. Graci, du bist weder gemein noch sonstwas. Dein Leben HAT sich geändert. Radikal geändert. Du hast das nicht gewollt, bist brutal hinein gestossen worden. Du musst für dich das Beste draus machen. Also lass dir kein schlechtes Gewissen einreden, von sogannten "Freunden". Ein Museum ist ein schlechter Ort, um das Leben neu zu beginnen. Alles Liebe Helmut |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo,
wißt Ihr, blöd ist einfach, wenn ich peinliche Sachen finde,mich vor der Öffentlichkeit für Dinge rechtfertigen muß, von denen ich nur ahnte, das es sie gibt. Ich bin im Augenblick sehr böse mit meinem verstorbenen Mann. viele Grüße Gracia |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Scheinbar lesen hier viele, schreiben aber nicht.
Warum? |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo Graci,
warum musst DU dich rechtfertigen, für Dinge, die nicht in deiner Verantwortung stehen? Bist du da nicht ein bisschen zu sehr auf dein Umfeld fixiert, anstatt jetzt mal auf dich und deinen Sohn? Wenn du dich entschuldigst für Dinge, die dein Mann zu verantworten hatte, nimmst du ihn auch noch in Schutz. Alles Liebe Helmut |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo,
Ihr habt mir durchaus weitergeholfen, es geht um meine Blödheit, meine endlose Toleranz, ab sofort geht es erstmal um mich, danke dafür! Liebe Grüße Gracia |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo Gracia,
hab mich heute mal durch deine "Seiten" gelesen. Deine "Wut" kann ich zumindest teilweise verstehen. Manchmal fühl ich mich auch im Stich gelassen. Sag mir aber dann: es war nicht seine Absicht (kann ich für mich sagen). Dass du umgezogen bist ist gut - aber warum bist du im Anwesen seines Vaters geblieben? Er ist Mitte 80, was ist, wenn er stirbt? Kannst du dann dort bleiben? Ich nabele mich gerade von meiner "Schwiegermutter" ab. Sie hat schon immer versucht mir die "Schuld" in die Schuhe zu schieben - dank einiger kompetender Menschen, die sie nicht kennen - verstehe ich jetzt manches besser und es fällt mir leichter hier eine Entsheidung zu treffen - für mich. Es ist einfach so: jeder ist für sich selbst verantwortlich. Ok - im Rahmen der Liebe und des gegenseitigen Einverständnisses vernachlässigt man das. - auch keine Frage - ist eben so. Aber jetzt ist dann schon der Zeitpunkt sich auf sich selbst zu besinnen - niemanden ist man Rechenschaft schuldig - nur sich selbst. Ein Spruch: Es gibt keine Weg zum Glück, glücklich sein ist der Weg. Irgendwann war es ja mal dein Weg (eurer) - und jetzt ist es dein Weg. Also - einfach immer vorwärts. Ich wünsche dir alles Gute dabei. Gib deinem Leben die Hand und lass dich überraschen, welchen Weg es mit dir geht. Werner Bethmann Ireen |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo,
ich bin einfach verzweifelt |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo Gracia,
hallo was ist? Warum? Ireen |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Liebe Graci,
ich hatte auch lange Skrupel, Kritik an einem Vorstorbenen zu üben. Meine Mutter starb vor 2 Jahren an Lungenkrebs. Sie war kein einfacher Mensch. Als sie weg war, vermisste ich sie unendlich. Ich sah nur die positiven Seiten. Mit der Zeit war es aber auch so, dass ich wieder die negativen Seiten sah und auch mal darüber reden konnte. Das gehört einfach zu dem Bild meiner Mutter dazu. Es war nicht alles glänzend ... und wo ist es das schon? Warum bist Du verzweifelt, schreibe doch bitte darüber! LG Astrid |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo Graci,
was macht dich so verzweifelt? Du hast doch den Mut gehabt ein Tabuthema anzusprechen. Ich denke auch du müstest dich im Nachhinein nicht für Dinge rechtfertigen die dein verstorbener Mann zu verantworten hat. Wenn ich das richtig verstanden habe dann hast du noch nicht mal davon gewusst. Es ist natürlich nicht einfach zu sagen von dieser oder jener Sache wusste ich zu Lebzeiten meines Mannes nichts. Oder ist dabei auch die Sache dass man sich selber fragt glaubt mir mein Umfeld diese Aussage. Ich denke in deinem Fall geht es um nicht so ganz einfache Sachen. Lg Erika |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Ich habe diesen Thread erst jetzt entdeckt - und finde ihn sehr bezeichnend. Bezeichnend dafür, dass die unterschiedlichen Reaktionen von Erkrankten und Betroffenen aufgezeigt werden.
Ich selber bin erkrankt - und habe dafür gesorgt, jetzt sagen zu können: ich habe mein Haus ins reine gebracht, es ist nichts mehr offen. Ich könnte nicht mit der Vorstellung leben und sterben, meine Familie ins ein noch grösseres Unglück zu stürzen, als sie es ohnehin erleben. Es gibt leider - und für meinen Geschmack - zuviele - Erkrankte, die den Satz: "du musst jetzt nur an dich denken, du bist wichtig" zu ihrer neuen Lebensphilosophie machen. Nein! So geht es nicht! Wir haben auch die Verantwortung unseren Angehörigen gegenüber, denn sie leiden oft genug mehr als wir! Ich habe es im Krankenhaus erlebt, dass ein Erkrankter ganz stolz zu einer Mitpatientin sagte: Ja, jetzt muss meine Frau spuren und immer machen, was ich will, weil ich ihr immer sagen kann, dass es mir sooo schlecht geht... Ich habe ihn damals angschnauzt, ihm gesagt, er muss sich nicht wundern, wenn sie ihn eines Tages verlässt. Einige haben es verstanden, für die anderen war ich ein Monster - war mir egal - für mich war dieser Mann ein Monster. Ich wiederhole es noch einmal - die Verantwortung liegt bei Erkrankten und Betroffenen gleichermassen - und es tut uns Erkrankten nicht weh, wenn wir noch zu Lebzeiten unseren Dank und unsere Anerkennung aussprechen - und es ist unsere Pflicht, ein reines Haus zu hinterlassen - die Lebenden haben es einfach verdient. Mit verständnisvollen Grüssen aus Kiel Karin |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo,
ich dachte eigentlich, das die Zeit einem die Sache leichter macht, sowohl die Trauer als auch den Ärger über den Verstorbenen, aber es gibt immer wieder Momente, wo ich dastehe wie ganz am Anfang, eben völlig verzweifelt. Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich ihn kritisiere, gleichzeitig fehlt er mir unendlich, es ist das reinste Gefühlschaos. Grüße Gracia |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo Gracia,
unsere Verstorbenen waren Menschen aus Fleisch und Blut, wie jeder andere auch. Mit allen möglichen guten und schlechten Seiten eben. Vergiss den Satz "Man redet nicht schlecht über Tote". Er stimmt so nicht. Schlecht über Tote reden heisst nicht die Wahrheit verschweigen zu müssen. Die Allerwenigsten waren bereits zu Lebzeiten die reinsten Engel. Du brauchst also deswegen kein schlechtes Gewissen zu haben. Es ist ein seltsamer Zwiespalt in dem du dich befindest. Einerseits siehst du seine Fehler, anderseits vermisst du ihn schmerzlich. Ich weiss ja jetzt nicht wirklich, wie ihr zuletzt zueinander standet. Irgendwann jedoch zumindest muss da mal Liebe gewesen sein. Warum sollte man sich sonst zusammentun um miteinander und füreinander zu leben. OK, auch dafür gibts es Gründe. Ich geh mal bei euch nicht von letzterem aus. Es ist also kein Wunder, dass du ihn vermisst. Er war ein nicht unerheblicher Teil deines Lebens. Sowas kann man nicht mit dem Unterhemd ausziehen. Was du jedoch tun kannst ist, dich mit ihm zu versöhnen. Sicher hatte er auch die ein oder andere gute Seite. Erinner dich auch mal daran. Das ist nicht leicht, versuch es trotzdem und lass dir Zeit dabei. Alles Liebe Helmut |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo Gracia,
ich schließe mich dem an was Helmut geschrieben hat. Ich persönlich glaube an ein Leben nach dem Tot. Also kann es schonmal vorkommen dass ich in der einen oder anderen Situation mit meinen Verstorbenen in Gedanken schimpfe. Dann wieder gibt es Gelegenheiten wo ich ihnen sage dass ich sie ganz gehörig vermisse. Hin und wieder gibt es auch Situationen wo ich zum Beispiel meinem verstorbenen Lebensgefährten sage dass er mich auch mal Loben könnte dass ich dies oder jenes ohne seine Hilfe geschafft habe obwohl er mir dies überhaupt nicht zugetraut hätte. LG von Erika |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo,
ich bin verzweifelt, weil mein Leben allmählich zusammenbricht. Nach 20 Jahren stehe ich als absoluter Verlierer da. Seine Familie hat mir alles weggenommen, es war wenig genug. Gruß Gracia |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo Graci,
Lass dich erstmal ganz doll drücken:knuddel::knuddel::knuddel: Was meinst du mit alles weggenommen? Hat dein verstorbener Partner dafür gesorgt dass dies so möglich ist? Hast du denn einen Menschen in deiner Nähe mit dem du dich ein wenig ausstauschen könntest. Wie du schon geschrieben hast kümmere dich erstmal um dich. Vielleicht würde dir auch eine sogenannte Gesprächstherapie helfen wie du mit der Situation umgehen kannst. Liebe Grüße und ganz viel Kraft von Erika |
AW: Kritik am Verstorbenen?
Hallo,
erstmal ich gehöre erst seit heute Nacht zu euch. Um 01.17 kam der Anruf mein Vater hat es geschafft. Er wurde 74 Jahre und genau 1 Monat alt. Aber trotz dem Schmerz des Verlustes bin ich auch wütend auf ihn. Er hat zu Lebzeiten das Thema Tod verschwiegen und wehe man hat versucht ihn darauf anzusprechen hat er den Kopf weggedreht. Er hat von Anfang an gewußt, sind immerhin 5 Jahre und 8 Monate gewesen, dass es keine Heilung gibt und er auch sterben kann. Klar habe ich auf der einen Seite auch Verständnis für ihn, den es gibt viele Menschen wo vor dem Tod Angst haben, ich auch. Es ist ja bisher auch keiner von den Verstorbenen zurückgekommen und hat gesagt wie es ist. Aber so machen wir die Trauerfeier und die Beerdigung (es wird eine Urnenbestattung) wie wir denken dass es in seinem Sinne war. Auch die Todesanzeige gestalten wir so wie er war, nicht mit einem frommen Spruch. Den gläubig war er nicht. Auch gebe ich offen zu die Krankheit hat uns zusammengeschweißt. Ich war kein einfacher Tennager und mein Vater war kein einfacher Mensch bis zum letzten Atemzug nicht, er hat uns von sich gestoßen, wollte ganz einsam und alleine sterben:sad:. Was ich damit meine es war nicht einfach zwischen uns wo wir noch zusammengelebt haben. Aber eins weiß ich mein Vater war ein herzensguter Mensch, der nur nie gelernt hat über seine Gefühle zu sprechen. Wir Menschen sind nunmal facettenreich und unsere Persönlichkeit ist vielschichtig, anders wäre es doch auch langweilig. Was mir heute Nacht geholfen hat ist ein Brief zu verfassen in dem ich ihm alles geschrieben habe, was ich zu Lebzeiten nie sagen konnte, weil er einfach zu einem Gespräch nicht bereit war, obwohl ich ihm die letzten Monate oft signalisiert habe ich bin bereit. Vielleicht habe ich auch falsche Signale ausgesendet:undecided. Auf jedenfall werde ich den Brief in das Urnengrab mit reingeben Auch schreibe ich offen, das er mich die letzten Tage sehr verletzt hat, auch wenn er es sehr viel schlimmer hatte, indem er mich weggestoßen hat. Aber es war sein Leben und es war sein Tod, und dass muß ich akzeptieren. Es tut mir nur so verdammt weh wenn ich daran denke, den in den schwersten Stunden alleine zu sein, stelle ich mir grausam vor:weinen::weinen:. Ich hoffe da wo er jetzt ist geht es im wieder gut und er muß keine Schmerzen mehr leiden. Liebe Grüße Petra |
Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 18:24 Uhr. |
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2025, vBulletin Solutions, Inc.
Copyright © 1997-2025 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.