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maryellen 24.06.2011 01:48

Mein lieber großer Bruder - 3,5 Monate Pancoast
 
Liebe Angehörige...

Dies ist erst mein zweiter Beitrag, ich hatte mich erst am 3. April 2011 angemeldet.
Hoffe auch, es ist hier mein letzter Beitrag hier.........

Hatte mich angemeldet wegen meines lieben großen Bruders Stephan: Erst 44 und wirklich groß, schön, stark und toll und eben mein großer Bruder und bester Freund und ältester Verbündeter..
Gelesen hatte ich ab 31. Januar 2011... Da kam die Diagnose Pancoast.. Auch drei Hirntumore, alles auch in Nerven, Lymphsystem, Knochen...
Dachte und hoffte erst, wir könnten das irgendwie stemmen... Extrem und dramatisch war Stephan doch schon immer. Da war das jetzt eigentlich fast logisch, aber genauso logisch, dass wir das jetzt auch irgendwie hinbekommen....

Dann hat sich alles überschlagen, jeden Tag eine neue Horrormeldung..
Ok, manchmal auch Lichtblicke, aber höchstens für einen Tag oder so..

Naja und dann, am 23. Mai, nach nur gut dreieinhalb Monaten, da war es dann vorbei. Mama und ich waren bei ihm im Krankenhaus, wir haben ihn gehalten...
Gestern, am 22. Juni war die Urnenbeisetzung.

Wollte eigentlich alles aufschreiben, die dreieinhalb Monate......
Wollte es auch schön schreiben.. Ein Gedicht vielleicht auch und all meine Liebe einbringen....
Kann gar nicht jetzt, bin einfach noch und noch geschockt.

Bin auch gerad einfach froh, dass er jetzt frei ist und nicht mehr leiden muss.... Zumal die eigentliche Beisetzung einen ganzen Monat gedauert hat.
Und die ganze Zeit in der Kühlung, dann die Einäscherung und dann in irgendwelchen Regalen..
So schrecklich.
Und ich vermiss ihn so....

Ich wünsche Euch allen das Allerbeste und- liebste und alle Kraft der Welt!!!
Und dass diese Sch...krankheit endlich besiegt wird!!!

Gott* schütze uns alle!!!!
Viele herzliche Grüße.. Und ich umarme euch:pftroest:

Marion


* (sofern man denn glaubt)

__________________________________________________ ____


Meine Liebe wird Dich immer begleiten, mein lieber Brudi Stephan....
5. Februar 1967 - 23. Mai 2011 :engel:

__________________________________________________ ____

P.S.
Möchte noch kurz meinen persönlichen Eindruck zur Behandlung schildern:

Wir waren ja in Berlin, Universitätsklinik Benjamin Franklin - hat ja einen sehr guten Ruf und soll immer am Ball sein.. Sagt man...

Allerdings - ich hatte ja bisschen recherchiert - war die versuchte Chemo mit Cisplatin und Pemetrexed ziemlich altbacken.. Hatte ja auch komplett versagt, ZWEImal!!!!
Fand viele, viele Berichte im Internet schon aus dem Jahr 2002, wo das auch bereits versagt hatte.....
Warum die Patienten durch die Mühle drehen und allen Hoffnung geben - für vielleicht drei, vier Tage oder `ne Woche? Obwohl das zu 99% sowie nicht funktioniert..
Frage mich generell, ob die zur Zeit vorhandene Strategien überhaupt zeitgemäß sind.... Wir haben ja 2011.

Vielleicht auch alles nur eine Frage der Versicherung? Privat oder nur gesetzlich? Wer weiß, was es gibt, wenn man privat versichert ist..
Habe einen Freund im Urbankrankenhaus in Berlin, Med.-Technischer Assistent auf der onkologischen Station. Der sagt schon, dass es da durchaus Unterschiede in der Medikation gibt, Privatpatienten bekämen da eben etwas anderes.... Weiß jetzt nicht, obs auch wirklich besser hilft..

Oder, ist die Medizin tatsächlich sooo hilflos???
Und sollte man dann nicht doch mehr die Naturheilverfahren rannehmen? Oder Hyperthermie etc...

Versuchskaninchen ist man wohl sowieso - Oder, ist es einfach genauso unvorhersehbar, wie das Leben selbst? Weiß nicht.. Weil die Ärzte doch immer so tun...

Oder, oder, oder....
Bin jedenfalls unendlich traurig und wünsche Euch alles Gute und Liebe

mia32 24.06.2011 09:38

AW: Mein lieber großer Bruder - 2,5 Monate Pancoast
 
Meine Mutter hatte auch einen Pancoast-Tumor und verstarb letztes Jahr im November. Bei ihr hatte man gar nichts mehr gemacht außer Schmerzmittelgabe, da der Tumor schon so weit fortgeschritten war und u.a. die Rippen und einen Nerv angegriffen hatte. Nach der Diagnose hatte sie nur noch 1 1/2 Monate, in denen uns auch eine Hiobsbotschaft nach der anderen überrollt hat. Mit Hilfe meiner großen Schwester konnten wir sie aber bis zu ihrem letzten Atemzug gemeinsam pflegen. Krankenhaus oder Hospiz wäre für sie undenkbar gewesen.

Fühl Dich ganz doll gedrück, Marion! :pftroest:

tischlerin 24.06.2011 17:34

AW: Mein lieber großer Bruder - 2,5 Monate Pancoast
 
Liebe Marion!

Ja, ich versteh Dich so gut, ich hab auch meinen großen Bruder verloren als er 45 Jahre alt war, vor einem Jahr und 2 Monaten. Ich vermissen ihn sehr, eigentlich immer mehr, je länger er weg ist und es wird immer schwieriger für mich zu verstehen, dass er nie mehr wiederkehrt. Einen großen Bruder kann niemand ersetzen. Wir hatten etwas mehr Zeit zu kämpfen als Ihr, 1 Jahr und 10 Monate, daher hatten wir auch mehr Zeit, Therapien zu probieren. Aber auch Hyperthermie und Naturheilverfahren - die Du in Deinem Beitrag ansprichst - haben bei ihm nichts geholfen. Letztendlich war der Kampf zu Ende und der Krebs war stärker. Kann Dir die Sache genau nachfühlen, Horrormeldung folgt auf Horrormeldung, manchmal kleine Lichtblicke, die aber bald wieder verblassen...

Fühl Dich verstanden und gedrückt!
Auch eine "kleine" Schwester

maryellen 21.07.2011 23:40

AW: Mein lieber großer Bruder - 2,5 Monate Pancoast
 
Liebe Mia32, liebe Tischlerin!!!!!

Ich danke Euch so für Eure Nachrichten..
Bin so dankbar und so froh, dass Ihr geschrieben habt!!!

Die letzten Wochen waren einfach so voll.. Deshalb hatt ich gar nicht mehr geguckt..
Wir, also Papa und ich (mehr >> ich eigentlich, weil die Eltern einfach komplett fertig sind..) waren die ganze Zeit beschäftigt mit der ganzen Organisation.. Es muss doch alles "abgewickelt" werden.. Wohnung, alle Verträge etc. Stephan war ja sonst allein - in keiner Partnerschaft - schon länger, naja.. Schrecklich!!
Und außerdem, dabei war doch Stephan eigentlich der, der mir immer geholfen hat bei solchem Käse.. :confused:

Ich danke Euch so!!!!
Hock mich am Wochende nochmal in Ruhe an Computer.
Nach dem kommenden Samstag, da haben wir Wohnungsübergabe..

Ich drück Euch so sehr, es tut einfach so gut zu wissen, es gibt Menschen die genau wissen, wie es einem geht!!!!!:knuddel:

Viele herzliche Kraftpakete in Eure Richtung!!!
Bis gleich,
Marion

carla44 22.07.2011 09:12

AW: Mein lieber großer Bruder - 2,5 Monate Pancoast
 
Liebe Marion,

ich habe erst jetzt Deinen Beitrag gelesen. Es tut mir sehr leid, dass Du Deinen Bruder verloren hast.
Ich schicke Dir eine liebe Umarmung und einen stillen Gruß.

Du hattest die Behandlung angesprochen und ob man Versuchskaninchen ist oder so. Ja, das Gefühl hatte ich bei meinem Vati auch. Eigentlich hat die Behandlung (Bestrahlung des Kopfes) alles nur viel schlimmer gemacht als vorher. Davor hatte er Lebensqualität, konnte alles selber machen, sogar Autofahren. Danach: Pflegefall und hat sich davon nicht mehr erholt.

Mein Vati war immerhin 79 und hatte eine vorgeschädigte Lunge. Ich bin mir sicher, dass er ohne die sch... Bestrahlung anders gelebt hätte. Der Krebs war nicht zu besiegen, aber so waren seine letzten Wochen leider vom körperlichen Verfall bei vollem Bewußtsein geprägt.

Ich habe das Gefühl, dass die Ärzte selber nichts machen können und jeder Krebsverlauf ist auch anders. Aber bei uns haben sie mit Kanonen auf Spatzen geschossen und wollten dann sogar noch eine Chemo machen!

Ich wünsche Dir viel Kraft.
Liebe Grüße
Carla

Rheingoldcat 22.07.2011 09:41

AW: Mein lieber großer Bruder - 2,5 Monate Pancoast
 
Liebe Marion,

ich kann Dir keine Worte des Trost-es schreibe, weil ich weiß das es nicht Hilft.
Worte können dich jetzt nicht erreichen, nur ich kann dir sagen, dass ich mit Dir mitfühle.

Es ist so schlimm, dass zu der großen Trauer auch noch so viel zur regeln und zu erledigen ist.
Ich kann das so gut verstehen, ich habe diese auch alles hinter mir.

Ich habe auch die Erfahrung gemacht, das so viele Fehler gemacht werden.
Mein geliebter Mann könnte noch leben , davon bin ich überzeugt.

Aber das hilft leider nicht mehr, nur man kann einiges an Schmerz in Wut umwandeln.

Ich nehme dich im Gedanken in den Arm und weine mit Dir zusammen.

Lieben Gruß
Sabine

maryellen 26.07.2011 00:49

AW: Mein lieber großer Bruder - 2,5 Monate Pancoast
 
Liebe Carla und liebe Sabine,
ich möchte mich auch für Eure mitfühlenden Worte ganz herzlich bedanken..

Ihr Lieben alle,
ihr sprecht mir einfach aus der Seele..

Alles zu begreifen, was passiert ist, was jetzt passiert und was man alles tun muss - deshalb und trotzdem - und was nie wieder sein wird.. Das ist alles viel zu viel!!
Zu viele Facetten, unmöglich, alles zu umfassen.. Die eigenen Gefühle, die unentwegt umherschwingen, Organisatorisches.. Und wenn die Organisation weg ist?? Der Verlust mit seiner ganzen Macht durchbricht..? Habe große Angst. Samstag war Wohnungsübergabe, das war der letzte offizielle Schritt... Alles "lief glatt", mein Mann und ich haben jetzt einiger seiner Möbel, Geschirr, Technik, die Pflanzen. Sein Türschild hab ich "zu den Unterlagen genommen".... Täglich streichel ich seinen Bauernschrank, den Vertiko, die Clivie (die gerad zum allererstenmal blüht, nachdem ich ihm den Ableger vor 12 Jahren gegeben habe. Wie ein lieber Gruß..)... Gestern habe ich seine Stereoanlage aufgebaut... Pffff... Ich habe ja schon immer den "alten Kram" von ihm bekommen..

Wache immernoch jeden Morgen auf und denke als Erstes "Ich muss doch zu Stephan ins Krankenhaus, oder zu ihm nach Hause.. Ihm was bringen und helfen und bei ihm sein.."...
Und dann gleich wieder diese Bilder.. Der tägliche Verfall, der Schmerz.. Und man konnte nichts tun...

Was mich immer wieder mehrfach täglich durchfährt ist dieses "Das darf, das KANN doch alles nicht wahr sein!!!!"
Denke oft, dass das Telefon doch noch klingelt und er anruft.. Oder, es klingelt an der Tür und da ist er, kommt auf ein Käffchen vorbei.
Und dann wieder diese Bilder... Die Realität. Und da stehen ja auch seine Sachen überall bei uns in der Wohnung.... Aber, um nichts in der Welt möchte ich die weggeben!

Und dann schwingt es wieder um.. Und ich kann die große Liebe spüren zwischen meinem Bruder und mir, die so deutlich geworden ist in dieser schlimmen Zeit..
Natürlich war er manchmal auch unerträglich und aggressiv, bin ja auch einiges gewohnt als kleine Schwester.. Er hat sich aber auch entschuldigt (das fiel ihm ja vorher manchmal nicht ganz so leicht) und was ich dann von ihm geschenkt bekam... So oft waren wir einfach nur still beieinander und haben uns gegenseitig die Hand halten.. Kann es gar nicht mit Worten beschreiben. Habe mich ihm nie zuvor so nah gefühlt. Unsere allergrößte Liebe und Nähe ist da deutlich geworden und hat sich verstärkt. Das ist ein gewaltiges Geschenk, das mir nichts und niemand so schnell nehmen kann.. Auch kein Sch....krebs, auch kein Tod!!

Ach, alles ist so überwältigend...
Ach, ach...

Einen lieben stillen Gruß an Euch,
und nochmals ganz viel Kraft in diesem Wahnsinn..
Marion

maryellen 19.11.2011 22:51

AW: Mein lieber großer Bruder - 2,5 Monate Pancoast
 
liebe gemeinde,

muss das jetzt so schreiben und mir selbst antworten, sonst antwortet mein lieber bruder ja nicht..... und sonst auch keiner
aber, vielleicht liest er es ja jetzt......
bin so traurig und verzweifelt..

stephan!!!!

ich vermiss dich so....
irgendwie wirds gerad nicht besser, eigentlich sogar noch schlimmer.

bald ist weihnachten..
und ich muss immer daran denken, wie ich dich das letzte mal bei der arbeit getroffen und dir dort deine etwas hilflose weihnachtskleinigkeit überreicht habe..
die haben wir ja jetzt hier... die habe ich also auch zurückbekommen.
genau wie deinen bratentopf von manufaktum, die tolle kaffeemühle, die salz- und die pfeffermühle und so weiter und so fort............
deinen arbeitsplatz.. den konnte ich bis heute nicht betreten... laufe aber immer dran vorbei auf dem weg zum getränkeautomat im vierten stock....

diesjahr hab ich die weihnachtsschichten genau wie letztes jahr.
nur werde ich dich nicht dort treffen, weder heiligabend, noch am ersten..

bin wirklich sehr verzweifelt. dass du nicht wiederkommst. bin so traurig.

hab gerad mit mit mama und papa telefoniert.. hast du ja gehört, oder?!??
ach....naja, wie immer eigentlich..
mama ist halt.. hm... eigentlich unmöglich..
und papa mags lieber, wenn er auch wirklich was tun kann...
das mag ich ja auch lieber...

aber, wir können ja eigentlich nix tun.
nix wirklich..
zumindest nix, um dich wieder bei uns zu haben... schei......!!!!!!

wenn du doch bei uns sein könntest..
ich vermisse deine stimme, dein (auch wenn wir uns manchmal ankotzten), dein... ach, dass du einfach da bist!
dass du einfach da bist.......

hab dich so lieb,
so lieb
X

UND: ICH WILL DAS ALLES NICHT...

Monika Rasch 20.11.2011 14:32

AW: Mein lieber großer Bruder - 2,5 Monate Pancoast
 
Ich habe es gelesen und verstanden.

Wollte mich nicht so davonschleichen, ich will Dir sagen, es hilft ja nichts, es wird auch nicht schnell besser, der Gedanke "Bruder tot" erwischt Dich immer wieder- wird irgendwann zur Realität.

Es ist wie es ist.

Ich selber knabber ganz schlimm am Tod meiner Schwester, und es ist da noch kein Ende in Sicht, es ist noch nicht so tief in mein Bewusstsein gedrungen, dass ich nicht beinahe täglich denke- Heike anrufen, oder ob sie schon zuhause ist...

Irgendwann wird es sicher so sein, dass sie WEG ist....
eine liebe Erinnerung, traurige Gedanken...
aber die große Trauer, die wir noch spüren, wird weniger, ist gewohnter,
haut uns nicht mehr so von den Socken...
aber der Riss im Leben bleibt, kann zugepappt werden mit Zeit und Gewohnheit, ist aber trotzdem untendrunter noch da.

Wirres Geschreibsel, ich hoffe Du verstehst was ich meine.

Du bist nicht allein, ich weiss gut wie Du fühlst.

maryellen 25.11.2011 01:24

AW: Mein lieber großer Bruder - 2,5 Monate Pancoast
 
Liebe Monika,

ich danke dir sehr!!
Es tut mir wirklich sehr, sehr Leid, dass du deine liebe Schwester verloren hast.. Weiß gar nicht was ich sagen soll...

Ja.. Dann verstehst du es......

Manchmal ist es einfach kaum zu ertragen und zerreißt mir einfach fast das Herz.. Stephan fehlt einfach an jeder Ecke...
Daher mein "leicht" wirres Geschreibsel von letztens.. Kurz vorm Durchdrehen..
So schwer ist das einfach, so schwer und unfassbar....

Hoffentlich wird es bald etwas mehr gewohnt, wie du sagst. Es soll ja auch wirklich so sein..
Und dass wir, die wir jetzt ohne unsere Lieben weiterleben müssen, dass wir uns bald mehr an das Schöne mit ihnen erinnern können...
Wenn es umgekehrt wäre, würden wir das ja auch für sie so wollen...

Ich wünsche dir alle Kraft der Welt!!
Lieben Dank nochmal für deine Nachricht,
Marion

tischlerin 23.12.2011 22:55

AW: Mein lieber großer Bruder - 2,5 Monate Pancoast
 
Liebe Maryellen!

War schon länger nicht mehr hier, hab daher erst jetzt Deine Zeilen vom November gelesen. Ja, ich versteh Dich so gut, auch ich kann gerade jetzt - vor Weihnachten - es wieder einmal nicht fassen, dass es auch dieses Jahr wieder Weihnachten ohne meinen großen Bruder sein werden. Es ist nun 1 Jahr und 8 Monate her und es tut noch immer sehr weh.

Die Zeit heilt nicht alle Wunden, sie lehrt uns bloß damit zu leben. Damit muss ich mich wohl abfinden, dieser Schmerz des Verlustes wird wohl nicht vergehen. Und die immerbleibende Frage nach dem "Warum musste das alles passieren mit ihm?"

Hab seine Mobilnummer noch immer nicht aus meinem Speicher geholt, schaff es einfach nicht. Möchte ihn immer wieder mal einfach anrufen...

Liebe Maryellen, ich kann Dich sehr gut verstehen mit dem, was du durchmachst!

maryellen 17.02.2012 01:27

AW: Mein lieber großer Bruder - 2,5 Monate Pancoast
 
Liebe Tischlerin!!

Hab erst jetzt nach langer, langer Zeit wieder geguckt..

Ja, es ist schlimm.. Ich habe auch weder seine Mobilfunknummer, noch seine Festnetz gelöscht..

Habe gerad auch viele, eigentliche positive Sachen beruflich - die ich dringend wieder so gern mit Stephan besprechen würde (wir waren ja im selben Laden)... Auch manch doofe Sachen privat - da bräuchte ich unbedingt seinen Rat, oder einfach nur das Gefühl, dass er auf meiner Seite ist... Auch, wenn ich weiß, dass ich ja für alles in meinem Leben ja eigentlich selbst verantwortlich bin..
Tja, oder Quatschen einfach nur so zum Spaß...

Er war für mich einfach immer ein ganz großer Halt - Wir waren immer füreinander da..
Naja.. Und jetzt eben nicht mehr.

Weihnachten gabs bei uns nicht.
War nur kurz bei unseren Eltern zum Kaffee am zweiten Feiertag..
Es war traurig.
Und vor zwölf Tagen war sein Geburtstag.. Sein erster Geburtstag so.

Hab gerad das Gefühl, dass jetzt Jahrestag nach Jahrestag kommt..
Erst Diagnose, dann HirnOP, dann erste Chemo, dann, dann, dann..

Und der Gedanke "letztesmal war noch alles einigermaßen.. hm naja.. gut..." (Zumindest konnten wir miteinander sprechen)

Es ist einfach so schlimm!!

Weißt du, wenn man wenigstens sicher wüsste, es geht ihnen gut..
Wenn sie doch nur irgendein Zeichen schicken könnten....

Was ich manchmal denke (ich mag ja die Naturwissenschaften):
Es geht ja nichts verloren.. Weder Energie, noch Materie...
Sie wandelt sich nur um und wandern woanders hin, verteilt sich vielleicht erstmal und bildet dann mit neuen Teilchen vielleicht ein neues Wesen..

Manchmal, wenn ich nur so durch die Straßen laufe, manchmal hab ich plötzlich das Gefühl, ihm ganz nah zu sein, ihn vielleicht sogar einzuatmen..
Oder, dass er vielleicht ein bisschen in der einen Schneeflocke steckt, die da gerad auf meine Nase gefallen ist.....

Weiß nicht..
Ich hoffe, es wird irgendwann besser..

Liebe Grüße und alle Kraft,
Marion

maryellen 21.10.2012 04:02

AW: Mein lieber großer Bruder - 2,5 Monate Pancoast
 
.. und eigentlich sind wir einfach wie alle anderen vorher und ganz normal!

Es ist einfach so: Sh..* passiert halt...

Irgendwann erwischt es eben jeden, so oder eben so.
Und für jeden ist es eben irgendwann das erste Mal - so oder eben so.

Das erste Mal einen engen, lieben Menschen verlieren.. Man leidet unglaublich - und es hört wahrscheinlich nie ganz auf.
Dann später irgendwann geht man selbst ja auch - und die Lieben um einen herum, also die, die bleiben: die müssen dann auch da durch ...

Also, alle erwischt es von beiden Seiten..
Ist ja auch logisch und ganz normal. Und somit irgendwie beruhigend auch ...

Es gehört wohl dazu.
Vielleicht leben wir alle heutzutage einfach zu sehr in der Illusion, es sei einfach nicht so - vielleicht irgendwann, aber das ist ja immer soooo weit weg .. und wir seien einfach unsterblich.. Aber dann kommt der Tag!

Und dann kann man es nicht glauben. Wird geradezu überwältigt von dem Schmerz und denkt "warum denn nur? Hätt ich doch nur.. Warum haben wir denn nicht...?"

Und es ist wahrscheinlich sogar immer ziemlich gleich ... Was die Menschen empfinden, was leider fast alle Menschen irgendwann empfinden ...

Ja, wir sind ein Teil dieser Welt - ganz offensichtlich!!

Monika Rasch 21.10.2012 15:25

AW: Mein lieber großer Bruder - 2,5 Monate Pancoast
 
Ich sehe, Dir geht es wie mir.

Meine Heike fehlt mir , 10 x am Tag laufe ich an irgendeiner Erinnerung (Foto, Strickjacke, von ihr genähte Dinge)vorbei, bleibe stehen, lege die Finger für einen Moment auf den Bilderrahmen, sage leise "Heike" und
weiter gehts.
Am schlimmsten ist es eigentlich, dass wir nicht drüber reden können,
sind alle so dünnhäutig, immer schon gewesen, keine Redner, eher Macher.
Unsere Eltern sind so alt geworden, es tut so weh den Kummer zu sehen und nichts tun zu können.
Ich lebe weiter, jeden Tag mit Vergnügen - sie hätte das von uns erwartet - aber SIE fehlt mir einfach.

maryellen 03.11.2012 23:48

AW: Mein lieber großer Bruder - 2,5 Monate Pancoast
 
Liebe Monika,

ja, genau so geht´s mir auch..
Ich habe auch ein sehr schönes Leben - mein Bruder will das ja auch so für mich..

Und wenns mir schlecht geht, stelle mir immer irgendwann vor, wie er sagt "Jetz hör doch mal uff!!" oder "Jetzt lach doch maaal.." - Und ich kann dann fast seine Stimme hören, seinen Tonfall..

Und wirklich mindestens 10x, wenn nicht sogar 20x am Tag denke ich an ihn oder spreche mit ihm, versuche ihn zu hören oder seine Anwesenheit zu spüren und warte immernoch auf ein Zeichen.. Ich flüster dann immer "Na? Stephan..?!"

Für mich ist er einfach so lebendig - er war ja auch ein "lauter", einfach so präsent. Wie kann er das denn plötzlich nicht mehr sein..?

Ich war gestern bei unseren Eltern... Es ist wahrlich nicht leicht!
Meine Mama redet schon sehr viel - zu viel glaub ich, vorallem für Papas Geschmack.. Der zieht sich dann immer zurück und muss ganz schnell weinen. In Papas Familie wird sonst auch nicht gern drüber geredet.
Dabei tut das eigentlich so gut.. Immer mal zu sagen "Ach, weißt du noch.." oder "Naja! Also Stephan würde ja jetzt sagen..."

Papa ist ja vor zwei Wochen 70 geworden - das war ein Drama, das Fehlen..
Ich habe im Namen unserer Familie ein Fotobuch für ihn gemacht und einfach ein paar schöne Erinnerungen zusammengestellt. Die Idee kam eigentlich von Papas Bruder - Er hatte sich die Mühe gemacht und seine Kindheitserinnerungen aus Schlesien aufgeschrieben.

Naja, es ist ja auch wichtig, das zu erinnern. Ich mach da auch nochmal was draus.. Aber vielleicht nicht gerade jetzt und nicht so.. Die ganzen Bomben, dann die Vertreibung, Aufenthalte in Auffanglagern, diverse Tode.. Naja, schon auch mal was Schönes zwischendurch. Aber, dann hörte die Geschichte auf bei der Hochzeit meiner Eltern, bei der Mama ja schon schwanger war mit Stephan!

Das ging natürlich gar nicht!!!

Wir konnten doch nicht einfach die letzten 45 Jahre (also Stephan) aus Papas Leben herauslöschen, nur weil es eventuell unangenehm gewesen wäre.. (Mein Onkel ist jetzt wohl sauer auf mich, weil ich sein Werk unterschlagen und seine Idee komplett "verfälscht" habe..)

Aber ich glaube, ich habs geschafft, alles schön zu machen - ohne irgendwas zu beschönigen.. Stephan konnte einfach auch ein ganz schöner Kotzbrocken sein und einfach UNMÖGLICH.. Wir alle eigentlich, denn unsere ganze Familie ist ja schon ziemlich bekloppt - aber auch liebenswert :0))

Meine Eltern gucken sich das Buch jetzt wohl jeden Tag mehrmals an und freuen sich unglaublich - müssen aber auch immer wieder weinen... Denn es war doch auch schön!! Ja, es war schön!!

Und obwohl wir etwas so hässliches erlebt haben jetzt... Das Schöne bleibt einfach schön und es gibt immernoch so viel davon!!

Und die Beschäftigung mit all den Fotoalben und den dazugehörigen Ereignissen in der Familie.. Irgendwie hat mir das das Gefühl gegeben, dass wir einfach in einen größeren Rahmen gehören. Wir sind nicht die Ersten und auch nicht die Letzten und wir sind ein Teil des Ganzen!!

Tja.. Ja.. Aber, das Vermissen hört nicht auf......
Solls doch auch nicht, oder? Wir haben sie doch lieb!!

Monika Rasch 04.11.2012 20:26

AW: Mein lieber großer Bruder - 2,5 Monate Pancoast
 
Liebe Maryellen,
mal wieder habe ich von Dir gelesen, und nun sitze ich hier,
habe gerade die letzten Geburtstagsgäste meines Sohnes
(heute 32, wohnt vorübergehend wieder hier, seine Wohnung ist durch Renovierungsarbeien momentan komplett unbewohnbar, hat keinen Strom)
rausgebracht und die Küche aufgeräumt.
Und schon wieder fehlt mir meine Schwester, die auch Patentante meines Sohnes war.
Mal wieder, und so wird es bleiben-
obwohl wir uns doch auch oft furchtbar gefetzt haben-
wir kommen aus einer starrsinnigen und rachsüchtigen Familie:D.
Ihr Männergeschmack war eigenartig,mich hat es immer geärgert dass sie sich -obwohl im Beruf so taff- immer wieder so "ausmisten" liess.
Da hat es dann schon mal ordentlich Stunk gegeben, wenn ich was gesagt habe.
Widerspruch hatte sie nicht gerne, war dann lange eingeschnappt- aber es hat sich IMMER wieder eingerenkt- und wir haben zusammen gelacht.

Ich habe ja noch eine Schwester, die viel jünger ist und die ich wirklich liebe.
Aber H. und ich, wir haben unsere Sturm und Drangzeit miteinander verlebt, wussten vieles voneinander und haben uns nie gegenseitig in die Pfanne gehauen.
Absolute Loyalität- sowas findet man ganz selten.
Auf Gegenseitigkeit.
Uns als Familie hält die Trauer um Heike ganz besonders eng zusammen, wir sind noch aufmerksamer geworden und sagen uns viel öfter als früher, wie wichtig wir uns sind.
Es darf einfach nichts schlimmes mehr passieren-
wir haben einfach schon zu viele wirklich schlimme Dinge erlebt.


:megaphon:Hoffen wir das Beste !

maryellen 15.11.2012 21:50

AW: Mein lieber großer Bruder - 2,5 Monate Pancoast
 
Hallo liebe Monika,

hab gerad gesehen..
Ja, es ist schön, eine Familie zu haben!!! Besonders, wenn sie speziell ist.. Wir können so froh sein, solange wir sie haben!!

JA: WIR HOFFEN DAS BESTE!!!

Bei geht´s uns direkt weiter, muss jetzt echt aufpassen, dass ich nicht durchdrehe.......

Meine Mutter ist seit heute abend auf der Intensiv!!!!
Ihr geht´s ja schon länger gesundheitlich nicht gut - ganz besonders seit letztem Jahr, wo unser Stephan uns verlassen hat!! Sie sagte immer, ihr Herz sei gebrochen.. Aber, sie wollte sich einfach nie helfen lassen, sie ist so stur wie ein Bock!!!!

Ja.. Offenbar erstmal das Herz, was schon schlimm genug ist. Ich fürchte allerdings, da ist noch mehr.... Deswegen wollte sie bestimmt auch nicht gucken lassen, bin mir da ziemlich sicher. Dabei ist sie erst 64!!!

Naja, war ja eigentlich klar, dass alles mittel- und langfristig nicht unbedingt besser würde.. Es geht wohl hier eher früher als später reihum...

Und, wer fehlt jetzt schon wieder am meisten.....?!!!
Ich kanns einfach nicht glauben!!
Wie kann man sich daran je gewöhnen??????
:eek::eek::eek::eek::eek::eek:

Entsetzte Grüße,
Marion

Chris2712 16.11.2012 09:26

AW: Mein lieber großer Bruder - 2,5 Monate Pancoast
 
Liebe Marion !

Es tut mir sehr leid mit Deinem Bruder und nun auch Deine Mutter !!!! Da helfen keine Worte !!!! Ich kann nachvollziehen wie ohnmächtig und hilflos man ist. Meine Mama hat auch einen Pancoast ( Erstdiagnose im März diesen Jahres ) und es geht in so einer kurzen Zeit soooo rapide ab !! Was ist das bloß für ein sch....aggressiver Krebs, der sich trotz Chemo u Bestrahlung mittlerweiler durch den ganzen Körper gefressen hat !!!!!
Es ist einfach nur schlimm zuzusehen, wie sie immer mehr abbaut......

Ich wünsche Dir trotz allem ganz viel Kraft !!!

LG Chris

Monika Rasch 16.11.2012 16:54

AW: Mein lieber großer Bruder - 2,5 Monate Pancoast
 
Hallo maryellen,
mit Schrecken habe ich gerade erst gelesen,was bei Euch los ist.

ICH HOFFE, dass alles wieder gut wird.
Das gebrochene Herz glaube ich sofort, so empfinde ich auch, und auch die Sorge um meine ebenfalls "gebrochenen"Eltern macht mir schwer zu schaffen.
Ich packe mir meine Tage so voll wie es irgend geht...merke aber langsam dass ich an meine Grenzen stoße.
Mein Papa war auch das ganze Jahr "schmerzkrank"- ohne dass eine wirkliche Ursache gefunden wurde- mehrmals war er im Krankenhaus und wurde komplett auf den Kopf gestellt .
Jetzt steht er unter Morphiumpflaster, es geht ihm erträglich....er hat keinen Spaß mehr am Leben, mein Papa der immer agil war, immer fleissig,
immer den Schalk im Nacken.
Ich mache mir um ihn und auch um unsere Mama Sorgen.

Vielleicht wird ja doch mal wieder alles gut.


Oder soll ich sagen
Alles wird gut !

tischlerin 17.11.2012 19:45

AW: Mein lieber großer Bruder - 2,5 Monate Pancoast
 
Liebe Maryellen!

Erst heute war ich wieder hier und bin entsetzt, dass es nun auch deiner Mutter schlecht geht. Wieder kann ich Dich sehr gut verstehen und mit Dir fühlen, denn ein halbes Jahr, nachdem mein Bruder die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs bekommen hat, bekam meine Mutter Leukämie. Ich dachte damals, das darf jetzt nicht war sein. Auf zwei Fronten zu kämpfen, ist einfach zu viel. Den Tod Deines geliebten Bruders zu verarbeiten und eine schwerkranke Mama, da hast Du einen großen Auftrag, der nicht so leicht zu bewältigen ist...

Ich hoffe sehr für Dich, dass sich Deine Mama erholt und noch für eine lange Zeit bei Dir bleiben kann. Eine geliebte Person zu vermissen reicht eindeutig.

Viel Kraft wünsch ich Dir!

dobbiie 10.12.2012 10:08

AW: Mein lieber großer Bruder - 2,5 Monate Pancoast
 
Liebe Marion,
Geschwisterliebe ist - neben der Elternliebe - die wohl schönste und
uneigennützigste Form der Liebe. Von Kindesbeinen an immer für-
einander da zu sein schafft eine enge, emotional glückliche Bindung.
Wer denkt in Zeiten des Glücks schon an die Endlichkeit allen Seins.
Wenn überhaupt, so erscheint Einem dieser Gedanke wie fernes Wet-
terleuchten am Horizont. Weit, weit weg.

Wenn dann das Unfassbare geschieht, wird Einem förmlich der Boden
unter den Füßen weg gezogen und die Trauer wird zur ständigen Be-
gleiterin.

Ich verstehe dich nur allzu gut. Denn auch ich habe meinen Bruder
Thomas an diese Geißel der Menschheit, die so viele hässliche Frat-
zen hat, verloren.

Mein Bruder hat sehr gesundheitsbewusst gelebt. Bei den geringsten
Anzeichen einer Unregelmäßigkeit ging er zum Arzt. So auch nachdem
er der Witwe seines ehemaligen Vorarbeiters begegnete und erfuhr, dass
der Krebs sie zur Witwe gemacht hätte.

Für meinen Bruder Grund genug umgehend einen Lungenfacharzt auf-
zusuchen. Die Untersuchung ergab Lungenkrebs im Anfangsstadium.
Leicht zu operieren. Sofort vereinbarte er einen Operationstermin.
Beim Vorgespräch wurde ihm wörtlich gesagt: „Wenn sie hier raus
gehen sind sie geheilt“. Im Vertrauen auf den Wahrheitsgehalt die-
ser Worte ließ er sich im September 2003 operieren. Die Operation
verlief gut und so begann für ihn ein neues Leben.

Doch dann, im Januar/Februar 2007, bekam er erneut Beschwerden.
Diesmal an der Wirbelsäule. Die Untersuchung mit einem Computer-
tomographen ergab einen Tumor im Bereich der Wirbelsäule.
Umgehend wurde er in die Universitätsklinik Aachen verlegt und noch
am gleichen Tag operiert. Ein Schnellschnitt ergab: Bösartig.

Trotzdem konnte er den Sommer 2007 noch einmal in vollen Zügen
genießen. Erst im September 2007 trat zunehmende Atemnot auf.
Die Fehldiagnosen dreier verschiedener Ärzte zum eigentlichen Grund
der Atemnot möchte ich hier nicht kommentieren.

Als die Atemnot immer bedrohlichere Ausmaße annahm ließ er sich in
eine, auf die Behandlung von Krebserkrankungen spezialisierte Klinik,
einweisen. Hier erkannte man den eigentlichen Grund für die Atemnot.
Wasser zwischen Lungen- und Rippenfell. Schrittweise wurde seinem
Körper das Wasser entzogen. Kurzzeitig besserte sich sein Allgemein-
befinden. Eine Zeit zwischen Hoffen und Bangen begann.Die Hoffnung
starb am 31. Juli 2008 mit ihm.

Liebe Marion, in einer Fußnote Deines ersten Beitrags schriebst Du
*( sofern man denn glaubt)
Den Kinderglauben an einen gerechten, gütigen, barmherzigen Gott
habe ich schon früh verloren. Auch wenn uns sein Bodenpersonal,
mehr mit Worten als mit Taten, seine wahrhaftige Existenz einreden
will. Wenn es so wäre sähe unsere Wirklichkeit anders aus.

Dennoch glaube ich fest daran, dass es neben der Wirklichkeit, die wir
mit unseren bescheidenen Sinnen erfassen können, eine jenseitige Wirk-
lichkeit gibt. Eine Wirklichkeit in der Dein Bruder, mein Bruder und
all Diejenigen die gehen mussten ohne Schmerz und Leid weiterleben.

Nicht von ungefähr ließ ein Mensch die Worte: „Jetzt weiß ich mehr als
der Klügste unter euch“ in seinen Grabstein einmeißeln.

Ich wünsche Dir und den Menschen die Dir nahe sind ein friedvolles
Weihnachtsfest.
Hinter dem noch fest verschlossenen Tor zum Neuen Jahr wünsche ich
Dir ein strahlend helles Licht das Dich in schweren Stunden tröstet.

Meine Gedanken begleiten Dich durch die Zeit.
Manfred

HelmutL 10.12.2012 14:45

AW: Mein lieber großer Bruder - 2,5 Monate Pancoast
 
Hallo Manfred, hallo Marion,

du sagst es: Kinderglauben. Es ist verblüffend, wie lange sich dieser Kinderglauben hält bei manchen Menschen. Kommt dann die erste holprige Schwelle, so wird dann oft das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Das kann man gerade in diesem Teil des Forums sehr häufig lesen.

Es ist nicht Gott (Allah, Manitou oder wie man ihn auch immer nennen will), der uns eine 'Prüfung' schickt. Es ist nicht er, der uns Strafen, Krankheiten, den Tod schickt oder was weiß ich. Es ist das Leben, welches per se 'lebens'gefährlich ist. Geht es gut ... ok. Geht es schlecht ... nur selten zu ändern. Irgendwann zu Ende ist es allemal. Das hat nichts mit Fatalismus zu tun.

Wir haben die Freiheit und das Leben (beides von Gott gegeben, wenn man es möchte), um zu tun und zu lassen, was wir wollen. Oder auch nicht wollen. Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere heißt: mit allen Unsäglichkeiten und Gefahren des Lebens zurechtkommen zu müssen (für mich ist genau das die Erkenntnis aus der Geschichte mit dem Apfelbaum). Was danach kommt, können wir getrost in höhere Hände legen. Wenn man daran glaubt. Jeder so wie er will. Das ist die Freiheit unseres Lebens. Ihr kann man sich nicht entziehen.

... und wir trauern. Mit Recht. Mit dem gleichen Recht, wie wir Fragen nach dem Warum und Weshalb stellen. Antworten kann man nur für sich persönlich finden. Es gibt sie. Tief in uns. Man muss sie nur finden.


Einen friedlichen Advent,

Helmut

maryellen 13.08.2014 22:29

AW: Mein lieber großer Bruder - 2,5 Monate Pancoast
 
Lieber Helmut, lieber Manfred, ihr Lieben alle,

vielen Dank für eure Antworten!
Es ist jetzt eine ganze Weile her und es haben sich dann doch keine neuen größeren Katastrophen ereignet - zum Glück!

Ich bin in der Zwischenzeit sogar noch und endlich! (späte) Mutter geworden und das Leben hat hier erstmal einen ganz anderen Drall bekommen, der auch meinen Eltern sehr gut tut (hat aber auch eine ganze Welie gedauert und war auch nicht immer ganz einfach..).

Tja, es ist ja nun drei Jahre her... Ich muss aber sagen, es tut immernoch täglich weh...
Es ist jetzt natürlich nicht mehr das alles bestimmende Thema - in der Regel spreche ich auch nicht groß darüber. Aber mein Bruder ist eben immer bei mir.. Und ich vermisse ihn immernoch und wünschte, ich könnte mit ihm sprechen. Das wird wohl auch immer so bleiben.

Zu dem Kinderglauben..
Ich ließ mich in meiner Verzweiflung ja sogar zu den Worten hinreißen "Gott schütze uns alle*", da mir tatsächlich komplett der Boden unter den Füßen weggezogen wurde, jedoch nicht ganz ohne jeden Zynismus (siehe Fußnote).

Eher hatte ich damit gerechnet, dass was mit meinen Eltern sein würde oder mit anderen eher älteren nahestehenden lieben Menschen.

Und in dieser Zeit habe ich mich sogar öfters dabei ertappt, dass ich das "Vater Unser" betete (das "Maria Unser" oder heißt das "Ave Maria"?? konnte ich schon während meines Kommunionsunterrichts so vor 30 Jahren nicht erinnern.. ;0)

Ich selbst bezeichne mich seit meiner Teenagerzeit als Atheistin. Die Welt ist doch so schon ganz wunderbar und faszinierend, ja klar, und auch schlimm. Die Natur ist halt ziemlich brutal.. Das fängt ja schon damit an, dass mein kleiner Sohn gern mal ne Ameise zerdrückt.
In den schlimmsten Momenten, ja das habe ich selbst an dieser Stelle erfahren, da scheint sich jedenfalls der gemeine Mensch tatsächlich gern an irgendetwas zu klammern... Was leider Wurzel vielen Übels in der Welt ist.

Ich schau übrigens ganz gern die Debatten mit Christopher Hitchens - womöglich der cleverste, wortgewandteste und unterhaltsamste Atheist unserer Zeit. (Zu sehen auf einem bekannten öffentlichen Videoportal)
Leider wird auch von ihm dort nichts neues mehr kommen, auch er wurde vom Lungenkrebs dahingerafft - leider. Was ich dennoch schön finde ist, dass er am Ende noch sagte, er habe eben "die Kerze von beiden Enden abgebrannt"....

Denn es ist schön, wenn jemand über sein Leben sagen kann "Ja, es hat sich gelohnt".

Ansonsten muss man sich eben wohl damit abfinden, dass einem mal ein Strich durch die Rechnung gemacht wird. So ist das ja in jedem Lebensbereich.

Ja, und so fällt man langsam ab vom "Kinderglauben".. Die Haare werden langsam grau, die Falten zeigen sich, man wird nachdenklicher... So wird man erwachsen, wenn nicht sogar weise... ;0)

Alles Liebe euch allen! Und ich hoffe, es dauert noch lang, bis wir uns hier wiederhören.. Und nochmal vielen lieben Dank für eure warmen und tröstenden Worte!!!!

Marion


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