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El_Desparecido 23.08.2012 15:31

Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Hallo Zusammen,

ich heiße Carlos, bin 39 und vor einer Woche war mein Leben noch in Ordnung – zumindest weitgehend.
Heute liegt es in Scherben vor meinen Füßen und mit jedem Schritt den ich mache, schneidet eine von ihnen eine blutende Wunde in meine Sohlen.

Seit Anfang Juli sind meine Eltern in Spanien im Urlaub gewesen. Meine Mutter ist Spanierin, haben ein Haus dort. Sie wollten drei Monaten bleiben.
Vorgestern vor einer Wochen gegen 22.00 Uhr rief mich meine spanische Cousine an und reichte den Hörer an meine Mutter weiter. Sie sagte mir es gäbe ein Riesenproblem: den Zustand meines Vaters.
Er leide seit knapp einer Woche unter Sehstörungen (Doppelbilder), Schwindel und immer schlimmer werdenden Gangunsicherheiten. Zu diesem Zeitpunkt konnte er sich nur noch fortbewegen, wenn er sich irgendwo entlang hangelte – also an einer Mauer zum Beispiel – und das auch nur wenige Meter.
Ins Krankenhaus wollte mein Vater bis dahin nicht, weil er die Beschwerden auf die Nebenwirkungen des Prostatamedikaments schob, das er seit kurzem nahm und setzte es ab. Im Beipackzettel waren leider unter anderem genau diese Symptome aufgeführt.
Die Beschwerden wurden leider nicht weniger, sondern schlimmer. So schlimm, dass meine Mutter ihm drohte abzureisen, wenn er nicht ins KH ginge.
Er ging also.
Thorax-CT auffällig, ziemlich große Raumforderung in der Lunge, ziemlich sicher bösartig. Bedarf weiterer Abklärung.
Kopf-CT auffällig, Verdacht auf Hirnmetastasen oder Schlaganfall und irgendetwas an der Nasennebenhöhle. Bedarf näherer Abklärung durch ein MRT.

Eine Diagnose wie ein Donnerschlag.
Die Ärzte wollten meinen Vater natürlich dort behalten, aber er hat sich unter fast Randale artigen Umständen geweigert. Sein Vertrauen in spanische Ärzte ist nicht sonderlich ausgeprägt, ausserdem gleich sein spanischer Wortschatz dem eines Dreijährigen.
Nein, er wollte zurück nach Deutschland, sofort.

Soweit die Schilderung des Riesenproblems durch meine Mutter.

Ich buchte also für den nächsten Tag zwei Rückflüge inklusive Betreuung durch das Rote Kreuz mit Rollstuhl für meinen Vater.

Das klappte alles gut und am nächsten Tag gegen 22.35 Uhr holte ich meine Eltern vom Flughafen ab. Mein Vater saß zusammengesunken im Rollstuhl und sah mich abwechselnd traurig an und zeterte über unfähige spanische Ärzte. Schon bei den ersten Sätzen fiel mir eine ziemlich verwaschene Aussprache auf.

Eigentlich wollte ich meinen Vater sofort ins nächste Krankenhaus fahren, aber er wollte erstmal nach hause und am nächsten Morgen erstmal mit seinem Hausarzt telefonieren, wegen der Prostatamittel...
Ich dachte kurz nach und entschied mich nachzugeben, da wenn er diese Symptome schon eine Woche lang hat, vermutlich keine akute Lebensgefahr besteht. Da mir klar war, dass er morgen in jedem Fall ins Krankenhaus kommen würde und es vermutlich auch so schnell nicht wieder verlassen wird, gönnte ich ihm die Nacht in seinem Bett. Ich weiss nicht, ob das richtig war.
Aber ich war mir darüber im Klaren, dass es nicht gut um meinen Vater bestellt ist.

Es war schwierig ihn ins Auto zu verfrachten und schwierig ihn schliesslich ins Haus zu bekommen. Hilfe konnte er nur sehr schwer zulassen. Er schwankte sehr stark und wenn man ihn stützen wollte reagierte er ziemlich aggressiv, man solle ihn in Ruhe lassen, er könne das alleine...
Er hakte sich bei mir letztlich doch unter und er wollte erst mal auf die Terrasse und eine mit mir rauchen. Wir schneckten also los und rauchten unsere vermutlich letzte Zigarette. Danach sorgte ich gemeinsam mit meiner Mutter dafür, dass er ins Bett kommt.

Am nächsten Morgen war der Zustand noch ein wenig schlimmer. Noch immer war mein Vater der Meinung ohne Hilfe gehen zu können, versuchte zur Toilette zu kommen, nachdem er jede Hilfe energisch zurückwies. Ich hätte schreien können. Dann rumpelte es und er schrie. Ich eilte zu ihm und er war einfach umgekippt gegen eine Wand und konnte sich mit Mühe dagegen wehren nicht auf den Boden zu knallen. Mit angsterfüllten Augen sah er mich an und ich zurück. Ich hakte ihn unter, schleppte ihn zur Toilette, setzte ihn drauf und hielt ihn fest, damit er nicht umfällt.

Anschliessend schleppte ich ihn zurück in die Küche, wir frühstückten in aller Eile, zogen meinen Vater an und fuhren ins Krankenhaus.

Dort wurden verschiedenste Untersuchungen gemacht, nochmals ein Thorax-CT und der Verdacht auf Lungenkrebs bestätigt.
Natürlich wollte mein Vater noch immer nicht im Krankenhaus bleiben und erst als ich ihm energisch ins Gewissen redete und an seine Vernunft appellierte, gab er klein bei.
Gegen 17.00 Uhr wurde er von der Notaufnahme auf die Lungenstation des AK Hamburg Altona verlegt.
Das war genau vor einer Woche. Die Rasanz der Entwicklung seither raubt mir den Atem.
Am Freitag konnte er nicht mehr alleine (auf)stehen. Er saß an der Bettkante, ich rechts von ihm, meine Mutter links und fassten ihn unter die Achseln, um ihn zu unterstützen. Er versuchte aufzustehen, sah uns mit Tränen in den Augen an und nuschelte verwaschen: „Es geht nicht“. Daraufhin legten wir zurück ins Bett.
Eine Weile sahen wir uns alle an und wir hielten seine Hände. Dann setzte er wortlos Kopfhörer auf, machte den Fernseher an und starrte drauf. Er tat und tut das, obwohl ich genau weiss, dass er wegen der Doppelbildung so gut wie nichts erkennt. Ich erkannte, er verschliesst sich, kapselt sich ab. Dabei nickte er immer wieder ein.
Abends hatte er kaum noch die Kraft alleine zu essen, geschweige denn seine Brote selbst zu schmieren. Zum Mund führen und kauen ging gerade noch.
Kurzum mein Vater ist ein gewindeltes, kraftloses Bündel Elend. Jegliche Kraft ist aus ihm gewichen. Ich ahnte zwar von Anfang an, was die Stunde geschlagen hatte, aber da wurde es mir schlagartig bewusst: mein Vater biegt auf die Zielgerade seines Lebens ein.

Und nichts ist geregelt. Gar nichts. Keine Patientenverfügung – obwohl meine Eltern seit Jahren davon reden, das unbedingt machen zu müssen und zu wollen, keine Vorsorgevollmacht, meine Mutter hat noch nicht einmal Vollmacht für die Bankkonten.

Da ich genau weiss, dass mein Vater wirklich eine Patientenverfügung möchte, überlegte ich, ob ich ihn darauf ansprechen sollte. Den ganzen Freitag überlegte ich hin und her, sprach mit meiner Mutter darüber und wir entschieden uns dafür, auch wenn es in der Situation wirkte, wie mit ihn sein Todesurteil zu besprechen.
Im Januar hatte zum Beispiel eine Nachbarin einen wirklich schweren Schlaganfall und ist seitdem ein Pflegefall. Kann nicht laufen, nicht sprechen, nur eingeschränkt sehen. Jedes mal sagte mir mein Vater, nachdem er von einem Besuch zurückkehrte: „Schrecklich. Lieber tot überm Zaun hängen, als so.“ (O-Ton).

Ich war mir also sicher, es ist letztlich in seinem Sinne und ich scheue mich nur vor der Schwere der Situation und der Schrecklichkeit des Gesprächsinhalts.

Am Samstag nahm ich all meinen Mut zusammen und sagte zu ihm: „Papa, du wolltest immer eine Patientenverfügung machen, hast es aber nicht, oder?“ Er schüttelte den Kopf. „Wollen wir das noch machen?“ Er nickte.

Ich informierte mich also eingehend und druckte Standardformulare für Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht aus. Das war das Beste, was ich in der Kürze der Zeit machen konnte.

Am Sonntag fragte ich ihn noch einmal, ob er das machen wolle und er nickte. Ich las ihm also alles Punkt für Punkt vor und er nickte und nickte. Am Ende setzte ich ihn im Bett auf, drückte ihm einen Kuli in die Hand und zeigte ihm wo er unterschreiben solle. Er setzte an, versuchte es und nuschelte: „Ich kann nicht.“ Es war nur ein Krakel, der nichts mit seiner Unterschrift zu tun hatte. Er sah mich tieftraurig an und ich fühlte mich wie innerlich erstarrt. Ich nahm alle meine Kraft zusammen, lächelte und sagte: „Mach dir deine keine Sorgen, Papa. Das bekommen wir schon anders hin.“ Eine Träne kullerte ihm über die Wange, er setzte den Kopfhörer auf und starrte zum Fernseher. 2 Minuten später nickte er ein. Ich ging aus dem Zimmer, verliess das Krankenhaus, fuhr an die Elbe und schrie, heulte und schrie.
Eine Stunde später kehrte ich zurück ins Krankenhaus. Er schlief immer noch. Ich packte meine sichtlich mitgenommene Mutter ein und wir fuhren nach hause.

Am Montag sprach ich mit der Stationsärztin darüber und sie erklärte sich bereit, sowohl Patientenverfügung als auch Vorsorgevollmacht als Zeugin zu unterschreiben und zu bestätigen, dass mein Vater klaren Verstandes ist und nicht eigenhändig unterschreiben kann.
Wir alle haben das tapfer durchgehalten und ich war sehr erleichtert, dass es doch noch geklappt hat.

Anschliessend habe ich mit der Stationsärztin gesprochen. Sie hat mir auf den CT-Bildern den Lungentumor gezeigt. Er hat einen Durchmesser von fast 5 cm, sitzt zentral und drückt bereits auf Luft- und Speiseröhre. Das schlechte sei, wie sie sagte, dass Tumore an dieser Stelle meist sehr schnell wachsen, aber auch sehr gut auf Chemo ansprechen. Ein Fünkchen Hoffnung. Der verglomm allerdings sofort wieder, als sie mir sagte, dass im CT bereits mehrere Lebermetastasen zu finden seien. Es solle jetzt eine Bronchoskopie gemacht werden, um den Tumor zu bestimmen und ein MRT, um die Ursache der Doppelbilder, des Schwindels, der Sprachprobleme und der Koordinationsprobleme zu finden.
Beides solle am Dienstag durchgeführt werden.

Das MRT wurde gemacht und zum Erstaunen aller wurden weder Hirnmetastasen, noch Hinweise auf einen Schlaganfall gefunden. Immerhin.

Die Bronchoskopie musste abgebrochen werden, weil die Atmung aussetzte und sie „meinem Vater kurzzeitig helfen mussten“, wie die Ärztin es ausdrückte. Ihr könnt euch wohl denken, was das heisst.
Das hat mein Vater überraschend gut weggesteckt. War zwar Dienstag sehr müde, aber sonst ist keine Verschlechterung seines (ohnehin miserablen) Zustand eingetreten.
Die Bronchoskopie soll nun am morgigen Freitag unter Vollnarkose und Einbeziehung eines gesamten Notfallteams durchgeführt werden.

Gestern war meine Mutter ab mittags bei ihm und ich kam erst gegen 18.00 Uhr ins Krankenhaus, da ich wieder arbeiten gegangen bin – vorher hatte ich einige Tage frei genommen.

Er hat nochmals abgebaut. Hat Schwierigkeiten das Wasserglas zu halten und das Sprechen strengt ihn unglaublich an. Ausserdem kann man ihn fasst nicht mehr verstehen. Nur mit sehr viel Fantasie und Assoziationvermögen. Meine Mutter versteht ihn gar nicht mehr, was er manchmal mit sehr aggressiven Reaktionen quittiert. Es ist schrecklich. Für alle Beteiligten.
Auf der Rückweg sagte mir meine Mutter, dass sie glaube, er baue nun auch geistig ab. Sei verwirrt, macht Gesten, die er noch machte, nicht mehr er selbst...
Der HNO hat ihn gestern noch angeschaut und stellte eine Nasennebenhöhlenentzündung und beidseitige Polypen fest. Nichts, was die „Kopfbeschwerden“ erklären würde.

Heute soll sich das ein Augenarzt anschauen – mal gucken.

Das ist also, was meine Welt in Trümmer schlug.

Ich habe Angst. Gar nicht mal so sehr davor, dass mein Vater stirbt, sondern vor dem Weg dahin.
Mein Vater ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Jede Kraft aus ihm gewichen, unfähig zu gucken, zu sprechen aufzustehen, sich aufzusetzen, selbst zu essen (kauen und schlucken geht noch), kurzum. Der Krebs hat ihn im Wrack seines Körpers eingeschlossen. Das ist schlimm für alle Beteiligten. Aber wenn ich daran denke, wie schlimm es für meine Mutter und mich ist und dann mir versuche vorzustellen, wie schlimm es für ihn sein mag, dann wird mir übel. Er will uns vermutlich noch viele Dinge sagen – ich denke, er weiss was die Uhr geschlagen hat – und kann es nicht.
Ich habe keine Ahnung, wie es weiter gehen soll, weiss aber trotzdem wie es weitergehen wird. Eine paradoxe Situation. Natürlich muss erstmal die endgültige Diagnosestellung abgewartet werden, aber wenn man meinen Vater sieht, dann erkennt man die gesamte Situation auf einen Blick.
Er hatte bereits vor 12 Jahren Stimmbandkrebs, woraufhin man ein Stimmband entfernte. Er rauchte weiter und das nicht wenig und verweigerte jegliche Nachsorgeuntersuchung. Hatte vor 15 Jahren einen Hinterwandherzinfarkt, den er wie durch ein Wunder überlebte, obwohl er erst nach drei Tagen ins Krankenhaus ging. Vor 4 Wochen hat er vor seinem Urlaub noch einen Weg von der Garage zum Haus mit Granitsteinen gepflastert und jetzt...

Das alles klingt vielleicht so, als würde ich meinen Vater vorschnell abschreiben und todweihen. Aber das sind meine Gefühle, Befürchtungen und Ängste. Raum für Hoffnung ist nur sehr klein.

Ich befürchte, dass er die Vollnarkose morgen nicht verkraftet und bin nicht sicher, ob er das Krankenhaus noch einmal verlassen wird.
Die Rasanz seines Verfalls ist überwältigend.

Meine Mutter und ich sind uns einig, dass wenn es irgend geht wir ihn nach hause holen, sobald klar ist, was wird und was man (nicht mehr) machen kann.

Das ist sein einziger Wunsch. Er will nach hause.

Ich wünsche ihm Erlösung.

Und schäme mich dafür.

Larimari 23.08.2012 15:47

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Hi!

Ich weiß nicht, was ich sagen soll, außer, dass ich deine Angst nachempfinden kann.

Ich wünsche Dir und Deiner Familie viel Kraft! Für alles, was jetzt noch kommen mag.

Mirilena 23.08.2012 18:04

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Lieber Carlos,

es tut mir wahnsinnig leid, dass es deinem Vater so schlecht geht und sein Zustand so miserabel ist. Und ich kann deine Gedanken und Gefühle sehr gut nachvollziehen... So, wie du es beschreibst, sieht es tatsächlich nicht so gut aus, doch ihr müsst jetzt alle Untersuchungsergebnisse abwarten und dann werden sich die Ärzte sicherlich recht zügig beraten und euch die Möglichkeiten aufzeigen, die verbleiben.

Etwas sehr Wichtiges hast du bereits erledigt... Ihr habt die Patientenverfügung deines Vaters. ich kann dir auch nur empfehlen, dass dein Vater eine Generalvollmacht für euch (dich und deine Mutter ausstellt). Ich meine, da gibt es auch ein Formular, das du online ausdrucken kannst. Vielleicht könnte die Ärztin ja erneut einspringen. Es wäre ganz wichtig für euch, denn damit könnte dein Vater dich und deine Mutter ermächtigen, seine Bankgeschäfte zu führen und mit der Krankenkasse und ähnlichen Institutionen zu verhandeln, wenn es denn sein muss. Ich habe das dieses Jahr auch von meinem Vater bekommen und musste es auch einsetzen.

Ich kann dich so, so gut verstehen. Diese Diagnose schlägt dir den Boden unter den Füßen weg und du hast das Gefühl, dass deine Welt tatsächlich komplett in Trümmern liegt. Für dich ist es um so schlimmer, als dass sich der Gesundheitszustand deines Vaters innerhalb kürzester Zeit so rapide verschlechtert hat... Das ist furchtbar, wenn man zusehen muss, wie alle Kraft aus einem geliebten Menschen weicht und er nur noch ein Schatten seiner selbst ist. Und all das bei vollem Bewusstsein, es muss auch unglaublich hart für deinen Vater sein, denn so wie du ihn beschreibst, ging ihm seine Eigenständigkeit über alles. Auch er steht sehr wahrscheinlich unter Schock und muss diese Diagnose und all die aufkommenden Gefühle und Ängste erst einmal "verdauen". Es fällt ihm schwer, nun auf Hilfe angewiesen zu sein, da sein Körper ihm einfach nicht mehr gehorcht und selbst einfache Handgriffe so unglaublich schwer fallen.

Ich kann dir nur sagen, dass du ganz wunderbar reagiert hast und ich es sehr schön finde, wie sehr du für deine Eltern da bist und sie unterstützt. Auch wenn dein Vater es momentan vielleicht nicht so zeigen kann, es wird ihm unheimlich gut tun, dass ihr drei so zusammen haltet in dieser schweren Situation. Er spürt, wie wichtig er dir ist und wie lieb du ihn hast. Du bist da, weichst nicht von seiner Seite, auch wenn er dich und deine Mutter vielleicht bisweilen zurück stößt. Ich kann dir nur empfehlen, weiterhin so viel Zeit wie möglich mit deinem Vater zu verbringen. Und so schwer es dir fallen mag, versuch' dich nicht von der Angst "auffressen" zu lassen. Ich habe das eine Zeit lang getan, habe mich ständig mit Horrorszenarien gequält und mich völlig verrückt gemacht. Irgendjemand hier im Forum riet mir, im Hier und Jetzt zu sein. Jetzt ist dein Papa da! Daher nutze die Zeit mit ihm und freue dich, wenn er gute Momente hat.

Es ist auch gut, dass deine Mutter und du bereits darüber gesprochen habt, dass ihr deinen Vater heim holen möchtet, weil dies sein größter Wunsch ist. Und dass du ihm Erlösung wünschst, dafür brauchst du dich nicht schämen, Carlos. Du liebst deinen Vater, das spricht aus jeder deiner Zeilen und du möchtest nicht, dass er solche Schmerzen und Qualen erleiden muss. Lieber lässt du ihn los, lässt ihn gehen, wenn der Zeitpunkt kommt, auch wenn es dich innerlich zerreißen mag.

Ich wünsche dir auch sehr viel Kraft für die kommende Zeit und ich drücke euch die Daumen für die morgige Bronchoskopie! Alles Gute für euch!

Liebe Grüße
Miriam

hope75 23.08.2012 20:45

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Hallo Carlos!

Ich kann das, was Du schreibst, sehr gut nachvollziehen. Mein Vater ist an einem Pleuramesotheliom erkrankt, Metastasen überall, ein Krebs, der sehr agressiv ist. Als einzige Tochter bin auch ich immer unmittelbar mitten drin, immer involviert, immer dabei - bei jedem Schritt ... meistens in die "falsche" Richtung, manchmal aber auch für ein paar Tage in eine gute ....

Es trifft einen wie ein Schlag mit einem Ziegelstein auf den Kopf - plötzlich, von einer Minute auf die andere ist nichts mehr, wie es mal war. Mein Vater war bis kurz vor der Diagnose topfit - seither verwandelt sich sein Körper schnell und auf erschreckende Weise .... manchmal hat man das Gefühl, der Anblick zerreist einen - gerade wenn die Diagnose noch sehr frisch ist - oder man darauf warten muss.

Es gibt überhautpt nichts, wofür Du Dich schämen musst. Erlösung ist ab einem gewissen Punkt das einzige, auf das man hoffen kann.
Ich hoffe, Ihr seid noch nicht an diesem Punkt. Ich hoffe, die Untersuchungen bringen Klarkeit und Ihr bekommt die Möglichkeit, etwas gegen die Krankheit zu tun.

Deine Verzweiflung springt einen aus Deinem Text heraus nahezu an. Ich verstehe Dich, und hier verstehen Dich sicher eine Menge Leute - ich hoffe, dass Dir das ein wenig helfen wird.
Es tut mir sehr leid für Dich, und es tut mir sehr leid für Deine Eltern.

Viele Grüße und alles Gute...

marni1971 23.08.2012 21:01

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Hallo Carlos,

Das klingt fast alles wie bei meinem Papa.
Er hatte im Mai eine Ausschälung der Prostata, und danach ging es rasant bergab.
Er bekam nicht mehr viel Luft konnte auch nicht mehr richtig laufen und wir haben ihn dann wieder ins Krankenhaus gebracht.
Dort wurde Lungenkrebs inoperabel festgestellt.
Ausserdem alles auf der Lunge voll Metastasen und auch in der Leber hatte er welche und noch in den Lymphknoten.
Wir haben auch eine Vorsorgevollmacht unterschreiben lassen und der Notar war sogar noch im Krankenhaus.
Mein Papa bekam 3 mal chemo und die 3 Chemo hat ihm die Nieren versagen lassen. Ich habe aber auch darum gebetet das Papa nicht lang leiden soll. Deshalb darf man sich nicht schlecht fühlen. Papa wurde gott sei dank schnell erlöst und wir waren alle bei ihm im Krankenhaus und haben ihn begleitet auf seinem Weg.
Ich wünsche Euch alles Gute
Jutta

El_Desparecido 24.08.2012 09:39

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Zitat:

Zitat von Larimari (Beitrag 1137405)
Hi!

Ich weiß nicht, was ich sagen soll, außer, dass ich deine Angst nachempfinden kann.

Ich wünsche Dir und Deiner Familie viel Kraft! Für alles, was jetzt noch kommen mag.

Vielen Dank für deinen Zuspruch, Larimari.

Mirilena 24.08.2012 13:00

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Hallo Carlos,

du bist wirklich gut organisiert, Hut ab! Ich schätze mal, du wirst das trennen müssen...Hausarzt und Palliativmedizin. Aber wie ich herausgelesen habe, kommst du aus dem Raum HH, vielleicht ist es da besser bestellt um so eine Kombination. Ich kann dir nur empfehlen, dich rechtzeitig an das Palliativnetzwerk zu wenden. Sollte dein Papa nicht heilbar sein und man würde ihm und euch eine palliative Therapie anraten, dann könnte die SAPV für deinen Vater in Frage kommen. SAPV ist Spezielle Ambulante Palliativversorgung und die wird von den Krankenkassen getragen. Sie ist unabhängig von der allgemeinen Pflege.

Sehr gut ist, dass du nächste Woche einen Termin mit dem Psychoonkolgen hast! Ich habe letztes Jahr auch ziemlich bald nach der unheilvollen Diagnose meines Papas die Hilfe einer Psychoonkologin in Anspruch genommen. Es waren nur drei Gesprächstermine, doch die waren Gold wert! Ich wollte mich rüsten für die Zeit, die da kam und das war für mich die richtige "Strategie". Und es hat mir sehr gut getan, in diesem Forum zu schreiben. Ich habe hier Zuspruch erhalten, wurde aufgefangen, oftmals auch wachgerüttelt und verstanden...

Sollte dein Vater palliativ behandelt werden und ihr werdet ihn nach Haus holen, dann kann ich dir und deiner Mutter nur empfehlen, jegliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, die euch oder vielmehr deinem Vater zusteht. Wie gesagt, dazu zählt sowohl die SAPV (organisiert über das Palliativnetzwerk, zumindest hier in S.-H.) als auch die Pflegestufe zu beantragen. Ich weiß nicht, wie alt deine Eltern sind, doch die Pflege und Begleitung eines geliebten Menschen belastet nicht nur psychisch extrem sondern auch körperlich... Da ist es gut, dass du dir bereits jetzt so viele Gedanken machst... dann wird man nicht so überrollt.

Was deinen Papa angeht, auch ihn hat die Diagnose Lungenkrebs "überfahren". Wahrscheinlich ist ihm schon klar, dass er sehr, sehr krank ist, doch er verdrängt es derzeit. Vielleicht ist das auch ein Schutzmechanismus, um überhaupt weitermachen zu können. So, wie wir unsere Probleme haben, mit der Diagnose klar zu kommen, so hat auch dein Vater seine eigene Strategie, damit zurecht zu kommen. Er braucht jetzt Ziele, egal, wie unrealistisch die auch sein mögen... Das kenne ich noch so von meinem Vater. Du wirst am besten einschätzen können, ob es Sinn macht, ganz offen mit deinem Vater zu sprechen. Mein Vater hat beispielsweise vieles abgeblockt und sich an der Hoffnung festgeklammert. Zwischendurch fiel er auch in Depressionen (,was er mir jedoch erst sehr viel später anvertraut hat). Ich denke, es ist unglaulich schwierig, sich in die Gedankenwelt hineinzuversetzen. Schließlich sind wir ja (noch) gesund... Aber du kannst ja versuchen, dich langsam vorzutasten und dann wirst du merken, ob dein Vater sich öffnen mag oder lieber nicht.

Ich weiß nur allzu gut, wie du dich jetzt wohl fühlen magst. Auch mir kam es vor, als wären es Tausende und Abertausende kleiner Abschiede und als hätte meine Trauer bereits sehr viel früher eingesetzt als mit dem Tod meines Vaters. All das gehört zu unserem Erleben als Angehöriger bzw. als Sohn / Tochter wohl dazu. Vielleicht ist es auch eine Art Vorbereitung auf das "Schlimmste". Für mich war es unsagbar schlimm, dass ich zur Hilflosigkeit verurteilt war. Wie gern hätte ich mehr für meinen Vater getan, wie gern hätte ich ihm geholfen, doch ich musste akzeptieren, dass es seine Krankheit war und dass letztlich er die Entscheidungen traf. Als Tochter kann ich dir nur empfehlen, nichts über deinen Vater hinweg zu entscheiden. Auch wenn er sehr schwach ist, beziehe ihn in all das, was du tust, mit ein. Letztlich ist nur sein Körper krank, nicht aber sein Geist bzw. Intellekt. Der funktioniert sehr gut.
Und das Wichtigste, was du für ihn tun kannst, tust du ohnehin! Du bist da, hältst seine Hand. Auch wenn dir das wenig erscheinen mag, es ist ungeheuer viel...

Also Carlos, lass' dich nicht entmutigen von solchen Ärzten und Sprechstundenhilfen! Es ist verletzend und macht dich wütend, doch vergeude nicht deinen Kraft! Die kannst du sinnvoller einsetzen!

Nochmals toi, toi, toi für die Bronchoskopie heute!
Alles Liebe
Miriam

Larimari 24.08.2012 13:12

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
mein hausarzt hat mir heute auch eine broschuere von sapv in die hand gedrueckt. es klingt interessant, was sie machen. ich meine, solange man es alleine schafft, ist es super, aber wenn man hilfe braucht, klingt es, als koennte man sich gut an sie wenden.

das mit dem arzt ist aetzend...

aber ich kenns.

wir hatten am dienstag befundgespraech, und es hiess: keine metastasen.

und tags drauf ruft mich die aerztin an, um mir so, by the way, zu sagen, dass metastasen im kopf gefunden wurden. O_o ich haett sie am liebsten erwuergt. wir sollten am naechsten tag zum mrt.
ich also arbeitgeber angerufen, krank gemeldet. verzweifelt. ne stunde spaeter ruft sie an, und meint: hab ich ihnen gesagt, dass der termin zum mrt am freitag ist? also zwei tage spaeter.
ich muss heute nochmal auf station, um sachen zu holen. ich hoffe, sie begegnet mir nicht, sonst kann sie auf was gefasst machen. ich verstehe, dass aerzte nicht mit jedem mitleid haben koennen. aber so viel egal auf einmal habe ich noch nicht erlebt. die bloede kuh merkt offenbar nicht, dass sie mit den gefuehlen und hoffnungen eines todkranken und seiner familie spielt.
sorry, das passte jetzt hier nicht rein.

carlos, ich finde es gut, dass du dich so reinhaengst. es ist, so komisch es klingt, auch eine gute sache fuer die psyche, das gefuehl, dass man was sinnvolles tut in diesem ganzen chaos. ich hab die letzten tage auch nur am telefon verbracht.

ich wuensche uns allen viel kraft! und danke nochmal, dass ihr alle da seid!

hope75 24.08.2012 14:13

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Meine Güte, das ist so viel, was in so kurzer Zeit auf Dich einstürmt ... Du machst das toll - Hut ab!

... das Gefühl, dass die Trauerarbeit schon jetzt beginnt, kenne ich. Ich habe 100 % die gleiche Empfindung ....

Es ist immer sehr schwierig, im Krankenhaus, mit den (Haus-)ärzten und allem drumherum klarzukommen. Man will das Richtige tun, ist gleichzeitig aber überfordert und kann manchmal nicht glauben, wie mit einem (und den kranken Menschen) umgegangen wird .... ich finde, Du bist auf einem sehr guten Weg und ich spreche Dir ganz großen Respekt aus.

Weiterhin alles, alles Gute für Euch!

El_Desparecido 24.08.2012 14:35

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Liebe Miriam,

danke, das du dir so viel Zeit für mich nimmst. Das weiß ich sehr zu schätzen.
Wir kommen aus dem Raum Hamburg, genauer gesagt südliches Schleswig-Holstein. Ich denke der von mir gedachte Hausarztwechsel war vielleicht gut gemeint, aber vorschnell. Ich werde jetzt mal das Gespräch mit ihm am Montag abwarten und dann weiter sehen.

Am Montag spreche ich auch mit dem Sozialdienst im Krankenhaus, um zu erfragen, ob bereits jetzt eine Beantragung der Pflegestufe Sinn ergibt und es dann ggfs. sofort in die Wege leiten. Außerdem habe ich gelesen, dass der Sozialdienst eine Beantragung der Pflegestufe auch per Eilverfahren nach Aktenlage durchführen lassen kann. Mal gucken.

Mein Vater ist 69, meine Mutter ein Jahr jünger. Sie ist eine sehr willensstarke und sensible Frau. Früher war sie ein echter heißblütiger spanischer Kampfzwerg, der alles geschafft hat, was sie sich vorgenommen hat. Nach einer Sigmaresektion vor 2 Jahren wegen Divertikulitis hat sie sich eigentlich ganz gut erholt, aber körperlich nicht mehr die Stabilste.
Dennoch, für 68 ist sie ausgesprochen fit und kräftig.

Außerdem wohne ich mit meinen Eltern unter einem Dach, werde also oft da sein und helfen. Ich werde meinen gesamten Jahresurlaub und den Resturlaub vom letzten Jahr so nehmen, dass ich wenn mein Vater nach hause kommt, 3 Monate nur halbtags arbeite. Im Notfall brauche ich vom Büro nach hause ca. 15 Minuten.

Dazu werden wir natürlich von Anfang an jede Hilfe wie Pflegedienst und SAPV in Anspruch nehmen, derer wir habhaft werden können.

Meine Eltern, insbesondere meine Mutter hat auch ein sehr intaktes Netzwerk aus wirklich guten Freundinnen, die - besonders wichtig - Tod, Verlust, Trauer, Schmerzen sehr gut nachempfinden können, weil sie persönlich betroffen gewesen sind.

Vor ungefähr 9 Jahren und einem Monat kam ich gegen 23.00 Uhr mit dem Fahrrad total bekifft nach hause. Ich hatte gerade die Haustür geschlossen und etwas getrunken, da klopfte es an der Tür. Als ich sie öffnete standen zwei Polizisten da und ich dachte" Scheisse, bist du Schlangenlinien gefahren?"
Schön wäre es gewesen.
Sie eröffneten mir, dass mein Bruder bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen ist.
Meine Eltern schliefen bereits und ich musste sie wecken und ihnen sagen, dass ihr Sohn tot sei.
Das und alles was folgte war sehr schwer für alle Beteiligten.

Meine Eltern haben in dieser schweren Zeit auf dem Friedhof - sie sind bis vor Kurzem jeden Tag dort gewesen - sehr viele Kontakte mit anderen Trauernden geknüpft und daraus sind einige sehr tiefe Freundschaften entstanden. Das beweist sich gerade jetzt.
Gestern habe ich zu meiner Mutter gesagt, sie habe tolle Freundinnen - besser geht eigentlich nicht.

Ich bin deswegen ganz zuversichtlich, dass wir die Situation gemeinsam meistern können, egal wie es kommt.
Nichtsdestotrotz bin ich mir absolut darüber im Klaren, dass extremste Belastungen auf uns warten und ich werde das sehr gut im Auge behalten und Notfalls gegensteuern.
Außerdem habe ich meinen Cousin gebeten mich zu sagen, wenn er meint, dass die Strapazen zu groß werden und wir das nicht mehr packen, weil man das von außen vermutlich besser erkennt.

Danke fürs Daumendrücken bei der Bronchoskopie.
Bisher hat mein Handy nicht geklingelt - also zumindest auch keine akuten Hiobsbotschaften.
F*cking Handy. Du machst mir Angst.

Ging es dir auch so, dass du deinen ganzen Mut zusammennehmen musstest, wenn du deinen Vater im Krankenhaus besucht hast?
Ich muss mich heute richtiggehend dazu zwingen.

Vielen Dank noch einmal für dein Ohr, deine Augen und deine Zeit.

molüfunidami 24.08.2012 15:30

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
lieber carlos!

ersteinmal möchte ich dir sagen, wie sehr ich deine kraft und stärke bewundere! so kurz nach dieser schlimmen diagnose schon einen solch "klaren kopf" zu haben, ist soo viel wert, auch bzw. gerade für deine eltern - hut ab!

meine ma ist vor 10 wochen, am 15.6. eingeschlafen, nur 6 wochen nach der niederschmetternden diagnose ( kleinzeller lunge mit metastasen in niere, leber etc. ).
ich kann mich noch genau an diese unglaublich schwere zeit erinnern, diese wahnsinnige angst, trauer, hoffnung, wut, es war die hölle für meinen papa, meine schwester und mich.

auch ich hatte ganz grosse probleme, meine ma im kh zu besuchen, konnte es nur mit beruhigungsmitteln! ich hatte jedesmal solch eine panische angst, was mich hinter der krankenzimmer-tür erwartet, geht es ihr wieder schlecher, gibt es wieder irgendwelche hiobsbotschaften...
und vor allem meine ma so leiden sehen zu müssen, es zerreisst einem das herz, man ist so hilflos!

auch bei uns gab es tage, wenn es ihr besonders schlecht ging, dass wir meiner ma gewünscht haben, dass ihr leiden ein ende haben möge. es tat so unglaublich weh, sie so sehen zu müssen.

lieber carlos, ich wünsche dir für die nächste, so schwere zeit, die leider kommen wird, von herzen alles, alles gute,
teile dir deine kraft gut ein, denke auch an dich, denn das ist auch ganz wichtig!

liebe grüsse, dani

Larimari 24.08.2012 18:25

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
carlos, du hast natuerlich recht. alle hilfe, sobald es geht.

meine mam und ich haben am dienstag erstmal einen termin bei der caritas, die sind gut im koordinieren, und koennen uns bestimmt weiterhelfen, vorgehensweisen empfehlen und aehnliches...

mein dad ist ja noch relativ fit, auch wenn die situation akut ist, da der tumor gross und die metastasen im hirn ein quintett bilden koennten. d.h., wir haben am montag erstmal termine beim radiologen und beim chemo-doc, und die behandlung wird dann wohl im laufe der woche anfangen.

ich finde es toll, dass ihr so ein gutes netzwerk habt. das wird bestimmt viel helfen! bei uns ist es nicht gar so dicht, aber es passt.

das mit deinem bruder tut mir leid, aehnliches habe ich auch erlebt. mein bruder hat zwar ueberlebt, aber als schwerstbehinderter, er ist wie eine kleine blume.

wir waren heute wieder auf der station, auf der mein dad zu den untersuchungen lag - ich haett mich zehn mal uebergeben koennen vor angst. vor allem, weil da wirklich nur hiobsbotschaften rauskamen... generell und immer...

die aerztinnen waren heute etwas netter, also die kleine kopflose war gar nicht dabei. nur die oberaerztin. die hat sich zeit genommen, und versucht, uns nochmal alles zu erklaeren.

meine lieben, kopf hoch!!! (ich muss grad ein bisschen ueber meinen dad schmunzeln, er sitzt mir gegenueber, mit ner dicken wurschtsemmel und sagt, das sei essen gegen den krebs :D)

fuehlt euch alle herzlich gedrueckt!
mari

Mirilena 24.08.2012 19:37

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Lieber Carlos,

als ich grade von deinem Bruder gelesen habe, musste ich echt schlucken... Das tut mir sehr, sehr leid... Schrecklich, wenn so ein junger Mensch derart brutal aus dem Leben gerissen wird. Da fehlen einfach die Worte.

Zu deiner Frage:ja, mir ging es ebenso, ich musste auch immer meinen Mut zusammen nehmen, hatte immer die Angst, vor meinem Vater in Tränen auszubrechen und ihn damit womöglich noch mehr zu belasten. Schlimm war es, als er nach einer Lungenentzündung einen Pleuraerguss bekam und ihm Drainagen gelegt wurden. Da lag er so klein, so verletzlich in seinem Krankenhausbett und war an lauter Schläuche angeschlossen. Und diese Pumpe machte ein so schlürfendes Geräusch. Oh, er tat mir so unglaublich leid! Aber dann habe ich tief durchgeatmet und versucht, ihn zum Lächeln zu bringen. Lachen war ja unmöglich...

Im Verlauf der Monate haben wir uns dann an die Krankheit gewöhnt, so seltsam das auch klingen mag. Wir mussten lernen, den Krebs in unseren Alltag zu integrieren, auch wenn nichts mehr wie vorher war. Ich persönlich habe gelernt, intensiv in der Gegenwart zu leben, jeden guten Moment zu genießen. Ich und auch meine Mutter trauten uns nicht mehr, irgendwelche Pläne zu machen, die in der Zukunft lagen. Unser Leben spielte sich im Jetzt ab. Wenn ich zurückblicke, dann bin ich dankbar für all die schönen Augenblicke, die wir teilten. Es war eine sehr intensive Zeit. Schmerzhaft, aber eben auch sehr, sehr innig.

Schön, dass deine Ma so gute Freundinnen hat. Die werden sie sicherlich auch unterstützen, so gut sie können. Wichtig ist ja auch für deine Mutter, dass sie ein, zwei Menschen (außerhalb der Familie) hat, bei denen sie ihr Herz ausschütten kann und auf die sie sich verlassen kann.

Ich denke auch, dass ihr das gemeinsam schaffen werdet. Ganz egal, was da auf euch zukommt. Und man wundert sich, wie viel innere Kraft man aufbringt, wenn es erforderlich ist. Weißt du, du hast da offensichtlich eine sehr gute Gabe, dieses innere Krisenmanagement, das sich aktiviert in Notfällen. Mir ging es wohl ähnlich wie dir, ich musste auch ständig aktiv sein, alles organisieren und planen. Ich konnte nicht mehr still sitzen. Schlafen konnte ich allerdings anfangs auch kaum mehr... Und weißt du, was mir noch geholfen hat? Die Seelsorgerin, bei der meine Mutter Gesprächstermine hatte... Sie sagte, dass wir alle, auch die gesunden Menschen, jeden Tag nur 24 Stunden zur Verfügung haben. Und wenn die rum sind, dann beginnt ein neuer Tag...

Ich hoffe für dich, dass das Ergebnis der Untersuchung nicht so niederschmetternd sein mag!!!
Miriam

lucie79 24.08.2012 22:46

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Hallo, wenn ich das hier so alles lese kommen mir die tränen, das ist als ob Ihr mir aus der Seele schreibt. Es ist einerseits traurig das wir alle dieses fiese,abscheuliche und ich weiß nicht wie gemein ich es noch nennen soll durch machen müssen aber es tut doch gut wenn man weiß das man nicht alleine im Boot sitzt. Danke!!!! LG Lucie

El_Desparecido 25.08.2012 15:27

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Erst mal nur ein kleines Update.

Die Bronchoskopie ist ohne Komplikationen verlaufen.
Die Proben werden untersucht und der Fall meines Vaters am Mittwoch in der Tumorkonferenz besprochen. Dann sehen wir weiter.

Gestern fragte mich mein Vater, in welchem Krankenhaus er läge, es sehe hier so aus wie in Spanien...

Er ist so schwach, es ist erschreckend.

Heute fühle ich mich überhaupt nicht gut. Ich habe elf Stunden geschlafen und könnte mich schon wieder hinlegen. Mir ist irgendwie schummerig und ich fühle mich wie aus der Matrix gefallen, wie in Watte gepackt.
Ich nehme an, das ist eine ganz normale Reaktion meines Körpers auf die Belastung.

Jetzt fahre ich erst mal ins Krankenhaus und dann gehe ich schwimmen. Den Kopf zumindest etwas frei bekommen.


Bis später, ihr Lieben.
Und danke.

El_Desparecido 25.08.2012 20:22

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Wow.
Drei Stunden im Krankenhaus können anstrengender sein, als den ganzen vormittag im Garten umzugraben.

Heute war ich sauer auf meinen Papa.
Meine Mutter hat ihm ein Leberwurstbrot in Mundhappen geschnitten und ihn damit gefüttert. Er hatte immerhin eine halbe Scheibe Brot geschafft. Dann wollte er nicht mehr und bekam seine Tabletten. Nachdem er die geschluckt hatte, fragte meine Mutter ihn, ob er noch ein Stückchen Brot wolle.
Er nickte.
Er kaute dreimal drauf rum und spuckte es dann im hohen Bogen wieder raus und krächzte in einer erstaunlichen Lautstärke: "Erst essen, dann Tabletten"
Ich: "Papa, du hast doch schon was gegessen." (Ich denke irgendwie glaubte er, dass man nach den Tabletten nichts mehr essen dürfe).

Daraufhin schubste er meine Mutter weg und zischte mit immens viel Gift in den Augen: "Hau ab!"

Sie lief dann ersteinmal heulend aus dem Zimmer und ich sagte zu meinem Vater, dass das total gemein sei und er das nicht machen dürfe.

Er starrte fünf Minuten an die Decke und schlief dann ein.

Ich war total sauer auf meinen Vater und hielt ihn für undankbar.
Nach zehn Minuten habe ich realisiert, dass es den Ärger nicht wert ist. Wenn ich jetzt im Groll von ihm gehe und heute nacht klingelt mein Handy(...) dann wäre meine letzte Erinnerung Groll gewesen und das wollte ich nicht.
Ich setzte mich wieder an sein Bett und hielt noch eine Stunde lang seine Hand, bevor ich ihn küsste und mich verabschiedete.

Harte Zeiten.

Christin12 25.08.2012 21:11

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Hallo Carlos,


bin eigentlich anderweitig in diesem Forum unterwegs, aber man schaut ja doch mal woanders rein.
Ich habe Tränen in den Augen. Es tut mir so leid, was du durchmachen musst.

Aber ich bewundere auch deine Stärke. Ich weiß, man kann über sich hinauswachsen. Nur leider zeigt einem der eigene Körper auch seine Grenzen. Versuch bitte, auch auf dich Acht zu geben.

Ich wünsche Euch alles, alles Gute.

Liebe Grüße
Christin

Mirilena 26.08.2012 08:15

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Guten Morgen Carlos,

ja, das sind harte Zeiten für euch und ich würde dir gern irgendetwas schreiben, was dies alles "hinwegpusten" könnte und dir jede Menge Hoffnung geben, doch so wie ich dich einschätze, bist du zu sehr Realist...

Dein Vater wirkt verwirrt, kann das an den Medikamenten liegen? Anfangs schriebst du ja auch, dass es ihm in Spanien so erging, dass er orientierungslos war... Nimm mal deine Mama in die Arme und halt sie fest. Auch sie soll deinem Vater nicht grollen, wenn es auch schwer fällt. Wahrscheinlich weiß er heute gar nicht mehr, dass er sie so weggestoßen und damit verletzt hat. Dennoch wäre es gut, wenn sie beispielsweise gegenüber einer ihrer Freundinnen ihren Unmut und ihre Wut mal loswerden könnte... Meine Ma hat sich bei mir bisweilen auch "ausgekotzt", weil das Wesen meines Vaters sich durch die Chemo verändert hatte. Er war launisch geworden und ihr gegenüber oft auch ungerecht. Und manchmal hat sie alles nur noch genervt... Kann ich auch gut verstehen. Sie war schließlich rund um die Uhr für ihn da und hatte wenig Möglichkeiten, mal zur Ruhe zu kommen und etwas anderes zu sehen. Da ich berufstätig bin, konnte ich immer erst am späten Nachmittag da sein und meine Mutter ablösen. Und den Nachtdienst übernehmen.

Wichtig ist auch, dass du gelegentlich an dich selbst denkst. Auch du brauchst kleine Inseln außerhalb dieser Krankheit. So wie das Schwimmen gehen gestern. Dinge, die dir gut tun. Damit du wieder Kraft auftanken kannst!

Trotz allen Kummers und aller Sorge wünsche ich dir einen schönen Sonntag
Miriam

Larimari 26.08.2012 09:15

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Mirilena, wenn ich Deinen letzten Beitrag lese, frage ich mich, wie das Familien machen, in denen beide berufstätig sind, oder wo die Kinder nicht in der Nähe wohnen. Oder wo noch kleinere Kinder in der Familie vorhanden sind...

Ich z.B. wohne nicht ganz so nah bei meinen Eltern. Und ich arbeite Vollzeit. D.h., ich werde zwar jeden Freiblock bei meinen Eltern verbringen, und evtl. auch mal unter der Schicht rausfahren. Aber mehr kann ich nicht leisten. Wenn ich deinen Beitrag lese, bekomme ich da schon ein schlechtes Gewissen. :embarassed:

Carlos, ich weiß nicht, ob dein Dad grad bewusst darüber nachdenkt, aber vielleicht kommt zum Frust, nicht so genau zu wissen, was mit einem passiert, dem Kontrollverlust, auch noch der Nikotinmangel dazu, der deinen Dad zuweilen gereizt macht. Ich weiß, wir fürchten uns alle. Und ich träume auch viel Scheiß, und grüble viel und bin kaum abzulenken. Aber ich denke, wir haben keine Ahnung, wie es in unseren Vätern aussieht. Mein Dad gibt sich sehr gefasst, gibt mir immer Ratschläge der Sorte "achte auf dich selbst... Vernachlässige dein Leben nicht..." und sagt immer wieder, es ginge ihm gut - klopf auf Holz - er hat im Augenblick auch keine Beschwerden, außer einem Husten und ein bisschen Kurzatmigkeit, wenn er sich anstrengt -, aber manchmal blitzt die Panik durch, weil er nicht weiß, was ihn mit der Chemo erwarten wird... Wir müssen lernen, mit diesen launischen Momenten umzugehen.

Wünsche euch allen einen guten Tag!
Mari

El_Desparecido 26.08.2012 14:25

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Hallo Miriam,

das dies Auswirkungen der Medikamente sein könnten habe ich auch schon gedacht und deswegen nach seiner Medikation gefragt. Aber er erhält weder Schmerzmittel noch etwas zur Beruhigung.
Mein Vater war schon immer eher der "Schuld-sind-immer-die-anderen-Typ". Egal ob Ärzte, Politiker, Autofahrer, Handwerker oder wer auch immer. Ich fürchte diese Einstellung könnte jetzt ungefiltert durchbrechen.

Meine Mutter sagte gestern, sie glaube er würde jetzt langsam den Verstand verlieren, sei nicht mehr er selbst. Sie macht das vor allem an der Gestik seiner Augen und seines Mundes fest. Sie sagte, dass es bei seinem Vater - also meinem Opa - auch so gewesen sei, bevor die letzte Phase einbrach. Mein Opa litt auch an einem schweren Lungenleiden, allerdings kein Krebs, und meine Mutter hat ihn bis zum Ende zu hause gepflegt.

Ich habe gestern mit meiner Mutter darüber gesprochen, dass sie versuchen soll ihm nicht böse zu sein. Sie sagte dann auch, dass sie das nicht sei, es aber im ersten Moment sehr verletzend sei. Wir bekommen das schon hin, meinte sie. Meine Mutter ist eine sehr starke Frau.

Sie hat auch wirklich gute Freundinnen, mit der sie absolut offen auch und gerade die gesellschaftlich tabuisierten Themen Tod, Leiden, Schmerz, Verlust und Trauer besprechen kann und mit denen sie auch gemeinsam ungehemmt weinen kann.

Und du hast recht, ich betrachte die Situation sehr realistisch. Es müsste schon ein mittelschweres Wunder geschehen, wenn mein Vater noch einmal selbständig auf seinen zwei Füßen stehen sollte. Man braucht kein Arzt zu sein, um das zu erkennen.
Ich wünschte mir nichts so sehr, allein mir fehlt der Glaube.

Danke für deine Worte, Miriam.

molüfunidami 26.08.2012 14:52

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
lieber carlos!

auch ich habe vor 22 jahren meine jüngere schwester verloren. sie ist im alter von 15 jahren bei einem tragischen unfall ertrunken.

weisst du, was für mich sehr schön war?
meine ma ist freitag morgens um 01.58 uhr eingeschlafen, in der vorherigen woche, die nacht von samstag auf sonntag hat sie auf einmal ganz klar und deutlich den namen meiner schwester ausgesprochen, und dann ganz leise zwiesprache mit ihr gehalten.

in dem moment wussten wir, ihre geliebte tochter ist in der nähe, sie ist da, um mama abzuholen und sie mitzunehmen. das war für uns so tröstlich...

man sagt ja immer, niemand muss alleine gehen, unsere lieben, die uns vorausgegangen sind, holen uns ab.

wenn dein bruder für deinen papa vielleicht auch nicht mehr viel tun kann, wird er ihn jedoch mit sicherheit auch in empfang nehmen...

liebe grüsse, dani

Larimari 27.08.2012 22:55

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
hola carlos!

ich hoffe, no news is good news, und druecke weiterhin die daumen!!!

El_Desparecido 28.08.2012 11:46

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Zitat:

Zitat von molüfunidami (Beitrag 1137997)
wenn dein bruder für deinen papa vielleicht auch nicht mehr viel tun kann, wird er ihn jedoch mit sicherheit auch in empfang nehmen...

Hallo Dani,

das wäre toll.
Es ist schon merkwürdig. Ich bin durch und durch Realist und dem esoterischen nicht sonderlich zugeneigt. Andererseits bin ich allerdings der Auffassung, dass das, was wir als "Realität" erleben lediglich eine sehr ungenügende Interpretation des sensorischen Inputs durch unser Gehirn ist.

Beim Tod meines Bruders gab es so viele Unglaublichkeiten zu bestaunen, dass ich nicht an einen Zufall glauben kann. Ratio hin, Ratio her.

Larimari 28.08.2012 19:47

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
hey carlos, das klingt doch schoen. :) vor allem, wenn er an seinen hochzeitstag denken kann, dann spricht das aus meiner sicht sehr dafuer, dass er nicht dabei ist, den verstand zu verlieren. ich glaube, das war der schock der ersten tage. klar kann der frust nochmal kommen, aber solche tage wie heute sind schon viel wert, die muss man sich dann immer wieder ins gedaechtnis rufen.

wie wird dein dad denn gerade im krankenhaus behandelt? therapieren die schon in irgendeiner form? gibts plaene?

es freut mich echt, dass ihr eine gute zeit zusammen hattet. das gibt schon viel. wir sassen gestern auch zusammen, daheim im wohnzimmer, und haben uns diese unglaublich schlechte verfilmung von 'wuestenblume' angeschaut. und auch wenn nicht viel geredet wurde, war es einfach ein schoener moment. ich musste natuerlich kurz mal in mich reinheulen. aber es war gut.

ich wuensche euch auf jeden fall viele solcher momente.

und kauf morgen den schoensten strauss, den du findest. :)

Klecks 29.08.2012 06:49

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Hallo Carlos,

ich möchte Dir nur sagen, dass Du das alles sehr gut in Worte fasst und mir aus der Seele sprichst!

Für heute wünsche ich Euch einen guten Tag und drücke dafür alle Daumen!

Hut ab!!

Liebe Grüße,

Tanja

El_Desparecido 29.08.2012 10:10

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Heute morgen hat mich die Ärztin angerufen und mir die vorläufigen Ergebnisse mitgeteilt.
Inoperabler bösartiger Lungentumor mit Metastasen in Lymphknoten beidseits der Lunge, sowie an der Leber.
Es wird jetzt noch eine Untersuchung des Hirnwassers vorgenommen, um Tumorzellen dort auszuschliessen und eine Untersuchung auf Knochenmetastasen. Die Ergebnisse sollen dann Ende der Woche vorliegen und dann soll wohl mit einer Chemo begonnen werden.

Heute nachmittag möchte die Ärztin meinem Vater die bisherigen Ergebnisse in meinem Beisein mitteilen.
Ich habe eine Scheißangst, dass mein Vater durchdrehen wird.
Gestern hat er mich noch gebeten, das Prostatamedikament noch einmal mitzubringen, damit die Ärzte noch einmal auf die Nebenwirkungen gucken können. Ich hätte schreien können, habe es ihm aber behutsam klargemacht, dass es daran nicht liegen kann.

Das wird der schlimmste Hochzeitstag aller Zeiten.

Klecks 29.08.2012 10:13

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Worte fehlen mir.... es ist grausam...

:pftroest: :pftroest:

Dina74 29.08.2012 11:27

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Diese Krankheit ist so schrecklich . Ich kann sie gut nachvollziehen was Du fühlst da es bei uns ähnlich verläuft. Allerdings hat mein Vater Kehlkopfkrebs . Auch mein Vater hatte sich nach der Kehlkopfentfernung super erholt und hatte Pläne. Nun hat das Rezidiv nach kurzer Zeit alles zunichte gemacht . Auch mein Vater war bis vor ein paar Wochen noch total fit und nun baut er ganz rapide ab.
Außenstehende können das kaum nachvollziehen aber für die Betroffenen ist es so als würde die Welt stehen bleiben .

Es ist einfach grausam .

Larimari 29.08.2012 11:30

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
hejhej,

ich weiss leider nicht, wie dein vater reagieren wird. meiner hat, glaube ich, erstmal ne zeitlang gebraucht, um alles zu realisieren. aber er ist nicht verrueckt geworden. ab und an ein bisschen komisch. heute sogar ziemlich anstrengend. aber sonst nicht verrueckter, als er es eh schon war.

ich druecke dir die daumen, dass alles gut laeuft. und so bloed das jetzt auch klingen mag, ich fand es persoenlich gut, zu erfahren, was los ist. denn dann konnte man anfangen, etwas zu tun. dieses staendige pendeln zwischen hoffnung und verzweiflung hat mich total kaputt gemacht. ich weiss nicht, wies meinem dad da gegangen ist. insgesamt haette er, glaube ich, am liebsten unwissend einfach weiter gelebt und waere gerne irgendwann einfach schoen gepflegt tot umgefallen. aber er hat sich jetzt ganz gut arrangiert mit der situation. ich hoffe, deine familie schafft das auch. es bleibt ja im endeffekt nichts anderes uebrig, als zu versuchen, das beste aus einer extrem besch***enen situation rauszuholen. das klingt unmoeglich, ist aber so.

kopf hoch, auch wenn heute hochzeitstag ist, gerade, weil heute hochzeitstag ist! drueck deinen dad ganz feste, und deine mom auch!

ganz liebe gruesse,
mari

El_Desparecido 29.08.2012 11:45

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Hallo Klecks,

vielen Dank fürs Daumendrücken.

molüfunidami 29.08.2012 11:53

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
ach, lieber carlos!

ich kann deine angst so gut verstehen!
ich schicke dir ein ganz grosses kraftpaket für heute nachmittag...

liebe grüsse, dani

El_Desparecido 29.08.2012 11:58

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Liebe Mari,

danke für deine Worte.
Ich hoffe sehr, dass mein Vater diese Diagnose annehmen kann.
Aber selbst wenn nicht, werde ich heute abend seine Hand halten und ihm sagen, dass ich ihn auf seinem Weg begleiten werde. Wohin auch immer dieser Weg führen mag.
Ich fürchte, mehr kann ich nicht tun.
Ausser aufzupassen, dass es mir nicht das Herz zerreisst.

Dina74 29.08.2012 12:04

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Danke Carlos ,

Auch auch wünsche Euch viel Kraft für den heutigen Tag . Ich finde es bewundernswert wieviel Stärke Du zeigst .

Larimari 29.08.2012 12:06

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
hejhej nochmal...

wir sind grad auf dem sprung. heute wird die zweitmeinung eingeholt. nicht, weil wir uns da wunder was erhoffen, sondern, ach, keine ahnung, weil wir sonst das gefuehl haetten, nicht alles moegliche getan zu haben. mein dad richtet grad seine frisur - solange er noch eine frisur hat, muss das auch gemacht werden. ;)

natuerlich zerreisst es uns das herz. es sind unsere eltern. und egal, wie alt man wird, die sterblichkeit der eltern ist ein thema, mit dem man sich nicht befassen will. weil es unsere eltern sind. sie haben uns beigebracht, wie man laeuft, wie man rad faehrt, wie man nen nagel in die wand haut, wie man sich benimmt. so viel von dem, was wir heute sind, sind wir, weil sie uns dazu gemacht haben. und sie waren immer stark, wenn wir schwach waren. das war ihre aufgabe. superman und wonder woman. sie leiden, alt werden, krank werden zu sehen, ist absolut herzzerreissend.

aber es ist wichtig, und richtig, dass du heute fuer deinen dad da sein willst. mehr kannst du nicht tun. und mehr erwartet dein dad von dir nicht. vielleicht nicht einmal das. er ist wahrscheinlich nur unendlich dankbar, dass er dich hat.

viel glueck!

hope75 29.08.2012 12:29

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Lieber Carlos,

das ist ganz schrecklich - und dass Dir dieser Moment bevorsteht, in dem Dein Vater die Diagnose - mit Dir zusammen - hört, ist mehr als nachvollziehbar.

Natürlich wirst Du bei ihm sein, natürlich kommst Du da heute irgendwie durch - aber das ist schon eine verdammt harte Aufgabe, die Dir eine Menge abverlangt.

Ich wünsche Dir eine riesige Portion Kraft, und dass die Situation irgendwie erträglich sein wird. Pass auch auf Dich auf.

Liebe Grüße!

Dori09 29.08.2012 15:16

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Lieber Carlos,

ich weiß wie Du Dich fühlst ich mache momentan das selbe mit meiner Schwiegermama durch und das ging jetzt auch in den letzten Wochen so verdammt schnell.
Der Arzt sagte vor zwei Tagen das wir damit rechnen müssen das sie die Woche nicht überlebt.
Aber dafür brauche ich keinen Arzt. Wenn man sie sieht, dann weiß und merkt man das. Ich sehe das in Ihren Augen...:cry:

Ich wünsche Dir Deinen Papa und der ganzen Familie ganz ganz viel Kraft für die nächste Zeit.:pftroest:

Und glaube mir, Du kannst Dir nicht vorstellen zu wieviel Kraft man in der Lage ist aufzubringen! Auch wenn man nicht das Gefühl hat!

Alles Gute für Dich und Deinen Papa:pftroest:

Dori

molüfunidami 29.08.2012 20:33

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
ihr lieben!

es kostet so unglaublich viel kraft, all das leid, die angst, wut, verzweiflung, hoffnung durchzustehen! es ist für die meisten von uns die schlimmste zeit des lebens! wir sind dabei, einen teil unseres lebens zu verlieren, einen teil unseres kind-seins abgeben zu müssen..., auch trotz gestandenem alters, eigener kinder etc. erwachsen sein zu müssen, ohne die schützende hand eines geliebten elternteils.

ich möchte euch gerne mut zusprechen. man hat ganz viel kraft, auch wenn man es selber nicht glaubt, man wächst über sich hinaus!

vertraut auf euch, ich weiss selber wie schwer das ist, aber man hält so viel mehr aus, als man je gedacht hat!

von herzen alles liebe und unendlich viel kraft für euch!

El_Desparecido 31.08.2012 20:14

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Hallo ihr Lieben,

vielen Dank für eure Zeilen, für eure Wünsche und euren Zuspruch.
Bitte seht mir nach, dass ich heute nicht auf jeden einzelnen Beitrag antworten werde, ich bin schlicht zu geschafft.

Mein Vater hat die Diagnose im Beisein meiner Mutter und mir von einer sehr einfühlsamen Ärztin erläutert bekommen. Sie war sehr deutlich und einfühlsam gleichermassen, bemerkenswert.
Alle meine Befürchtungen waren umsonst, mein Vater hat es uns sehr einfach gemacht. Er nahm die Diagnose absolut gefasst auf und sagte, er habe der bereits damit gerechnet. Er ist sehr tapfer.
Bei der Knochenuntersuchung wurden am Skelett zwar keine Metastasen gefunden, dafür aber etwas an der Blase, weswegen morgen noch einmal eine Blasenspiegelung gemacht wird. Die Ergebnisse der Hirnwassseruntersuchung stehen noch aus.
Eine Sonographie der Leber hat ergeben, dass es sich dort nicht um Metastasen handelt sondern um Zysten. Immerhin.
Mein Vater wusste noch nichts von den vermeintlichen Metastasen an der Leber und als die Ärztin ihm von den Zysten erzählte sagte er: "Scheisse, auch noch die Leber kaputt.", während ich dachte:"Puh, immerhin keine Metas." So verschieden kann die Wahrnehmung sein.

Heute wurde er auf die Onkologie verlegt und am Montag wird mit der Chemo begonnen.
Nachdem mein Vater anfangs überhaupt keinen Besuch wollte, lässt er mich jetzt dieses Wochenende die halbe Familie einbestellen.
Mein Vater befindet sich auf Abschiedstournee und ich denke er weiss das.

Etwas bemerkenswertes ist eingetreten. Wie ich hier schon oft gelesen habe, kommt es irgendwann zu einer Integration der Krankheit meines Vaters in den Alltag. Ich glaube, ich habe die Krankheit und den Weg meines Vaters akzeptiert, auch wenn es schwer ist. Es ist ein Stück "Normalität" geworden.
Schon krass.

Was mir weiterhin auffällt ist, wie anstrengend das alles ist.
Ich bin total geschlaucht, völlig erschöpft und immer müde. Auch wenn ich gut und ausreichend schlafe, esse und trinke.
In 15 Minuten werde ich ins Bett gehen.
Ich glaube, so früh war ich seit 30 Jahren nicht mehr im Bett.

Ich wünsch uns allen was.
Vielen Dank.

Larimari 31.08.2012 20:23

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
wow, ich wollt dir grad noch in den thread schreiben, weil ich mir schon sorgen gemacht habe...

freut mich, dass dein dad so gut mit der situation umgeht. und dass er jetzt auch noch den kontakt zur familie sucht, den er vorher abgelehnt hat. es ist halt einfach so ein ding, wenn man alle infos hat, und sich mit der situation abgefunden hat, tritt wirklich so etwas wie eine befremdliche normalitaet ein. bei weitem nicht normal, und sehr zerbrechlich, aber doch irgendwie normalitaet.

die abschiedstour ist ein schoenes bild. aber man weiss auch bei einer abschiedstour auch nicht, wie viele gigs anstehen. und guck dir mal die scorpions an, die haben doch mittlerweile 58 abschiedstouren gemacht. ich weiss, das klingt jetzt bloed, aber diese krankheit haellt halt viel in petto, meistens schlecht, manchmal aber auch gut. wie man hier so liest.

was fuer ne chemo kriegt dein dad? bei meinem haben sie sich fuer cisplatin/etoposit entschieden. rechnen die aerzte damit, dass dein dad irgendwann wieder nach hause kann? oder ist es zu frueh, da einen zeitpunkt festzulegen?

das mit dem kraeftezehren verstehe ich vollkommen. ich koennte zur zeit auch durchgehend schlafen. es ist wirklich anstrengend...

ich wuensche dir eine erholsame nacht!
habt ein richtig schoenes wochenende!

lg,
mari

jetzt hab ich erst deinen zweiten beitrag gelesen. ich danke dir! :) mein superman und wonder woman haben heute den ganzen tag ueber schwedenraetsel geloest, kaffe getrunken und kuchen gegessen, haben ein von mir gekochtes abendessen genossen, und jetzt gucken sie bestimmt irgendeinen quatsch im fernsehen. es war also ein super tag. und ich hoffe auf noch viele super tage. und wuensche dir und all den anderen, die hier mit uns leiden und mit uns fuehlen auch noch viele super tage!

Mirilena 01.09.2012 07:55

AW: Lungenkrebs - es sieht ganz und gar nicht gut aus.
 
Hallo Carlos,

freut mich zu lesen, dass das Gespräch mit der Ärztin so gut verlaufen ist. Vielleicht hat sie die richtigen Worte gefunden und dein Vater war bereit, diese anzunehmen. Ist bestimmt auch nicht einfach für Ärzte, diese Art von Gesprächen mit Patienten und ihren Angehörigen zu führen...

Dein Vater ist wirklich, wirklich tapfer und das Bild von der Abschiedstournee ist trotz der inbegriffenen Traurigkeit sehr schön... Und Mari hat recht, niemand kann sagen, wie ausgedehnt so eine Tournee verläuft und manchmal hält sie tatsächlich auch positive Überraschungen bereit. Der Verlauf dieser Krankheit ist oft eine emotionale Achterbahnfahrt. Wir freuen uns über jede gute Nachricht und sei sie noch so klitzeklein. Dann laufen wir zur Höchstform, auf um kurze Zeit später rasant schnell einen Abgrund hinunter zu brausen. Und dieser Zackzackkurs wiederholt sich ständig. Allein das zehrt extrem an den Kräften. Und diese Müdigkeit kenne ich auch noch. Eigentlich war ich immer müde und hätte ständig schlafen können ohne mich jemals ausgeschlafen und erholt zu fühlen. Teilweise geht es mir heute noch so...

Liebe Grüße
Miriam


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