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Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
Hallo, Ihr Lieben!
Ich bin neu hier. Ich wünschte, ich hätte mich nicht anmelden müssen ... Ihr wisst, was ich meine. Ganz kurz zu mir: Die Diagnose meines Mannes: Malignes Melanom, befallener Lymphknoten, mehr wissen wir noch nicht. Untersuchungen stehen noch aus. Die Diagnose ist nun genau eine Woche alt. Während mein Mann voller Zuversicht ist und sich mehr um die Flöhe unserer Katze sorgt als um seine Gesundheit (ernsthaft!), gehe ich seit sieben Tagen am Stock. Ich stehe völlig neben mir, esse nichts mehr, kämpfe ununterbrochen gegen die Tränen, möchte meinem Mann aber nicht die Zuversicht rauben, nehme mich also sehr zurück und versuche, in seiner Gegenwart so unbeschwert wie möglich zu sein. Mein größtes Problem: Ich bin fürchterlich pessimistisch. War ich immer schon und witzigerweise gibt DAS mir etwas Hoffnung, weil ich weiß, dass selten etwas so heiß gegessen wird, wie ICH das koche. Obwohl ich weiß, dass es durchaus noch Grund zur Hoffnung gibt, plane ich schon mein Leben nach dem Tod meines Mannes ... GANZ schlimm! Wenn er von Renovierungsarbeiten im Haus spricht, denke ich sofort: Lohnt das noch? Das kanns's doch nicht sein! Wie geht Ihr damit um? Lebt Ihr (soweit möglich und solange nicht ganz konkrete Prognosen dagegen sprechen) weiter, als hättet Ihr noch dreißig Jahre? Plant Ihr? Wie lange im Voraus? Lieben Gruß! Frikadelle |
AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
Hallo Frikadelle,
ich kenne dieses Gefühl, von dem Du schreibst nur zu gut. Die erste Zeit nach dem 1. Befund war für mich auch die schlimmste Zeit, danach lernt man irgendwie mit der Krankheit zu leben. Sie reisst einem von Zeit zu Zeit aber trotzdem immer wieder die Füsse weg. Wir Angehörigen scheinen ganz anders mit der Krankheit umzugehen als die Betroffenen. Ich habe auch oft die Gedanken "lohnt das noch?" oder plane auch ab und an mein Leben nach dem Tod meines Mannes. Wenn ich darüber nachdenke, zucke ich selber zusammen. Noch lebt er doch und das trotz der Krankheit gar nicht so schlecht, aber es scheint ein ganz natürlicher Mechanismus eines Angehörigen zu sein. Moni kann ich nur bekräftigen: REDEN REDEN REDEN!!! Ich habe meinen Mann schon oft damit genervt, weil er nicht reden wollte, er zieht sich ganz gerne in sein Schneckenhaus und verarbeitet es auf seine Weise, er ist ein Meister im Verdrängen und lebt im hier und jetzt. Aber mir reicht das oft nicht. Und ich merke, dass es mir hilft, wenn ich reden kann. Ich finde auch, dass wir Angehörigen Rechte haben nicht nur die Kranken. Schliesslich dürfen wir Angehörigen auch nicht krank werden. Also versuche alles zu tun, so dass Du dabei gesund bleibst. Am Anfang habe ich sogar ganz leichte Schlaftabletten genommen, weil ohne Schlaf geht gar nix. Mittlerweile nehme ich aber immer in akuten Situationen Neurodoron von Weleda, ist pflanzlich und mir hilft es. Wir haben zum Beispiel im März unseren Urlaub für September gebucht. Mir war nicht gut dabei. Seit April wissen wir, dass der Krebs bei ihm wieder da ist. Und hoffen trotzdem, dass wir in den Urlaub fliegen können. Ausserdem suchen wir nach einer grösseren schöneren Wohnung trotz Krebs. Wobei ich immer darauf achte, dass ich diese auch alleine bezahlen könnte. Es ist alles nicht leicht, aber aufgeben wollen wir nicht und ich denke, den Kranken hilft es zu kämpfen und ich glaube auch, dass den Kranken Optimismus hilft! Ich wünsche euch alles alles Gute für die Zukunft. Und scheue Dich nicht uns weiter zu löchern:tongue ... Es tut nämlich so gut hier im Forum zu lesen, dass man nicht alleine ist... LG MEL |
AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
Vielen Dank, Moni!
Nein, ich will nichts schön reden. Ich merke nur momentan an an den Aussagen meines Mannes, dass er sich der Tragweite noch nicht bewusst ist. Ich denke, nach dem "große Gespräch" mit den Ärzten in vier Wochen wird sich das ändern. So lange zumindest möchte ich ihm seine Unbeschwertheit noch lassen. Es bringt ja nichts, wenn er sich jetzt genauso verrückt macht wie ich. Danach werden wir sicherlich über einiges reden - was wir auch jetzt schon tun, aber halt mit mehr Optimismus, als ich empfinden kann. Mir geht's um längerfristige Dinge. Ich habe von Frauen gelesen, die sich mit Krebsdiagnose noch für ein Kind entschieden haben. Könnte ich nie tun! Ich würde auch kein Haus kaufen. Aber ich persönlich frage mich bereits, ob man noch einen Urlaub planen sollte ... Ich hab, wie gesagt, keine Lust mehr, über Renovierungen nachzudenken. Wenn ich dem nachgebe und wir haben Glück und wir haben noch viele schöne Jahre - dann können wir ja nicht all die Planungen ewig hinausschieben, weil es sein KÖNNTE, dass er nächstes Jahr nicht mehr lebt ... oder übernächstes ... oder überübernächstes ... Aber was ist realistisch? Man kann ja nicht immer nur an den nächsten Tag denken, gerade wenn man auf seinem Weg noch ganz am Anfang steht. LG Frikadelle |
AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
Danke auch Dir, Mel! Als ich meine Antwort geschrieben habe, war Deine noch nicht da. :-)
Ja, ich denke mal, das ergibt sich mit der Zeit, oder? Momentan weiß ich nicht: Haben wir noch Wochen oder Jahre? - Ich bin ja latent zuversichtlich, weil er diesen Krebs wohl schon seit zwanzig Jahren hat (kein Arzt hat je was gesagt! :mad:) und er bis heute keine Probleme damit hatte. Ich will jetzt nicht hoffen, dass wir durch die OP irgendwas "geweckt" haben, was im andern Fall die nächsten zwanzig Jahre geschlafen hätte ... Danke auch für Deine Aufmunterung zu "löchern". ;-) Einerseits will ich mich gar nicht mit dem Thema beschäftigen, andererseits google ich mir seit einer Woche die Finger wund. Ich komm gar nicht mehr zum Arbeiten ... LG Frikadelle |
AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
Frikadelle, wenn ich lese, was Du schreibst, dann könnte ich das sein als wir im Dez. 2010 den Befund bekommen haben. Ich hatte die gleichen Fragen und Sorgen und ich wollte auch vieles nicht wissen, habe mich aber andererseits auch überall informiert. Jetzt ist es nicht mehr so schlimm, aber die Krankheit bestimmt unser Leben und sie wird immer da sein, aber wir haben halt auch gelernt wieder unser Leben zu geniessen. Ich war auch zwischendurch mal bei einer Psychologin. Aber das Forum hilft mir mehr als die Psychologin, hier sind - leider - Gleichgesinnte, die verstehen mich. LG MEL
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AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
Liebe Frikadelle,
herzlich Willkommen bei uns :-) das was du beschreibst das kenn ich (Leider)auch denn seit ca 3 wochen hat meine geliebter papa die schreckliche Diagnose Magenkrebs bekommen leider schon mit vielen Metastasen:confused: Meine Mama und ich sitzen oft zusammen und auch uns geht es so.Wie lange macht Papa noch?Wird er noch seinen geb am 26.11 erleben?Was ist mit Weihnachten?und wenn er nicht mehr da ist wie werden wir das schaffen?Fragen über Fragen...ganz fürchterlich.Deswegen leben wir heute und hier und machen absolut keine Pläne.Wir genießen jeden lieben tag mit Papa und freuen uns wenn es ihn gut geht.Es ist verdamt schwer den seit der DSiagnose hat sich unser Leben komplett geändert.manchmal hab ich das Gefühl ich stehe völlig neben mir oder ich bekomme riesen Wut weiss aber nicht auf was,dazu kommen noch momente wo ich ständig weinen muss...ich habe gemerkt das ich seit Papas Diagnose viel mehr sensibler bin und ich absolut auf alles anfällig bin.Letztens auf der Arbeit hat mein Chef zu mir in einen sehr ruhigen Ton gesagt das ich die Scherre in die Schublade packen soll und nicht oben ins Regal...ich habe plötztlich so ein Heulkrampf bekommen,das war einfach zuviel für mich.Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft und drück dich ganz fest:knuddel: |
AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
Danke, Ihr beiden!
Naja, bisschen planen muss man schon. Wie gesagt, kann man ja nicht alle Entscheidungen auf den Sanktnimmerleinstag vertagen. Wir haben ja durchaus Hoffnung, dass er noch eine ganze Weile lebt. Ich hoffe mal sehr, dass es wirklich mit der Zeit etwas besser wird, dass man sich an die Diagnose gewöhnt. Ein Stück weit. LG Frikadelle |
AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
hallo frikadelle( cooler name! )!
ich denke, jeder muß erstmal mit dieser diagnose klar kommen. wir leben jetzt seit 7 wochen damit. mittlerweile geht es so einigermaßen. aber man ist jetzt doch irgendwie in einer anderen welt. ich finde es so schlimm, dass nicht ein paar tage mal ruhe ist. jeder tag ist wieder neu. mein freund ist jetzt erstmal wieder zu hause. war 6 wochen am stück im krankenhaus. hat mittwoch/donnerstag seine 3. chemo bekommen, seit freitag zu hause, dienstag muß er wieder rein,wenn nichts dazwischen kommt. jetzt muß in unserem haus noch einiges renoviert werden. das machen jetzt handwerker von unserem pflegedienst. darüber freuen wir uns jetzt total. ER hat sogar schon etwas geplant.... UND heute kam dann wieder der schock für mich. der palliativarzt kam heute zum blutabnehmen. hat ihn das 2. mal gesehen. sagte zu ihm, dass es mit dem essen immer noch nicht klappt. daraufhin er: ja, aber ich habe ihnen doch beim letzten mal gesagt, dass es ihm zu hause sehr schnell viel schlechter gehen würde. hallo?? warum durfte er dann nach hause? fakt ist, ihm geht es zu hause nicht schlechter als im kh. mich ärgert es dann, das jemand so ein urteil fällt, wenn man denjenigen ja gar nicht kennt und weiß, wie schlecht er schon mal ausgesehen hat. möchte dir damit sagen, dass man nur noch wirklich in kleinen abschnitten planen kann, so wie es die anderen auch schon geschrieben haben. ich kann es auch nicht immer verstehen. aber es ist anscheinend so. bei mir ist es schon so, dass der tag für mich gelaufen ist, wenn es ihm etwas schlechter geht. ich hoffe für euch, dass ihr euch schnell in die neue situation hineinfindet. und natürlich wünsche ich euch ganz viel kraft.... ganz liebe grüße nicole |
AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
Hallo Nicole, muss mich jetzt mal ganz kurz einmischen. Der Palliativ-Pfleger hat sich ja anscheinend schon 2 x blöd ausgedrückt (wahrscheinlich schon mehrmals, nur wirst Du halt auch nicht alles hier schreiben). Kann man da nicht vom Dienst einen anderen Pfleger anfordern? Ich finde das echt daneben. Man braucht ja inicht noch jemanden, der einen noch weiterrunterzieht.
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AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
Hallo Frikadelle,
ja, man gewöhnt sich an die Diagnose und das Leben mit dem Damokleschwert... soviel habe ich in den letzten sieben Monaten lernen können, müssen. Trotzdem hadere ich in regelmäßigen Abständen mit der Situation, die mir ihren Takt diktiert und mich meinen eigenen nicht finden lässt. Das für mich Schlimme ist der Zwiespalt: einerseits gar nichts mehr planen können, weil man gar nicht weiß, was und wieviel zu welchem Zeitpunkt noch möglich sein wird - und andererseits habe ich vor dem Tag X so unglaublich viel Angst - wir leben seit 30 Jahren miteinander - dass ich versucht bin, mit viel Gedankenplanung den Schrecken kleiner werden zu lassen. Und dann kommt das schlechte Gewissen, dass ich doch nicht darüber nachdenken darf, wie sein wird, wenn mein Mann nicht mehr lebt. ich fühle mich dann immer, als würde ich mir dadurch diesen Tag herbeireden... Reden hilft - leider verweigert sich mein Mann nach wie vor den meisten Gesprächen. Ich habe ihm dann irgendwann klipp und klar gesucht, dass ich mir dann eben andere Gesprächspartner suchen muss... ich würde sonst verrückt. So habe ich jetzt ein paar mir sehr nahestehende Menschen, mit denen ich über all das rede, was mir auf der Seele brennt. Das gefällt ihm auch nicht, aber bisher hat es bei ihm keine Änderung in der Haltung gegeben. Bei uns ist es übrigens er, der ständig davon redet, dass er in der kurzen, ihm noch zur Verfügung stehenden Zeit nichts mehr macht, was auch nur irgendwie zukunftsorientiert ist - selbst der Gartenzaun wird nicht mehr repariert... das macht mich manchmal ganz wuschig, denn ich empfinde es dann manchmal (ganz ungerecht) als ein aus der Verantwortung stehlen - denn wenn wir es jetzt nicht machen, bleibt es unerledigt - und dann muss ich es machen, wenn ich irgendwann allein bin... Liebe Grüße Grisu |
AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
Da wir jetzt schon über 2 Jahre mit dieser Krankheit leben, haben wir wirklich gelernt damit umzugehen. Wie schon geschrieben klappt es mal mehr mal weniger gut. Ich muss aber auch dazu sagen, dass es meinem Mann überwiegend gut geht. Es gibt für uns nur relativ wenig Einschränkungen, da sind andere hier viel viel schlimmer dran. An manchen Tagen fällt es mir auch sehr schwer, darüber hier im Forum zu lesen, denn dann bekomme ich tierische Angst vor dem, was noch auf uns zukommen kann, wenn die Ärzte es bei meinem Mann doch nicht mehr heilen können:eek: und ich weiss nicht, ob ich dafür dann stark genug bin, aber ich glaube, dann funktioniert man einfach nur noch, wenn es sein muss. Der mit dem Holzhammer kommt wahrscheinlich erst später.
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AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
iebe Frikadelle,
ich bin auch Angehörige, mein Vater hat Krebs, und wir sind alle nicht so die Optimisten... Deshalb will ich hier mal eine Lanze für den Pessimismus brechen: Immer wieder ging und geht es meinem Vater viel länger gut, als wir dachten. Hätte er sich nach seinen eigenen Prognosen gerichtet, hätten wir viele schöne gemeinsame Jahre verpaßt! Ich will die schlimmen Zeiten nicht schönreden, aber es kann vieles gutgehen und wenn man innerlich schon die Gedanken an das Schlimmste wälzt, genießt man die Erleichterung und Freude besonders. Was sich noch lohnt.. ich finde, alles, woran Dein Mann Freude findet (und sei es die Freude, zu planen und zu träumen). Wie lange Ihr später Nutzen von etwas habt, kann jetzt niemand wissen, also warum nicht zumindest versuchen! Wenn es um Dinge geht, die für Dich alleine eine ernsthafte Belastung wären oder die Euch jetzt viel Unnehmlichkeiten bedeuten, sieht es anders aus. Ich hoffe, Ihr könnt das offen zusammen besprechen, so schwer es auch fällt.. Irgendwie macht man immer „was, wenn” Pläne, egal wie makaber es sich anfühlt, um wenigstens innerlich ein bißchen vorbereitet zu sein. Ich brauche das jedenfalls, um Zukunftsängste etwas wegzuschieben, vielleicht ist es bei Dir ähnlich. Deinem Mann geht es kein bißchen besser oder schlechter dadurch! Daß Du ihm sein eigenes Tempo läßt, über seine Situation nachzudenken und zu sprechen, auch wenn es Dich so belastet, finde ich sehr einfühlsam. Ich glaube, mit dem Planen haben meine Eltern nicht viel anders gemacht, solange mein Vater halbwegs fit war. Die gemeinsame Zeit, Urlaube, Hobbys wird wertvoller.. In den letzten Monaten wollte er noch viel Angefangenes erledigen, wirklich wichtige Dinge, aber auch Sachen, bei denen meine Mutter und ich den Kopf geschüttelt haben. Wir haben ihn unterstützt, weil es ihm auf der Seele lag. Vieles ist geschafft, anderes ist liegengeblieben, aber nichts, was uns jetzt belastet oder ärgert. Damit hat es sich gelohnt, finde ich, auch wenn ich selber die Zeit vielleicht anders gestaltet hätte. Jetzt sind die Pläne leider schon sehr kurzfristig: ein Monatswechsel, ein Sportwettkampf, das angekündigte schöne Wetter.. vor dem Champions League-Finale haben wir immerhin fleißig spekuliert und gefiebert. Kleine Freuden. Liebe Frikadelle, ich wünsche Euch alles Gute und Grund für möglichst langfristige Pläne! Liebe Grüße Kaffee |
AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
Zitat:
Es ist noch nicht einmal ein Pfleger, es ist der PalliativARZT. Was ich im Grunde noch schlimmer finde.... Zumal er ihn nur 2x bisher gesehen hat. Wir überlegen gerade, einen anderen zu suchen. Möchte nächste Woche aber erst mit der Ärztin im Krankenhaus darüber sprechen. Die ist komischerweise immer ganz zuversichtlich.... |
AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
[QUOTE=Grisu62;1192758]Hallo Frikadelle,
. Zitat:
Viel Kraft bei euch ist noch gar nichts verlohren. lg cica |
AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
Hallo, Ihr Lieben!
Ganz lieben Dank für Eure vielen Antworten! Ich glaube, ein ganz gewaltiger Unterschied liegt darin, wie weit die Krankheit schon jeweils fortgeschritten ist. Ich meine: Mein Mann hat durchaus noch Chancen. Aber statt mich daran zu klammern und zuversichtlich zu sein, verabschiede ich mich innerlich schon! Manchmal fühle ich mich, als lebe er schon gar nicht mehr (nach einer Woche seit der Diagnose!) und habe dann fast das Gefühl einer Geistererscheinung, wenn er zur Tür herein kommt und so lebendig und fit ist wie eh und je. Da hab ich wirklich ein schlechtes Gewissen - und es nutzt ja nichts. Deswegen geht's weder ihm noch mir besser; im Gegenteil! Aber man kann so schlecht aus seiner Haut ... Ich wünsche Euch allen viel Kraft für die Gegenwart und Zukunft! LG Frikadelle |
AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
Liebe Frikadelle,
wenn es Deinem Mann weiterhin so gut geht, trotz der Krankheit, wird die Zeit und der Alltag Dir helfen, gelassener damit umzugehen. So war es zumindest bei mir. LG MEL |
AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
Hallo Frikadelle,
zu deiner Frage kann ich dir auch meine Weise schildern: Als mein Vater damals an Krebs erkrankte und dachte, er würde es schaffen (obwohl da schon realistisch abzusehen war, dass er es nicht mehr schaffen würde), haben wir Pläne mit ihm gemacht, positive Visualisierung, wie es damals so schön hieß. Aber halt alles schon gesteuert, es waren so Dinge, wie Fahrkarten für eine Schiffstour auf dem Rhein, wo uns das Signal an ihn wichtiger war, dass wir ihn nicht aufgegeben haben, als die 50 Euro, die wir schlussendlich in den Sand gesetzt hatten. Als er aber selber merkte, er schafft es nicht mehr und von sich aus keine Pläne mehr machte, da haben wir ihm auch keine Pläne mehr schmackhaft gemacht. Wir wollten ihm das Gefühl geben, ja wir nehmen dich ernst und ja, es ist ernst. Nun bei meiner Mutter... wir dachten ja schon nicht mehr in Wochen, sondern nur noch in Tagen, zweimal sah es nach nur noch Stunden aus... jetzt zwei Monate später macht sie den Eindruck, als könne man in Jahren rechnen. Ich beschäftige mich jetzt nicht mit der Frage, wie lange wohl noch, wir machen Pläne, wie man es vernünftigerweise auch so mit Menschen über 70 handhabt. Wieviele Pläne können nicht mehr umgesetzt werden, weil ein Mensch plötzlich einen tödlichen Autounfall hat? Ich verdränge die Endlichkeit nicht, setze mich schon damit auseinander, aber nicht andauernd, lasse es nicht zu, dass jetzt, wo es meiner Mutter soviel besser geht, das Damoklesschwert vor meinem inneren Auge sichtbar wird. Sterben werden wir alle mal, keiner weiß wann, warum sich jeck machen, wir werden es noch früh genug erfahren, wann jemand gehen muss. Ich kann dich und alle anderen aber verstehen, die sich schon mal Gedanken machen, wie es danach weitergeht. Vielleicht sollten das alle Menschen mal überlegen, was wäre, wenn morgen der Partner nicht mehr ist? Besonders bei Familien finde ich solche Gedanken nicht morbide, sondern verantwortungsvoll. Viele Grüße Triangel |
AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
Hallo Frikadelle,
ich habe lange überlegt, was ich schreiben könnte. Unsere "Endlichkeit" dauert nun schon über ein Jahr. In den ersten Monaten haben wir immer nur von einer Woche zur nächsten gelebt, schließlich bekam mein Mann palliative Chemotherapie und kein Arzt konnte/ wollte etwas zu der Frage "wie lange noch" etwas konkretes sagen. Wenn man die Diagnose Krebs bekommt und dann noch hört palliativ, rechnet man mit dem schlimmsten schon am nächsten Tag. Damals habe ich angefangen hier beim Krebskompass mitzulesen. Das hat sehr geholfen. Die Straße bis hierher war eine wahre Berg- und Talfahrt.Es gab immer mal wieder schwere Rückschläge. Allerdings haben wir auch gelernt, daß man planen kann. Auch Wochen im voraus. Auch wenn man manches kurzfristig ändern muß. So z. B. im März, wo wir seinen Geburtstag feiern wollten. 14 Tage vorher bekam er eine Lungenentzündung, sodaß wir seinen Geburtstag nur mit einer Tochter und Schwiegersohn feiern konnten. Auch die Nachfeier, die für letztes Wochenende geplant war, fiel im wahrsten Sinne des Wortes "ins Wasser". Jetzt planen wir eine große Grillparty im Garten für Ende August, hoffentlich ist der Sommer dann nicht schon wieder weg. :winke: Ständig nur von einem Tag zum anderen zu leben ist auf Dauer recht anstrengend. Außerdem: nur auf das Ende zu warten nimmt einem die Lebensfreude. Und außerdem, woher wissen wir, daß er wirklich am Krebs sterben wird? Vielleicht erleidet er ja auch eien Herzinfarkt oder ihm fällt ein Ziegelstein auf den Kopf? Vielleicht bin ich ja auch diejenige, die vor ihm geht. Daß einzige was wir in den letzten Monaten gelernt haben ist, daß wir für den Fall der Fälle vorgesorgt haben und zwar beide. Testament ist geschrieben, Vollmachten für ein Kind sind notariell beglaubigt, Patientenverfügung ist geschrieben und die Papiere sind geordnet. Wir leben mit dem Krebs inzwischen so, als ob wir die Diagnose nicht haben. Sabine |
AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
Hallo, Ihr Lieben!
Ich wollte mich mal wieder melden. Eine ganze Zeitlang ging's mir wirklich gut. (Ich bin froh, dass es dieses Angehörigenforum gibt; da muss man kein schlechtes Gewissen haben, wenn man als Nicht-Kanker rumjammert.) Bei meinem Mann hat man auf dem CT Lungenrundherde gefunden - da bin ich natürlich in ein riesiges Loch gefallen! Erst so ein "bisschen" Hautkrebs - und dann Metastasen?! Da haben wir das erste Mal wirklich ausführlich über die Situation gesprochen. Es war auch das erste Mal, dass ich mich getraut hab, vor ihm zu weinen und zuzugeben, wie sehr es mich mitnimmt. Es war ein tolles Gespräch - und endlich sah auch er ein, dass es kein Schnupfen ist, was er da hat ... Wir waren danach noch zwei Wochen im Urlaub. Wider Erwarten war dieser Urlaub schön - obwohl die Diagnose und die bevorstehende Lungen-OP natürlich ständig präsent waren. - Bei mir. Bei ihm nicht. Er war und ist SO zuversichtlich! Drei Tage nach dem Urlaub die OP - und dann der Hammer: Die Rundherde in der Lunge waren harmlos! Nix Metastasen! Ich war sooo glücklich, schwebte auf Wolke sieben! Leider hielt das nicht an. Inzwischen hat mein Mann die erste Nachuntersuchung (nur Haut und Lymph-Sono) hinter sich; alles ok. Ich weiß nicht, warum mich das nicht froh macht ... Er hat sich gegen eine Lymphknotendissektion und auch gegen Interferon entschieden, setzt statt dessen auf ganzheitliche Behandlung, Vitamine, Mistel, Nahrungsumstellung - und hat plötzlich den Sport für sich entdeckt! Die Reha hat ihm wahnsinnig gut getan und jetzt hat er sich (uns) im Fitnessstudio angemeldet und sich mit Laufklamotten eingedeckt. Wir gehen jetzt joggen und walken. Ich stehe voll hinter dem, was er tut. Ich bin sooo froh, dass er sich nicht unterkriegen lässt und die Ernährungsumstellung und den ganzen Rest so für sich annimmt. - Und trotzdem bin ich psychisch wieder dort, wo ich ganz am Anfang war. Ich bin bei einer Therapeutin, mit der ich sehr gut klar komme - ob die Therapie was nutzt, kann ich nicht beurteilen. ER braucht und will gar keine Therapie. Er plant seine Altersrente (er ist 49!!) und wohin er noch reisen möchte. Ich wünschte, ich könnte nur halb so optimistisch sein wie er! Statt dessen lass ich mich total hängen, schaffe im Haushalt nichts mehr, hab keine Lust mehr auf Deko, Musik oder zum Weggehen ... Ich könnte den ganzen Tag bloß auf der Couch liegen und vor mich hinstarren. Gleichzeitig hasse ich mich dafür, denke: Wir müssten doch jeden Tag genießen, den wir haben?! Und vielleicht sind es ja noch viele, viele Tage. Ich kann doch nicht die nächsten Jahre SO leben! So auf dem Zahnfleisch gehen! - Wie komme ich bloß aus diesem Loch raus? Und: Wie soll es werden, wenn es meinem Mann schlechter geht, wenn ich JETZT schon jeden Mut verloren habe?! Im Moment geht es ihm blendend - er ist fitter als je zuvor -, das Untersuchungsergebnis war gut ... Was will ich mehr? Ich komme mir vor wie ein Jammerlappen ... Kann das jemand nachvollziehen? LG Frikadelle |
AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
ja...ich *meldmichmal*
jedes deiner Worte ist eine Erinnerung an die Vergangenheit nach der anderen. Euren Weg sind wir gegangen...auch bei uns war es zuerst das bisschen Hautkrebs, dann Raumforderungen in der Lunge...1. OP...alles gut...dann irgendwas undefinierbares, am besten auch raus, kanns keinen Schade anrichten und ich in Gedanken nur am Schwarzmalen und er immer positiv geradeaus guckend. ok...unser Weg hat sich dann dramatisch verändert mit der 2. Lungen-OP hiess es dann ... 2 Mikrometastasen, aber alles raus, komplette Lunge in einer 9stündigen OP abgetastet...nix mehr da... wieder Optimismus, Freude, gute Laune...auf seiner Seite...wieder Schwarzmalerei in Gedanken auf meiner... leider haben sich meine Gedanken bestätigt...wir hatten dann noch 1 Jahr einen sehr schweren, leidvollen Weg vor uns, der dann Ende Januar diesen Jahres Gott sei Dank für meinen Mann zu Ende gehen durfte. Also mach dir keine Gedanken...du bist kein Jammerlappen, du hast nur ein Stück Realität im Kopf, verbunden mit Angst und Sorgen, was noch passieren könnte. Ich drücke ganz ganz kräftig die Daumen, dass euch unser Weg erspart bleibt |
AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
Ich glaube alle Angehörigen können nachvollziehen, wie Du dich fühlst. Diese ganze Krankheit verlangt so viel von einem, da muss man aufpassen, dass man nicht durchdreht. Mir hilft es den Alltag so normal zu gestalten wie nur möglich. Hauptsache ich habe nicht zu viel Zeit zum Grübeln. Bisher hatte mein Mann auch immer noch Glück trotz dieser Krankheit, aber die Angst, dass wir nicht zusammen alt werden, steckt dermassen tief in mir, die kann mir auch keiner nehmen.
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AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
Liebe Frikadelle,
das was Du gerade durchmachst habe ich das ganze Jahr erlebt und bei mir war es jetzt schon das 2. Mal. Ich habe auch immer Angst gehabt während meine Ehefrauen einfach so in den Tag hinein gelebt haben als wenn es noch 1000 Jahre so weiter geht. Lass es einfach zu!!! Auch für mich war es ein schwerer Prozess, diese Denkweise zu entwickeln aber es hilft Deinem Mann nicht, wenn Du Ihn schon halb im Sterben siehst. Plane mit ihm das was er gerne möchte. Sei ihm gegenüber zuversichtlich und vermittel ihm den Eindruck das letztendlich alles gut wird. Glaub mir, das wird ihm helfen und ihn glücklich machen. Ich selbst habe meine Frau eine Woche vor ihrem Tod geheiratet, weil sie sich nichts sehnlicher gewünscht hat. Auch wenn sich die Wünsche des Betroffenen manchmal merkwürdig anhören, sie leben und das in vollen Zügen. Sei stark und gib deinem Mann Zuversicht. Ich wünsche Dir dafür ganz viel Kraft und gib bitte die Hoffnug nie auf LG Thomas |
AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
Zitat:
vielleicht kannst du es dir im Moment erlauben, durchzuhängen, genau weil (!) es deinem Mann vergleichsweise gutgeht... ? Und wenn es dann doch wieder hart auf hart kommt, kannst du wieder stark sein... Bei mir und meinem Mann war es in den vergangenen 30 Jahren beinahe immer so gewesen, dass wir uns "abgewechselt" haben im Durchhängen ... der andere hat es immer aufgefangen und durfte anschließend schwach sein... auch im Umgang mit dem Lungenkrebs, der uns seit einem Jahr begleitet, ist das so. Sei ein bisschen verständnisvoller mit dir selbst :pftroest: Liebe Grüße Grisu |
AW: Wie geht Ihr mit der "Endlichkeit" um?
Grisu,
so habe ich es noch nicht gesehen, aber da ist echt was dran. LG MEL |
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