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Alt 29.01.2011, 01:30
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Rudolf Rudolf ist offline
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Registriert seit: 07.05.2003
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Standard AW: Wie lange bleibt mir noch mein Daddy?

Lieber Lukas,
es tut mir sehr sehr leid, daß es Deinem Vater jetzt so viel schlechter geht.
Ich fürchte, daß die Situation der Leber mit mehreren Metastasen das größte Problem ist, medizinisch gesehen. Schlafen ist sicher das beste für ihn, dann hat er auf jeden Fall keine Schmerzen. Das kann aber auch am Morphin liegen, es entspannt und dämpft die Muskulatur, kann auch das Atemzentrum im Gehirn dämpfen.
Quälen wird er sich nie müssen, daß kann eine einfühlsame Medizin mit sorgsam dosierten Arzneimitteln verhindern.

Ich traue mich nicht, irgend eine Zeitangabe zu machen, aber ich meine, wenn Du mt Deinem Vater reden möchtest, tu es bald, sei bei ihm, soviel Du willst und kannst. Vielleicht könnt ihr euch gemeinsam an die schönsten Zeiten Eures Zusammenlebens erinnern.
Auch wenn Du meinst, er schläft oder er ist nicht bei Bewußtsein, Du kannst mit ihm reden. Die Ohren funktionieren, auch ist das Gehirn niemals "ausgeschaltet". Im Gehirn kommt also an, was Du sagt, wenngleich nicht unbedingt im Tagesbewußtsein.
Vielleicht kann man es so sagen: die Seele versteht, auch wenn der Körper nicht antworten kann.

Es kommt nicht darauf an, zu reden. Das Beieinandersein ohne Worte kann sehr viel bedeuten. Halte seine Hand, wenn Du möchtest. Er spürt es.
Und wenn Du spürst, daß seine Zeit gekommen ist, erlaube ihm, zu gehen. Auch das mußt Du nicht sagen, denke es einfach.
Sicher wirst Du Dich mit Deiner Mutter abwechseln oder Ihr werdet gemeinsam bei ihm sein.
Jeder Abschied ist aber für die vorläufig Zurückbleibenden sehr viel schwerer.
Durch meine eigene Krebserkrankung habe ich u.a. gelernt: es ist nicht wichtig, wieviel Tage das Leben hat, sondern wieviel Leben die Tage haben.
Ich denke an Euch,
Rudolf

Geändert von Rudolf (29.01.2011 um 01:41 Uhr)
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