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Alt 22.02.2011, 05:46
yog_erika yog_erika ist offline
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Standard AW: Austausch von Usern mit fortgeschrittener Erkrankung

Hallo Coco,

bei mir wurde eine Woche nach der OP das erste Szintigramm von allen Knochen gemacht. Das zeigt aber auch die Stellen an, in denen »nur« Arthrose oder Verschleiß vorhanden sind. Deshalb muss ein positiver Befund mit einem CT oder MRT der angezeigten Stellen nachgeprüft werden. Bloßes Röntgen bringt Null Sicherheit.

An Knochenmetas kann man glücklicherweise nicht sterben, aber sie sind ausgesprochen schmerzhaft und erhöhen die Bruchgefahr. Bislang hatte ich noch Glück, weil nur der 5. Lendenwirbel eingeknickt ist, aber ich habe ja noch mehr Wirbel und inzwischen auch andere Knochen, in denen das Szintigramm reichlich Aktivitäten anzeigt. Im März wird wieder per MRT nachgesehen, ob die Bestrahlungen im vergangenen Jahr etwas gebracht haben oder ob der Krebs sich darüber genauso kaputt lacht wie über die 6 x TAC, die gar nichts gebracht haben, wenn ich die Nebenwirkungen außer Acht lasse.

Die Größe eines Krebses sagt nichts über seine Gefährlichkeit oder sein Alter aus. Kritisch wird er, wenn er die Schutzmauern des Körpers aufzuweichen gelernt hat und in Lymph- und Blutkreislauf eingedrungen ist. Dann kann er auch bei geringer Größe überall im Körper wieder auftauchen. Bei den Knochen sind allerdings die Schmerzen das Schlimme. Auch eingeengte Nerven und die daraus resultierenden Nervenwurzelzysten oder Nervenentzündungen sind lästig. Sie verursachen Schmerzen an Stellen, die gar nicht direkt betroffen sind. Nach Auskunft der Neuroonkologen brauche ich aber erst zu reagieren, wenn ich Blase, Darm oder ein Bein nicht mehr kontrollieren kann. Dann müsste ich innerhalb von 12 Stunden unters Messer, weil die Nerven sonst absterben könnten. Ich glaube aber nicht, dass sie mehr machen würden als eine Spinalkanalerweiterung und allenfalls noch einen betroffenen Hauptnerv aus dem Krebs heraus zu schnitzen.

Nach meinen Erfahrungen sind alle histologischen Einzelheiten wichtig. In den letzten beiden Jahren seit der Brust-OP habe ich diesbezüglich viel gelernt. Mein Handicap ist z.B. der KI67, weil der bei mir nur bei 20 liegt. Das bedeutet, dass der Krebs nur sehr langsam wächst. Alle bekannten Chemotherapien wirken aber nur bei schnell wachsenden Zellsystemen. Daher hat die Chemo mein Immunsystem, die Schleimhäute, die Darmflora und andere schnell wachsenden Zellen abgeschossen.

Mittlerweile sitze ich im Rollstuhl, weil meine verkrebsten, morschen Lendenwirbel für einen längeren Aufenthalt auf zwei Beinen mit einem drastischen Anstieg der Schmerzen belohnen. Mein Onkologe kommt einmal pro Woche zu Hause vorbei und wundert sich, dass es mir nicht schneller schlechter geht. Auch Krankengymnastik und Lymphdrainage habe ich zu Hause. Ist für die KK wohl billiger als der tägliche Krankentransport zur Physiotherapie.

An Knochenmetastasen kann man direkt nicht sterben. Sie schränken nur irgendwann die Beweglichkeit ein. Außerdem verursachen sie eine fast unmittelbare Verrentung. Ich habe zwar den Rentenantrag erst im Dezember 2010 gestellt, aber die Deutsche Rentenversicherung hat mich rückwirkend ab Februar 2009 zum EU-Bürger gemacht. Das gilt bis zum Eintritt der Regelaltersgrenze und wird dann automatisch zur Altersrente, ohne dass ich weitere Anträge zu stellen brauche.

Ich werde versuchen, in der Hufeland-Klinik eine Reha zu bekommen. Die sind zwar von meinem Rollstuhl nicht sonderlich begeistert, aber da bekommt man eine Mischung aus alternativen und herkömmlichen Therapien, die zumindest die Lebensqualität und das Immunsystem wieder auf Vordermann bringen. An meinem Krebs direkt wird nicht mehr herumexperimentiert werden. Ich habe mich an den Untermieter gewöhnen müssen, was mir dank meiner Psychotherapeutin auch einigermaßen gelungen ist. Deshalb arbeite ich mehr daran, mich und meinen Körper auf Vordermann zu bringen und hoffe, dass ich mit diesen Maßnahmen dem Mitbewohner so wenig Raum wie möglich lasse.
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Liebe Grüße
Erika


pT2, G3, pN3a (13/15), L1, V1, R0
pTis (DCIS) Grad 3, R1 (caudal)
ausgedehnte LWK 5 erfassende ossäre Metastase mit Weichteilinfiltration
ausgedehnte ossäre Metastase in LWK 1 mit Weichteilinfiltration
Kleine Metastase BWK 12 und SWK 1
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