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Alt 06.05.2004, 21:18
Gast
 
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Standard Wie kommt der Tod?

Liebe Uta,

erst einmal möchte ich Dir mein aufrichtiges und herzlichstes Beileid aussprechen. Du hast absolut Recht: es wird keinen Ersatz dafür geben, was Thomas Dir und Deinen Kindern gegeben hat. Bzw. das, was Ihr Euch gegenseitig gegeben habt. Was bei Euch allen bleibt, ist die Erinnerung und eigentlich ist es doch schön, dass es solche Erinnerungen gibt. Ich fände es noch schlimmer (obwohl es schon so schlimm genug ist), wenn es keine Erinnerungen gäbe. Manchmal liest man, dass es Menschen gibt, die einsam in Ihrer Wohnung verstorben sind. Es hat sich nicht einmal jemand erinnert, dass es diesen Menschen überhaupt gegeben hat. Dort gibt es dann keine Erinnerungen. Nichts, was auf dieser Erde von diesem Menschen geblieben ist.

Ich persönlich finde es gut, dass Du beim Friseur warst, die schwarzen Klamotten ausgezogen hast. Es hilft Deinem Thomas nicht auf die Erde zurück, wenn Du in Schutt und Asche herumläufst. Im Gegenteil; er würde sich auf seiner Wolke schütteln. Und manche Menschen machen es nur (tragen z.B. schwarz), damit die anderen nicht denken: Oh Gott. Kaum ist der Mann tot, geht sie zum Friseur, zieht nette Sachen an, schminkt sich und gönnt sich etwas. Deinen Worten und Deinem Schreibstil entnehme ich, dass Du ein ehrlicher, offener, gerader Mensch bist. Der schreibt was er denkt und handelt, nachdem was er denkt. Bleib bloss so, wie Du bist. Dein Thomas hat Dich so kennengelernt und geliebt. Ich bin froh, dass Du gute Freundinnen und Nachbarn hast, die Dir erst einmal ein wenig den Weg freigeräumt haben. Alles weitere wird sich für Dich finden. Bei den Kindern ist das Problem etwas grösser/anders. Mein Stiefvater (der Stiefopa unserer Kinder) hat sich immer mehr um sie gekümmert, als ihr leiblicher Opa. Radgefahren, Spielplatz gegangen, getollt, getobt, gespielt und verwöhnt. Sie stehen noch heute, 8 Monate nach seinem Tod, abends am Badezimmer-Fenster und winken ihm zu. Sie schicken ihm immer noch jeden Abend einen Gute-Nacht-Kuss und wenn unser Grosser (6 Jahre alt) etwas besonderes erlebt hat, fragt er mich, ob wir zum Friedhof fahren können. Er wolle Opa etwas erzählen.
Wir haben auf dem Grab für jedes Kind eine kleine Trittplatte eingerichtet. Dort kann jedes Kind, wann immer es möchte, ein gemaltes Bild oder Blümchen hinlegen. Und merkwürdig ist: beide Kinder (unsere Tochter ist erst 3 Jahre alt) stehen nicht vor dem Grab, wenn sie etwas zu erzählen haben, sondern jedes Kind steht auf seiner/ihrer Trittplatte. Der Grosse (Joshua) hat das mal als Wunschplatte bezeichnet. Auf die Frage, was er damit meint, hat er dann gesagt, dass er auf dieser Platte am besten mit Opa sprechen könne. Dann wäre er näher dran, als vor dem Grab. Ich möchte hier nicht zu langatmig werden oder jemanden langweilen, sondern einfach vielleicht nur einen kleinen Tip geben, wie z.B. unsere Kinder Kontakt mit Ihrem Opa aufnehmen.

Ich denke fest an Dich und bin ganz sicher, dass Du es schaffen wirst. Es schaffen wirst, Dir Deine/Eure Erinnerungen zu bewahren und doch Schrittchen für Schrittchen ins Lebens zurückzufinden. Es wird bestimmt dauern und es muss auch so sein, aber irgendwann wird dieser unerträgliche Schmerz wieder etwas erträglicher werden. Ich habe immer Deine Stärke bewundert; der Umzug. Allen Widrigkeiten zum Trotz. Und Du wirst es auch weiter schaffen. Er sitzt auf seiner Wolke, schaut auf Dich hinunter und ist stolz auf Dich. Ich bin ganz sicher!

Sei herzlich gegrüsst und umarmt. UND: denk an meine Worte. DU WIRST ES SCHAFFEN.

Bee
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