Wilde Erdbeeren direkt vor Leos Grab in einem verwilderten Teil des Friedhofs versprechen reiche Ernte wie im letzten Jahr.

Ist es vermessen sich auf diese Leckerei zu freuen? Wie auch immer – ich freue mich; ich mag es, wenn ihre Süße auf meiner Zunge zergeht, so wie Leo es mochte.
Auch sonst geht es hier in der hintersten Ecke des Friedhofs recht eigentümlich zu. Hier, etwa vier Meter weiter, und getrennt durch einen leichten Maschendrahtzaun, beginnt der Garten eines Einfamilienhauses. Anfangs hatten die Bewohner als Hobby dort drei Zierhühner, mehr nicht, deren Hühnern eigene Geräusche, und das Gegacker wenn ein Ei in Vorbereitung war, die Stille des Friedhofs auf unerwartete Weise durchbrach. Inzwischen sind über Monate Gehege entstanden in welchen es munter kreucht und fleucht, voll mit Varianten von exotischem Federvieh. Diese Geräuschkulisse ließ mich nicht nur einmal schmunzeln; gackert es dort doch nach Hühnerart, wann immer ich auftauche.
Es war im zeitigen Frühjahr, und ich war gerade dabei Hornveilchen zu pflanzen, als munteres Quieken und Grunzen die Friedhofsatmosphäre auf neue, andere Weise ergänzte; anders als ich es bisher schon gewohnt war. Natürlich neugierig geworden unterbrach ich meine Grabarbeit und pirschte mich durch die Rhododendren näher an den Zaun heran. Fast wie eine Indianerin kam ich mir vor. Und da sah ich es: Ein Minischweinchen, grau-schwarz mit spitzen Ohren, suhlte sich in einer Sandkuhle des Gartens und grunzte vergnügt vor sich her.
So geht das Leben um uns herum weiter, und es zwingt uns dies zu bemerken. Und indem wir empfänglich dafür werden zu bemerken, stellen wir fest, dass wir ein Teil dieses Lebens sind – ob wir wollen oder nicht, wenn wir traurig sind.