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Alt 03.06.2011, 20:30
Annika0211 Annika0211 ist offline
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Standard AW: Chemo bei ProstataCa wird nicht besser

Liebe Chica, Ihr lieben anderen...
seit langer Zeit melde ich mich mal wieder.
Ich war zwischendurch im Urlaub... auf ein paar Spuren, die mein Papa mit meiner Mama ging. Ihr letzter gemeinsamer Urlaub. Kroatien...
Sie waren sogar im gleichen Hotel, saßen im gleichen Restaurant, haben den gleichen Strand gesehen, die gleichen Orte...
Und auf die Postkarte für Mama schrieb ich: Ich sehe dich und Papa durch die Straßen schlendern, in den Cafes sitzen und aufs Meer hinausschauen.
Ich fühlte mich ihnen dadurch nicht näher als sonst, aber es war ein schönes Gefühl, dass ich all das sehen konnte, was sie zusammen gesehen haben.

Die Zeit ist oft schwer... es sind jetzt 3,5 Jahre her, dass Papa nicht mehr da ist.
Heute hörte ich bei einem Telefonat von Mama mit einer Bekannten zu, die hören wollte, wie es Mama gehe.
Sie sagte, dass es Tage gibt - besonders die Abende -, an denen sie den Papa unbeschreiblich vermisst. Dann geht sie zu seinem Bild und spricht mit ihm.
Ich hatte meine dicke schwarze Sonnenbrille auf und merkte, wie mir darunter die Tränen liefen. Zum Glück hat Mama das nicht bemerkt. Für sie ist es schwer genug, da will ich nicht, dass sie mich weinen sieht.

Ich muss euch sagen, dass ich meinen inneren Zorn noch immer nicht losgeworden bin. Ich schiebe ihn nach unten, ganz weit weg. Und wenn es dann Situationen oder Aktionen gibt, die meine Mama traurig machen - ruck zuck ist der Zorn wieder da und ich habe das Gefühl zu platzen.
In 3 Monaten gibt es ein Geschwister-Event.
Ich gestehe, dass ich VORBEREITET bin. Vorbereitet auf Seitenhiebe, auf Frontalangriffe gegen meine Person.
Und egal, wo wir uns zu diesem Zeitpunkt aufhalten - ich werde mich wehren und für mich die Konsequenzen ziehen, wenn ich merke, dass es mir nicht gut geht. Und wenn das bedeutet, dass wir vorzeitig abreisen (mein Freund und ich)...

Ich habe in der Vergangenheit gemerkt, dass Mama nur mit mir (und meinem Freund) Familie hat. Ich habe auch gemerkt, wie verletzt Mama deswegen ist. Und ich habe gemerkt, wie sehr MICH das auch verletzt.
Ich gehe den Geschwister-Kontakten soweit es geht aus dem Weg. Zum Glück wohnt niemand um mich herum. Und das Telefon kann man ignorieren, WENN es denn mal klingelt. Was auch ziemlich selten der Fall ist.
Meine Familie ist MAMA. Und das wars.
Mama sagte mal, dass der Papa das so nicht gut finden würde.
Papa war das Bindeglied in dieser Familie. Eine Familie, wo - im Nachhinein betrachtet - zwei Welten zusammenlebten und sich liebten.
Da war der verwitwete Mann mit 4 kleinen Kindern, der eine liebevolle Frau für sich und eine gute "Mutter" für seine Kinder suchte. Und da war meine Mama. Beide verliebten sich, heirateten, standen zueinander in guten und schlechten Zeiten (wie es sein soll). Mama zog die 4 Kinder groß mit allen Konsequenzen und ich kam zwischendurch auch noch dazu.
Fremde und Freunde zogen damals und ziehen heute noch den Hut vor meiner Mama, die aus Liebe zu Papa diesen Schritt in eine durch das Schicksal behaftete Familie wagte, die alles gegeben hat für die Kinder, die ihren Mann immer aufrichtig geliebt hat und die ihm zur Seite stand bis zur Stunde seines Todes.
Es war UNSER Vater, es war IHR Lebenspartner, IHRE große Liebe, IHR Leben...
Und nun bekommt sie die letzten 40 Jahre so gedankt?!
Unfassbar für mich.

Ihr Lieben.
Ich habe mich noch nie so im Detail ausgelassen, aber meine Wut nimmt Form an und ich nenne das Kind nun beim Namen. Ich bin auf niemanden angewiesen, verspreche mir nix mehr von den Menschen, die zu meiner Familie gehören sollten.
Ich bin für meine Mama da und kümmere mich um sie. Ich tue alles, was in meiner Kraft und Macht steht, dass sie mit ihren gesunden 80 Jahren ein einigermaßen glückliches und fröhliches Leben führen kann.
Ich habe das geschafft und werde das weiterschaffen. Sie braucht mich. Und das ist ein schönes Gefühl...

Ich wünsche euch ein schönes Wochenende und drücke euch von Herzen.
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Alles Liebe.
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Papa, für immer in meinem Herzen - 31.12.2007
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