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Alt 17.10.2011, 23:46
Benutzerbild von riedlenseppl
riedlenseppl riedlenseppl ist offline
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Standard AW: Erst Lunge, dann Knochen, nun Hirn: Ist der Weg zu Ende?

Liebe Undine, liebe Ange, liebe Mia und alle lieben anderen!

Danke für eure Antworten und guten Wünsche.

Heute war ein verrückter Tag.
Heute morgen erreichte mich ein Anruf vom Hospiz, bei dem Mama auf der Warteliste steht... Ab morgen wäre ein Platz frei...
Der Boden unter mir schien zu wanken, ich zitterte, während ich mit dem Mann am anderen Ende der Leitung sprach, am ganzen Körper.
Was sollten wir tun, was sollte ich ihm antworten, was sollte ich meiner Mama sagen, was ihr raten...???
Wir sind dann so verblieben, dass ich erst mit meiner Mama sprechen muss, dass ich aber glaube, dass sie jetzt noch nicht kommen will.
Natürlich ist der Platz dann weg und wer weiß, ob einer frei ist, wenn wir ihn wirklich bräuchten...???
Was mich aber wirklich geschockt hat war, dass der Mann vom Hospiz gesagt hat, er hätte heute morgen schon mit unserem Hausarzt (der ja im Hospiz mitarbeitet) über Mama gesprochen und der Doc hätte Mamas Aufnahme befürwortet.



Wisst ihr, wie schxxe sich das anfühlt?

Auf meinem Weg zu Mama bin ich dann beim Doc vorbei, musste ihm sowieso noch den Entlassbericht vom Krankenhaus bringen. Ich sprach ihn auf die Hospizsache an und er betonte nochmal, er würde es sogar stark befürworten...
Als ich ihn fragte, wieso, sagte er, man könne eigentlich niemandem zumuten, die Verantwortung zu übernehmen, die ganze Situation sei viel zu belastend für uns alle.
Ich bat ihn, er solle doch bitte diese Woche mal auf Hausbesuch zu Mama kommen und sich selbst nochmal ein aktuelles Bild von ihr machen und mit ihr sprechen, auch mit unserer neuen Betreuerin. Er hat versprochen, dass er das machen will.

Zu Hause bei Mama habe ich dann zuerst mit der Betreuerin gesprochen, weil Mama noch schlief. Ich erzählte ihr von den Bedenken des Hausarztes.
Sie war auch etwas erstaunt über diese "plötzliche" Eile und meinte, solange Mama noch aufstehen, essen und mit ihr reden könne, kann sie sich sehr gut vorstellen sie noch zu Hause zu betreuen. Vor dem nächsten Krampfanfall fürchte sie sich nicht...
Nach dem Mittagessen sprach ich dann mit Mama darüber und, das könnt ihr mir glauben, das ist mir nicht leicht gefallen...
Ich möchte euch unser Gespräch, das wir in aller Offenheit geführt haben, nicht im Einzelnen wiederholen, nur so viel: Ich bat Mama, für sich eine Entscheidung zu fällen, auch wenn es extrem schwer und eigentlich fast nicht machbar scheint...
Was will sie, was sollen wir tun?
Ich sagte ihr, dass sie eigentlich nur zwei Möglichkeiten hätte: Die Wahl zwischen vertrauter Umgebung oder maximaler Sicherheit.
Was ist dir wichtiger, fragte ich sie immer wieder, das musst du herausfinden und entscheiden.
Willst du unter keinen Umständen von zu Hause weg und nimmst in Kauf, dafür auch mal in eine Situation zu kommen, wo du leiden musst, bis jemand kommt, der dir Linderung verschaffen kann?
Oder willst du auf gar keinen Fall leiden und sicher sein, dass du sofort Hilfe bekommst, wenn du in eine schlimme Situation kommst, wie große Schmerzen oder Atemnot?
Was ist dir wichtiger?
Ich konnte ihren inneren Kampf im Gesicht ablesen und es tat mir so weh, dass sie diesen Kampf führen muss...
Und dann sagte sie noch: "Tja, wenn man das wüsste, was das richtige ist..."
Wir haben dann ausgemacht, dass sie nochmal drüber schlafen soll. Meine Schwester will am Mittwoch nochmal mit ihr darüber sprechen.

Der weitere Nachmittag verlief sonst noch ganz harmonisch.
Die Krankengymnastin war da und arbeitete ein bisschen mit Mama. Als sie gegangen war, legte Mama sich ein Stündchen schlafen und anschließend tranken wir zusammen Kaffee.
Ich las ihr aus einem Buch lustige Anekdoten über Skilangläufer vor, das hat sie ziemlich amüsiert (sie ist früher mit meinem Papa auch gelaufen).
Dann haben wir noch zwei Partien Mensch-ärgere-dich-nicht gespielt.
Um sechs musste ich dann gehen.

Ich wünsche mir nichts so sehr, als dass es gut zu Ende geht, wann auch immer, sie ist so ein friedlicher, ruhiger Mensch...
Hoffentlich darf sie ganz leise gehen.

Christiane
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Mit den Gedanken
und dem Herzen
immer bei dir,
Mamsini
Bin ich hier, bist du's auch!
Du warst wunderbar.
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