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Alt 25.02.2012, 21:14
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Mein Papa hat Lungenkrebs im fortgeschrittenem Stadium

Danke!!! Ja, wir haben es geschafft und irgendwie fühlt sich das befreiend an. Die Friedhofskapelle war voller Menschen. Wir waren sehr gerührt, dass so viele gekommen sind und teilweise hatten sie eine weite Anfahrt. Alle alten und auch die ehemaligen jungen Kollegen meines Vaters waren da (er war bei der Polizei). Und so viele Verwandte, Nachbarn und Freunde. Sogar zwei Freundinnen meiner Tochter Helena.

Die Atmosphäre in der Kapelle war sehr schön, so viel Kerzenlicht. Und Ulrike, unsere Pastorin, hat eine wunderbare Predigt gehalten. Einmal mussten meine Mama, Helli und ich laut lachen, als sie sagte, bei meinen Eltern sei es Liebe auf den dritten Blick gewesen (zumindest bei meiner Ma). Ansonsten musste ich mich immer sehr konzentrieren, nicht die Fassung zu verlieren. Wir hatten uns "Time to say goodbye" von Andrea Bocelli und "Nächsten Sommer sehen wir uns wieder" von Bosse ausgesucht. Time to say goodbye wollte Papa gern haben und das zweite Lied hat uns die letzten Wochen begleitet. Dann kam mein Part und ich hätte nie gedacht, dass ich es schaffen würde, aber es ging. Mir blieb zwar gelegentlich die Stimme weg, aber ich konnte mich dann wieder sammeln. Gott sei Dank hat Helli ihren Text gleich Ulrike gegeben, so dass diese ihn vorgetragen hat für Helena. Ich war ganz froh, dass Helena in der Kapelle endlich mal weinen konnte. Ja, das war die Trauerfeier und dann sind wir mit allen noch Kaffee trinken gegangen. Das war anstrengend, aber auch gut, denn so haben wir noch unsere Erinnerungen ausgetauscht und uns gegenseitig getröstet. Als wir dann alle verabschiedet hatten, sind wir zu Mama gefahren.

Es ist schon seltsam, denn obwohl ich vom Verstand her weiß, dass Papa nicht mehr hier ist, kann ich es doch immer noch nicht glauben. Ich spüre seine Nähe überall. Ich habe mir sein Eau de Toilette mitgenommen und schnuppere immer daran, weil ich es so gern an ihm gerochen habe. Mama trägt seine Brille und seine Kette mit dem Kreuz und Helli hat nun immer sein Taschenmesser bei sich. Heute war die Traueranzeige in der Zeitung. Wie surreal! Ich lebe außerhalb von Zeit und RAum, weiß gar nicht wie spät es ist geschweige denn welcher Wochentag. Das ist mir alles auch egal. Ich fühle mich ganz wohl unter meiner "Käseglocke". Die schützt mich ein wenig vor der Realität, die mir all zu schmerzhaft ist.

Ich hoffe, euren Lieben geht es gut? Ob das hier eine Art Suchtverhalten auslöst? Manchmal möchte ich gar nicht mehr kommen, aber dann zieht es mich doch hierher. Denn ich will ja wissen, ob es euch gut geht und ob die Chemos oder andere Therapien bei euren Eltern anschlagen. Das hoffe ich von ganzen Herzen!!!

Alles Liebe einstweilen,
Miriam
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