Liebe Nadine,
das muss sehr hart für dich sein, denn so wie du es beschreibst, musst du diese Zeit ganz allein durchstehen... Ich wünschte, du hättest zumindest eine Person an deiner Seite, die auch dich ein wenig stützt und auffängt.
Gibt es in dem Spital, wo deine Mutter ist, eine Palliativstation? Vielleicht könntest du dir diese einmal anschauen beim nächsten Besuch. Wir haben mit dieser Station und den Menschen dort wunderbare Erfahrungen gemacht. Und genau das habe ich auch hier schon bei anderen gelesen. Die Halluzinationen deiner Mama (der nackte Mann) erinnern mich sehr stark an die Halluzinationen, die mein Papa hatte. Bei ihm kam es von der starken Morphindosierung und vielleicht auch dem Zusammenspiel mit anderen Medikamenten. allerdings war er danach wieder klar bei Bewusstsein.
Für dich muss es sehr schlimm sein, deine Mutter so zu erleben, zumal du ja schreibst, sie sei gar nicht mehr sie selbst. Es kann schon sein, dass die Diagnose ihr derart den Boden unter den Füßen weggerissen hat, dass sie nach innen geflüchtet ist, um sich und ihre Seele zu schützen. Wenn du den Eindruck hast, sie sei gar nicht mehr sie selbst, wird es schwer sein für sie zu entscheiden, wie die Behandlung fortgesetzt werden soll. Eine Patientenverfügung ist wahrscheinlich nicht vorhanden? Sollten auch die behandelnden Ärzte der Ansicht sein, dass deine Mama nicht für sich entscheiden kann, wirst du das wohl übernehmen müssen. Lass dich auf jeden Fall vorher eingehend aufklären, stelle so viele Fragen, wie du benötigst und am besten wäre, du könntest eine Person deines Vertrauens mitnehmen zu dem Gespräch. Ich sehe das genauso wie du: wenn die Zeit deiner Mama so begrenzt ist, dann soll sie möglichst keine Schmerzen haben. Da sie durch den Nahrungsverzicht wahrscheinlich körperlich ohnehin sehr schwach ist, wird es schwierig sein, ihr eine Chemo zuzumuten, oder? Vielleicht wäre es besser, wenn man ihr die Schmerzen nimmt (Palliativstation) und sie liebevoll begleitet.
Ach Nadine, das tut mir so unendlich leid für dich! Du musst echt am Verzweifeln sein und unendlich traurig. Ich wünschte, ich könnte dir etwas Tröstlicheres schreiben, doch es klingt nicht so gut, was du über den Zustand deiner Mutter schriebst. Auf der Palliativstation besteht immerhin die Möglichkeit, dass auch du als Angehörige Unterstützung und Hilfe findest. Dort bist du mit deinen Ängsten nicht allein!
Ich sende dir nochmals ein großes Kraftpaket und liebe Grüße
Miriam