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Alt 24.07.2012, 14:30
Jaecky Jaecky ist offline
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Standard AW: Ich habe solche Angst

Heut war ich mit meinem Bruder schon vormittag bei Papa. Mama ist ja den ganzen Tag dort.

Diese Sozialarbeiterin war heute netter. Sie hat zwar ne grobe Art aber sie war viel freundlicher und hat den Hospizantrag mit uns ausgefüllt. Der wird nun schnellstmöglich weg gefaxt und wir werden sehen. Es gibt zwei Möglichkeiten. Zwar ist es wieder weiter, als jetzt aber ergal. Ne 3/4 Stunde geht ja auch noch. Zum Glück können ja mein Bruder und ich unsere Arbeitszeiten ganz gut selbst einteilen. Wie machen das nur Angehörige, die 8 Stunden arbeiten? Ich hab keine Ahnung, wir gehen ja so schon auf dem Zahnfleisch.

Als wir heute hin gekommen sind, hab ich mich richtig gefreut. Sie haben ihn rasiert und er hatte ein sehr schönes T-Shirt von sich an. Er sah dadurch richtig ein bisschen frischer aus. Ich hab mich dann zu ihm gebeugt und guten Morgen gesagt und ihm erzählt, dass Ronny und ich wieder eine weile da sind und hab ihm einen Kuss auf die Stirn gegeben. Da hat er einen Kussmund gemacht, da hab ich ihn einen sanften Schmazer gegeben. Es war richtig bewegend für mich. Also hat er gemerkt, dass wir gekommen sind.

Aber er ist auch so schwach, er hatte zwar seine Augen ein bisschen geöffnet aber er bekommt kein Wort mehr raus und das Schlucken bereitet ihm arge Schwierigkeiten. Auch hat er heute vermehrt geröchelt, er hustet den schleim nicht ab. Er räuspert sich zwar aber ein richtiges Husten ist einfach zu anstrengend. Heute war es mit dem Trinken aus sehr schlecht, das meiste ist aus dem Mund gelaufen, wahrscheinlich weil ihm das Schlucken so schwer fällt.

Beim Tschüss sagen, hab ich ihm gesagt, dass Ronny und ich nach Hause fahren, Mama aber noch da bleibt - hab ihm gesagt, dass wir ihn lieb haben und hab ihn wieder einen Kuss auf die Stirn gegeben. Aber das hat er nicht mitbekommen, er hat gar nicht reagiert. Morgen bekommt er wieder einmal Blut. Aber die Oberärztin hat gesagt, es ist ein Fass ohne Boden. Er hat sie zwei oder drei Stunden später schon wieder verbraucht und seine Werte sind wieder gleichermaßen katastrophal.

Da wir jeden Tag dort sind, fällt es mir irgendwie leichter, damit umzugehen, ihn etwas zu erzählen und zu streicheln auch wenn er so fest schläft und nicht reagiert. Das war anders, als wir nicht so oft bei ihm sein konnten. Man arrangiert sich irgendwie damit und unsere Gemeinsamkeit gibt uns Kraft. Mama hat gestern erst gesagt, dass sie stolz auf uns ist, da wir ihr so zur Seite stehen. Ich seh das als selbstverständlich an. Er ist unser Papa und wir lieben ihn ja so sehr.

Wir haben gestern abend Mama wenigstens zum Schlafen mit nach Hause genommen. Sie hat ja nur einen Sessel und da war es mit Schlafen natürlich nichts. Und wenn sie uns jetzt aus den Latschen kippt, hilft sie damit niemandem. Ich hab gestern auch gesagt, wenn Papa sich äußern könnte würde er sagen - scher dich nach Hause. Sie ist dann auch gleich nach dem Abendessen ins Bett gegangen und hat sogar ein wenig schlafen können. Das ist doch schon was. So hat sie heut wieder ein bisschen mehr Kraft um den ganzen Tag bei ihm zu sein.Sie ist ja jetzt auch erstmal 2 Wochen krank geschrieben. Ich hab ihr gesagt, wieso sie dazu Urlaub nehmen will, so ein Blödsinn.

Ihr Lieben ich danke euch für euren Beistand. Ich wäre schon so oft aufgeschmissen gewesen, hätte ich euren Rat und euer Mutmachen nicht gehabt. Danke!

LG
Jäcky
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mein liebster Papa
seit 2006 Multiples Myelom
seit 2009 Myelodysplastisches Syndrom

Nach langem, schmerzvollem Kampf am 25.07.12 um 15.00 Uhr im Kreise seiner lieben Familie eingeschlafen.

Papi, wir lieben dich so sehr! Für Immer und Ewig!

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!!!
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