AW: Die Sorge um sich selbst...
hmmm... wir intervenieren jetzt komisch... ich flieg morgen hin. er hat kommt im dezember her. und bleibt unter umstaenden eine laengere weile... und dann gucken wir, wie wir das ganze gedeichselt bekommen...
miri, du hast schon recht. es ist alles nicht so ganz schwarz oder weiss. und viel ist auch der aktuellen situation geschuldet. ich bin, ehrlich gesagt, auch unfair. ein bisschen zumindest. denn in der zeit, wo mein dad im krankenhaus abgebaut hat, haben wir jeden tag lange telefoniert. und ich hab ihm alles en detail geschildert. und weil er meinen dad mag, hat er heftig mitgelitten.
wir waren am freitag in einem super-duper heim. und der heimleiter meinte, er saehe keinen grund, warum mein bruder keinen platz bekommen sollte. sie sind zwar auf der "feststation" gerade ausgebucht, aber man koennte einen kurzzeitpflegeplatz, quasi anderer gang im haus, umfunktionieren. und dann halt im haus umziehen, wenn was frei wird. ich hoffe, dass es klappt. denn die mam koennte dann endlich die ihr so verhasste wohnung kuendigen, und weiterziehen. die ganze geschichte waere dann in der augsburger gegend, die mag meine mom ganz gerne, der wechsel waere also wirklich optimal.
richtig trauern koennen wir immer noch nicht so ganz... ich hab vorhin mein ipad zum ersten mal seit wochen wieder geladen, und habe mir die fotos angeschaut, die ich noch von meinem dad gemacht habe. als er noch fit war. da hats mich zerbroeselt... ich hab so eine reihe alberner eisessfotos geschossen, mein dad zieht grimassen wie ein grosser, das hat er immer gemacht. da hats mich zerbroeselt. er fehlt mir total...
es ist wirklich komisch... ich hab in letzter zeit so oft darueber nachgedacht, was einen menschen ausmacht. weil mein dad ja zum schluss, als er nur noch geschlafen und gelitten hatte, in irgendeiner komischen art und weise sich von meinem dad zu einem koerper, der sich quaelt, geworden ist. wenn ich mir die bilder anschaue, weiss ich, was meinen dad ausgemacht hat. und genau das ist es, was mir so ungeheuer fehlt. sein humor, dieses talent, immer im richtigen zeitpunkt total albern werden zu koennen. ich dachte, ich koennte das fehlen auf den aspekt der verbalen kommunikation reduzieren. nach dem motto, es ginge mir besser, wenn ich noch mit ihm sprechen koennte. aber es ist nicht nur das. ein skypen muesste es zumindest sein. damit wir uns unsere visagen entgegenstrecken koennten, und uns anbloedeln koennten.
das passiert aber nicht mehr. und das ist fuerchterlich. mir war nie bewusst, wie gross sein beitrag zu unserer froehlichkeit war.
meine mom ist immer noch stabil. sie lernt grad, mit ihrem dasein als alleinstehende frau zurecht zu kommen. sie ist jetzt sehr mobil. zwangslaeufig, wegen meinem bruder. aber sie sieht es irgendwie auch als abenteuer. als positive herausforderung. so z.b. das entdecken neuer wege, der umgang mit den neuen ticketautomaten der bahn. klingt banal, aber fuer jemanden wie meine mutter tun sich da welten auf. ich bin sehr stolz auf sie. wir werden langsam richtig gute freundinnen.
cleo, ich hoffe, du hast die beerdigung halbwegs gut ueberstanden. ich glaube, das ist ne individuelle geschichte, aber fuer mich hatte das zeremoniell sowas befremdliches, dass es nicht schlimm war. und da ich, wenn ich an den koerper meines vaters denke, immer automatisch an den zerfall denke, also an das buchstaebliche verrotten, ist es fuer mich auch nicht schlimm, ihn dort unter der erde zu wissen. denn sein grinsen waere jetzt nicht mehr das von den fotos, und den rest von ihm trage ich in mir. ich denke mir manchmal, dass ich den ort, an dem er begraben wurde schoen finde, wegen der zuege. aber dann weiss ich doch, dass er nicht dort ist. oder nur, wenn ich auch dort bin. oder nur, wenn wir ihn uns dort wuenschen.
|