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Alt 02.12.2012, 08:00
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Mirilena Mirilena ist offline
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Standard AW: Wir werden uns wiedersehen...

Hallo Paps,

ich weiß auch nicht, gerade ist mir danach, dir mal wieder einen Brief zu schreiben. Ich könnte auch einfach einen inneren Monolog mit dir führen, aber das Schreiben hilft besser, Gedanken zu sortieren.

Nun habe ich es endlich geschafft. Ich war wieder beim Arzt wegen der fortbestehenden Magenprobleme. Alle homöopathischen Mittel und auch das Weglassen bestimmter Lebensmittel haben keine wirkliche Besserung hervorrufen können. Nun habe ich Mitte Dezember einen Termin für die Magenspiegelung. Hoffentlich finden die nur etwas ganz Banales und Harmloses... Ich bin ja ein "Schisser"... Und davon abgesehen reicht es allmählich mit den schlechten Nachrichten in diesem Jahr, oder?

Du hast ja sicherlich schon mitbekommen, was bei mir in der Firma los ist. Ich hatte immer angenommen, dass mich gar nichts mehr verwundern könne, doch als es mich vergangenen Freitag traf, war ich einfach nur sprachlos. Ist schon seltsam, was in den Köpfen einiger Menschen vorgeht! Logisch für mich auch nicht nachvollziehbar, aber nun wurde mir doch einfach so eröffnet, dass mein "Aufgabengebiet" verändert wird und ich irgendwelche Hilfstätigkeiten im Vertrieb übernehmen soll. Und dazu passend ein Vorgesetztenwechsel, der de facto einer Degradierung gleich kommt. Puh, ich saß da und wollte eigentlich mit meiner Argumentation beginnen, doch dann sagte ich mir, ich solle mich einfach auf's Atmen konzentrieren. Einatmen, ausatmen, pfffff! Genauso habe ich das gehalten. Du hast mir ja ohnehin immer vorgeworfen, ich sei viel zu impulsiv Wahrscheinlich stimmt das auch, aber wie du siehst, habe ich mich zusammen genommen und ganz anders reagiert, als es von mir erwartet wurde. Abgesehen davon habe ich keine Lust mehr zu kämpfen. Zumindest nicht in dieser Firma und um diesen Job. Wofür sollte ich da noch kämpfen. Für mich ist das offensichtlich, dass die Geschäftsleitung mich loswerden will, jedoch ist sie zu feige und rückgratlos, offen und ehrlich mit mir umzugehen und da greift man dann lieber zu so subtilen Mitteln wie Mobbing. Nun bin ich verzweifelt auf der Suche nach etwas Neuem. Am liebsten würde ich sofort meine Tasche packen und dort gar nicht mehr erscheinen. Ach Papa, jetzt fehlst du mir wieder besonders! Das mag egoistisch meinerseits sein, aber mit wem soll ich denn all das besprechen? Mit Mama habe ich schon besprochen und sie hat wie eine Löwenmutter reagiert, die ihr Junges schützen will. Geht ja aber nicht! Also spricht sie mir Mut zu und das tut gut. Mama geht es allmählich besser und sie findet wieder Freude am Leben. Das ist so schön, das zu sehen! Sie hat für kommendes Jahr bereits 2 Reisen gebucht! Im Mai fährt sie mit Alice und Horst nach Amrum und im August dann mit einer Reisegruppe. Sie meint, sie wolle jetzt "alles mitnehmen und Schönes erleben, solange sie noch einigermaßen kriechen kann" Das ist doch großartig, oder?

Weihnachten haben wir auch bereits besprochen, wie wir das feiern werden. Diesmal Heiligabend wieder bei uns. Und ich habe Mama eingeladen, bei uns zu schlafen. Dann muss sie nicht in ein leeres dunkles Haus zurück. Und sie soll auch am 1. Weihnachtstag nichts kochen. Ich lade sie zum Brunch ein. Ich denke, das ist auch in deinem Sinne. Mir war wichtig, mit ihr zu besprechen, dass wir ein paar kleine Änderungen in unseren traditionellen Ablauf bringen. Na ja, ist ja noch ein paar Tage hin, aber es ist gut, wenn man sich an etwas halten kann.

Ich habe Mama gestern ein Fotobuch erstellt von diesem Jahr. Mit allen schönen Momenten, die wir hatten und natürlich auch mit den traurigen. Nun sitze ich hier im Halbdunkel und die Tränen beginnen doch zu kullern. Ich schaue mir dein Foto an und du lächelst mir zu. Ach Paps, ich habe so viel von dir gelernt und du hast mir so viel mit auf den Weg gegeben. Das sollte reichen, um auch so kleine Krisen bewältigen zu können. Und was sagst du überhaupt zu deiner "kleinen" Enkeltochter? Die hat uns alle überrascht, dass sie nun ihre erste große Liebe gefunden hat. Es fühlt sich ein wenig seltsam an, sie wieder ein Stück loszulassen, aber es ist in Ordnung. Und ich freue mich riesig für sie. Ihre Augen strahlen noch mehr als sonst und man spürt einfach, dass die beiden unendlich glücklich sind. Wie schön! Ob du wohl so eifersüchtig reagiert hättest wie damals bei mir?

Ich habe dich lieb und würde dir ohne Bedenken eine Kachel aus meinem Ofen schenken (Ringelnatz)
Deine Tochter
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
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