Hallo Peppi,
zwar bin ich hier eigentlich nur stille Mitleserin, aber Du klingst so verzweifelt, da möchte ich Dir mal antworten. So gut ich kann.
Also erst mal: Lungenkrebs, auch im fortgeschrittenen Stadium, bedeutet NICHT, dass Deine Mutter in den nächsten Wochen, Monaten oder sogar Jahren stirbt.
Mein Vater hatte von Diagnosestellung (inoperables Adeno-Karzinom der Lunge mit Knochenmetastasen) Ende 2008 noch gut zweieinhalb Jahre und ist dann Ende Juli 2011 einfach abends eingeschlafen und morgens nicht mehr erwacht.
Ihm ging es in dieser Zeit - soweit ich das objektiv beurteilen kann - meistens ganz ordentlich, manchmal sogar richtig gut. Er bekam drei verschiedene Chemos, die natürlich auch Nebenwirkungen mitbringen, letztlich haben sie das Tumor- und Metastasenwachstum aber doch stark verlangsamt.
Trotzdem, ich kann mich sehr gut an den Tag erinnern, als er mir von seiner Diagnose erzählte. Und an den Schockzustand, in dem ich mich danach einige Zeit befand.
Was ich Dir aus meiner eigenen Erfahrung empfehlen kann: Mach Dich schlau. Lass Dir - insofern Deine Mutter das will und kann - die Arztberichte geben und frag' dann hier im Forum nach, wenn Du was nicht verstehst.
Hier sind zwar keine Ärzte unterwegs, "nur" Betroffene und Angehörige. Aber viele haben jahrelange Erfahrung und können Dir beim Übersetzen helfen. Oder auch einfach, wenn's Dir fürchterlich mies geht.
Okay, zu den Fakten, die Du bislang kennst:
Wartet das Ergebnis der Biopsie ab. Von der genauen Klassifizierung des Tumors hängt auch die Therapie ab. Vermutlich wird dabei auch der vergrößerte Lymphknoten biopsiert oder komplett entnommen. Ich gehe mal davon aus, dass noch zusätzliche bildgebende Verfahren gemacht werden, evtl. noch ein CT oder MRT und ein Knochenszinti, um Metastasen aufzuspüren bzw. auszuschließen.
Sollten keine Metastasen vorhanden und der Tumor operabel sein, verbessert das die Prognose ganz ordentlich. Wobei Du hierzu sicher bessere Ansprechpartner als mich findest, da mein Vater ja leider für eine OP nie in Frage kam.
Dass der Radiologe derartige Prognosen von sich gibt - 3 Monate + - ist meines Erachtens eine ziemliche Unverschämtheit. Zumal ja im bereits gemachten CT keine Metas sichtbar waren. Diesbezüglich würd' ich mich eher an die Aussage ihres Lungenfacharztes halten.
Alles in allem also meine Empfehlung an Dich: Atme mal tief durch und versuche, Deine Panik abzuschütteln. So gut ich sie verstehen kann
Was Deine Ausbildung betrifft, kann ich Dir nicht so wirklich einen Rat geben. Gibt's die Möglichkeit, die Prüfung quasi "versuchsweise" mitzuschreiben und sie, je nach Abschneiden, zu wiederholen bzw. gelten zu lassen?
Wenn nicht, würde ICH vermutlich tatsächlich eine Auszeit nehmen. Du hast mit Deiner Vorgeschichte offensichtlich auch gut was durchgemacht, da kannst Du, meiner Meinung, auch mal nach einem Rettungsanker greifen.
Was aber gar nicht geht, ist diese Geschichte mit Alkohol und Schlaftabletten.
Wie gesagt, ich kann Deinen momentanen Ausnahmezustand wirklich voll und ganz nachvollziehen. Aber so machst Du Dich selbst vollends kaputt. Und zwar langfristig.
Hast Du einen Arzt, dem Du vertraust? Dann sprich mit ihm, erzähle von Deiner Situation und dass Du nicht zur Ruhe kommst. Meine Hausärztin hat mich damals, in diesen ersten Schockwochen, mit einem leichten Psychopharmakon eingestellt, allerdings unter der STRENGEN Auflage, keinen Alkohol zu trinken, wenn ich dieses Medikament nehme. Sie sagte auch, dass ich mich im Zweifelsfall für eine Droge von beiden entscheiden muss. Ich hab' mich dann für die Pillen entschieden. Einfach, weil das Suchtpotential bei kurzzeitiger Einnahme deutlich geringer ist. Und grade in so einer Extremsituation ist die Verlockung groß, sich durch allabendliches "Abschießen" aus der Realität zu stehlen...
Das, ganz ehrlich, wird Deine Mutter jetzt am aller wenigsten brauchen - dass ihr Kind sich vor lauter Verzweiflung in eine Medikamenten- oder Alkoholabhängigkeit stürzt
Ansonsten, ganz allgemein: Frag' Deine Mutter, wie Du sie am besten unterstützen kannst. Ich hab' anfangs den Fehler gemacht, in blinden Aktionimus zu verfallen, hab' meinen Dad gelöchert, dass er mich gefälligst über alles zu informieren habe und ich sowieso immer und über alles Bescheid wissen wolle...das hat ihn genervt, gelinde gesagt. Er war krank, aber nicht entscheidungsunfähig. Das hat er mir in einem harten, aber herzlichen Streit deutlich gemacht. Und ich ihm, dass ich zwar nur sein jüngstes, in seinen Augen immer noch kleines Töchterlein bin, aber dass ich trotzdem helfen möchte, wo ich kann.
Meine Beziehung zu meinem Vater war allerdings nicht immer die beste (wurde sie erst nach der Diagnose), also bekommt ihr zwei das vielleicht auch ohne klärenden Streit hin
Zum Schluss empfehle ich Dir, im Lungenkrebsforum zu lesen. Mouse ist ein leuchtendes Beispiel für ein lebenswertes Leben trotz Lungenkrebs und Begleiterscheinungen.
Ganz liebe Grüße,
das Fröschle