Guten Morgen meine Lieben,
ich freue mich riesig über eure so zahlreichen Glückwünsche für Flora, ihre Eltern und für mich. Natürlich werde ich sie überbringen und natürlich vor allem dem Menschen, dem sie gelten: der kleinen Flora. Danke.
Der Tag, der 04.01.2013, war ja noch nicht zu Ende. Es ist noch viel passiert.
Ich bin also drin in diesem Zimmer. Es ist ein 'Elternzimmer'. Papa hat sich eingemietet und ist so immer dabei. Mein Schwiegersohn hält Flora auf dem Arm. Sie ist die Hauptperson, der Mittelpunkt, und wird zuerst begrüßt mit einem vorsichtigen, neugierigen, staunenden, lächelnden: "Hallo Flora. Schön, daß du da bist." Einen Glückwunsch an den stolzen Papa und dann wird Töchterlein gedrückt. Müde liegt sie auf ihrem Bett, sie hat noch Schmerzen. Flora ist gerade mal 15 Stunden alt, kein Wunder. Beide, Papa und Mama, sind müde, was sie nicht daran hindert, um die Wette zu strahlen was das Zeug hält und zu erzählen, wie die letzten, langen Stunden abgelaufen sind.
Inzwischen liegt Flora wieder in ihrem Bettchen. Ich setze mich daneben, höre den Beiden zu und bestaune und entdecke mein drittes Enkelchen. Etwas mehr als 32 Jahre gehen meine Gedanken zurück. An den kleinen Wurm in seinem Glasbettchen, an die Mama ... ich habe das Gefühl, sie steht neben mir. Es ist schön, daran zu denken. Alles war anders damals. Die Babys schliefen und brüllten im Chor im Babyzimmer. Nur zu den Mahlzeiten wurden sie zur Mama gebracht. Besucher mussten solange das Zimmer verlassen. Das Baby in den Arm zu nehmen, daran war für sie nicht mal zu denken. Selbst der Papa musste dazu seine Vorkehrungen treffen und kleine Kinder hatten keinen Zutritt zur Station. Naja, bei der großen Schwester wurden auch schon mal Ausnahmen gemacht. Die Besuchszeit war streng begrenzt. Wer das Baby sehen wollte, musste dazu an die große Glasscheibe. Eine Krankenschwester zog den Vorhang zur Seite und brachte die oder den Kleinen auf dem Arm an die Scheibe. Heute ist das alles anders und es ist richtig und gut so.
Flora wird langsam wach. Die kleinen Ärmchen strecken sich, ein herzhaftes Gähnen, die Stirn in Falten öffnet sie vorsichtig die Augen und blinzelt in die Welt. Unmissverständlich tut sie kund, was sie möchte: Hunger! Auf Mamas Arm beruhigt sie sich für kurze Zeit, dann legt Papa sie wieder zurück ins Bettchen. Es ist rührend zu zu sehen, wie dieser muskelbepackte fast 2 Meter Mann mit seinen großen Händen zärtlich und noch übervorsichtig mit Flora umgeht. Sie wirkt so winzig und zerbrechlich in seinen Händen. Mama beäugt das Geschehen noch ein bisschen skeptisch

. Im Babyraum wird sie frisch gewickelt und gewogen: 2950 gr. Hervorragend. Mit einem Fläschchen bewaffnet gehen wir Drei (Papa, Flora und ich) zurück zu Mama.
Nach dem Eingängemenu von 80 gr und einem kräftigen "Bäuerchen" kann endlich der Opa "seine Kleine" in den Arm nehmen. Mit dem Rücken zu Papa und Mama stehen wir am Fenster und leise, damit nur sie es hört, erzähle ich ihr von Oma Myriam. Erzähle von den für sie fremden Menschen und ihren Wünschen für sie: daß sie groß und stark werden soll. Daß sie gesund bleiben und ein schönes Leben haben soll in Glück und Frieden. Dabei ist sie ganz ruhig, ihr Blick ist auf mich gerichtet, als ob sie verstünde. Ein kleines Kreuz male ich auf ihre Stirn: "Gott schütze dich, du kleiner Mensch." Es ist gut, daß ich mit dem Rücken zum Zimmer stehe. Ich glaube, in meinem Gesicht könnte man meine Gedanken und Regungen dabei im Klartext lesen. Doch dieser Moment ist für Flora und mich reserviert. Für niemand sonst.
Nach 2 Stunden lasse ich die Drei zurück. Die Flure und Wege der Klinik sehe ich jetzt mit anderen Augen. Mein erster Schwiegersohn hat heute Geburtstag, da will ich jetzt hin. Der Tag, die Geschichte, ist noch lange nicht zu Ende.
Zu Gast. Zu Gast in einer noch winzig-kleinen Welt. Als Opa oder Oma können wir aus der zweiten Linie heraus begleiten, beobachten, aufpassen, helfen. Bis sie eines Tages auf eigenen Füßen stehen kann und ich hoffe, das noch erleben zu dürfen.
Ein Danke auch an dich, denn ohne dich hätte ich das so nicht erleben dürfen.
Alles ist gut.
So wie es ist.
Helmut