Heute ist Montag, es regnet ununterbrochen und ich darf hier gemütlich im Pyjama sitzen... Ich glaube, ich begreife erst jetzt, dass ich nicht mehr los muss

Und nachdem ich nun gebügelt habe, darf ich nun auch faulenzen...
Heute vor einem Jahr kam mein Papa nach Haus... Und wir wussten, dass es nicht mehr lange gut gehen würde. Wie auch?! Jeden Tag schwand ein wenig mehr von seiner Kraft... Das war wie mit meiner Kerze, die begann zu flackern, bevor die Flamme ganz erlischt. Wir haben wirklich jede Minute genutzt, die uns blieb. Und obwohl es so, so traurig war, haben wir auch noch gemeinsam gelacht und natürlich auch geweint und die Momente genossen. Da war uns bewusst, dass es die letzten Tage sein würden. Wenn ich mir vorstelle, dass mein Papa seinen 70. Geburtstag noch groß gefeiert hat mit der kompletten Familie, guten Freunden und Nachbarn und wie gut er aussah... Oje, wie gut, dass wir nicht in die Zukunft schauen können und nicht ahnen, was uns erwartet. Und doch hat er es geahnt, es war wie eine intuitive Eingebung, denn er spürte, dass irgendetwas Schlimmes passieren würde. An seinem 71. Geburtstag ging es ihm so unsagbar schlecht... Da standen meine Mama und ich mit einem Stück Geburtstagskuchen vor ihm, in dem Kerzen brannten. Essen mochte mein Vater schon lange nichts mehr, aber gelächelt hat er. Und ich meine, er hat auch versucht, die Kerzen auf dem Kuchenstück auszupusten... Seine Geschenke konnte er nicht mehr auspacken, da fehlte die Kraft. Aber über seinen Apfelbaum hat er sich echt gefreut. Ich hatte ihm ein großes Plakat gebastelt mit einem Apfelbaum, dessen Geäst alle vier Jahreszeiten zeigte und unter den Baumwurzeln standen unsere Namen. Ich glaube, er hat verstanden, was wir ihm damit schenken wollten. Wie gern würde ich den Baum besuchen, doch ich muss ja auf eine Einladung warten (weil der Baum auf einem Golfplatz angepflanzt wurde und man dort nicht einfach rüberspazieren darf). Oje, ich kann man an die letzten Tage erinnern, als seien sie gestern gewesen und ich höre die flüsternde Stimme meines Papas, sehe seine eingefallenen Wangen und die großen Augen. Ich kann ihn sogar riechen... Und doch kann ich das alles ertragen in dem Wissen, dass er dort, wo er jetzt ist, geschützt ist und nie wieder Schmerzen haben muss.
Papa, du fehlst hier immer noch! Was würdest du wohl dazu sagen, dass ich nicht mehr in diese blöde Firma muss? Aber vielleicht bist ja sogar du es, der alles so positiv beeinflusst hat? Deinen kommenden Geburtstag werden Mama und ich gemeinsam in Rostock feiern. Vorher schauen wir auf dem Friedhof vorbei und bringen dir eine Rose. Und dann nehmen wir dich in unseren Herzen und Gedanken mit auf die Reise und lassen es uns gemeinsam gut gehen, okay?
Einen guten Start in die Woche
Miri