AW: Kleinzelliges Bronchialkarzinom - verzweifelt
Liebe Nina,
ja, ich habe das ähnlich mit meinem Papa erlebt. Er war über Wochen bzw. Monate ziemlich teilnahmslos, saß nur in seinem Sessel und der Fernseher lief und lief und lief. Wenn ich von der Arbeit dorthin hetzte und mich auf ihn freute, hatte ich oft das Gefühl, es sei ihm völlig egal, ob ich da sei oder nicht. Manchmal war es gar so, als sei ich ihm lästig... Das tat weh. Meine Mutter war auch mit den Nerven am Ende. Sie wollte so gern die Zeit nutzen, Gespräche führen, schöne Momente genießen, doch der Fernseher lief und eine banale Serie löste die nächste ab. Wir konnten da eigentlich sehr wenig tun außer durchhalten...
Sehr, sehr viel später hat mein Papa mir erzählt, dass er meint, depressiv gewesen zu sein. Irgendwann war es ihm einfach zu viel. Als er mit der Lungenentzündung ins Krankenhaus kam, dann diese halbwegs verkraftet hatte und dann festgestellt wurde, dass ein Pleuraerguss vorlag, er Drainage gelegt bekam und 5 Wochen im Krankenhaus bleiben musste... Da wollte er nicht mehr, alles um ihn herum war dann nur noch grau und eintönig. Er hatte keine Hoffnung und das war vielleicht das Schlimmste. Und da er ein Mensch war, der so ziemlich alles mit sich selbst ausmachte, konnte er sich uns nicht mitteilen...
Vielleicht weiß dein Papa selbst nicht, was er mit seinem momentanen Verhalten bezweckt, vielleicht ist ihm auch nicht bewusst, wie sehr ihr mit leidet. Ich kann dir eigentlich nur empfehlen, ihn doch in einem geeigneten Moment darauf anzusprechen. Besser, wenn ihr offen miteinander sprecht und eine Lawine losgetreten wird. Die wird auch irgendwann unten ankommen im Tal und dann ist sie platt und ihr könnt die Reste wegschaufeln. Aber dann habt ihr die Chance, Missverständnisse aus dem Weg zu räumen, Ängste zu teilen und euch gegenseitig in den Arm zu nehmen und gemeinsam zu weinen...
Fühle dich ganz, ganz fest in den Arm genommen
Miri
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Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...
Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
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