AW: Hinterblieben, nur wo?
Guten Morgen Gerda, Miriam und Monika,
es tut gut, von euch hier zu lesen.
Ich habe meine Trauer von allen Seiten betrachtet, durchleuchtet, sie in ihre Einzelteile zerlegt und wieder zusammen gebaut. Oft glaubte ich sie zu kennen und zu beherrschen ... bis sie mir dann doch wieder ganz hinterhältig ein Bein stellte und manchmal war es dann schlimmer als zuvor.
Natürlich habe ich das nicht alles alleine geschafft. Hier im Forum habe ich darüber geschrieben und viele, sehr liebe Menschen haben mir hier geholfen, Fragen gestellt, zwischen den Zeilen gelesen. Freunde und Freundinnen im realen Leben, die keine Angst hatten, mit mir über meine Trauer zu sprechen und zum Teil bohrende, manchmal auf den ersten Blick sogar verletzende Fragen zu stellen. Schon oft steckte ich in einer Sackgasse und musste von vorne beginnen.
Ich weiß nicht, ob ich wirklich weiß, was Trauer für den Einzelnen bedeutet. Doch eines weiß ich ganz genau: es gibt keinen Gedanken, den man nicht denken darf. Für mich denke ich, sogar muss. Ob "gute" oder "böse" Gedanken, egal, sie sollten gedacht werden. Wer weiß denn schon, was gut und böse ist? Auch ein zuerst "böser" Gedanke kann sich als "gut" herausstellen. Hat es oft getan.
Hartmut, mein treuer Freund und zweites Ich, der mich beobachtet und oft den Finger auf die richtige Stelle legt, sagte neulich:
"Die Trauer ist kein Gefängnis, an dessen Mauer man mit ausgestreckten Händen verzweifelt einen Ausgang sucht und sich dabei blind im Kreis dreht. Die Trauer ist eines der Tore zum Leben. Man muss nur hindurch gehen."
"Bist du bekloppt? "Nur" hindurch gehen? "Nur"??"
"Ja! Nur! Ich weiß durchaus, wie schwer das Tor zu öffnen ist."
"Und dann?"
"Das finde selbst heraus. Woher soll ich denn wissen, was dein Leben ist? Sag du es mir."
Eine gute Nacht euch allen,
Helmut
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