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Alt 03.05.2013, 00:27
Kaffeemaschine Kaffeemaschine ist offline
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Standard AW: Mein Papa hat Lungenkrebs und Knochenmetastasen

be Myri,

ich lese schon eine Weile stumm bei Dir mit, es tut mir leid, daß es gerade so arg für Euch ist! Dein Vater klingt in Deinen Beiträgen nach einem starken, humorvollen Mann - der sicher immer einen ausgeprägten Willen hatte, und nun nutzt er ihn auf eine Weise, die Euch belastet und Sorgen macht. Ganz schön hart. Und ein wenig vertraut.. Wir pflegen meinen Vater, der auch bei vielem seine eigenen Ideen hat, ich fühle mich manchmal hilflos bis wütend, obwohl es ihm so schlecht geht und er nichts dafür kann.

Nein, ich finde, er hat kein Recht darauf, Euch zu belasten, zu beschimpfen oder unter Druck zu setzen, und manchmal müßt Ihr einfach Grenzen ziehen, anders geht es nicht. Ich denke, Sätze wie „am besten gleich Gift” kommen aus der Hoffnungslosigkeit.. Diesem Gefühl, gar keine Kontrolle über das eigene Leben zu haben.Hast Du den Eindruck, Ihr müßt ihm bei solchen Aussagen davon überzeugen, das Leben ist noch lebenswert? Das kann keiner dauerhaft von außen.. Vielleicht muß er einfach seinen Frust irgendwie ausdrücken, umd Ihr könnt an dem Punkt wenig mehr beitragen als zuhören und ein ehrliches „ich verstehe, daß das besch... ist. Ich fühle mit Dir. Ich habe auch keine Lösung.”?

Die Sorge um Beinbruch... Wir haben das Recht, mit 200 Sachen über die Autobahn zu donnern oder uns an einem Schirmchen aus ein paar Metern Stoff in der Luft baumeln zu lassen oder ein bockendes Pferd zu reiten. Und wenn was passiert? Es ist unser Leben.
Deinen Vater immer wieder auf das Risiko hinweisen: ja, um Vorsicht bitten: ja, wenn er dann nicht will, laß ihn. Zigmal haben wir die Zähne zusammengebissen, wenn mein Vater noch Treppen gestiegen ist oder so, aber wenn man doch nur noch ein kurzes Stück Leben vor sich hat, soll man dann nicht entscheiden dürfen, wie man es aufs Spiel setzt?

(Bei mir war irgendwann die Angst alle, weggestumpft, ich habe auch beobachtet, daß mein Vater recht gut einschätzen kann, was er schafft und was nicht. Es ist immer gutgegangen.)

Das Thema „pflegebedürftig geht gar nicht” und ablehnen von Hilfsmitteln kenne ich. Bei manchen Hilfsmitteln mußten es unbedingt umständliche Eigenlösungen sein, andere gingen dann plötzlich doch.. Der med. Dienst zur Begutachtung der Pflegestufe war da hilfreich. Halte Dir die Aternativen vor Augen: will er z.B. partout kein Pflegebett, gibt es notfalls eben eine Krankenhauseinweisung, die vermeidbar gewesen wäre. Vielleicht ist das dann für ihn eben der Weg der Überzeugung.
Meine Mutter hat da allerdings auf den Tisch gehauen und die wichtigsten Sachen einfach beantragt und das war gut so.

Weißt Du, als mein Vater dann pflegebedürftig wurde.. ich hab so gestaunt.. Sachlich, gelassen, und nach den ersten Tagen hat er ein wenig erstaunt festgestellt, wenn die Schmerzen gerade nicht zu arg sind, kann er das so doch ganz gut noch eine Weile aushalten :-)

Ich habe den Eindruck, mit harten Realitäten umgehen fällt so manchem starken Mann leichter, als die Angst vor der Zukunft auszuhalten. Kopf hoch, vielleicht ist das bei Deinem Vater auch eine Phase, die er hinter sich lassen wird!

Dein Vater klingt nicht so, als würde er freiwillig zu einem Psychoonkologen gehen, oder? Das wäre ihm sicher eine Unterstützung.

Wenn seine Knochenmetastasen übrigens durch Druck auf Nerven schmerzen, werden zur Schmerztherapie oft „Koanalgetika” zusätzlich verordnet, weil die klassischen Schmerzmittel, selbst Morphin, da nicht immer gut wirken. Solche Koanalgetika sind z.B. bestimmte Medikamente, die auch gegen Depressionen wirken. Konnte ihm bei Schmerzen und niedergeschlagener Stimmung helfen. Sein Arzt kann beurteilen, ob das für ihn geeignet ist.

Ich wünsche Euch ganz viel Kraft und Geduld! Bestimmt weiß Dein Vater sehr wohl, was er an Euch hat, auch wenn er nicht immer danach klingt.
Kaffee
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