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Alt 14.06.2013, 22:16
Dreizahn Dreizahn ist offline
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Standard AW: Selbsthilfegruppe Zungenkarzinom

Hallo ihr Lieben,

es freut mich sehr, dass es bei etlichen so gut läuft! Ich wünsch' euch, dass es dabei bleibt!

Aber leider muss ich die Reihe mal eben unterbrechen, weil ich das zumindest irgendwo loswerden muss.

Ich hatte am Mittwoch eine Tumorblutung....ok, eher die Metastasenblutung...sogar für mich noch was Neues. Fräulein Dreizahn hat es geschafft, sich beim Essen einer Grillwurst vor dem Dienst-PC so dermaßen zu verschlucken, dass ein bühnenreifer Würge- und Hustenanfall die Folge war. Und dann kam da auf einmal Blut, viel Blut. Und dem erlauchten Kreis hier brauche ich eigentlich nicht extra zu schreiben, wo das rauskam. Richtig, Mund und (dank schlechtem Gaumensegelverschluss) Nase. Mann, war ich froh, dass ich um 16.30 Uhr schon alleine im Büro war. Hab dann erstmal in aller Ruhe einen Riesenstapel Papiertaschen- und Papierhandtücher vollgewürgt. Als kein neues Blut mehr kam (Reste aber noch im Rachen) bin ich zum Pförtner und hab gesagt, er soll bitte einen Krankenwagen rufen. Woraufhin ich völlig fassungslos zu Kenntnis nehmen musste, dass der 1. die Nummer nicht auswendig kannte und 2. nichtmal in der Lage war, der Leitstelle, das, was ich ihm aufgeschrieben, was er denen sagen soll, durchzugeben. Als der RTW eintraf, dachten die, sie kommen zu einer BEINverletzung. Kein Kommentar. Ein zufällig gerade vorbeikommender Prof und sein Mitarbeiter haben auch geholfen; die machten den deutlich kompetenteren Eindruck. Vom Pförtner kam auch noch der nette Satz "Ich hab hier ne junge Frau, die SAGT, sie BRÄUCHTE UNBEDINGT nen Krankenwagen." Mein Gesicht war blutverschmiert, ich hab ständig Reste aus dem Mund in Papierhandtücher gewürgt, da war der Konjunktiv echt angebracht....

Die RTW-Besatzung war zum Glück sehr cool. Ich hab deren recht lange Anfahrtszeit genutzt und die wichtigesten Stichworte auf einen Zettel geschrieben. Damit war denen zum Glück sofort klar, dass ich 1. nicht gleich in Panik verfallen werde, 2. weiß, was ich tue und 3. weiß, was ich brauche (einen HNO). Durfte im Sitzen im RTW fahren und die Anamnese haben wir mit Ja/Nein/ganzkurzesätze-Antworten gemacht - ich mag es, mit Profis zu arbeiten .

In der Notaufnahme hatte ich dann eine sehr kompetente Assistenzärztin, die mich aufgenommen hat. Eine Nacht zur Beobachtung, falls ich nachblute. Hab ich nicht, durfte am nächsten Morgen gehen - mit dem Segen vom Chefarzt persönlich .

Auf Station wurde ich von altbekannten Schwestern begrüßt, man ist ja nicht erst seit gestern krank. Die konnten mir auch mit Handtüchern, Nachthemd, Kamm, Zahnbürste etc. aushelfen. Als Notfall hatte ich ja nix dabei.

Die Vorstellung beim Oberarzt war....naja....etwas weniger erfreulich. Zunächst mal hat er mir ziemlich zugesetzt, dass es besser wäre, wenn ich mir eine PEG legen ließe (das hat nix mit der Blutung zu tun, ich hab ziemlich Gewicht verloren). Und die Behandlungsmethode für die Tumorblutung (falls ich das öfters kriege) ist auch nicht unbedingt das, was man so hören möchte. Die Radiologen müssten die Ader, die den Bereich versorgt, veröden. Aufgrund der Lage kann ich mir dann schonmal ein Zimmer in einem Pflegeheim oder auf einer Wachkomastation reservieren....ein Schlaganfall ist da vorprogrammiert. Etwas, wovon ich mir nicht sicher bin, ob ich es überleben möchte.


Und heute war ich zur Chemo in der Tagesklinik und hatte innerhalb einer Stunde gleich zwei Heulkrämpfe wegen meiner Stimme. Einmal, weil die Schwesternschülerin nichtmal verstanden hat, wie ich heiße und dass ich zur Chemo da bin und etwas später, weil ich an einem Telefonat gescheitert bin. Ich hasse, hasse, hasse, hasse diese Stimmprobleme, die machen das bißchen normales Leben und Alltag, dass ich noch übrig habe, zur Hölle. Allein, wenn ich darüber nachdenke, dass ich für den Rest meines Lebens so sprechen muss, könnte ich nur noch heulen.

LG, Dreizahn

Geändert von Dreizahn (14.06.2013 um 22:30 Uhr)
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