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Alt 13.05.2014, 14:33
Karina2 Karina2 ist offline
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Standard AW: Selbsthilfegruppe Zungenkarzinom

Hallo Ihr Lieben,

Hallo Lotta.

Ich möchte dir erst einmal sagen, dass jeder ganz unterschiedlich auf Chemo und auch auf die Bestrahlung reagiert. Ich selsbt hatte begleitend zur Bestrahlung 1x in der Woche Chemo. Die erste und auch die zweite habe ich ganz gut vertragen, dann kam langsam die Übelkeit. Ich kann da nur den Rat geben: nervt eure Onkologen! Die sind in dem Fall die Ansprechpartner für alles! Und lasst euch nicht unbedingt mit dem ersten Mittel gegen Übelkeit abspeisen (bei mir war es zuerst MCP----> ich hätte auch Wasser trinken können ), wenn es nicht hilft, wieder beim Onkologen melden, bis es besser wird (mir selbst hat am Ende Ondensatron gut geholfen). Dein Bruder sollte jetzt viel trinken, wirklich mindestens 2 Liter am Tag. Und vor allem an den Tagen der Chemotherapie, damit die Nieren gut gespült werden. Bring ihm mit, was er wirklich gerne trinkt. Ausserdem wird die Pilzgefahr im Mundbereich größer. Mein Onkologe hatte damals eine selbst gemixte Lösung, mit der ich mehrmals am Tag spülen sollte. Die hat dann auch direkt ein wenig betäubt. Löchert wirklich die Onkologen, was ihr am besten machen könnt. Und geht immer zu zweit zu allen Arztgesprächen, denn bei vier Ohren überhört man nicht so viel.
Die Bestrahlung hab ich deutlich schneller gemerkt als die Chemo. Ich war sehr schnell körperlich k.o., bin abends um 8 vor dem TV eingeschlafen. Nach nur wenigen Tagen war der Mund extrem trocken, wieder hilft nur viel trinken, nicht mehr ohne Wasserflasche aus dem Haus. Mehrmals am Tag mit Salbeitee spülen hilft, die Mundschleimhaut zu pflegen. Auch war nach nur wenigen Tagen der Geschmackssinn komplett weg. Ich wusste das vorher, hätte mir aber nie vorgestellt, dass das wirklich so schlimm ist, absolut nichts mehr zu schmecken. Das war für mich persönlich die schlimmste Nebenwirkung. Wenn ich nicht hingeschaut hätte, hätte ich nicht gewusst, ob ich Wurst oder Käse auf dem Brot habe. Ich habe wirklich versucht, weiter zu essen, aber es gingen immer nur ein paar Bissen. Dadurch habe ich viel Gewicht verloren. Und da kam wieder mein Onkologe ins Spiel: der hat nämlich, als ich ihn darauf angesprochen habe, Astronautennahrung verschrieben, und zwar immer direkt in Großpaketen. Ich verschiedenen Geschmacksrichtungen, neutral war auch dabei zum Kochen. Und er soll nicht ständig sein Lieblingsgericht essen, nach dem Motto: das schmeckte schließlich immer. Den Fehler habe ich gemacht: habe immer sehr gerne Tortellini mit Sahnesoße gegessen, leider viel zu oft während der Therapie. Und heute krieg ich den Ekel, wenn ich das vor mir auf dem Teller habe.
Was die Hautpflege während der Bestrahlung angeht, da hat glaub ich jeder Strahlentherapeut ein bisschen seine eigene Meinung. Bei mir hieß es: nur mit Wasser ohne Seife waschen, keine Cremes verwenden, solange die Bestrahlung läuft. Und da kann ich auch wieder nur raten: nervt eure Strahlentherapeuten bei jeder Kleinigkeit. In einer vernünftigen Klinik ist immer bei den Bestrahlungen einer in Reichweite, den man fragen kann.

Bei mir persönlich sind übrigens, bis auf den trockenen Mund, alle Nebenwirkungen wieder verschwunden. Die Übelkeit hörte sofort nach Ende der Chemo auf, die Energie kam innerhalb weniger Tage Bestrahlungsende wieder, und der Geschmackssinn kam etwa 2 Wochen nach Bestrahlungsende ganz langsam wieder, so dass ich dann auch wieder mehr essen konnte.

Ich wünsche dir und vor allem deinem Bruder ganz viel Kraft und Geduld! Sei für deinen Bruder da, aber nerv ihn nicht (bitte versteh mich nicht falsch!). Ich möchte damit sagen, bekomme bitte ein Gefühl dafür, ob dein Bruder über den Krebs, die Behandlung, die Folgen sprechen möchte oder eben nicht, oder vielleicht auch einfach nicht mit dir (nicht böse sein). Jeder hat seine eigene Art zur Verarbeitung. Das gleiche gilt für Angehörige. Ich persönlich bin ein Mensch, der vor allem am Anfang ganz viel drüber sprechen wollte. Aber ich habe eine Arbeitskollegin, die mir mal erzählt hat, dass sie nur mit einer Freundin drüber reden konnte, nicht mit ihrem Mann und nicht mit ihrer Familie.
Und bitte nerv ihn nicht wegen dem Essen. Von meiner Mutter kam immer: das kann doch nicht alles gewesen sein, komm schon, ein bisschen noch...
Aber das macht alles nur noch schlimmer, und er wird hinterher nach und nach schon wieder anfangen, mehr zu essen.

Liebe Lotta, auch wenn ich dir jetzt nicht wirklich sagen konnte, was du deinem Bruder mitbringen kannst, so hoffe ich, dass ich dir trotzdem ein ganz kleines bisschen weiterhelfen konnte.

Es grüßt dich und auch alle anderen hier,

Karina
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Dass die Vögel der Sorge und Kümmernis über deinem Kopf schwirren, kannst du nicht verhindern. Wohl aber, dass sie in deinen Haaren ein Nest bauen.
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