Hallo Ihr Lieben,
eigentlich sollte ich ja jetzt, wo ich nicht mehr arbeiten gehen muss, mehr Zeit finden, immer mal hier reinzuschauen und ein paar Zeilen zu hinterlassen... aber irgendwie ist abends der Tag rum und ich habe keine Ahnung, wo die Zeit geblieben ist...
Also Mel, alles Liebe nachträglich - fühl dich mal fest gedrückt und für das neue Jahr wünsche ich dir immer ein Quentchen mehr von allem, was du gerade brauchst.
Wie steht es bei uns ? Mein Mann arbeitet mit einem unglaublichen eisernen Willen noch eine Liste von Dingen ab, die er unbedingt erledigt wissen will, z.B. musste ein Syphon in unserer Waschküche erneuert werden. Ein Nachbar von uns wollte das machen, das es mein Mann ja nicht mehr selbst tun kann... jetzt ist er ihm zehn Tage lang auf die Nerven gegangen, damit es getan wird. Heute konnte er die "Aufgabe" auf seiner Liste endlich abhaken. Er hat noch ein paar darauf stehen... manchmal denke ich, diese Liste ist es, die ihn noch aufrecht - um nicht zu sagen am Leben - hält.
Ansonsten wird er täglich durchscheinender - ich habe kein anderes Wort dafür. Allein geht gar nichts mehr, die Füße und Gelenke werden immer dicker. Neu hinzugekommen ist die Luftnot nach dem Essen. Es scheint, als würden Metastasen von unten gegen den Magen drücken oder ein voller Magen drückt dann auf die Tumore der Lunge, jedenfalls fallen die Portionen, die mein Mann essen kann, immer kleiner aus. Dabei hat er nach wie vor Lust aufs Essen und kann die drei Bissen auch genießen.
Wir genießen jetzt die Zeit, die wir miteinander haben, wobei er es besonders genießt, dass er mich nicht "teilen" muss. Weder Job noch Ehrenamt haben zur Zeit Platz in meinem Leben. Es gibt nur ihn und unsere Tochter... Das schenkt uns unerwarteter Weise doch viele sehr nahe Momente, die wir auch für Gespräche nutzen können, wie sie bisher nicht möglich waren. Für ihn war die Botschaft, dass wir - sofern es medizinisch machbar ist - auf einen Umzug ins Hospiz verzichten und er zuhause bleiben kann, so elementar, dass er seither beinahe alle Garstigkeiten und Biestigkeiten unterdrückt oder gar nicht mehr empfindet ? Heute frage ich mich manchmal, ob es nicht Ausdruck seines Unglücklichseins war, dass er gelegentlich so bösartig war. Weil er sich eben zurückgesetzt fühlte... nicht wichtig genommen in seiner Krankheit, weil ich die ganze Zeit weitergearbeitet und funktioniert habe...Hätte, hätte, Fahrradkette... zum Glück haben wir rechtzeitig einen neuen, besseren Kurs einschlagen können...
Ich schick euch allen liebe Grüße und ein dickes Danke für all euren guten Wünsche - auf Sand und Kraft müsst ihr noch ein Weilchen von mir verzichten ...
Grisu