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Alt 09.04.2015, 14:21
Lella Lella ist offline
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Standard AW: OP oder nicht?

Liebe Jana

Puuuh, eine sehr, sehr schwere Frage, die Du das stellst... Ich kann Dir auch kaum raten, einerseits, weil ich selber noch nie in so einer Situation war und andererseits auch nicht, weil es eine so individuelle Entscheidung ist... Trotzdem masse ich mir an, hier mal mein Sicht der Dinge darzulegen...

Hmm, Du bist doch Ärztin richtig? Vielleicht kannst Du versuchen, Deine Mutter mal auf der "medizinischen Schiene" anzusprechen, d.h. eher als Medizinerin, denn als Tochter? Und ihr mal ganz sachlich Deine Sicht darlegen. Ich würde ihr sagen, dass Du ihre Entscheidung mittragen wirst, aber dass Du es für wichtig und nötig hältst, dass sie alle Informationen in der Hand hat, um auch wirklich entscheiden zu können. Dass Du verstehst, dass sie nicht mehr mag und nicht mehr kann, aber dass es medizinisch gesehen ihre einzige Chance ist. So kannst Du allenfalls herausfinden, wie sehr sie sich der Konsequenzen wirklich bewusst ist und aufgrund welcher Aspekte sie diesen Entscheid wirklich gefällt hat. Und auch, ob es nur eine "Schnappsidee" oder ganz ernst gemeint ist.

Manchmal unterschätzen wir unsere Angehörigen da vielleicht auch. Mein Freund z.B. mag auch nicht über seine Erkrankung und die Auswirkungen sprechen. Höchstens mal 2, 3 Sätze liegen drin. Ich habe oft das Gefühl, dass er sich der ganzen Tragweite gar nicht bewusst ist, da er sich auch nicht gross informiert (im Gegensatz zu mir) und bei den Ärzten auch nicht nachfragt (die sagen mir dann schon, wenn etwas zu sagen ist). Aber ich stelle dann auch ganz oft wieder fest, dass er sich doch Gedanken macht, viel mehr, als ich denke. Und er sich gewisser Dinge sehr wohl bewusst ist. Aber sie machen ihm Angst. Und solange er sie nicht ausspricht, muss er sich nicht damit beschäftigen und kann sie verdrängen...

Ich habe nun gelernt ihn meist in Ruhe zu lassen, so gut es geht. Es ist sein Leben, sein Körper, seine Entscheidung. Wenn ich allerdings wirklich das Gefühl hätte, dass er etwas wichtiges übersieht oder nicht weiss oder aufgrund falscher oder fehlender Tatsachen Entscheidungen trifft, dann würde ich ohne Rücksicht auf Verluste einschreiten. Und ihm ganz klar sagen, was ich weiss und was Sache ist und dass er das bedenken oder abklären soll. Damit tu ich ihm zwar vielleicht weh und es ist für ihn unangenhem, aber allenfalls rette ich ihm das Leben oder erspare ihm nicht durchdachte Entscheidungen...

Ich denke, Du kannst und sollst die Entscheidung Deiner Mutter nicht beeinflussen oder sie sogar zur Chemo überreden. Aber Du kannst ihr darlegen, dass Du Dir Sorgen machst und dass Du befürchtest, sie treffe eine falsche Entscheidung. Ich würde in Kauf nehmen, dass sie vielleicht sogar wütend wird, ich denke, das ist aber weniger schwerwiegend, als wenn Du irgenwann damit leben musst, dass sie sich selbst Vorwürfe macht, weil sie die Chemo abgebrochen hat und Du Dir selber auch, weil Du sie davor nicht "bewahrt" hast... Und vielleicht lässt Dich ein solches klärendes Gespräch auch besser mit der Situation zurechtkommen...

Der Respekt vor der Entscheidung anderer ist das eine, selber aber eine Möglichkeit zu suchen, damit klar zu kommen und den Entscheid zu verstehen, das ist das andere. Und solange es "nur" ein Gesprächsversuch ist, darfst Du auch mal so egoistisch sein... Finde ich...

Liebe Grüsse
Lella
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