Wechsel vom Angehörigen zum Hinterbliebenen
Hallo ihr Lieben,
liebe Susanne, klar, in erster Linie musst du dich um dich selbst und deine Familie kümmern. Brauchst dich doch nicht zu rechtfertigen, wenn du mal nicht sofort schreibst! War mir nur aufgefallen, dass du fehltest. Das ist ja furchtbar mit dem Nicht-Schlafen-Können. Da es mal mehr oder weniger schlimm ist, hast du denn irgendwie festgestellt, womit es zusammenhängen kann?
Liebe Mona, ist doch schon viel Wert, dass du mit „Essen“ aus dem Haus gelockt werden kannst. Die Waage ist doch egal. Übrigens, Klaus mochte auch nicht chinesisch. Mich lockt selbst das „Essengehen“ nicht aus dem Haus. Esse nur im Büro von Mo-Fr. „richtig“. Bin schon froh, dass es mir da gelingt. Wobei, die Kollegen passen auf mich auf, dass ich was esse. Während der letzten Wochen/Monate habe ich 9 kg abgenommen und auch wo ich jetzt 5-Tage-Essen mache, habe ich noch nichts wieder zugenommen. Hab irgendwie einfach keinen richtigen Appetit. Aber es wird wohl wieder.
Liebe Beate, tut mir leid, dass dein WE nicht gelungen war. Das ist ja auch mein Problem, viele Leute, die vom Tod dann noch nichts wissen und man es natürlich nicht sagen mag.
Hab heute von einer Nachbarin, die auf dem Hoffest war erfahren, dass natürlich den Leuten auffiel, dass wir nicht dabei waren. Wir wohnen ja schon über 33 Jahre hier. Meine Nachbarin hat sie denn aufgeklärt. Bin froh, dass ich nicht da war. Wobei, es ist wohl mehr aufgefallen, dass Klaus nicht da war. Er kannte so viele Nachbarn, hatte für jeden ein freundliches Wort und hat ja überall geholfen. Mir fällt gerade auf, dass ich immer noch „wir“ sage.
Aber....... das „Wir“ gibt’s ja nicht mehr. Es fällt nur so wahnsinnig schwer. Kann es immer noch nicht begreifen.
Liebe Petra, wenn das WE turbulent war, hattest du zum Glück nicht soviel Zeit zum Nachdenken, warst abgelenkt und die Zeit ging schnell vorbei. Wie war dein erster Arbeitstag? Arbeite selbst im Büro und kann mir vorstellen, was so alles liegengeblieben ist. Aber auch da habe ich mich zumindest geändert. Früher bei soviel liegengebliebener Arbeit habe ich mich darüber aufgeregt und „gemeckert“. Jetzt stelle ich fest, dass das alles dermaßen unwichtig ist und sich gar nicht lohnt, darüber zu reden. Irgendwie ist alles nebensächlich geworden. Bei uns im Büro war heute sehr viel zu tun, war aber richtig froh, bin gar nicht zum Nachdenken gekommen.
Liebe Barbara, warst du einkaufen? Bei mir ist es so, dass ich zwar einkaufen fahre und außer Katzenfutter auch für mich fürs Wochenende Brot, Wurst, Käse einkaufe. Nur, in der Regel werfe ich diese Lebensmittel spätestens Dienstags wieder weg. Irgend wie doch unsinnig, Klaus kommt auch nicht wieder wenn ich in den Hungerstreik trete. Und er hätte das ganz bestimmt nicht gewollt. Wenn ich dran denke, wie viel er früher immer gegessen und wie es ihm immer geschmeckt hat. Auch ich denke jetzt viel an das vergangene Jahr. Voriges Jahr an seinem Geburtstag 22.7. wurde das CT gemacht und die Krankheit entdeckt. Dieses Jahr an seinem Geburtstag war die letzte der Bestrahlungen. Selbst da hatte er noch Hoffnung, gesund zu werden, obwohl er nicht mehr essen, gehen, sprechen etc. konnte. Und dann 3 Wochen später war alles vorbei.
Nicht durchschlafen ist ja auch mein Problem. Einschlafen klappt, aber dann spätestens alle 2 Stunden wach. Nur um 6 Uhr klingelt dann der Wecker und dann könnte ich schlafen – meine ich jedenfalls.
Du fragst, ob man je wieder richtige Lebensfreude empfinden kann? Ich kann es mir nicht vorstellen.
Liebe Grüße und eine ruhige Nacht
Irene
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