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Alt 23.10.2015, 16:58
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AMinCad AMinCad ist offline
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Standard AW: Austausch von Usern mit fortgeschrittener Erkrankung

Das mit dem "chronisch" ist aus meiner Sicht so eine Sache - ich nenne MBC behandelbar ("treatable"). Es ist kein sofortiges Todesurteil mehr. Aber chronisch ist Metastasierter Brustkrebs leider aus meiner Sicht nicht. Warum? Weil ich der Ansicht bin, dass eine chronische Krankheit eine ist, bei der man - wenn auch mit Behandlung welcher Art auch immer - ein halbwegs "normales" Leben führen kann, und eine leidliche Chance darauf hat, an etwas anderem zu sterben.

Im Moment bin ich auf Herceptin / Perjeta / Xgeva stabil. Chronisch wäre MBC nach meinem Verständnis wenn diese Behandlung (oder irgendeine andere, ich bin da überhaupt nicht wählerisch... ) dauerhaft weiter wirken würde. Meine durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei etwa 83 Jahren. Ich bin 44. Im Moment würde ich es als Riesenerfolg sehen, wenn ich die 50 schaffe (da wäre meine Tochter immerhin schon zwölf). Da "fehlen" dann aber immer noch schlappe 33 Jahre...

Der andere Grund warum ich persönlich "chronisch" vermeide ist die Tatsache, dass es das so klingen lässt, als wäre das alles "halb so schlimm". Wie viel Geld wird denn heute noch für die AIDS Forschung ausgegeben? Oder für Typ 2 Diabetes? Wer redet denn heute überhaupt noch über AIDS? Ist halt eine chronische Krankheit... Das ist aber genau das was wir NICHT brauchen können! "Pinkwashing" nennen das die Metster hier in Nordamerika. Das ist einer der Gründe, warum so viele Leute sagen Brustkrebs ist "ja heute nicht mehr so schlimm". Wir brauchen aber Forschung, und zwar dalli! Und es müssen mehr als 5% der Forschungsgelder in die Forschung zu MBC gehen. Damit Metastasierter Brustkrebs HEILBAR wird. Oder wenigstens wirklich eine CHRONISCHE Krankheit, so wie AIDS oder Diabetes.

Bis zu 30% der Frauen, die Brustkrebs in Stage 1-3 haben, werden metastasieren (verlässliche Statistiken dazu gibt es leider keine!!! ). Manche früher, manche später. Plus die etwa 10% die - so wie ich - das zweifelhafte "Glück" hatten, gleich von Anfang an Metas zu haben. Ich wünschte, MBC wäre chronisch - aber solange das nicht wirklich der Fall ist, müssen wir die harte Wahrheit sagen. Keiner hört die gerne, inklusive mir selbst. Aber ich glaube wir müssen unbequem sein - so wie damals die, die an AIDS gestorben sind. Wir dürfen nicht die Klappe halten, nur weil das was wir zu sagen haben anderen unangenehm ist. MBC ist halt NICHT rosa.

Und noch was: ich sehe das nicht als negativ. Ich lebe mein Leben, und genieße jeden Tag, den ich haben kann. Ich arbeite Vollzeit, verbringe viel Zeit mit meiner Tochter und habe mir vor kurzem einen lange gehegten Wunsch erfüllt und mir ein Pferd zugelegt. Keiner weiß wie viel Zeit mir noch bleibt - ich weiß nur, dass ich mit 99% Wahrscheinlichkeit vor der Zeit an MBC sterben werde. Und solange das so ist, brauchen wir Öffentlichkeit. Die Scheiss-Wahrheit. Damit geforscht wird. Wir dürfen nicht in den pinken Schleifchen untergehen!

Mir wird's vermutlich nicht mehr helfen (man hofft natürlich trotzdem, man weiß ja nie... ). Aber anderen... vielleicht meiner Schwester, oder meiner Tochter, oder einem Enkelkind, das ich wohl nie sehen werde?

Sorry, ich komm' dann jetzt auch wieder von meiner soapbox runter...
Ist natürlich wirklich alles nur meine persönliche Meinung, bitte nehmt's mit nicht krumm, wenn ihr das anders seht...
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Annette

Así es -suspiró el coronel-. La vida es la cosa mejor que se ha inventado.

Gabriel García Márquez - "El Coronel no tiene quien le escriba"
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