Danke, Wolle2!
Die Gänge hatte sie schon hinter sich und saß beim Abendessen, als ich bei ihr ankam und mich über eine Stunde zu ihr und der Bettnachbarin hinsetzte. Ich brachte ihr die Sonne ins Zimmer, in Gestalt eines Sonnenblumenbüchleins, lauter wunderschöne Blumenfotos mit schönen Gedichtsauszügen von Jean Paul und anderen Schriftstellern. Das gefiel ihr und der Bettnachbarin gut, die unter denselben Problemen leidet. Ich erzählte, wie viele Kumpels ihres Enkels ihr Foto gelikt haben, sie alle kennen meine Mutter und schlossen sie ins Herz. Da leuchteten die Augen meiner Mutter auf. Ihr Enkel bedeutet ihr viel und auch dessen Kumpels hat sie von Kindesbeinen an gekannt, viele von ihnen. Sie ist so ein bisschen die Ersatzgroßmutter von vielen Jungs geworden, wie ihr Enkel - mein Neffe - auch schon sagte.
Ich sprach mit meiner Mutter nochmal konkret über den Ablauf des Klinikwechsels. Sie freut sich darauf, endlich sieht sie die Berge. Sie habe es dann derweil da oben so schön, während ich im Smog der Stadt versauere, klagte sie darauf. Immer denkt sie an mich. Dass ihr Enkel - mein Neffe - mich notfalls auch beherbergen wird, beruhigt sie aber jetzt wengstens.
Aufgrund meiner Schmerzkrankheit blieb unsere Bindung immer etwas stärker als bei normal abgenabelten Töchtern. Das kommt jetzt leider auch zu tragen. Nun zwingt uns das Leben bzw. der drohende Tod zur gegenseitigen Ablösung. Sie muss nun lernen, mir zu vertrauen, mich eigenständig wahrzunehmen, auch wenn es ihr schwerfällt. Aber ich hoffe, dass sie mich loslassen kann im Vertrauen auf meine Stärke und vor allem im Vertrauen auf Gott, im Wissen, dass er mich und sie führt und trägt. Das ist vielleicht noch die letzte Lektion, die meine Mutter von Gott erhält, dies zu lernen und die Sorge um mich loszulassen im Vertrauen auf Gott.