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Alt 13.09.2002, 10:21
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Standard Forum für Angehörige UND Betroffene

Hallo

wollte mich mal nach ziemlich langer Zeit wieder hier zu Wort melden..
Hat wohl mehrere Gründe, warum ich so lange nix von mir hab hören lassen, der trifftigste Grund und wohl auch verständlichste hat damit zu tun, das ich in den letzten Wochen noch einmal von einer Dampfwalze überrollt wurde. Na ja - nicht wörtlich, aber fast - denn ich mußte feststellen, wie schnell eine Wieder-Erkrankung doch kommen kann. Keine 2 1/2 Monate nach meiner letzten EC-chemo hat sich das kleine böse Tier wieder gemeldet. Jetzt musste einfach Nägel mit Köpfen gemacht werden, habe eine beidseitige Ablatio hinter mir sowie Gebärmutter und auch Eierstockentfernung. Außerdem hat sich dann im Krankenhaus noch herausgestellt, das ich durch die EC-chemos auch noch eine Herzrhymtmusstörung als Nachwirkung bekommen habe, und das wurmt mich nun wirklich total, davon mal abgesehen ich deswegen auch noch 2 Tage Intens-Station erleben durfte.
Eine radikale Maßnahme, aber ich hoffe zumindest, das es dem Tierchen da den garaus gemacht hat. Da wir arg familienvorbelastet sind, und bei einer meiner Schwester vor 5 Jahren ein genauso aggressiver und schnell Wiederkommender Krebs leider nicht erfolgreich bekämppft werden konnte, hoffe ich, das ich es auf diesen Wege jetzt einfach schaffen kann. Würde nämlich nur ungern den gleichen, schnellen Weg gehen - wie meine Schwester - die leider schon mit 38 Jahren ihren Kampf verloren hat.
so - aber das wollte ich eigentlich gar nicht so ausführlich schreiben - es geht mir eher um den Umganz mit Angehörigen und Freunden - und die " Sprüche"
Ich selber will einfach normal behandelt werden. Käme gar nicht damit klar, wenn mich alle Naselang jemand fragen würde, ob er / sie mir helfen kann.
Mal einen falschen Satz an falscher Stelle zu bringen, das habe ich ganz sicher mehrmals in meinen Leben praktiziert. Aber doch nicht, um den anderen zu verletzen - sondern weil ich es zu dem Zeitpunkt einfach nicht besser wußte, und auch heute manchmal immer noch nicht weiß.
Ich bin auch jemand, die lieber mal einen blöden Spruch bringt, um mich aus einer irritierenden Situation herauszuholen. Und das was ich mache, muß ich anderen auch zugestehen.
wie gehen meine Geschwister mit mir um? na ja - es ist für meine Brüder und meine eine nicht - selber betroffene Schwester ganz sicher nicht so einfach. Ich war froh, als mir meine jüngste Schwester ( und wir haben wirklich nur alle jubel Jahre mal Telefon-Kontakt, gesehen haben wir uns das letzte mal vor 5 Jahren)sagte, das sie jetzt zum Gyn geht und eben auch eine engmaschigiere Untersuchung nutzen möchte. Ich war genauso froh, als ich hörte, das bei ihr alles in Ordnung ist.
Meine andere Schwester ( zu ihr habe ich genauso wenig Kontakt, und will auch nicht mehr Kontakt haben, dafür gibt es 1000 trifftige Gründe) ist selber seit dem letzten Jahr betroffen. Glücklicherweise im Anfangsstadium - und alle bisherigen Untersuchen waren ebenfalls mit guten Ergebnis) hat mich, als sie von meiner Diagnose hörte fast täglich angerufen - und egal was ich gesagt habe, sie hat einfach nicht akzeptieren können oder wollen, das ich unseren Kontakt nicht (nur) durch unsere gemeinsame Krebs-Diagnose aufrecht erhalten kann und will. Sie hat mein "nein" zu diesen täglichen Anrufen immer und immer wieder überhört - bis ich dann eben einmal es ganz deutlich sagen musste und es auch getan habe. Ich hoffe jedoch mit worten, die sie nicht allzusehr verletzt haben. Sie hat alle anderen Dinge an mir, und ich bin mehrfach erkrankt - u.a. Rolli wegen Knochenerkrankung und psychische Erkrankung wegen schwere Traumatisierung) nicht akzeptiert. Wollte es nicht oder konnte es nicht. Mir ist es egal - mich bekommt man nur im Ganzen - oder gar nicht, aber nur auf "Krebs" will und kann ich mich nicht reduzieren lassen. Genauso habe ich auch nicht das Gefühl, nur weil sie jetzt auch erkrankt ist, anders zu reagieren oder einen nochmaligen Versuch zu starten, einen anderen Kontakt zu erreichen. Ich habe es oft probiert - da wollte oder konnte sie nicht - und jetzt will ich einfach nicht. Und das ist okay so.
Wenn wir uns sehen sollten oder mal telefonieren, wird eben über ihren Umzug nach Deutschland gesprochen - über das Wetter und über dies und das.. Und über mehr nicht. Klar sagt sie mir ihre Ergebnisse - und es ist okay. Aber näher gehe ich nicht drauf ein.

Blöde Sprüche habe ich sicherlich auch gegenüber meiner ersten Schwester, die vor 6 Jahren erkrankt ist, mehr als einmal gebracht. Unbeholfenheit? Nicht Wissen, wie man/frau mit so einer situation dann richtig umgeht?
Wir haben es gemeinsam gelernt, damit umzugehen. Auch wenn wir weit auseinander wohnten, war es letztendlich wohl so, daß ich sie auf diese Art und Weise, wenigstens telefonisch, bis zum Einschlafen begleiten durfte.. In ihrer letzten Woche war mein jüngster Bruder bei ihr - bis zum letzten Atemzug - da hatte er sie im Arm. Ich hätte gerne mehr gemacht, wäre gerne Vorort gewesen, aber das war mir einfach nicht möglich.

Meine beiden Brüder haben es schwer - ich bin jetzt die dritte erkrankte Schwester. Sie haben einfach Angst, gerade nach den letzten 4 Wochen, z.B. mich - ihre grosse Schwester, die sie mit oder teilweise alleine aufgezogen hat - auch noch verlieren.
sie haben bereits einen Bruder im Alter von 20 Jahren und eben meine Schwester vor 5 Jahren mit 38 Jahren verloren ( von den eltern mal ganz abgesehen, die ebenfalls beide an Krebs erkrankt waren) Auch aus solchen Situationen kommt es schon zu Kuriositäten. Mitten im Telefonat wirds einfach zu eng - die Gefühle übermannen einen. Also wird auch mal das Thema gewechselt - was mir mehr als Recht ist. Es kommen Sprüche, genauso wie ich sie mache - was mir genauso recht ist. Manchmal kommen sie zum falschen Zeitpunkt, aber wann ist der richtige Zeitpunkt?
Ich werde meine beiden Brüder über alles aufklären, was mit mir geschieht. Welche Entscheidungen ich wann, weshalb, wieso treffe. Sie wissen, das ich durch meine jüngere Schwester und einer sehr gute Bekannten, die im August verstorben ist, den Verlauf einer Krebserkrankung ziemlich genau kennengelernt habe - und das ich mir Grenzen gesetzt habe - bis wohin ich die schulmedizinischen Therapien mitmache, und ab wann bei mir eindeutig Lebensqualität vor Lebenslänge Vortritt hat. Wir sprechen drüber - nie stundenlang. immer mal dann, wenn ich es in verständliche Worte ausdrücken kann - schriftlich oder mündlich.
Es tut gut, so mit ihnen reden zu können - und es tut ihnen gut, das sie nicht aussen vor sind. Denn das ist das, was mich bei meiner Schwester so betroffene gemacht hat. Erst ganz zum Schluß hat sie sich getraut, über Ängste über Therapien - oder über mehr zu reden.

Das ist, was ich als Betroffene für meine Brüder machen kann, damit sie verstehen - damit sie Wissen.
UInd sie tun schon ihren Möglichkeiten entsprechend das, was sie für mich tun können. Praktische Hilfe bekomme ich meistens von anderer Seite - und so kann ich es auch besser annehmen.
Aber ich muß lernen, die Hilfsmöglichkeiten auch einzufordern, es gibt immer einen Weg und den kenne ich ja eigentlich aauch - meistens aber nur als Tip für andere. Das ich selber mir diese Hilfsmöglichkeiten zugestehen kann, na ja - daran werde ich eben arbeiten.

Wünsche Euch alles Gute
elisabeth

Und denkt bitte dran, nicht nur wir als Betroffene leiden - auch die Angehörigen müssen irgendwie einen Weg finden, mit so einer situation umzugehen. die einen machen es so - die anderen eben anders. Und deutliche Worte, wenn mal was ganz verquer läuft sollte unter erwachsenen Menschen auch möglich sein. Das sind meine Erfahrungen im laufe meines Lebens. Denn die anderen können ja nicht meine Gedanken lesen, wie ich es jetzt gerade, zu diesem Zeitpunkt gerne hätte.
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