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Alt 19.10.2002, 10:26
Gast
 
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Standard Was bin ich nach BK???

Hallöchen,
ah, liebe Ute, positive Gedanken zu haben ist immer gut. Ich versuch's auch. Trotz allem.

Ich möchte Euch allen aber noch gerne weitere Tatsachen hier aufschreiben. Wie das so ist, wenn man auf's Sozi-Amt gehen darf. Als Krebspatient. Wie wirklich unter dem Deckmäntelchen "Hilfe für Kranke" geholfen wird.
Es sind meine Erlebnisse. Hier in der Schweiz. Meiner Meinung nach dürfte sowas gar nicht geschehen. Es ist ein Skandal. Krebspatienten haben - aus gesundheitlichen Gründen - nichts auf dem Sozialamt zu suchen! Es ist schädigend. Diskriminierend. Ich finde, man kann diese Tatsache ruhig hier im Forum aufzeigen, denn es ist die reale Welt da draussen.
Und dringend notwendig, dass da schnellstens mal etwas geändert wird!

Ich sitze da also bei meiner Sozial-Tante (so nenne ich sie liebevoll, weil sie echt nett ist) in ihrem Büro. Sie sagt:
"Wissen Sie, ich finde es auch nicht so richtig, wie da gehandelt wird bei Menschen, welche krank sind und ja nichts dafür können. Aber leider ist es so, dass wir, das Sozialamt, nur Mietkosten bis Fr. 600.- übernehmen. Ich kann natürlich beim Chef vorsprechen und versuchen, ihn in Ihrem Fall umzustimmen, aber versprechen kann ich nichts."

Bei uns in der Schweiz bekommt man für Fr. 600.- gerade mal eine Einzimmer-Wohnung. Ich wohne jedoch in einer Drei-Zimmer-Wohnung, welche Fr. 1200.- kostet. Das ist für eine Drei-Zimmer-Wohnung enorm günstig! Hier fühle ich mich pudelwohl, habe mich (erst seit vier Jahren!) nett eingerichtet und meine beiden Katzen haben ihren Auslauf. Ich lebe da ziemlich bescheiden!

Das Sozialamt ist für mich nur eine Überbrückung, bis ich eine Invalidenrente bekomme. Mit der Invalidenrente und den weiteren Zuschüssen könnte ich meine Wohnung hier GUT bezahlen.
Aber WÄHREND ich auf dem Sozialamt bin, ist also die Wohnung zu teuer! Man verlangt von mir - Krebspatientin - also auch noch, dass ich mich gefälligst in eine Einzimmer-Wohnung zu quetschen habe! Alles aufgeben! Auch noch mein "eigenes Wohlfühl-Reich" aufgeben! Wie es mir dabei als Krebspatientin ergehen könnte, scheint niemanden zu interessieren.
Abgeschrieben.
(Von meinen beiden Katzen habe ich vernünftigerweise erst gar nichts erwähnt, sonst hätte es wahrscheinlich noch geheissen, dass ich die beiden Tierchen auch noch weggeben müsste!)
So! Da wird einem als Krebspatient also auch noch das letzte Kissen unter dem Hintern weggezogen. Naja, wieso soll man es auch noch ein bisschen bequem beim Sitzen haben?
Jetzt darf ich also wieder zu anderen Behörden rennen, um nach Mietzins-Zuschüssen zu fragen! Habe ja sonst keine anderen Sorgen.
Belastend. Das ist Negativ-Stress, welcher dem Immunsystem schadet. - Aber wen interessiert's?

Gut, das war Schock Nr. 1.
Dann kam was "Gutes". (Glaubte ich zumindest!):
Offensichtlich soll es einen Laden bei uns in der Stadt geben, wo man als Sozialempfänger (oder auch Rentenbezüger) Lebensmittel ganz günstig einkaufen kann!
Woaw! Dass es sowas überhaupt GIBT?
Ich bekam einen Ausweis. Mit diesem Ausweis durfte ich dort einkaufen gehen.
Nett, nicht wahr?
Ich ging da also gestern frohgelaunt zu diesem Laden. Hatte meinen Einkaufszettel dabei. Und hoffte aus tiefstem Herzen, dass es da hoffentlich auch günstiges Katzenfutter gibt.
War ein kleiner, netter Laden. (Ich erwähne den Namen des Geschäftes hier jetzt lieber nicht.) Sogar mit Einkaufswägelchen, hm-hm!
Dann kam Schock Nr. 2! - Die Regale waren halbleer! - Und die Ware war meistens vom aufgeprägten Datum her (sofern die Etiketten nicht bereits betrügerisch entfernt wurden!) bereits ABGELAUFEN!

Also mutet man demnach den Krebspatienten auch noch abelaufene Lebensmittel-Ware zu, hm?
Sagt doch ehrlich: Was soll ich mit Joghurt anstellen, das bereits ganz bitter schmeckt?
Da muss man also wirklich aufpassen, keine schlechte Ware zu erwischen! Gerade so könnte ich auch in Mülleimern nach alten Lebensmitteln wühlen, welche die andere Leute weggeworfen haben!
Die Ernährung ist für Krebspatienten wichtig! Scheint aber auch hier niemanden zu interessieren!

Okay, manche Lebensmittel halten noch ein bisschen länger, als das aufgeführte Ablauf-Datum. Trotzdem muss man da enorm aufpassen. Gemüse fand man schon gar nichts in dem Laden. Bloss ein paar braune, faulige Bananen. Und massenweise Bisquits. Auch Katzenfutter hatte ich gefunden! (Stand aber auch kein Ablaufdatum darauf!) Immerhin gab es da sehr günstiges Waschpulver. Oder Duschmittel. Und Teigwaren. Die halten ja lange. Zucker und Mehl (Ohne Datum).
Kein Brot. Keine Milch.
Und auch Hundefutter gab's keines. Ein Hund gehört offenbar nicht zur Existenz eines Menschen. Der kostet Geld. Hundesteuer. Hm-hm.

Tja. Positiv denken ist da immer sehr schwer, nicht wahr?
Wenn ich noch andere dieser "Skandälchen" erlebe, erzähle ich sie Euch gerne.
Ob ich meine Wohnung wohl behalten kann? Meine ganze bisherige Existenz steht auf der Kippe. Aber ich kämpfe. Kämpfe gegen diese Diskriminierung. Und ich kämpfe für mich.
Weil mir nichts anderes übrig bleibt ...

Ich grüsse Euch alle ganz herzlich, und hoffe, ich kann Euch beim nächsten mal vielleicht auch wieder was Positives berichten.

Die "krasse" Brigitte
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