AW: Wechsel vom Angehörigen zum Hinterbliebenen
Guten Morgen Dagi und alle, die lesen!
Du glaubst gar nicht, wie es mich gefreut hat, zu lesen, dass dein Sohn angerufen hat. Ist doch ein Anfang, gerade wenn es ihn Überwindung gekostet hat. Dass er den Tag nicht kommentarlos hat vorüberstreichen lassen zeigt doch, dass du ihm nicht egal bist. Irgendwann wird sich alles aufklären, da bin ich sicher. Eines Tages werdet ihr das klärende Gespräch, hoffentlich frei von Vorwürfen führen können. Und wer weiß, vielleicht kommt auf beiden Seiten die berühmte "Aha-Reaktion, ich wünsche es Euch.
Liebe Meike,
oh ja, der Schmerz ist unberechenbar, diese Erfahrung machen wir wohl alle. Die "schlimmen" Tage sind wir vorbereitet, auf den Schmerz gefasst, der sich dann seltsamer Weise "gnädig" verhält. Die Hammerschläge kommen unverhofft, wenn man schutzlos ausgeliefert ist, weil man nicht damit rechnet. Es ist bei dir noch so wenig Zeit vergangen, diese Phase ist fast nicht zu ertragen - im Nachhinein frage ich mich oft, wie konntest du das aushalten. Es ist noch so vieles nicht verarbeitet, die Krankheit, die Panik, das Hoffen und irgendwann das Erkennen und nun das Begreifen müssen, dass die Welt für einen stillsteht, während sie sich für alle anderen weiterdreht. Ich habe gestern nochmal nachgeschaut. Ich habe am 12.10.04 hier erstmals geschrieben, warum weiß ich heute noch nicht wirklich, denn eigentlich habe ich nicht geglaubt, dass mir irgendwas helfen könnte. In meinen Beiträgen liest du dieselbe Verzweiflung, dieselbe Resignation. Ich wollte nicht einmal wahrhaben, dass in meiner Situation meine Kinder ein großes Glück bedeuten. Ich konnte nicht einmal das in der Phase so empfinden. Ich habe nur gefühlt, dass mein Herz zerbrochen ist, dass der Mensch, der mein Leben bedeutet nicht mehr da ist, dass der Mensch, der als einziger mich hätte trösten können nicht mehr lebt. Zum Glück hat sich die Phase der Resignation und absoluten Verzweiflung verändert. Mit viel Geduld meiner Familie und der handvoll Freunde, die zu mir gehalten haben. Aber es braucht sehr, sehr viel Zeit. Und ich weiß, dass auch du jetzt die Zeilen von uns liest und denkst :"ihr habt überhaupt keine Ahnung, wie weh es tut". Dieses Forum war für mich - und bestimmt auch ganz viele Leidensgenossinnen - eine Riesenchance. Ich habe immer und immer wieder - auch heute noch, wenn es mich wieder einmal kalt erwischt - meinen Kummer erzählt und immer und immer wieder waren die Mädels da, haben zugehört oder mitgeweint, haben erzählt und mich symbolisch umarmt. Und meiner Seele geht es mittlerweile langsam wieder etwas besser.
Mit einer Betroffenen stehe ich seit Oktober 2004 in e-mail-Kontakt. Ich weiß nicht wieso, aber irgendwie haben wir beide gespürt, dass zwischen uns ganz große Gemeinsamkeiten bestehen. So schrieben wir uns regelmäßig, brachten uns zum Lachen und werden in diesem Jahr gemeinsam Sylvester verbringen. Wir sind uns hier "begegnet" und haben uns gegenseitig aufgefangen. Eine neue Freundschaft in einem neuen Lebensabschnitt, eine Freundschaft, wo der eine den anderen bedingungslos versteht, verbunden durch das selbe Schicksal.
Liebe Susanne,
dir scheint es auf hoher See ja doch ganz gut zu gehen. Keine Zeit fürs Internet. Das ist gut so. Ich denke jeden Tag an euch und hoffe, dass ihr eine wunderbare Zeit haben werdet. Und vergiss nicht, an den Himmel zu schauen, Mond und Sterne, unsere Verbindung!
Warum werden meine Beiträge nur immer so schrecklich lang? Irgendwie macht sich nach wie vor die Tastatur selbständig und mein Herz ist doch noch sehr voll und läuft so oft über. Ich hoffe, ihr habt nach wie vor Nachsehen mit mir...
Liebe Grüße und viel Kraft uns allen!
Andrea
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Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι
και δεν επέστρεψες
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