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Alt 09.10.2005, 15:05
Briele Briele ist offline
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Standard AW: Russisch Roulette.......

Liebe Saphir,

ich habe über Deinen Ausspruch .... der Panik zuvor kommen, indem ich bestimme, wann ich mich diesen Gedanken hingebe und nicht umgekehrt..... meditiert.

Da ist was dran. Das gefällt mir. Allem und jedem steht das gewisse Maß zu. Wenn es nur nicht so schwer wäre die rechte Dosis zu erkennen. Manchmal buttert man ein Zuviel hinein, dann wieder denkt man, das hat jetzt gereicht und leider war das gar nicht der Fall. Oft ist das dann besonders ungut, weil nun noch mehr Energie, Zeit, Erleiden aufgewandt werden muß.

Ich hab zur Zeit ziemliche Sorgen um Werner. Bedenk ich es recht, ist der Zeitpunkt dafür eigentlich noch zu früh. Es geht ihm gut, er hat keine Schmerzen, aber er macht sich übergroße Sorgen um die Nebenwirkung einer Infusion, die er alle sechs Wochen erhält. Vom Gefühl her sage ich, da wird nun unheimlich viel in etwas investiert, was vielleicht nie eintritt. Leider kann ich ihn nur stündchenweise beeinflussen. Obwohl ich eine ganz andere Sicht der Dinge habe als er, schwinge ich mit ihm mit.

Im Grunde genommen bestimme ich herzlich wenig. Diese Erkenntnis haut mich nun nicht um, denn ich war schon immer der Meinung dass der Kranke das Tempo vorgibt, er das Sagen hat. Was kann ich schon tun, außer immer neue Versuche starten, ihm eine andere Sichtweise zu vermitteln, ihm sagen, dass ich es nicht nur schade, sondern auch bescheuert finde, wenn wir nun in guten Zeiten hier hocken und auf Eventualitäten warten.

Nun bin ich kein Schaf und versuche zwei Dinge. Das eine ist, mich ein wenig abzugrenzen. Den Dreh hab ich noch nicht raus, aber wir haben ja auch gute Tage und da möchte ich versuchen diese wie ein Depot anzulegen und wenn’s dann wieder weniger gut ist, möchte ich mir was heranholen. Ich weiß nicht wie es Dir geht, aber ich hab Mühe mir vorzustellen, dass es wieder besser wird, wenn’s ungut ist.

Bei der zweiten Sache will ich mir ein Beispiel an Dir nehmen. Ich hab einen Italienischkurs gebucht, einen Schreibkurs, vielleicht mach ich noch etwas anderes. Beim Italienischkurs wird ich viel lernen müssen, denn der Kurs wo ich mich weniger hätte anstrengen müssen ist ausgebucht und beim anderen muß ich viel nachlernen.
Werde ich die Disziplin haben? Werde ich mich konzentrieren können? Liebe Saphir, ich werde in diesen Momenten dann fest an Dich denken und wie Du das alles meisterst.

In meiner Situation ist es mir eine Beruhigung das Forum zu haben und ich habe vor allen Dingen Alina und Isa. Übrigens, aber das hab ich ja schon geschrieben, waren Du – und Kerstin – die Ersten an die ich geschrieben hatte, so wie Alina!

Mittlerweile kenn ich Dich ein wenig und ich weiß du bist nicht nur eine starke Frau – das klingt so abgenützt – aber es kommt wirklich rüber, dass Du eine Frau mit Willen, Disziplin, Duuchhaltevermögen bist. Dies, in Verbindung mit Deiner Sensibilität, Deiner Liebe, Deiner Bereitschaft, Deiner Aufmerksamkeit ergibt eine beeindruckende Persönlichkeit.

Ich komme nun zurück auf den ersten Satz meines Briefes, Deiner Aussage, dass man bestimmen kann, wann man sich Gedanken hingibt.

Liebe Saphir, ich will nichts zerreden, Dir nichts ausreden, ich will Dich nur ein wenig warnen. Ich glaube nämlich, dass das nicht immer geht, dass man sozusagen Herrin seiner Gedanken ist, Ventile öffnet, sie schließt.
Manchmal empfindet man sich wie ein Spielball, der wild hin und her geschleudert wird, hilflos und ausgeliefert. Ich schreib Dir das, damit Du nicht zu erschüttert bist, wenn Du hin und her rollst.

Ja, wenn man das Geschehen auf der Welt ansieht, anhört, dann kann man verstehen wenn Menschen sagen, die Hölle ist hier und jetzt.

Nächste Woche beginnt eine neue Therapie für Deine Mama. Ich hoffe mit Euch, dass sie hilft, dass Deine Mama sie halbwegs verträgt.

Liebe Saphir, eine feste Umarmung von mir! Alles Gute!
Deine Briele
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