AW: Bye bye Dad, I love you .... Alfred 16.2.1972
Liebe Liz, lieber Willy,
Ich hab hier immer alles mitgelesen aber ich konnte nichts schreiben, weil ich nichts zu sagen hatte. Also nichts, was ein Beitrag, ein Trost hätte sein können.
Das Schicksal von Nicole und Maurice ist entsetzlich. Die Eltern sind zutiefst zu bedauern.
Es ist nun bald zehn Monate, daß ich hier im Forum lese, schreibe, Menschen und deren Schicksale kennen gelernt habe. Jede Erkrankung, jeder Verlust tut mir leid, besonders nahe geht es mir bei Kindern. Was gibt es Schlimmeres. Leider gibt es etwas noch Schlimmeres. Das was mit Nicole und Maurice passierte.
Liz, weißt Du woran ich immer denke wenn ich so etwas Schreckliches lese, höre? Ich muß dann immer daran denken, daß ich, daß ganz viele Menschen ihre lieben Verstorbenen um Schutz und Hilfe anflehen. Ich kann nur von mir sprechen, wie ich es empfinde, weiß aber, daß viele ähnlich denken. Ich fühl mich von meinen Eltern beschützt und umfangen, so wie es war als sie lebten. Auch so alte Kinder wie ich eines bin, murmeln bei Angst schnell vor sich hin – bitte, hilf mir – und dabei hat man ein Vertrauen in sich, daß einem geholfen werden kann.
Wie oft hört und liest man, das kann gar nicht anders gewesen sein, da wurde geholfen, da hatte ich Beistand.
Aber was ist mit den unschuldigen Kindern denen täglich Böses angetan wird, die haben doch auch tote Omas und Opas, Tanten und Onkel. Wenn die keiner beschützen kann, warum dann mich?
Weil ich so gerne weiter daran glauben möchte, habe ich mir schon vor längerer Zeit eine mögliche Erklärung zusammen gebastelt. Wie es ist weiß ja keiner. Man kann das eine oder das andere, man kann auch an nichts glauben. Ich, wie gesagt, möchte mir gerne das Bild bewahren, daß es meine Toten nicht nur in meiner Erinnerung gibt, sondern es sie auch sonst gibt, wenn ich auch nicht weiß wie.
Vielleicht können sie uns nicht beschützen, uns nicht wirklich helfen. Vielleicht geht das erst wenn wir an der Schwelle vom Leben zum Tod sind. Daß sie uns dann liebevoll umfangen, uns die Angst nehmen und uns wegführen, in Sicherheit bringen.
Vielleicht war das so bei Nicole und Maurice.
_____________________________________
Liebe Liz, in ein paar Tagen ist Weihnachten. Ich wünsche Dir und Deiner Familie, daß es schönes Weihnachten für Euch wird.
Übrigens – mit der „Mutmachergeschichte“ meinte ich nicht Euren Weg, sondern St. Gotthard, und nun Einsiedeln.
Liebe Grüße, alles Liebe
Deine Briele
|