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Alt 25.12.2005, 22:37
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Sandi Sandi ist offline
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Standard AW: Thread für junge Angehörige von Krebskranken

Hallo zusammen!

Ich habe die letzten Tage immer mal wieder hier Beiträge gelesen und habe mich jetzt dazu entschlossen selbst hier zu schreiben. Ich habe einige Beiträge mit TRänen in den Augen gelesen - ich finde mich in so vielem wieder, es ist unglaublich.

Mein Papa hat Schilddrüsenkrebs (wie wir jetzt wissen, die fieseste, aggresivste Art davon). Wir wissen es jetzt seit fast 3 Jahren. Anfangs hieß es, Schilddrüsenkrebs sei eine der Krebsarten mit den besten Heilungschanchen (95 %). Zuerst wurde die Schiddrüse komplett entfernt und wir dachten - "damit ist gut" (ich war mir damals absolut nicht bewusst wie sich so eine Krankheit entwickeln kann). Doch nach kurzer Zeit haben sich Metastasen in der Leber gebildet - wieder OP... Und wieder Hoffen...Bangen..., dass diesmal alles gut erwischt wurde und der SCHEISS-KREBS weg ist. Dann die niederschmetternde Nachricht, dass die fiesen Krebszellen "mutiert" sind und den Stoff Jod (mit dem eigentlich Schilddrüsenkrebszellen zertört werden können) nicht mehr aufnehmen. Die Prognose der Ärzte war damit sehr schlecht - als Behandlungsmöglichkeit blieb nur noch "Schnipfeln". Nach erneuten Metastasierung in der Leber, in einer Rippe und im Oberbauch und neuer OP haben wir trotzdem immer noch gehofft dass man alles in den Griff bekommen kann; auch wenn mein Papa da schon sehr viel seiner Hoffnung verloren hatte.

Nach erneuter Verschlechterung der Werte wurde dann festgestellt, dass mann nicht mehr operieren kann - zu viele Tumore, die sich explosionsartig ausbreiten - einzige Chanche lt. der Ärzte: "versuchen, ob eine Chemo greift".

Ende Oktober bekam er dann die erste. Bald gingen die Haare aus, die Übelkeit und Appetitlosigkeit kam. Mein Papa hat ziemlich abgenommen - ich erkenne ihn manchmal kaum wieder. Ich könnte dann nur heulen, einfach nur heulen.

Wir alle (da spreche ich vor allem von meiner Mama und meinem Bruder) haben so sehr gehofft, dass diese Chemo etwas bewirken kann. Obwohl die Ärzte von vorn herein nicht viel Hoffnung hatten, haben wir uns an diesen Strohhalm geklammert. Am 23. jetzt die niederschmetternde Nachricht: Chemo bringt nichts, seine Werte haben sich weiter derart verschlechtert, wie es den Ärzten bisher nicht bekannt ist.

Wir sind alle fertig mit der Welt, ich weiss nicht mehr weiter. Ich habe selbst keine Hoffnung mehr und weiss nicht mehr wie ich meinem Papa helfen soll, wie ich mit Ihm reden soll - ich will so gerne hoffen, aber insgeheim weiss ich dass wir keine Chance mehr haben. Es zerreisst mir das Herz wenn ich daran denke, dass der gestrige Heilig Abend der letzte mit meinem geliebten Papa gewesen sein könnte. Ich habe so eine beschissene Angst und so eine unbeschreibliche Wut!

Es tut so weh, zusehen zu müssen wie ein Mensch der einem sooo viel bedeutet immer weniger wird. Psychisch am Boden ist. Kein Interesse mehr an all den Dingen hat, die er mal so mochte -ein komplett anderer Mensch geworden ist.

Bei all' dem hab ich Angst, dass meine Mama, die natürlich sehr unter all dem leidet (sie ist den ganzen Tag über bei ihm - wir Kinder wohnen nicht mehr daheim) daran zerbricht. Und ich selber bin ständig nur noch am grübeln was ich tun kann. Ich merke genau iwe ich mich selber von Freunden, ja sogar von meinem Freund distanziere, weil ich nur noch dieses Thema im Kopf habe. Ich fühl mich unverstanden und kann mit niemanden so richtig darüber reden. Mein Freund geht auf dieses Thema nicht ein - es macht mich manchmal so wütend.

Gerade deshalb habe ich mich gefreut als ich auf dieses Forum gestoßen bin. Mir wurde beim lesen seit langer Zeit mal wieder bewusst wie vielen anderen Leuten es genau so geht, und dass ich nicht alleine dasteh' mit meiner furchtbaren Angst vor allem was kommt. Es macht mich zwar traurig wenn ich hier lese, es tut aber irgentwie auch gut.

Für heute hat es mir auf jeden Fall weiter geholfen!

Lg
Sandra