AW: Cup-Syndrom
Hallo alle zusammen!
Nachdem mich eine böse Grippe fest im Griff hatte, geht es mir heute etwas besser, so dass ich auch wieder schreiben kann. Ich muss sagen, ich habe Euch schon sehr vermisst!
@ liebe Renate, zu den Beiträgen der Anderen will ich noch hinzufügen, dass meiner Meinung nach jemand anders an Deiner besorgten Reaktion Schuld war. Zitat vom 12. Dez.: "Wir waren am Montag bei der Beratungsstelle. Die gute Dame hat ihm gesagt, er soll seinen Tag strukturieren, damit er besser in gang kommt. Feste Zeiten zum aufstehen, essen, sportlich ein bisschen aktiv werden". Da merkt man als Betroffener gleich wieder, dass Leute, die an solcher Stelle sitzen, selbst die Krankheit nicht haben. Als ich das las, konnte ich nur verständnislos mit dem Kopf schütteln. Diese gute Dame möchte ich wirklich mal erleben, wenn sie schlapp in den Seilen hängt und nur ihre Ruhe haben will, wenn ihr in diesem Zustand jemand mit dermaßen dämlichen Vorschlägen kommt. Leider passiert es dann den Angehörigen, dass sie sich davon anstecken lassen und meinen, diesen Vorschlägen sollte Folge geleistet werden. Und enttäuscht sind, wenn diese Vorschläge vom Partner nicht angenommen werden.
Ich bin ja heilfroh, dass ich 100-%-ig zu Hause in Ruhe gelassen werde von meinem Mann. Heute war mal wieder so ein Tag, da konnte ich mich einfach nicht aufraffen, aufzustehen. Zu nix Lust, zu müd', einen Spaziergang zu machen. Also bin ich von Traumphase zu Traumphase, habe vor mich hingedämmert, die Katze halb auf, halb neben mir und habe mich einfach nur wohl gefühlt. Gegen halb fünf nachmittags hat mich dann der Hunger aus dem Bett getrieben. Danach kamen die Lebensgeister wieder. Auch kommt es vor, dass ich mich den ganzen Tag nicht blicken lasse. Kürzlich kam mein Mann irgendwann mal rein und wollte schnüffeln, ob ich schon miefe...
O.k. ist auch, wenn er vor dem Einkaufen fragt, ob ich etwas brauche. Mehr wäre für mich nicht o.k. Schon gar nicht, Versuche, mich zu etwas zu animieren, wenn ich dazu nicht in der Lage bin. Das alles zeigt mir immer wieder, wie weit alle Anderen davon entfernt sind, sich in meine Lage zu versetzen. Keiner kann das. Also: nicht alles, was von Beratungsstellen geraten wird, muss immer das Richtige sein. Ich kann auch verstehen, dass Manni nicht so ganz gerne in die Reha will nach all der langen Therapie, kann aber aus meiner Sicht nur sagen, dass es mir unendlich gut getan hat. Entscheidend ist natürlich, wohin man gerät, und da hatte ich enormes Glück. Es ist ja auch tatsächlich so, dass alles so neu und verwirrend ist, dann kommt die Frage, ob und wann man wieder arbeiten kann - was ist, wenn nicht...? Das ist schon viel verlangt, das alles zu bedenken und möglichst nichts verkehrt zu machen.
Schusseligkeiten sind dabei auch an der Tagesordnung. Siehe Annas Hang, ihre Handtasche liegen zu lassen (bei mir eines der ersten Dinge, die mir auffielen bei mir), dann muss ich aufpassen, wenn ich etwas Zerbrechliches trage, dass es mir nicht runterfällt. Keine Ahnung, wie oft ich mich am Tag bücken muss, weil mir was runterfällt. Fängt schon morgens mit der Zahnpasta an.
Mannis starkes Schwitzen ist auch normal und wird noch eine Weile anhalten. Irgendwie muss ja das Gift aus der Chemo wieder aus dem Körper raus. Bei mir hingen nachts die Tröpfchen an den Haarspitzen, ich hatte immer eine zweite Bettdecke zum Wechseln neben dem Bett liegen. Was ich auch ganz fürchterlich fand, wovor Manni scheinbar bis heute verschont blieb, waren die ständigen Hustenanfälle mit stundenlangen Erstickungszuständen, weil durch die Radio die oberen Lungenspitzen beschädigt waren. Dies hielt über ein halbes Jahr an, und auch heute kommt es vor, dass ich z. B. beim Lachen husten muss. Es dauert dann immer eine ganze Zeit, bis sich alles wieder beruhigt.
Es ist halt leider so, dass wir jede Menge Nebenwirkungen zu ertragen haben, die uns das Leben sowieso schon erschweren, aber dafür bitten wir halt darum, von weiteren Auflagen wie "Strukturieren/Feste Zeiten zum Aufstehen..." verschont zu bleiben. So 'n Quatsch! Gell, Manni????
Was Dich betrifft, will ich Dir an dieser Stelle doch noch ein großes Kompliment machen, denn Du hast hier schon viel Kritik einstecken müssen, aber Du hast eine Menge gelernt und kannst mit Kritik positiv umgehen und sie umsetzen, auch wenn es manchmal (verständliche) Rückfälle gibt. Das kann wirklich nicht jeder. Fein, dass Du hier bist!
@ Hallo Anna, gut, Dich wieder hier zu wissen. Aber wie ich glaube, hätte der Urlaub ruhig etwas länger dauern können. Ich war im Juni einmal am Enaresee, und ich erinnere mich an eine Stille, die ich sonst nirgendwo anders erlebt habe. Es ist eine herrliche Gegend, und ich frage mich, wie es jetzt dort aussieht, wie das Licht ist. Im interaktiven Museum von Inari habe ich einen Eindruck vom dem "Blaulicht" bekommen, aber sicher ist die Wirklichkeit noch viel beeindruckender.
Bin wirklich froh, dass ich im Augenblick keine Untersuchungstermine vor mir habe außer einem in der Orthopädie. So hatte ich letzte Woche auch einen prima Grund, diesen abzusagen, weil ich wegen der Grippe apathisch im Bett lag. Allerdings müsste ich seit über einem Jahr dringend eine neue Brille haben. Allein schon dies widerstrebt mir in höchstem Grad. Jede neue Untersuchung geht mir auf die Nerven, ich habe einfach keine Lust mehr! Wenn ich mehrere Termine vor mir habe, die ich nicht ewig aufschieben kann, gerate ich immer in das Dilemma: alle hintereinander oder besser mit größerem Zeitzwischenraum. Meistens entscheide ich mich für Ersteres, damit ich es schnellstens hinter mir habe. Das Problem mit der Brille überbrücke ich mit Billiggläsern aus der Apotheke. Hauptsache, ich weiß, worum es geht, wenn ich ein Buch lese.
Wie gut fühlst Du Dich eigentlich bei Deiner Seelenklempnerin aufgehoben? Ich hatte vor vielen Jahren eine längerfristige Schmerzbewältigungstherapie, die mir unheimlich viel gebracht hat. Ich weiß nicht, wie ich ohne diese Therapeutin den ganzen Scheiß hätte bewältigen sollen.
@ Hi Bärbel, nein, ich biete mich hier NICHT an, mit Dir zu tauschen. Mir langt es für alle Zeit, dass ich das Haus meiner verstorbenen Mutter komplett räumen musste. Zum Schluss kam es in diesem Ort zu einer Art Räumungstourismus, als alles im Hof stand. "Hej, Geli, so groß war doch das Haus Deiner Mutter gar nicht, das kann ja nicht alles darein gepasst haben..." Abgesehen von 14 (vierzehn) Elektroteilen wie Waschmaschinen, Trockner, Spülmaschinen, Kühlschränken (5 Stück), Kühltruhen (3), die alle im Eimer waren ("Aber man könnte sie im Notfall vielleicht noch reparieren...") fanden sich auf dem Dachboden Wagenladungen von Dachziegeln, die zu keinem mir bekannten Haus passten, 100 Kartons Kernseife aus unserem früheren Geschäft von 1960, über 20 Stangen für Sonnenschirme im Garten, 6 vollgepfropfte Kleiderschränke.... nein, danke, tut mir Leid, aber ich biete nicht mal mehr meine Hilfe an. Nur mein Mitgefühl. Das aber gerne
Ach, übrigens: sagst Du mir Bescheid, wann Dir Dein Mann das erste Mal einen Gegenstand in die Hände drückt, weil er mehr als 2 kg wiegt? Wetten, dass Du darauf noch lange warten kannst? (nothing for ungood!)
Einen Hund werde ich mir (leider) sicherlich nicht zulegen. Als Seelentröster hat sich meine Katze, die mir auch gerade aufm Schoß liegt, bestens bewährt, und die Vorstellung, bei Wind und Wetter Gassi zu gehn... nein, lieber nicht. Außerdem haben alle Nachbarn Hunde, die besuchen mich auch regelmäßig oder leisten mir im Sommer Gesellschaft, wenn ich unterm Zwetschgenbaum faulenze.
@Hallo Rolf, auch von mir herzlich willkommen. Raipa und Anna haben es genau auf den Punkt gebracht mit dem CUP-"Syndrom". Ich habe den Eindruck, dass Deine Mutter eine sehr energiereiche Persönlichkeit ist. Was die morgen beginnende Chemo betrifft: in den meisten Fällen wird diese ambulant gemacht. Da ich jedoch über 60 km von der Klinik entfernt wohnte und zusätzlich noch täglich Radiotherapie hatte, wurde ich stationär aufgenommen. Wie weit wohnt Ihr denn von Bonn entfernt? Vielleicht könnte man ja doch noch einmal mit den Ärzten reden. Möglicherweise hat man schließlich doch das Einsehen. Zu meinem Zellschutz nehme ich täglich 50 mg Selenhefe ein. Das wäre eventuell auch eine Anregung für Deine Mutter. Für einen guten Therapieverlauf wünsche ich Euch auf alle Fälle das Allerbeste.
Das wär's fürs Wochenende, Euch allen wünsche ich einen prima Wochenanfang und grüße Euch herzlich
Geli
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