Liebe Andrea,
selbstverständlich darfst Du Dich über meinen Brief an Uschi ärgern.
Selbstverständlich darfst Du mir vorwerfen, ich suchte nur nach einem Grund, mich aus dem Staub zu machen.
Alles das darfst Du. Hier darf jeder alles, das ist auch gut so.
Ich darf das aber auch alles
Zitat:
Meines ist, alleine weiterzuleben bis meine Zeit gekommen ist – wann das ist, weiß ich nicht – aber genauso lange werde ich es müssen, ebenso wie Du
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Und hier genau ist ein Unterschied zwischen uns,
hier muss ich nämlich nicht.
Du hast richtig festegestellt:
Zitat:
Ist die Begegnung mit Susanne nicht eine wertvolle Erfahrung gewesen? Hat es Dir nicht gut getan, einem Menschen zu begegnen, der dasselbe Leid trägt wie Du und dennoch weitergeht? Welche Wahl hat sie? Soll sie ihrer Sehnsucht folgen und ihre Kinder sich und ihrem Schicksal überlassen?
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Natürlich war das eine wertvolle Erfahrung, ich konnte für einen dreiviertel Tag mit jemandem „real“ sprechen, mit jemandem der weiß worüber wir reden, der mir auch geantwortet hat, wenn ich gefragt habe oder mich was gefragt hat und ich habe geantwortet.
Weißt Du was mir so weh getan hat, bei der Begegnung mit Susanne, sie hat einen ganz entscheidenden Vorteil mir gegenüber, sie hat fast den ganzen Tag ihre Kinder um sich, oder ihre Eltern, kann sich zurückziehen, wenn ihr danach ist oder spricht und macht mit ihren Kindern oder Eltern.
Das soll natürlich nicht die Situation von Susanne herunterspielen, sie leidet so wie alle anderen an dem Verlust ihres Partners. Sie hat aber Leben um sich.
Hier in meiner Wohnung kann ich mit dem Kochtopf reden. Da habe ich schon Beulen rein geschlagen, weil ich keine Antwort bekomme. Der hört mir nur stumm zu.
Ich habe nur den Tod um mich, vielleicht war er es, der mir am Grab meiner Frau die Antworten gegeben hat.
Ich gehe morgen früh zur Therapie, nach 50 Minuten gehe ich wieder nach Hause und bin wieder alleine. Meine Tochter wohnt in einer anderen Stadt hat ihren eigenen Haushalt und muss ihrem Leben nachgehen.
Ich weiß, andere sind auch alleine, so wie Du, z. B., aber ich kann damit nicht umgehen ich komme damit nicht klar, auch wenn ich es müsste, ich will’s auch nicht.
Zitat:
Nein, lieber Gerhard, darüber weinen wir nicht. Ich weine, weil ich alleine bin. Ich leide, weil ich Sehnsucht habe. Ich fühle körperlichen Schmerz, dass ich Claus nie wieder im Arm halten kann, nie wieder küssen, ihn nie wieder hören kann. ICH weine, weil das Schicksal zu MIR ungerecht ist. Weil ICH nicht möchte, dass ich alleine und einsam bin. Weil ICH mich nach ihm sehne wirklich jede Sekunde am Tag. Ja, lieber Gerhard, ich bemitleide mich selbst. Und dazu habe ich auch allen Grund. Ebenso wie Du.
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Da sind die Punkte, an denen ich mit Dir völlig übereinstimme, das ist exakt das, was mich so verzweifeln lässt.
Zitat:
Weißt Du, was das für ein Gefühl ist, zu sehen, dass scheinbar nichts bei Dir ankommt und wir ggf. tatenlos vor unseren PCs sitzen würden, wenn Du Dich vom „Acker machst“ und wir konnten nichts dagegen tun. Findest Du das vielleicht fair? Uns gegenüber? Bei unseren Lieben konnten wir trotz aller Anstrengung nicht helfen. Wie unfair wäre es, uns hier zurückzulassen mit dem Gefühl versagt zu haben, Dir nicht helfen zu können.
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Wenn es Euch dann besser geht, kann ich mich aus dem Forum zurückziehen und meinen Thread rausnehmen. Es ändert sich aber dadurch (noch) nichts an meinem inneren Seelenleid.
Und ich war gestern und heute so mies drauf,
wie noch nie zuvor, auch das darf ich.
Trotzdem bedanke ich mich bei Dir Andrea, für Deine immer wieder offenen Worte und natürlich bei allen anderen auch.
Liebe Grüße
Gerhard