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Alt 03.03.2006, 13:14
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AndreaS AndreaS ist offline
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Registriert seit: 09.02.2005
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Standard AW: Meine liebe Frau hat mich verlassen

Hallo Shalom, hallo @all

Zitat:
Mitteilungen, wie man drin ist in der Trauer, sind willkommen, Mitteilungen, wie jemand meint auf dem Weg zu sein, aus der Trauer rauszukommen , sind eher unerwünscht, weil missionierend, weil nicht zuhörend, weil intolerant und viele andere Umschreibungen der sanften oder deutlichen Art.
Ich habe das auch schon bemerkt, insbesondere an mir selbst, dass es vor allem in der Anfangszeit der Trauer nicht gut tut zu hören oder zu lesen, dass es irgendwann einmal eine bessere Zeit geben wird. Für mich war und ist auch heute noch der Spruch „die Zeit heilt alle Wunden“ einer der schlimmsten und am wenigsten tröstliche. Warum? Weil ich mir selbst nicht eingestehen wollte/will, dass dieser entsetzliche Schmerz irgendwann einmal weniger wird, weil dieser Schmerz im unmittelbaren Zusammenhang mit meinem geliebten Mann steht. Es ist – so sehe ich das zumindest – tatsächlich so, dass die Angst da ist, dass mit Verlust des Schmerzes das Vergessen beginnt. Beiträge derer, die davon erzählen, dass es ein Leben nach der tiefen, alles lähmenden Trauer gibt, „verurteilt“ das Unterbewusstsein evtl. sogar mit der Unterstellung: dann hast Du halt nicht so tief geliebt wie ich, für mich wird dieser Schmerz niemals mehr aufhören. Ich werde nie wieder lachen können, nie wieder glücklich sein.

Vielleicht durch den persönlichen Austausch mit Shalom, unseren Gesprächen hinter der Kulisse, sehe ich es inzwischen anders. Auch oder gerade, dass Shalom sich nun wieder – nach doch erheblichem zeitlichem Vorsprung zu uns – wieder aktiv im Hinterbliebenenforum aufhält, zeigt mir, dass die Trauer um den geliebten Menschen niemals aufhört. Er ist für mich der schreibende Beweis dafür. Welchen Grund hätte er, weiterhin hier zu lesen und zu schreiben, wenn er sich nicht nach wie vor als Trauernder sehen würde. Sein Leben hat mittlerweile eine neue, wieder lebensbejahende Richtung genommen, der Schmerz in ihm ist geblieben, seine Frau lebt weiter in ihm, in seinem Herzen. Ich glaube nicht, dass er missionieren möchte, ich glaube, dass er uns Hoffnung geben möchte. Uns sagen möchte – wie Gärtner es für mich sehr schön formuliert hat – die Zeit ist euer Freund. Ich bin mir auch sicher, dass er noch immer seinen eigenen Weg hinterfragt, gerade auch hier im Austausch mit uns. Und letztlich ist auch nach 5 Jahren seine Trauer noch nicht beendet, gibt die Plattform hier ihm erneut Gelegenheit von seinem eigenen Schmerz, seinem eigenen Verlust und von seiner eigenen Liebe zu seiner Frau zu erzählen.

Shalom macht mir Hoffnung – auch wenn ich persönlich zurzeit oder auf Dauer keinen Zugang zu Gott habe, dieser Weg für mich also nicht hilfreich ist – dass es mir wieder besser gehen darf, ohne meinen geliebten Mann jemals wieder zu vergessen, ohne jemals aufzuhören, ihn zu lieben.

Zitat:
an der Theke würden wir wahrscheinlich kein Bier gemeinsam trinken, sondern uns eher den Rücken zuwenden
Ich muss gestehen, dass es mir beim ersten oder zweiten Kneipenbesuch ebenso gegangen wäre. Das weiß Shalom auch. Dies wiederum fände ich heute bedauerlich, denn beim dritten oder vierten Bier kann man auch merken, dass man sich getäuscht hat

Es sind mir dieser Tage noch ein paar Zeilen in die Hand gefallen, die ich euch einfach einmal kommentarlos überlassen möchte.

Man sagte mir, alle Gefühle seien weiß oder schwarz oder dazwischen, also grau. Aber es kamen gelbe dazu, rote, violette, braune und sogar zweifarbige. Ich war ratlos, bis ich erfuhr, dass die meisten Menschen ihre farbigen Gefühle verdrängen, so dass nur schwarz, weiß und grau verbleiben kann. Ich spüre aber, dass man mit einer ganzen Farbpalette bunter malen kann, als nur mit einem Bleistift…

LG
Andrea
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Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι
και δεν επέστρεψες
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