Thema: Stammtisch
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Alt 13.05.2006, 09:21
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AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Stammtisch

Hallo Andrina,

so, heute geht es wieder besser - manchmal hilft eine Mütze Schlaf doch sehr

Du fragst nach meinen Kindern. Mein Ältester wird jetzt im Juni 22, die große Tochter ist 19, die jüngere Tochter wird im August 17 und der Familienchaot wird im Juli 13.

Sie gehen unterschiedlich damit und mit mir um. Saskia, die Älteste ist mein Ebenbild, unsere Emotionen sind sehr ähnlich, was im Alltag häufig zu Turbulenzen führt aber auf unserem Weg durch die Trauer sehr hilfreich war und ist. Wir reden oft stundenlang. Und Saski wollte immer aktiv etwas tun, so hat sie im vergangenen Jahr zusammen mit dem Kirchenchor ein Konzert zu Gunsten des ambulanten Hospiz organisiert, wobei ein nicht unbeträchtlicher Spendenbetrag zusammenkam.

Der Große redet nicht viel, eigentlich gar nicht. Ich habe ihm das Gespräch immer angeboten, hin und wieder reden wir auch ein paar Takte, aber seine wirkliche Gefühlswelt offenbart er lieber seinen Kumpels. Leider hat er einige Freunde, die ihren Vater an Krebs verloren haben, sie können ihm besser helfen, Männergespräche halt, aber auch das ist ok, solang er weiß, dass ich immer für ihn da bin. Micki ist seinem Papa sehr ähnlich, ich denke, Claus hätte im umgekehrten Fall auch sehr viel mit sich ausgemacht, kann mir schon gar nicht vorstellen, dass er hier im Forum geschrieben hätte.Ich weiß nicht genau, wie er damit umgegangen wäre - keiner kann wissen, was in Ausnahmesituationen tatsächlich passiert - aber ich denke, er hätte wie sein Sohn eher im Stillen Zwiesprache geführt, gegrübelt und alleine versucht, nicht verrückt zu werden. Ja, und so ist Micki auch.

Selina wurde eine Weile "übersehen" die Arme. Sie ist unser Sonnenschein, hat nie lautstark gefordert und auch in der Trauer hat sie die Dinge zunächst einmal mit sich ausgemacht. Nun war ich selbst sehr mit mir beschäftigt, dass ich erst einige Zeit später bemerkte, was mit ihr los war. Zum Glück haben wir die Chance genutzt und in unserem gemeinsamen Urlaub lange miteinander gesprochen und so haben wir nochmal die Kurve bekommen.

Und unser Max, nun, ich denke er ist der, der um das meiste "betrogen" wurde. Er hatte ein sehr inniges Verhältnis mit seinem Papa und durfte ihn die kürzeste Zeit bei sich haben. Er ist noch sehr verschmust und auch wir reden oft miteinander, haben unsere Möglichkeit gefunden, Hoffnung und Trost zu finden, z.B. mit dem Stern, der häufig nur in sein Zimmer leuchtet....

Du fragst, ob ich das, was ich hier von der Seele geschrieben habe, meinen Kindern erzählt habe? Nun, ganz viele Dinge ja. Ich habe versucht, nicht zu oft vor ihnen zu weinen - besonders wegen Max, der sich immer sehr erschreckt hat und in Angst um mich ist - Saski habe ich immer alles erzählt, tue ich auch heute noch, mit ihr bespreche ich all meine Gefühle, auch die Positiven, die, die in die Zukunft gerichtet sind. Auch viele meiner Beiträge hier, hat sie gelesen. Das einzige, was noch unter Verschluss ist, sind meine Briefe an Claus. Das ist mein Zwiegespräch mit ihm, geht nur ihn und mich etwas an. Aber eines Tages können sie es gerne lesen, wenn sie es möchten.

Die Kinder haben uns als Ehepaar erlebt, nicht nur als Eltern, und sie wissen, wie sehr ich ihren Papa vermisse. Vielleicht gibt ihnen das sogar einen gewissen Trost. Ich habe versucht, Claus überall im Haus sichtbar zu lassen. Es gibt keinen Raum, in dem er nicht "anwesend" ist auf Bildern. Daran wird sich auch nichts ändern, ich werde meinen Kindern niemals das Gefühl geben, dass ich "Platz" schaffen möchte für was anderes. Ein Umsortieren wird möglich sein, aber Claus ist und bleibt in unserem Leben, in unserem Daheim.

Merke gerade, dass ich nicht wirklich die Fragen beantworte ist mal wieder eher ein "sich von der Seele schreiben". Ja, auch 19 Monate sind nicht wirklich viel, um ein ganzes Leben zu verarbeiten, auch wenn sich nach 19 Monaten vieles wieder gut und schön anfühlt, auch wenn es wieder Hoffnung gibt und das Lachen und die Sonne im Herzen zurückkehrt, es wird noch Zeit brauchen, vielleicht oder ja sogar hoffentlich hört es niemals ganz auf.

Quasselstrippengrüße und Sonne im Herzen sendet euch

Andrea
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Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι
και δεν επέστρεψες
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