Liebe Mädels - ein herzliches Hallo!
Habe grad Gelegenheitk, endlich mal wieder was beizutragen, Arbeitskollegin ist im langen Mittag. Also, schön der Reihe nach:
Als Papa starb - das ging ja über ein ganzes Wochenende - hatte ich schlussendlich nur noch den Gedanken "er hat es geschafft". Vorher ging mir so viel durch den Kopf - aber vieles davon weiss ich nicht mehr. Man ist ja so in einer Ausnahmesituation. Ich war sehr rational drauf, ansonsten bin ich ein sehr emotionaler Mensch, eigentlich ist bei mir beides sehr ausgeprägt. Der rationale Teil nahm wohl Überhand, damit ich es aushalten konnte. Bis zum Ende. Mein Bruder reagierte viel emotionaler. Ich war im Vorfeld viel emotionaler - als es ganz ernst wurde, wurde ich sehr kopflastig. Auch die ganze Organisiererei gleich danach übernahm ich - und konnte es nur, indem Kopf das Zepter übernahm. Der Bauch, bzw. die Seele schaltete sich erst 2 Wochen später wieder ein.
Pfingsten verbrachte ich daheim, putze auch viel (@Sylvia: Wenigstens soll doch wohl die Wohnung in Ordnung sein, wenn sonst vieles immer wieder instabil ist - machte auch Fenster und Vorhänge.). Ich war im Kino ("Crazy", wenn der Film bei euch läuft; unbedingt gucken gehen!) und zwei Mal eingeladen, einmal bei Freunden und einmal mit Freunden bei Mama. Als ich gestern abend dann von Mama heimfuhr (natürlich noch mit Umweg über Friedhof, um bei einsetzender Dämmerung eine Kerze bei Papa anzuzünden) wurde ich mal wieder sehr traurig. Wir sassen mit meinen Freunden, die Mama sehr mögen und umgekehrt, sicher 5 Stunden im Garten (mit Jacke, aber immerhin) und EINER fehlte einfach... Ich bin schon so oft bei Mama gewesen, dass ich mich mittlerweile an den Status "Papa fehlt" gewöhnt habe. Zudem räumt sie ständig auf, bald sind alle Kleider weg und ich bin einfach stolz auf sie. Nat. sind aber überall Spuren von Papa. Erinnerungsstücke, die auch bleiben werden. Es ist einfach anders. Erträglich anders. Aber traurig machend anders. Gaby, ich weiss nur zu gut, wie es sich anfühlt, in die Wohnung der Eltern zu gehen - und es ist nicht mehr die ELTERN-Wohnung, sondern nur noch Mamas/Papas Wohnung...Sicher steht bei Euch auch noch der Name BEIDER Eltern an der Türklingel... ich gucke mir jedes Mal dieses "F. und" an und weiss nicht, ob ich eines Tages Mama fragen sollt, ob sie es auswechseln will.
Liebe Sylvia, vielleicht solltest du dich dann schon lansgam an die Taschen wagen, die da noch unausgepackt stehen. Es wird wohl nicht leichter/einfacher werden, wenn du noch zuwartest...
Ja Mädels, drei Monate, gut drei Monate, liegen hinter uns. Und ich denke, wir haben schon enorm viel geleistet auf unserem Weg. Und doch: Manchmal hirne ich elend lange über der Tatsache, was es eigentlich heisst, ER IST TOT. Was heisst das??? Wenn sie ihn in 20 Jahren wieder ausgraben und das Grab leeren, könnte er 96 Jahre alt sein und noch LEBEN... Und warum ausgerechnet MEIN Papa??? Ja, diese Gedanken kreisen und kreisen und kreisen - immer mal wieder, aber zum Glück nicht dominierend, nur in den Momenten, wo das Trauertier halt einfach mal wieder seinen Tribut zollt und sich ganz gemein auf meinen Schoss setzt und mich angrunzt.. Ich lasse es dann auch zu, will ja Trauerarbeit leisten. Es kostet Kraft. Es kostet Mut. Es kostet Tränen. Ihr seid sicher mit mir einig: Es kostet mindestens so viel, wie es unsere Lieben 10fach mehr verdient haben!
Ws mir gut tut, sind lange Gespräche mit Mama, in denen wir immer und immer wieder die "gleichen Platten" laufen lassen, sprich, wir reden oft über die gleichen Themen. Es beruhigt uns. Meine FreundInnen sind schon etwas weniger interessiert - wie soll ich ihnen darüber böse sein, auch MEIN Leben geht weiter, sie fragen eigentlich nicht mehr, hören mir aber lieb zu, wenn ich von alleine aufs Thema komme. Mein Bruder leidet sichtlich, er hat Hautausschlag vom Feinsten. Und "die Gestörte" wird ihn sicherlich nicht trösten können oder wollen. Aber es ist mir egal. Wenn er reden will, kann er auf mich zukommen, ich dränge mich nicht auf. Pfingsten war es übrigens wieder ganz toll: Ich kümmerte mich um Mama, wusste, was sie vorhat, mit wem sie was unternimmt. Und eben, gestern war ich bei ihr. Mein Bruder und die Gestörte kümmerten sich wie 15 Wochen zuvor nicht um sie. Offenbar kam am Pfingstsonntag um 11 Uhr ein Anruf, ob sie denn abends zum Essen komme wolle. Tja, sie sagte ab, war ja schon lange verplant. Eine reine Alibi-Übung also, so kurzfristig noch einladen zu wollen. Zum K..... ist das.
Eines Tages werde ich meine gestörte Schwägerin und auch mein hilfloser Bruder deswegen gnadenlos zusammensch..... , das schwöre ich! Sobald ich Kraft habe, diesen Konflikt auszutragen, werden sie sich meine Vorwürfe anhören müssen.
15 Wochen ist Papa tot. Ostermontag um 17h gabs Filet aus der Tiefkühltruhe für Mama; Muttertag um 17h wurde sie zum Essen eingeladen, und eben, Pfigstsonntag wäre es wieder soweit gewesen. Drei Mal also. Erbärmlich, oder?
So, ich hoffe, ich belaste Euch nicht mit meiner Motzerei, hat mir gut getan, mich wieder mal beklagen zu können! Ansonsten alles STABIL
Ganz liebe Grüsse euch beiden und passt gut auf euch auf!