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Die Modenschau
Ich habe eine Einladung zu einer Modenschau in der Landeshauptstadt. Die Boutique betrachtet mich als Stammkundin und möchte mich in ihren neuen Räumen bei Prosecco und Schnittchen mit dem neuen Herbstprogramm vertraut machen.
Ich fahre also am Nachmittag los, der Novembertag ist mild, ein wenig bummle ich noch durch die Fußgängerzone, esse eine Kleinigkeit in der Galeria K., denn bis zu den Schnittchen ist es noch weit. Dann begebe ich mich zum Ort des Geschehens. Einige fröhliche Menschen sind schon dort, ich werde mit einem goldenen Döschen Prosecco begrüßt und schaue mich um. Sehr spartanisch hier, der alte Laden war schöner…
Ich beschließe, mich auf einer der wenigen Sitzmöglichkeiten niederzulassen und die Leute zu beobachten. Eine Frau probiert gerade ein Röckchen an, links trägt sie einen Stiefel, dessen Reißverschluss sie nicht ganz schließen kann, rechts nur einen elfenbeinfarbenen Perlonkniestrumpf. Toll. Ganz entzückend. Ihr Mann hält das goldene Proseccodöschen, saugt gelegentlich am goldenen Strohhalm. Die Modeberaterinnen tragen bevorzugt schwarz-weiß, enge Jeans in langen Stiefeln, Hemden, die lässig flattern und eine kleine schwarze Weste darüber. Sie beraten emsig, holen noch ein Accessoire, eine Kette, einen Gürtel, eventuell mit Totenkopf, très chic das Ganze. Die Frau, die eben noch das kurze Röckchen anhatte, trägt nun eine helle Jeans und einen sportlichen Pulli, steht ihr viel besser, finde ich. Ach ja, das ist wohl die Garderobe, in der sie gekommen ist… Irgendwie habe ich das Gefühl, mir einen Film anzusehen oder wirkt Prosecco anders, wenn er durch einen Strohhalm gesaugt wird?
Der Laden füllt sich, neben mir auf meinem Hocker haben noch zwei Damen Platz genommen, sie finden die neue Location auch nicht so toll, und die Ware erst, eigentlich für ganz Junge, aber die haben das Geld doch gar nicht für so was…
Endlich, es ist19 Uhr, der Geschäftsführer begrüßt die Gäste und kündigt an, dass es in wenigen Minuten losgehen soll und wünscht schon mal angenehme Unterhaltung. Das Geschäft ist gut gefüllt, eine seltsame Mischung aus ganz jungen Jungen, einigen Mädchen, Gattinnen nebst Gatten (er hat das Scheckheft), Freundinnen und ganz normal wirkenden Menschen bildet das Publikum.
Dann geht es los, bei ziemlich lauter Musik staksen ganz junge Mädels durch den Raum, etwas unsicher noch, aber mit einem Lächeln auf den Lippen. Sie drehen brav ihre Runden, blicken scheu ins Publikum und verschwinden wieder. So geht es eine ganze Weile, die Damen und ich befinden, dass uns nichts von unserem gemeinsamen Hocker reißt, nichts dabei, wo wir „hier“ schreien würden…
Dann ist der Spuk vorbei, die jungen Models werden namentlich vorgestellt, es wird tüchtig applaudiert und nun erklärt sich die bunte Mischung des Abends: die jungen Männer sind wohl die Freunde der Models und deren Eltern sind auch da.
Ich schaue auf die Uhr, lasse mir ein letztes Döschen Prosecco reichen und eile zum Bahnhof, mein Zug fährt gleich. Irgendwie bin ich müde, es ist warm, ich schließe die Augen und lasse mich vom Gespräch mehrerer Spanier berieseln. Es klingt schön, ein bisschen nach Ferne, und als ich in einem Bahnhof „Welcome to Peine“ lese, denke ich, ach, was ist es doch wieder international heute…
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