AW: Bin mit 19 Jahre an ein Gallengangkarzinom erkrankt!
Hallo alle zusammen,
Hier möchte ich mal meine eigene Erfahrung zum Thema CCC bzw. in meinem Fall Klatskin-Tumor hereinstellen.
Angefangen hatte alles im Januar 2006. Bei Renovierungsarbeiten in der neuen Wohnung von meiner Freundin und mir wurde ich von Tag zu Tag immer schwächer. Einen Hammer hochzuheben wurde schon zur Herausforderung. Auch die Menge an benötigtem Schlaf überschritt die 10 Stundenmarke.
Danach kam dann ein quälender Juckreiz, den ich zuerst noch auf den Staub von den Renovierungsarbeiten geschoben habe. Das Urin und der Stuhlgang haben sich auch verfärbt und ich bekam eine sehr ungesunde gelbliche Haut- und Augenfarbe.
Dazu kam ein schleichender Appetit- und Gewichtsverlust auf einen längeren Zeitraum, wie ich jetzt im nach hinein sagen kann.
Also ab zum Hausarzt. Die erste Diagnose lautete dann Hepatitis, was durchaus realistisch gewesen wäre, da meine Freundin und ich öfters mal Fernreisen gemacht hatten. Allerdings schrieb mir der Hausarzt auch gleichzeitig eine Einweisung ins örtliche Krankenhaus, in dem mir dann erstmal Blut abgenommen wurde. Röntgen, Sonographie (Ultraschall) und MRT (Magnetresonanztomographie) folgten einen Tag später. Die Blutwerte, insbesondere alle Leberwerte sowie CRP und Bilirubin waren stark erhöht. In der MRT wurde dann eine Raumforderung in den Gallengängen gesehen, aber mir wurde nichts genaueres dazu gesagt. Es wurde noch über eine ERCP (Endoskopisch retrograde Cholangio-Pankreatiko-Graphie) nachgedacht, aber dann wurde ich nach Essen in das Universitätsklinikum verlegt, da es dort mehr Erfahrungen auf diesem Gebiet gibt.
Im Universitätsklinikum Essen wurde ich erstmal auf der Station für Gastroenterelogie und Hepatologie weiter untersucht. Nach ERCP, Laparoskopie (Bauchspiegelung) und Koloskopie (Dickdarmspiegelung) stand erstmal fest, das ich unter einer PSC (Primär sklerosierende Cholangitis) leide. Als Behandlung der PSC wurde dann eine lebenslange Therapie mit UDC (Ursodeoxycholsäure) Tabletten begonnen, sowie in regelmäßigen Abständen eine Ballondilatation der Stenosen (Aufweiten der Engstellen) im Gallensystem. Danach wurde ich erstmal entlassen. Einen Termin für eine erneute Ballondilatation hatte ich auch. Na toll dachte ich mir. Diagnose PSC was bedeutet das?
Aber viel Zeit zum Nachdenken blieb mir gar nicht, denn es ging mir zunehmend schlechter. Ich bekam die schlimmsten Durchfälle meines Lebens. Nachdem ich irgendetwas an Nahrung aufgenommen hatte, musste ich sofort auf Toilette (teilweise über 20 x am Tag). Und die Augen und Hautfarbe wurden noch gelber als vorher. Meine Freundin zögerte nicht lange. Sie packte mich ins Auto und wir fuhren wieder zum Universitätsklinikum Essen. Dort erwähnten wir noch mal den Verdacht auf die Raumforderung in den Gallengängen. Darauf hin fanden noch mal Untersuchungen statt. ERCP, Sonographie, MRT, CT (Computertomographie), und PET (Positronen-Emissions-Tomographie). Die Befunde sprachen dann eindeutig für das Vorliegen eines Adenocarcinomes im Gallengang, d.h. also ein Cholangiozelluläres Karzinom, welches sich dazu noch mittig in der Leber befand (IV. Segment).
Nun musste logischerweise schnell gehandelt werden. Als Therapieoptionen standen eine Resektion oder eine LTX (Leberlebendspende-Transplantation) zur Auswahl. Als Spender haben sich meine Eltern und mein Bruder vorgestellt. Allerdings mussten Sie auch erst einige Tests durchlaufen (Evaluationsphase) die natürlich auch etwas dauerten.
Und da mein Allgemeinzustand sehr schlecht war, insbesondere den Blutwerten, (AP war auf 924 U/L, Bilirubin 28 mg/dl), Cholastase- und Entzündungsparametern, musste zunächst alles dafür getan werden, um mich so schnell wie möglich in einen OP Fähigen zustand zu bekommen.
Also gab es erstmal über einen längeren Zeitraum Antibiotikum (Ciprofloxacin+Metronidazol oder Avalox®). Als sehr wirkungsvoll erwies sich die Anlage der PTCD (perkutane transhepatische Cholangio Drainage), mit der ich sogar über Ostern 2006 kurzzeitig das Universitätsklinikum verlassen konnte.
Die Operation fand am 20.04.06 im Operativen Zentrum II in der Universitätsklinik Essen statt. Operateur war Herr Prof. Dr. M. Malagó. Als potenziell bester Spender hatte sich während der Evaluationsphase mein Bruder, der damals 20 Jahre alt war, herausgestellt.
Leider wurde dann intraoperativ gesehen, daß eine LTX nicht mehr in Frage kommt, da der Klatskin-Tumor (eine Sonderform vom CCC, welcher an der Leberpforte liegt und meistens auch die Pfortader ummauert) bereits Metastasen ins Bauchfell und an die Leber selbst gebildet hat.
Als operativer Eingriff wurde dann eine rechtslaterale Trisegmentresektion (Gallenblase + Lebersegmente I + Segmente IV-VIII wurden entfernt) durchgeführt, bei der auch teilweise die Pfortader rekonstruiert wurde, und zum Abschluss noch eine Biliodigestive Anastomose (operativ hergestellte Verbindung zwischen dem Gallengang und Teilen des Magen-Darm-Traktes zur Behebung von Abflussstörungen der Galle) hergestellt wurde. Auch wurden 4 Lymphknoten entnommen, von denen 3 positiv waren. Bei ausgedehntem Tumorbefall konnte leider nur eine R1 Resektion (Makroskopisch wurde der Tumor entfernt. In der Histopathologie sind jedoch kleinere Tumoranteile im Resektionsrand nachweisbar) durchgeführt werden. Der gesamte Eingriff dauerte ca. 7 1/2 Stunden.
Danach war ich knapp 4 Tage auf der Intensivstation und danach noch knapp 3 1/2 Wochen auf der normalen Station. Allerdings ging es mir dort nicht wirklich gut, Hunger und Durst glichen 0 und auch nach der Entlassung zu Hause wurde der Appetit eher schlechter. Um nicht noch mehr abzunehmen habe ich mir hochkalorische Trinkkost aus der Apotheke besorgt.
Im Juni 2006 begann dann eine CTX (Chemotherapie) in der Tumor- / Strahlenklinik des Universitätsklinikum Essen mit Cisplatin und Gemcitabine. 6 Zyklen wurden durchgeführt, wobei ein Zyklus immer auf drei Wochen gerechnet ist : Tag 1 Therapie / Tag 8 Therapie und Tag 15 dann Pause zu Erholung.
Ich habe die CTX erstaunlicherweise super vertragen. Mir ging es viel besser. Es sind noch niemals Haare ausgefallen. Die einzige Nebenwirkung war etwas Müdigkeit und etwas weniger Appetit, der aber zum Vergleich nach der OP wieder fast normal war. Die CTX wurde dann im Oktober 2006 beendet (erstmal).
Als Nachsorgeuntersuchungen bekomme ich jetzt alle 2 Wochen eine Blutabnahme beim Hausarzt und alle 3 Monate ambulant eine PET-CT in der Uni-Klinik Essen. Wenn ich dann in der Uni-Klinik bin, dann schauen die Ärzte immer erstaunt, wenn Sie mich sehen, da deren Erfahrungen (inklusive meiner Prognosen) in eine andere Richtung gingen.
Ansonsten geht es mir momentan zum Glück ganz gut. Außer bei einem Wetterumschwung merke ich ein leichtes ziehen an den Narben von der OP Und in letzter Zeit höre ich gerade abends vor dem Schlafen sehr starke Verdauungsgeräusche aus dem Magen (so ein Grummeln und Knurren) In meinem Blut sind AP (200 U/L) und Bilirubin (2.4 mg/dl) Wert erhöht. Das liegt aber eher an der PSC und mit diesen Werten kann ich auch ganz gut leben.
So, das war´s erstmal
Wünsche euch allen eine schönen sonnigen Tag.
Mit freundlichen Grüßen
Benny.
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