Forum für Angehörige UND Betroffene
Hallo Ihr Lieben,
heute morgen war natürlich mein erster Weg an die "Kiste", um nachzusehen, ob Ihr Euch gemeldet habt. Als ich Eure Zeilen las, flossen erst mal wieder die Tränen (wieder mal vor Selbstmitleid?). Jetzt habe ich mich ein wenig beruhigt und möchte mich bei Euch von Herzen fürs "auffangen" bedanken. Es tut so gut, verstanden zu werden!
Liebe Jutta,
es tut mir so leid, dass Du ein ähnliches Schicksal hattest! Warst Du in der Zeit auch so alleine, ohne Geschwister, ohne Partner? Ja,ja - die Psyche, sie schlägt einem ein Schnippchen, wenn man gar nicht (mehr) darauf vorbereitet ist. Ich gehöre auch zu den Leuten, die eine psychosomatische "Krankheit" als negativ empfinden. Deshalb kann ich damit auch nur schwer umgehen. Eine organische Krankheit ist mir "lieber", damit kann ich umgehen, es ist "greifbarer" - verstehst Du was ich meine? Ich will stark sein - so wie es auch die Umwelt von mir erwartet - und nicht zugeben müssen (auch vor mir selbst), dass die Seele "krank" ist, dass ich "versage". Blöd, was ?!? Da ich nun schon seit 3 Wochen krankgeschrieben bin, alle Untersuchungen bisher ohne Befund waren, ist mir schon der Gedanke gekommen, dass mir meine Eltern, die ich "da oben" (wo auch immer das sein mag) als meine Schutzengel betrachte, mir vielleicht diese "Auszeit" geschickt haben. So unter dem Motto "Mädel, halt inne, lass Dich fallen..." Kennst Du auch solche (völlig irrationale) Gedanken? Irgendwie versuche ich, das alles zu begreifen, bastele mir irgendwas zusammen. Ich glaube, das klingt jetzt ein wenig verworren, oder? Hoffentlich erkenne ich irgendwann, was meine Seele mir zu zeigen versucht - wenn es denn so ist.
Du bist wirklich ein sehr liebes "Menschlein" - mit sehr viel Gefühl und Herz - und ich Danke Dir dafür.
Liebe Brigitte,
ja, Du hast die Kurzfassung meiner Geschichte wirklich auf den Punkt gebracht! Warum war mir das nicht möglich? Vielleicht, weil so viele Gefühle da drin stecken, die einfach durcheinander "galoppieren". Deine Idee, warum man meinen Beitrag vielleicht "ignoriert" hat, kann schon sein. Viele meiner Bekannten wussten ja auch nicht, wie sie mit mir umgehen sollten, wie sie mir helfen oder was sie mir raten können. Meine Freundinnen haben mir allerdings immer zur Seite gestanden, haben mir zugehört und mich dafür "bewundert", wie ich DAS alles durchstehe und wie ich jeweils jedes neue "Problem" in Angriff genommen habe. Die "Bewunderung" hat mir zwar gut getan, aber - jetzt im nachhinein gesehen - doch auch nicht wirklich geholfen. Aber eigentlich kann mir da ja auch gar keiner helfen - wenn ich es schon selbst nicht kann.
Meine Krebserkrankung ist tatsächlich von mir ziemlich zur Seite geschoben worden. Das "tiefe Loch", von dem andere Betroffene erzählen, konnte ich mir nicht erlauben, ich musste ja für meine Ma stark bleiben... Den Knoten (meine "kleine Erbse") hatte ich Weihnachten 1998 entdeckt. Klein, rund und fest - eben wie eine Erbse - in der Achsel. Meine Gyn hatte mich zur Mammo geschickt, da war nix zu sehen (lag ja auch ausserhalb des Mammo-Bereiches). Sie dachte eher, es wäre ein verhärteter Lymphknoten, bestimmt nichts schlimmes, bin ja auch viel zu jung dafür (ha, ha). Sie hatte aber auch zugegeben, dass sie damit noch zu wenig Erfahrung hat (rechne ich ihr heute noch hoch an, sie muss nicht alles wissen, solange sie das auch zugibt) und hat mich ins Krankenhaus zur Mamma-Sprechstunde überwiesen. Da wurde aber auch anhand der Sono nichts festgestellt, sie hatten die gleiche Vermutung, wie meine Gyn, es sollte aber unter Beobachtung bleiben. 3 Monate später dann Kontrolluntersuchung. Die Ärztin entdeckte in der Axilla Gewebe, das sie nicht einordnen konnte, hielt den Knoten aber noch immer nicht für schlimm. Da in der Axilla keine Stanzbiopsie gemacht werden kann, riet sie zu einem kleinen Eingriff, um das Gewebe zu untersuchen. Der "kleine Eingriff" war dann im Juni 99. Gewebe = normales Brustdrüsengewebe (zieht sich bei mir eben bis in die Axilla rein - kommt hin und wieder vor), meine "kleine Erbse" = Mamma-CA (pT 1c, pN 0, pM 0, G 2, Östrogen- und Progesteron-Rezeptoren beide stark positiv). Du kennst Dich ja damit aus, es war also zum Glück noch nicht gar so schlimm. CMF-Chemo und Bestrahlungen (Sandwich-Verfahren) waren erträglich. Unter der Chemo blieb dann die Regel aus, Klimakterium, Hitzewallungen (ätzend, hätte lieber meine Regel wieder!). Ab 02/2001 Tamoxifen, bis vor 3 Wochen - abgesetzet wegen Schwindel. Alle Nachsorge-Untersuchungen waren bisher positiv (für mich). Tja, wie gehe ich damit um? Ich würde sagen, normal. Ich denke nicht ständig daran, aber dennoch sitzt mir hin und wieder die Angst im Nacken, so dass ich es nicht völlig vergesse oder zur Seite schiebe. Nach Abschluss der Behandlungen und AHB bin ich dann auch wieder voll arbeiten gegangen. Vor meiner Krebserkrankung (als Pa gestorben ist) und später (als es Ma so schlecht ging und sie operiert wurde), war ich jeweils auch in psychologischer "Behandlung". Hat mir allerdings nichts gebracht, ausser die "Freiheit", nicht arbeiten gehen zu müssen. Nach OP meiner Ma bin ich dann nochmal zur Festigungskur gefahren. Danach habe ich (bis Mamas Tod) meine Arbeitszeit verkürzt, um mich täglich um sie kümmern zu können, ohne dabei selbst irgendwann auf dem Zahnfleisch zu krauchen. Das hat eigentlich ganz gut geklappt. Tja, das habe ich in dieser Zeit für mich getan. Danach bin ich bis jetzt schon 2 x in Urlaub gefahren (riesiger Nachholbedarf, nach 5 Jahren ohne), hat mir auch gutgetan. Eigentlich habe ich doch rational alles ganz gut geregelt! Warum geht es mir dann jetzt trotzdem nicht gut??? Damit werde ich irgendwie nicht so richtig fertig.
Uff, nun habe ich schon wieder so ausschweifend erzählt - warum kann ich mich nicht kürzer fassen, es gelingt mir nicht. Hoffentlich war das jetzt alles nicht zu verworren. Die dicke Umärmelung nehme ich dankbar an und gebe sie von Herzen zurück. Nochmals ein ganz dickes DANKESCHÖN, dass ihr da seid. Ganz liebe Grüsse - bis später (?!?)
Gabi
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