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Alt 01.05.2003, 12:01
Gast
 
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Standard Forum für Angehörige UND Betroffene

Hi Gabi,
bin wieder da, habe gerade gemütlich gefrühstückt.

Ja, da hast Du eigentlich "alles" getan, was man so nach einer Krebsdiagnose macht, und auch die entsprechende Erholung dafür erlebt. - Hab ich auch gemacht damals (naja, fast so ähnlich), aber da war bei mir natürlich keine anderweitige Belastung da, also durfte ich voll und ganz egoistisch sein.
Dieses "egoistisch sein" meine ich aber nicht im herkömmlichen Sinne von Egoismus, sondern im Sinne einer ... naja, eigenen Existenz-Angst bewältigen. Weisst Du, diese Zeit wo man sich fragt, wie es mit einem selber weiter geht, ob man bald sterben wird, was man noch machen kann, wie man noch glücklich sein kann, usw.
Ich glaube eben, dazu hattest Du noch gar keine Zeit. Du hattest noch keine Zeit, Dir diese Fragen zu stellen, Du hattest nämlich ganz andere Sorgen. Du hast wiederum "funktioniert", eben im Sinne von: Dies muss man tun wenn man Krebs hat, und jenes muss man tun, um sich zu erholen. Ganz einfach.

Versuche vielleicht ein bisschen aufzuhören mit dem "funktionieren", gönn Dir was Schönes, etwas, das nur für Dich alleine ist, ja? Nicht weil "man" es eben macht, sondern weil Du Freude daran hast.
Du hast doch bestimmt Dinge, die Dir Freude machen, z.B. Spaziergänge, oder einem Hobby nachgehen, ... oder erfülle Dir irgend einen Wunsch, den Du schon immer mal hattest. - Es hilft sehr, wenn man da wenigstens EINE erfreuliche Sache noch nebenbei hat, während man so tief im Kummer schwimmt, echt.

Und dass Krebs auf die eigene Psyche schlägt, ist ja nichts Aussergewöhnliches. Ich gehe ja auch zur Psychiaterin. Zum Reden, zum loslassen, manchmal hilfts, manchmal halt auch nicht. Mein Krebs war in etwa die gleiche "Art" wie der Deine, (also noch relativ früh genug entdeckt) und trotzdem fiel mein ganzes Leben in ein tiefes Loch! - Ja, da frag' ich mich, WIE muss es dann DIR ergehen? (Das macht mich dann eben so sprachlos, atemlos! Und andere Betroffene in anderen Threads vielleicht genau so?)

Dieser "Egoismus" war ganz sonderbar, der da bei mir aufkam. Ich war innerlich völlig überzeugt davon, dass es mein RECHT war, jetzt egoistisch zu sein, und NUR mal an mich zu denken.
(Dummerweise war meine Umgebung da jedoch nicht der selben Ansicht, aber das ist wieder ein anderes Thema.)
Doch dieser "Egoismus", welcher natürlich aus Panik und aus Angst bestand, hat mir geholfen, wach zu werden, nachzudenken, und meinen Weg zu suchen und zu finden.
Ich hatte diese Zeit dazu, Gabi. Alles andere war mir unwichtig geworden, denn im Moment ging es nur um mich. Es war eine sehr wichtige Phase, und manchmal steck ich da auch heute noch drinnen (der Krebsmörder sitzt mir schliesslich dauernd auf der Schulter), aber - wie gesagt - es ist ja nicht der "Egoismus" im herkömmlichen Sinne, sondern ein "gesunder Egoismus", den es mal für eine Weile eben braucht. Er kann einem viele Wege aufzeigen, und wenn der Punkt gekommen ist, wo man genau weiss, was man tun will und wie es weiter geht, wo der Punkt gekommen ist, dass man die Situation akzeptieren kann, ... dann schafft das eine sehr grosse Kraft. Das ist dann wiederum eine Kraft, wo man wieder für andere da sein kann.

Hui, kommst Du bei meinen Gedankengängen noch draus? ;-)
Ach, ich frag Dich jetzt einfach mal:
Wenn Du Dir etwas tolles wünschen könntest, was wäre das?
Oder schreibe Dir Deine Wünsche auf, das macht nämlich herrlichen Spass! Den einen oder anderen Wunsch wirst Du Dir bestimmt erfüllen können.
Du hast das Recht dazu, Gabi, gell? Und ... götterchen, ... Du hast es Dir verdient!

Bis späterchen!
Liebe Grüsse
von der "krassen" Brigitte
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