Forum für Angehörige UND Betroffene
Ah, Gabi, (grins!) Du steckst da fest, das ist alles. Ich kenne dieses Gefühl. - Da sind solche Gespräche wie diese hier nämlich genau richtig. Die Gedanken drehen sich im Kreis und man kommt einfach auf keine neue Idee oder Lösung, gell? Ich hab da auch meist von "Aussen" den Anstoss bekommen, und dann klappte es wieder.
Hat nämlich nichts damit zu tun, dass man "bekloppt" ist, oder "sich bestrafen" will, sondern man steckt einfach irgendwo fest.
Darf ich Dir helfen, ein bisschen den Knoten zu lösen? Na, zumindest will ich es versuchen, okay? Und wenn's nichts hilft, so sind es wenigstens einfach mal ein paar Gedanken, die Du ja auch vielleicht später mal gebrauchen kannst.
Also, so wie ich sehe, hast Du ja sehr viele Interessen. Yeah! - Ist Dir jedoch aufgefallen, dass all Deine Interessen mit "Bewegung" zu tun haben?
Versuch mal, diese "Bewegungs"-Hobbys zur Seite zu schieben. Vorläufig mal, ja?
Gut. Okay, nächste Frage:
Was kannst Du tun im "Sitzen", das Dir Freude macht?
Immer einfach mal "vorläufig" gesehen, gell? Denn "Bewegen" kannst Du Dich ja wieder, wenn Du etwas fiter bist. Und nicht drauf achten, dass Du beim Sitzen ein bisschen Fett ansetzt, das kriegst Du nachher dann ja wieder weg. Das ist ein kleineres Übel.
Ah, Du hast einen Computer! Arbeitest Du gerne daran? Wie wär's mit der Idee, eine eigene Homepage zu erstellen (vielleicht hilft Dir da jemand dabei)?
Oder ... ich bin jetzt mal kreativ und zähle auf, was man alles tolles im Sitzen tun kann, ja? (Lach!) Öhm ... Stricken, Sticken, Häkeln zum Beispiel, Handarbeiten machen und sie später irgendwo an einem Bazar verkaufen, ... oder MALEN (was ich z.B. noch tue), oder Basteln, oder viele Bücher lesen, oder selber viel Schreiben, oder mit Tonerde modellieren, oder Musik hören, oder ein bisschen Gartenarbeit, oder ... ah, ich weiss: Einen Kurs besuchen und Chinesisch lernen (grins!), oder was da sonst alles angeboten wird ... usw.
Ich meine es so, damit Du "vorübergehend" etwas "freudiges" tun kannst, bis es Dir wieder etwas besser geht. Denn so zeigst Du Deinem Körper auch, dass Du ihn ernst nimmst und ihn ein wenig schonst. Versuche dieses "Freudiges" mit Regelmässigkeit zu tun, also wenn Du einen Kurs besuchst, so ist das ja bestimmt einmal in der Woche. Also hättest Du regelmässig einen Termin, auf welchen Du Dich freuen kannst, und ... kommst erst noch ein bisschen raus aus dem Haus.
Was den fehlenden Partner angeht, ist es natürlich ein bisschen schwieriger, und ich kann da sehr gut verstehen, dass Du da eine Schulter zum Anlehnen brauchst, ... naja, wer braucht die nicht?
Hier bringe ich jetzt einfach mal die Idee auf, dass Du z.B. einem Verein beitreten könntest, wo Du neue Leute kennen lernst. Oder Deine Freunde nehmen Dich an Orte mit (Kino, Anlässe), wo Du Dich körperlich nicht zu fest anstrengen musst. Raus musst Du ja trotzdem zwischendurch, Du kannst ja nicht nur daheim bleiben.
Meinst Du, Deine Freunde könnten Dir hier ein bisschen helfen?
Nun, und wegen Enttäuschungen, die Du wieder erleben könntest mit einem Mann, ... pffff! Klingt vielleicht doof von mir, (bin ja selber Single), aber ... hm, wenn Du es nicht versuchst, wirst Du es nie wissen!
Ach, und was den Beruf betrifft: Hm, da ist es eben wieder, dieses "funktionieren", gell?
Denk nicht an das Wort "versagen", denn "weniger Leistung bringen", wenn man krank ist, hat nichts mit "versagen" zu tun. Du kannst ja nur das schaffen, was Du schaffst. Achte ein bisschen auf Dich, ja? Wenn Du merkst, es wird Dir zu viel, dann sprich mit Deinem Chef oder mit dem Arzt darüber. Sei Dir selber gegenüber ehrlich. Du MUSST nicht funktionieren, nur weil alle Welt es von Dir erwartet, okay?
Sei lieb zu Dir.
Bei mir war's beruflich nach der Diagnose so, dass ich WUSSTE, ich schaff's im Moment nicht. - Hmpf, komischerweise haben das die Arbeitskollegen und Kolleginnen alle verstanden, bloss ... meine Chefin nicht, welche selber Brustkrebs hatte!
Klar, jeder reagiert auf so eine Krebsdiagnose natürlich anders. Ich konnte es akzeptieren, dass meine Chefin damals gleich wieder zur Arbeit ging, weil sie es BRAUCHTE. (Zur Ablenkung wahrscheinlich.) Aber sie hatte NICHT verstanden, dass ich es hingegen NICHT konnte! Und da kam dann der "Druck" von ihr auf mich zu, was ich damals überhaupt nicht gebrauchen konnte. Es schadete mir höchstens noch. Die Erwartungshaltung zum funktionieren war also für mich SO hoch,(und dann kam sie natürlich noch von einer anderen Brustkrebspatientin! Da kann man sich vorstellen, dass mir gar nichts anderes übrig blieb, als wieder zu funktionieren, nämlich genau so wie SIE!), so dass also der Gedanke für mich, zu "versagen", ebenfalls sehr nahe lag. Aber trotzdem kam mir dieser Gedanke nie!
Nein, ich hielt an meiner inneren Überzeugung fest. Meine Chefin war eben meine Chefin, und ich war ich!
Oh, dann musste ich übrigens auch noch zum internen Vertrauensarzt des Geschäftes, und der meinte dann AUCH noch: "Alle meine Krebspatientinnen gehen kurz nach der Chemo gleich wieder arbeiten!"
Hm, aber er mochte mich ja eh nicht, weil ich ihn nämlich wegen einer kleinen "Arztgeheimnis-Verletzung" erwischt hatte! HA!
Jedenfalls GING ich dann noch arbeiten, Gabi, aber jeweils immer nur halbtags. Ich konnte mich unmöglich noch stundenlange auf Buchhaltung und solche Dinge konzentrieren. Vom "Mass" her war es okay für mich, aber an schlechten Tagen habe ich selbst während diesen wenigen Arbeitsstunden schon Mühe gehabt. Ich tat immer nur das, was ich konnte, und was mir zu viel war, gab ich meinem (neuen) Teamchef wieder zurück zum Weiterverteilen. - Man musste es eben akzeptieren!
Hm, kann ich Dir mit meinen (vielen) Gedanken ein bisschen weiter helfen?
Ich grüssele Dich soweit.
Die "krasse" Brigitte
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