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Alt 07.05.2003, 20:01
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Standard Wünsche für Michi

Ladinas Seelen-Geschichte (für Michi und andere, die sie lesen möchten)

Ich träumte...
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Ich träumte, ich hätte meine Seele verkauft
um endlich ohne Angst zu sein,
um die Verzweiflung nicht mehr zu spüren,
um die Traurigkeit nicht mehr wahrzunehmen
und Verluste ungerührt hinnehmen zu können.

Ich fand mich in einer grau-weissen Welt wieder,
aber es störte mich nicht.
Es gab keine Farben, keine Wiesen, keine Blumen,
nur graue,kalte Steine, Mauern und weiss getünchte Wände.
Es gab keine andern Menschen,
niemand, den zu sehen, mich gefreut hätte.
Die Angst, die Verzweiflung und die Traurigkeit waren vorbei,
aber die Freude fand dennoch keinen Platz in mir.

Dann sah ich plötzlich ein kleines rotes Blümchen mitten auf dem Weg blühen, den ich ging,
doch ich beachtete es kaum und lief weiter.
Auch Geschenke nahm ich ungerührt hin.
Erst ein blauer kleiner Vogel, der über die Einöde flog,
weckte doch mein Interesse.

Ich versuchte ihn zu fangen, um nicht mehr allein zu sein,
aber so klein und schwach er zu sein schien,
er trug mich mit sich fort und nahm mich mit in seinen Horst.
"Wer bist Du?", fragte ich den Vogel.
Er antwortete: > Ich bin ein wichtiger Teil von Dir.
Ich helfe Deinen Augen Farben zu sehen,
deinen Ohren Geräusche zu hören und Musik als solche zu erkennen.
Ich helfe Deiner Nase zu richen, deiner Zunge zu schmecken,
vor allem Dir selbst, lebendig zu bleiben.
Durch mich empfindest Du Freude,
aber ich kann das Leid nicht von Dir fernhalten.
Dass Du mich fangen wolltest, zeigt mir,
dass wir zwei immer noch zusammengehören,
und wir ohne einander nicht leben können.<

Ich hatte während der Seelenvogel sprach, die Augen geschlossen
und als ich sie aufmachte, war ich allein im Horst.
Da hörte ich in meinem Innern ein sehr leises Flüstern:
> Erschrick nicht, ich bin schon wieder in Dir.
Nun hab Mut und spring zurück ins Leben!<
Ich nahm einen Satz -
und landete hart auf dem Boden neben meinem Bett.
Ich knipste das Licht an, sah wieder Farben,
und war einfach richtig glücklich!

Träume sind Schäume - sagt man
aber ich glaube, dass jede meiner (nächtlichen) Phantasiereisen auf ihre Weise wertvoll ist.
Manchmal wünsche ich mir in der Traumwelt zu bleiben,
doch oft wache ich am Morgen auf
und bin wieder dankbar für
die lebendige Wirklichkeit.

Ladina, Juli 96