Liebe Dorit,
ich kann Dich sehr gut verstehen. Mein Vater ist jetzt seit über 9 Monaten nicht mehr bei uns.
Es gibt Tage, da denke ich, jetzt wird es besser ... der Schmerz wird weniger. Aber meistens ist das ein Trugschluss. Er fehlt uns allen nach wie vor sehr. Mit der Zeit können wir anders (ich hoffe, du verstehst was ich meine) über ihn reden. Wir erzählen viel über die lustigen Momente, die wir mit ihm hatten. Dann können wir jetzt auch darüber lachen. Es ist bis jetzt noch nicht ein Tag vergangen, wo ich nicht an ihn gedacht habe. Ich sage ihm "Guten Morgen" und auch "Gute Nacht".
Dann gibt es Momente, z. B. letzte Woche hatte meine Tochter Abiball, wo es ganz schlimm war. Da zerreißt es mir fast das Herz. Warum durfte er das nicht mehr erleben? Er wäre so stolz auf sie gewesen. Am Samstag hat meine Mutter Geburtstag. Im letzten Jahr hat er noch mit uns gefeiert ... Das sind halt die Tage, wo es besonders schlimm ist, wo es mir vorkommt, als wäre er erst gestern gestorben.
Wenn jemand bei uns die Treppe zum Wohnzimmer hoch kommt, dann denke ich manchmal, jetzt kommt Vati. Er kam oft hoch, hat einfach nur mal geschaut, was wir machen. Aber er kommt nicht mehr ...
Aber ich weiß, dass es ihm, da wo er jetzt ist, gut geht. Und ich weiß auch, dass er immer bei uns ist. Auch wenn wir ihn nicht sehen oder anfassen können. Das ist der einzige Trost den wir haben.
Rede mit jemandem über Deinen bzw. Euren Verlust. Sprich so oft Du kannst mit Deiner Schwester. Ich habe jeden Tag mit meiner Kollegin darüber geredet. Sie hatte auch ihren Mann verloren. Er ist an Kehlkopfkrebs gestorben. Wir haben oft zusammen geweint, aber danach ging es uns besser.
Ob man es je begreifen kann ... ich weiß es nicht. Ich hoffe, dass der Schmerz irgendwann nicht mehr so stark ist. Wichtig ist, dass man es nicht verdrängt.
Ich wünsche Dir, dass es Dir bald besser geht. Alles Gute für Dich und Deine Familie!
Liebe Grüße
Viola